„Wie Armut gemacht wird“ – Thema beim 20. Mittel-Gründauer Erzählabend am Do. 12.1.2012/ Rückblick auf den 19.

Nachwort zum 19. und  Vorankündigung zum 20. Erzählabend des Historischen-Demokratischen Vereins Mittel-Gründau von 1848 i.d. IAS e.V. am 12.01. 2012

Hans Kreutzers Vortrag über die Ursachen der Armut in der Region um 1850
Ob wohl am 1.12. eine ganze Reihe Leute fehlten: 3 aus dem harten Erzähl-Kern entschuldigt: Rita, Wilma und Klaus , und  weitere 3 ohne Entschuldigung , waren in der Gaststätte Stenger/Heiss keine Sitzplätze mehr zu kriegen. Das lag zwar auch etwas an der Installation von Leinwand, Projektortisch und Beamer. Bertold musste beim Bedienen einen gefährlichen Parcour laufen zwischen Kabeltrommeln und -strängen, Projektortisch, Beamer, Dokumentenstapeln … und sich beim Tablettjonglieren auch noch unter die Leinwand-Bilder ducken…In dieser abrbeitschutzverordungswidrigen Enge waren auch  6 freie Rest-Sitzplätze hinter der Leinwand nicht mehr sinnvoll zu besetzen. Aber ansonsten  25 Zuhörer und Zuschauer ! .., hat heute auch nicht jeder VHS-Kurs. Leider war niemand von der Presse da. Die „Zwangszuschauer“ von der Theke mit eingerechnet und die 10 weiteren (NUR) Essensgäste noch dazu, dann kommt man locker auf über 45.
Und alles Renter ? Nee, es war alles vertreten von zwischen 8 und 9 bis zwischen 80 und 90.
Der Hobby-Archäologe (das ist angesichts seiner lebenslangen Leistungen auf diesem Gebiet schon fast eine Beleidigung!) und Regional-Historiker Hans Kreutzer aus Gelnhausesn-Hailer referierte mit Power-Point-Präsentation  zur Armut in der Region um 1850  zwischen den Jahrhundertwenden 18./19. und 19./20. Jahrhundert. …Mehr dazu für alle, die es verpasst haben, beim 20. Erzählabend am 12.01.2012  (schönes Datum!!).
Ein weiterer altbekannter (Heimat-)Geschichts-Experte, Erwin Rückriegel war auch da und stellte zu Beginn seine neueste Veröffentlichung vor: Über die Hauswirtschaft im Hofgut mit zahlreichen Fotos u.a. mit dem noch nicht abgerissenen alten „Polen-Haus“, das auch „Polacken-Haus“ genannt wurde. Hier wurden die polnischen Saisonarbeiter/Tagelöhner bis 1938 und anschließend die Zwangsarbeiter von 1939/40 bis 1945 einquartiert – zuletzt eher eingepfercht.  In diesem 2stöckigen Fachwerkhaus war damals nicht nur der Kornspeicher untergebracht, sondern auch über 80 Zwangsarbeiter im Hochkeller, im ersten Stock, im zweiten Stock und im Dachgeschoss.
Bis zur „Ausbuchung“ mit ZwangsarbeiterINNEn wurden hier ab Ender der 1920er Jahre auch die „Fulda-Mädchen“ und die „Bayern-Mädchen“ untergebracht. Und dann ab 1945 wieder. Die waren als Arbeitskräfte fast so billig und fleißig wie die jetzt ankommenden Flüchtlinge aus Schlesien, Pommern, Ostpreußen, Böhmen und Mähren. Die mußten jetzt (wieder) einspringen, weil die polnischen ZwangsarbeiterINNEN nicht mehr so unschlagbar kostengünstig zur Verfügung standen.Erwin Rückriegels neueste Arbeit wird beim nächsten Erzählabend etwas ausführlicher vorgestellt. Das mit gescannten Dokumenten und Fotos prall gefüllte Heft kann auch dann wieder bei ihm für 3,- € käuflich erworben werden.
Haupt-Thema des 20. Erzählabends wird die Geschichte des vor zwei Wochen abgebrannnten ältesten Hauses freier Mittel-Gründauer Bauern sein. Tröstlich für alle, die den Kreutzer-Vortrag verpasst haben: Hans Kreutzer wird mir die Dokumente und seinen Vortrag als Kopie zur Verfügung stellen. So wird die Geschichte dieses Hauses am 12.1. 2012 mit viel Material untermauert, das am 1.12. 2011  vorgestellt wurde.
Bis zum 12.1.2012 werde ich auch meine Reihe „Wie Armut entsteht – am Beispiel des hessischen Dorfes Mittel-Gründau“ um weitere Kapitel ergänzen: „Wie Armut gemacht wird!“ Mit dem Spruch: „Seht zu, dass ihr Land gewinnt“, geht es um die Zerstörung der Hasselbach- und Gründau-Auen, der Allmende-Äcker, -Wiesen und -Wald-Weiden. Es geht um die Zerstörung der Auwiesen durch „Umgehungsstraßen“ am Beispiel Lieblos in der Zeit vom ausgehenden Mittelalter bis in die A66-Asphalt-Beton-Steinzeit
( Auch die alte Umgehungsplanung Mittel-Gründau und die Auenversieglung  in Haingründau und das neuerliche Versauen der Auen, des Grundwassers und der Bäche durch Maisanbau und Vergüllung.) . In Mittel-Gründau wie noch drastischer in Lieblos und Rothenbergen fand die „Aussiedlung“ der „überzähligen“ Kinder auch in Richtung hochwassergefährdeter und wegen ihrer Sumpfigkeit auch nicht sonderlich gesundheitsfördernder Lagen statt, die sich links und rechts der neuen Umgehungs- und Heerstraßen-Trassen befanden. Die Trassen selbst wurden ja bereits auch von der „Überschussbevölkerung“ in Fron und Zwangsarbeit für die wechselnden Herrschaften errichtet. Napoleon war nicht der letzte, der sich seine Heerstraßen nach Osten in Zwangsarbeit errichten ließ. Zur Vermeidung möglicher Missverständnisse: die A66 wurde nicht !!! in Zwangsarbeit errichtet.
