Elli ist jetzt weg vom Fenster: HaBE 2×15 Zeilen für ein nicht mehr lebendiges Straßenbild im Vorbeifahren

Es muss so um 2006 gewesen sein oder noch ein Jahr später. Bei der morgendlichen Fahrt zur Arbeit aus dem Gründautal durch Langenselbold Richtung Friedrichstraße und A66 begrüßte mich augenblinkernd, – zwinkernd, zwei Wurst-Finger vom Fensterbrett zum Gruß lösend ein etwas aus dem Rahmen fallendendes Weibsbild.

 

Elli

ist jetzt weg vom Fenster

Jeden Morgen schon ganz früh

Auf dem Weg zu Arbeit sah ich sie

Arme dick wie Mortadella

Unter ihren schweren Brüsten

Drüber thront ihr Mondgesicht

Quoll aus ihrem Fenterrähmchen

Wie ein Kuchen aus der Backform

Sie Füllt das Fach

sie hält das Haus

seit Duzenden

von Jahren

Und jetzt ?

Halt zu alt

& aus

 

Elli

Ist jetzt weg von Fenster

Giebel-Fenster zugemauert

Schrankwandplatzend überputzt

Berufsverkehr zähflüssig stockend

Nicht Mal gestutzt, kein Stau der trauert

Ich weiß, die Dicke war nicht so verlockend

Wer außer mir hat sie gesehn, besungen

Wie Heine seine Loreley

Scheinwerferwink

Ein kurzer Blick

Die Schlange

Drängelt,

Ich fahr

Vorbei

 

Es muss so um 2006 gewesen sein oder noch ein Jahr später. Bei der morgendlichen Fahrt zur Arbeit aus dem Gründautal durch Langenselbold Richtung Friedrichstraße und A66 begrüßte mich augenblinkernd, – zwinkernd, zwei Wurst-Finger vom Fensterbrett zum Gruß lösend ein etwas aus dem Rahmen fallendendes Weibsbild. An einer völlig unübersichtlichen 90Grad-Kurve in der Hüttengesäßer Straße. Ob dieses Bild von einer Frau nun Elli hieß ? Sie hat sich mir nie vorgestellt. Wir haben uns nie verabredet. Aber immer -wie verabredet- jeden Morgen augenzwinkernd, lichthupenblinkernd, zwei Finger von Lenkrad und Fensterbrett lösend begrüßt. Uns beiden einen Augenblick versüßt. Bis eines Morgens das Giebelfenster(chen) geschlossen blieb, Tage, Wochen, Monate … mir fehlte irgendwas, nicht viel, ich bemerkte es erst nach einigen Tagen. Es war halt nur ein Augenblick im Berufsverkehr

Das verwaiste Anwesen wurde in ihrer Abwesenheit verkauft.

Meinen Nachruf habe ich zum Schluss erst „Elli ist jetzt weg vom Fenster“ genannt.

Ursprünglich sollte er „Morta d’Elli“ heißen, aber diesenTitel fand ich dann doch etwas zu gemein.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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