Am zweiten Tag des Generalstreiks in Griechenland letzte Woche kam es zu heftigen Konfrontationen zwischen den PAME-Gewerkschaftern und Vermummten, die in den bürgerlichen und in ultralinken Medien als Schwarzer Block, Autonome und dergleichen bezeichnet und als „besonders radikal links“ verkauft werden. Vermutlich sympathisieren Menschen in Deutschland, die sich der „autonomen Szene“ zuordnen mit diesen Gruppen in Griechenland. Soweit sie es tun, sind sie schlecht beraten. Was da passiert, hat mit „links“ nichts zu tun, auch wenn sich radikalisierte Jugendliche dazu missbrauchen lassen, diesen Kräften nachzulaufen. Soweit es sich bei den griechischen Autonomen um ehrliche Leute handelt, machen sie einen Fehler, wenn sie sich gegen die kommunistischen Gewerkschafter hetzen lassen.
Diese Gruppen sind durchsetzt mit Polizeispitzeln, Geheimdienstleuten, bezahlten Schlägern aus dem Lumpenproletariat, dem Rotlicht-Milieu und privaten „Sicherheitsdiensten“. Sie repräsentieren nicht eine „andere Linke“ oder den „entschiedensten Teil der Linken“. Die Schaufenster kleiner Läden einzuschlagen und deren Inhaber damit auf die Seite der Reaktion, von „Sicherheit und Recht und Ordnung“ zu treiben, ist nicht revolutionär. Brände zu legen (bei denen in Griechenland schon drei Menschen umgekommen sind), ist nicht revolutionär. Wenn ein paarhundert Leute so tun, als könnten sie die noch gut funktionierende bis an die Zähne bewaffnete Staatsmacht physisch herausfordern, ist das nicht revolutionär, sondern bestenfalls bescheuert. Das sind objektiv Provokationen, die nur zu Niederlagen, Verschärfung der Repression und Material zu deren Begründung, der Entmutigung der Volksmassen führen können.Es gab letzte Woche keinerlei Bedingungen, das bürgerliche Parlament zum Teufel zu jagen, aber der Versuch wäre ein guter massenwirksamer Vorwand gewesen, die Panzer anrollen zu lassen.
In Griechenland gärt es, Massen von Menschen haben angefangen, sich in den Wohnvierteln und Betrieben zu organisieren, zu streiken und auf die Strasse zu gehen. Die Stimmung ist erbittert. Viele Menschen sind verzweifelt, weil sie nicht mehr wissen, wie die die Miete bezahlen, die Kredite abzahlen und ausreichend Essen einkaufen sollen. Aber die kommunistiche Partei als die weitaus einflussreichste linke Kraft erhielt bei den letzten Wahlen um die 10 % Stimmen, und die Linke insgesamt, die zumindest verbal „systemkritisch“ ist, hat nur eine – wenn auch starke und wachsende – Minderheit hinter sich. Die sozialdemokratische PASOK und die Rechtsparteien haben immer noch grossen Anhang in der Bevölkerung, weniger, weil sie noch irgendjemanden „überzeugen“ würden, sondern weil sie die Angst vor Veränderung, das Zaudern, das Festhalten an illusionären Auswegen repräsentieren.
Die Kommunisten und die von ihnen beeinflussten Massenorganisationen tun alles, um das zu ändern, und sie sind dabei erfolgreich. Aber noch sind die Bedingungen für einen „Bruch mit dem System“, für eine Revolution nicht gegeben. Wut und Verzweiflung genügen nicht. Eine Revolution kann nur dann erfolgreich sein, einen Machtkampf können die „kleinen Leute“ nur dann für sich entscheiden, wenn sie in ihrer Masse fest entschlossen sind, die Machtfrage zu stellen und nötigenfalls mit ihrem Leben dafür einzustehen, und wenn sie eine einigermassen durchdachte Vorstellung davon haben, wie es „danach“ weitergehen soll. Billiger ist das nicht zu haben.
So weit ist es in Griechenland nicht, auch wenn es in den Köpfen mächtig gärt und Massen von Menschen politisch nach links gehen. Wenn in diesem Moment Kräfte, deren ehrliche Teile sich für besonders radikal halten, so tun, als könnten sie – selbst nur wenige Tausend Menschen zählend – „Revolution machen“ spielen sie Revolutionstheater.
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