«Es kommt nicht darauf an, was man sagt, sondern wie es verstanden wird»: Eine geheime Anleitung zur Desinformation wurde publik. Bekannt wurde, dass die Schweizer Geheimarmisten mit dem Nato-Funkgerät «Harpoon» kommunizierten – und nicht etwa mit dem damals in der legalen und offiziellen Schweizer Armee weit verbreiteten SE 125, mit dem die P-26 nach einer Besetzung des Landes ja auch zu «versprengten Truppenteilen» hätten Kontakt halten können. Wie falsch die bundesrätliche Darstellung des Cornu-Berichts ist, zeigt sich zudem in den Enthüllungen des mehrmaligen italienischen Ministerpräsidenten Giulio Andreotti: Er berichtete am 3. August 1990, dass unter dem Namen «Gladio» schon vor 1980 in mehreren Ländern Europas (Italien, Frankreich, Belgien) hinter den Rücken der gewählten Regierungen illegal ganz ähnliche Geheimarmeen wie die Schweizer P-26 aufgebaut worden waren. Gelenkt und orchestriert hätte dies das US-Militäroberkommando in Europa sowie die Geheimdienste CIA und MI-6. Genau jener britische Geheimdienst war da also am Werk, der gemäss Bundesrat auch «die Startphase der P-26» in der Schweiz «dominiert» hatte. Aus dem französischen übersetzt von Christiane Reynaud Wie Israel zur Welt spricht Es ist nicht leicht, ein gutes Bild in einem Krieg abzugeben, wenn die Mehrzahl der Opfer Zivilisten sind, darunter noch eine Menge Kinder. Israels Kommunikations-Apparat kann sich von einem Handbuch inspirieren, das 2009, gleich nach dem letzten großen Angriff gegen Gaza, verfasst wurde. Ein Muss für die Journalisten „Was würden Sie tun, wenn man Ihr Land Tag für Tag bombardieren würde?“. Dies ist der sicher am Häufigsten aus dem Mund der israelischen Politiker und Pressesprecher gehörte Satz während der Offensive gegen den Gaza-Streifen Anfang Juli. Die angedeutete Antwort: „Sie würden dasselbe tun wie wir“. Diese Formulierung, wie andere in zahlreichen Varianten ausgesprochen, scheint vorgefasst. Das ist nicht verwunderlich, sie wurde von einem Werk für „visionäre Leaders“, die sich auf der Frontlinie des Medienkriegs für Israel befinden„ inspiriert, wie in der Einführung erklärt wird. Das Handbuch heißt „Global Language Dictionary“ (Wörterbuch für globale Sprache) und wurde 2009, gleich nach dem letzten großen Angriff gegen Gaza von „The Israel Project“ veröffentlicht. Es war die Fortsetzung einer ersten 2003 erschienenen Version. The Israel Project (TIP) ist auch 2003 entstanden. Auf seiner Webseite stellt es sich als eine Organisation vor, die sämtliche „proaktiven Kommunikationstechniken“ anwendet, um „das Image Israels zu verbessern und den Stolz über Israel und das jüdische Volk zu fördern“, besonders in Bezug zu den Hauptmediensprechern Israels und den „pro-israelischen Aktivisten in der ganzen Welt“, aber indem man „unparteiisch“ bleibt. Heute hat TIP sein Image aufpoliert. Es erklärt schlicht, dass es eine “unparteiische amerikanische Erziehungsorganisation sei, laut seiner Webseite mit dem Ziel, die Medien und das Publikum über Israel und den Nahenosten zu informieren. Es stellt sich als eine Quelle von „ausführlichen und genauen Informationen“ vor. „Empathie zeigen“ Das besagte Wörterbuch wurde vom Amerikaner Frank Lutz verfasst, Fachmann für Umfragen, langjähriger politischer Berater der Republikanischen Partei und Analytiker des ultrakonservativen Senders Fox News. Am Ende des kurzen Vorwortes erinnert er an den Titel eines seiner Bücher. „Wichtig ist nicht, was Sie sagen. Wichtig ist, was die Leute wahrnehmen“. Jede der 160 Seiten des Handbuches trägt den Vermerk „Eigentum des The Israel Project. Darf weder verteilt noch veröffentlicht werden“. Die Zeitschrift Newsweek hatte 2009 schnell eine Kopie bekommen aber die Medien hatten sich wenig für das Dokument interessiert, obwohl es in erster Linie für sie bestimmt war. Fünf Jahre später, nach einem anderen Krieg in Gaza, behält das Werk seinen ganzen Reiz. Das „Wörterbuch“ besteht aus 18 Kapiteln. Jedes gibt allgemeine Ratschläge sowie Beispiele von „Wörtern, die funktionieren“ (Words that work) für die öffentliche Meinung, Wörter wofür der Autor sogar ein Glossar anbietet. Im Kapital über Gaza warnt Frank Lutz vor, dass es sich um ein heikles Thema handelt. Auch wenn laut seiner eigenen Umfrage 74 % der Amerikaner der Meinung sind, dass Israel jetzt weniger in Sicherheit sei, als in der Zeit, wo es Gaza kontrollierte, „erwarten sie immer, dass Israel gegenüber der palästinensischen Bevölkerung mit Zurückhaltung handle.