Hans Kreutzer hat ja sehr eindrücklich geschildert, was den Bauern alles abgepresst wurde und in der „Neu-Herberge“ (dem jetzigen Würfl’schen Anwesen) an der Leipziger Straße abgeliefert werden musste. Man muss mal rausfinden, ab wann die Leipziger Straße in Gelnausen in „Berliner Straße“ umbenannt wurde. Das müsste auch Hinweise geben, an wen nach 1812 im Kinzig- und in den Seitentälern dann wieder abgeliefert werden musste – aber das ist eigentlich klar: an die Preussen für ihre Armee, an die Darmstädter Groß-Herzöge, an die lokalen Fürsten wie die Isenburger, in Orb und dahinter an den bayrischen König und mit der Ausrufung des Deutschen Reiches und die Krönung Friedrich-Wilhelms zum deutschen Kaiser in Versailles 1871 an die preussisch geführten deutschen Reichen. ((Kleiner Abstecher nach Gelnhausen:Gelnhäuser Denkmalschutz ist super: die im Hof Kultau eingerichtete erste Deutsche Reichspost wurde kurzerhand „entdacht“ und mit einem supermoderner GaragenRolloTor versehen zu einem echten Schmuckstück verwandelt. Wie es Mal ausgesehen hat kann man am nichtabgerissenen Rest dahinter noch erkennen. Spätestens zu diesem Datum dürfte die Leipziger Straße in diesem Abschnitt in Berliner Straße umbenannt worden sein. Die Umbenennung des nach Nordosten folgenden Teilstückes in Barbarossa-Straße müsste 1905 über die Bühne gegangen sein, als der Kaiser nach Gelnhausen kam: da wurde vorher noch schnell der Bahnhof im neoromanischen Stil errichtet, ein Teil der Altstadt abgerissen, damit der Kaiser auf fast gerader Strecke über die Schmidtgasse direkt auf die extra dafür errichtete Kaisertreppe zur Marienkirche emporsteigen konnte … bevor die Bauern zur Vorbereituing und erfolgreichen Führung des ersten Weltkrieges ihren bisdahin wieder erarbeiteten kleinen Wohlstand, ihre paar Reichs-GoldMark und Kupferpfennige  für die kaiserlichen Panzerkreuzer abliefern durften – „Gold gab ich für Eisen“ stand auf den Anerkennungsarbändern und Ersatz-Eisen-Eheringen. Für die meisten hat es dann nicht Mal mehr eine eisernes Kreuz gereicht:  wenn man die Leichen aus den Bergen von Toten herausziehen und identifizieren konnte bei Verdun und anderswo, dann gabs noch nicht Mal ein Holzkreuz …. aber das führt jetzt zu weit weg von Mittel-Gründau  .. obwohl, es führt eigenlich in jede Familie, in jedes Haus in Dorf…
Ein weiteres Kapitel wird sich mit der Herstellung armer Leute befassen: die Verfolgung der „weisen Frauen“ und ihre Verfolgung als Hexen (im Englischen heißt Hexe Witch) zwischen dem Mittel-Gründauer Witsche-Grund (am Steinbach) und Wittgenborn (Witscheborn) bis zum „Wilden Weib“ von Birstein, in dem die weisen Frauen mit Freya, der Fruchtbarkeitsgöttin und mit der Hausgöttin Holle verschmolzen, die in Feuer er“hell“ten Höhlen wohnen, wo man sich Rat und Hilfe holen kann, eingehüllt  in den göttlichen Schutz der heiligen- holly woods -Wälder, in die Wärme der befeuerten Hölle, die vorchristlich gute Höhlen waren und wie die weisen Frauen dann christlich umgewertet wurden in Höllen-Fegefeuer und böse Hexen – nur ein schwacher Abglanz musste unbesiegbar bleiben von den heiligen Feen, den „Halloween“, in den vielen weißgekleideten Madonnen, den weißen Braut- und Kommunionskleidern. Und in den vielen schutzheiligen schwarzen Madonnen leben die die wissenden alten schwarzverhüllten Weiber weiter, die zu Hunderten, Tausenden auf Scheiterhaufen verbrannt wurden, weil sie zu viel wussten.
Es geht um Kenntnisse über Geburtenregelung und Empfängnisverhütung, die von den Frauen weitergegeben,  von den weisen, wilden und auch schwarzen Frauen in den Wäldern angewandt wurden.. Das Abtreibungsverbot, das Verbot der Empfängnisverhütung sicherte gezielt das Fortschreiten der Verarmung, sicherte wie heute in Indien und Afrika den Nachwuchs an billigen Arbeitskräften, an Soldaten …
Das sichere Fortschreiten der Verarmung wurde mit dem feudalen Landraub und dem Zwang zur Erbteilung erreicht – kombiniert mit Verbot von Empfängnisverhütung, Geburtenregelung, Abtreibung.  So wurde der über drei, vier Generationen mühselig erarbeitete dünne Wohlstand in wenigen Generationen wieder verzehrt, verpfändet, … .
Nächster Erzählabend 12.01. 2912 um 18.30 im Gasthaus Stenger/Heiss in Mittel-Gründau

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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