“ Es ist also ausgeschlossen, mit „wer hat als erster was getan“ oder „mit einer Rede über die Richtigkeit der Verhältnismäßigkeit“ anzufangen. Der Konflikt muss als „etwas, was gestoppt werden muss, etwas, was beiden Völkern weh tut“ dargestellt werden. Der Schlüssel ist Empathie zu zeigen (er sagt nicht, Empathie zu empfinden). An einer anderen Stelle des Textes präzisiert er: „Der Aufbau Ihrer Rede ist ausschlaggebend und Sie müssen vor allem mit Empathie für BEIDE Lager anfangen“. Es ist also wichtig, zwischen Hamas und Bevölkerung zu unterscheiden, „da viele Amerikaner mit dem Schicksal der Palästinensern sympathisieren und ihre Sympathie würde sich vergrößern, wenn sie den Unterschied nicht machen.“ Die Botschaft ist heute in einer radikalisierten israelischen Gesellschaft, wo die rassistischen Parolen und die Aufrufe zu Verbrechen gegen die „Araber“ blühen, schwer zu übermitteln. In einer freien Kolumne der Online-Seite Ynet am vergangenen 5. August hat der Generalmajor der Reserve Giora Eiland, ehemaliger Chef des israelischen Nationalsicherheitsrates, geäußert, dass man keinen Unterschied zwischen Zivilisten und Hamas-Aktivisten machen sollte. Das Beispiel Gaza Frank Lutz schlägt eine klassische Strategie vor, um mit verfänglichen Fragen fertig zu werden, ohne sie zu beantworten: man soll mit rhetorischen Fragen erwidern. Das Beispiel, dass er uns vor fünf Jahren für Gaza gab, ist uns wohl bekannt: „Was sollte Israel tun? Stellen Sie sich vor, wenn Tausende Raketen jeden Tag und jede Nacht auf Ihre Gemeinschaft abgeschossen werden, was würde Ihr Land tun? Was möchten Sie, dass Ihr Land tut? Haben wir nicht das Recht, unsere Bürger zu schützen?“. Selbst auf das zugegebenermaßen minimale Risiko hin, eine andere rhetorische Frage erwidert zu bekommen: „Was würden Sie tun, wenn Ihr Land seit sieben Jahren unter Blockade leben müsste, wirtschaftlich gänzlich durch eine Macht erstickt, die Ihr Territorium in ein Freiluftgefängnis umwandelt?“ Das Handbuch betont, dass die amerikanische öffentliche Meinung Licht am Ende des Tunnels sehen will, das ihre Unterstützung zum hebräischen Staat rechtfertigt. Es ist also wichtig, dass wir immer wieder nachdrücklich erwähnen, dass Israel sich für den Frieden einsetzt (es ist die Trumpfkarte). Als Beweis schlägt er vor, daran zu erinnern, dass „Israel schmerzhafte Opfer bringt und Risiko auf sich genommen hat, um dem Frieden eine Chance zu geben“, als es sich 2005 von Gaza zurückzog. In Wirklichkeit ist es falsch, aber das Wichtigste ist, dass der Ansprechpartner schlussfolgert, dass Israel kein neues Risiko eingehen kann, indem es sich von anderen Territorien auf der Westbank zurückziehen würde. In einem Interview in der Tageszeitung Haaretz im vergangenen Oktober 2004 (kurz vor dem Rückzug) gab Dov Weisglass, der Hauptberater des Ministerpräsidenten Ariel Scharon, eine andere Erklärung: „ Der Sinn des Rückzugsplans (aus Gaza) ist das Einfrieren des Friedensprozesses. (…) Er liefert genug Formaldehyd, damit es keinen politischen Prozess mit der Palästinensern gibt“. Vermeiden von religiösen Forderungen Das Dokument geht alle heiklen Punkte der israelischen Kommunikation durch und sie sind zahlreich. Die Zweistaatenlösung? Man muss darüber sprechen („wichtig aber momentan nicht realisierbar), weil 78 % der Amerikaner und die Mehrheit der Europäer (nach Lutzes Umfrage) dafür sind. Und immer, indem man zwischen Hamas und dem Rest der Palästinenser unterscheidet. Aber Vorsicht, „man muss vermeiden, die religiöse Forderung „ als Motiv um Territorien zu behalten, „zu erwähnen. Das gibt Israel ein extremistisches Bild in den Augen der Nichtreligiösen“. Man muss auch sorgfältig vermeiden, von den Grenzen mit den Worten „vor oder nach 1967“ zu sprechen, aber eher von „haltbaren Grenzen“ (im Klartext: Grenzen, die nach den von Israel definierten Anforderungen an die Sicherheit festzulegen sind). Die höchst heiklere Frage der Siedlungen auf der Westbank wird natürlich mit einem entwaffnenden Zynismus entschärft. Beispiel: „Haben die Israelis nicht das Recht, mit den Palästinensern zusammen zu leben? Es gibt doch auch Araber, die in Israel leben“. Außerdem sind die Siedlungen wichtig für Israels Sicherheit, sie befinden sich in sensiblen Militärzonen (das ist wahr, aber das Argument wird wenig benützt, weil es heißen würde, dass Zivilisten absichtlich als Vorposten der Armee platziert werden). Jerusalem, der Sicherheitszaun, das Rückkehrrecht, die Militärhilfe, die Vereinigten Nationen, die israelischen Araber sind u.a. Themen eines ausführlichen Kapitels. Mit immer derselben Empfehlung: : eine einfache Antwort zu einer komplizierten Frage geben und sie immer zu wiederholen, zu wiederholen, zu wiederholen. Wichtig ist nicht, was man sagt, sondern das, was der Andere versteht.. Und so baut man die offizielle Geschichte des Landes auf. Evelyn Hecht-Galinski | Juli 23, 2016 um 9:04 pm | Kategorien: Gastbeiträge, Neuigkeiten | URL: http://wp.me/s4BHGM-w
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