Sponsoren-Streit um Schulnamensgebung im Main-Kinzig-Kreis
Ikea zieht vor das Verwaltungsgericht
Hanau: Mit einer Klage vor dem Verwaltungsgericht Frankfurt will Ikea Deutschland Gleichbehandlung mit anderen deutschen Unternehmem bei der Schulnamensgebung erreichen. Im aktuellen Fall geht es um die Umbenennung der Lindenau-Gesamtschule in Großauheim und ersatzweise um die im Rahmen der Landesgartenschau geplante Gründung einer Gesamtschule im Hanauer Stadtteil Lamboy-Tümpelgarten.
Für diese neue Gesamtschule sollen große Teile der Kasernen genutzt und damit auch das Stadtviertel aufgewertet werden. Das in Aussicht stehende Schulgelände mit teils schon installierten Sportanlagen und Hallen liegt in direkter Nachbarschaft des Möbelhauses. Die Aufwertung des Umfeldes kommt den Schweden sehr gelegen. Deshalb will Ikea Deutschland die Gesamtschuleinrichtung auch sponsern. Im Gegenzug soll die geplante Schule den Namen Ikea-Gesamtschule erhalten.
Wie gerüchteweise aus dem Hauptamt der Stadt Hanau zu erfahren war, will sich die Oberbürgermeisterin, Margret Härtel für ein solches Namenspatronat stark machen, nachdem Ikea zwei Angebote der Stadt Hanau bezüglich der Umbenennung der Tümpelgarten- oder der Gebeschus-Schule zuvor abgelehnt hat. Dei Unterstützung aus dem Rathaus für Ikea kommt nicht uneigennützig: die Stadt als Schulträger könnte die dringend erorderliche Einrichtung einer Gesamtschule im Landesgartenschauviertel aus eigenen Mitteln nicht leisten. Nur die glückliche Kombination aus Mitteln für die Gartenschau, aus dem Hessischen Investitions Fonds und den Sponsorengeldern von Ikea machen es möglich, daß die Schüler des Groß-Stadtteils endlich auf kürzestem Weg zur nächsten Gesamtschule kommen und nicht bis Kesselstadt, Groß-Auheim und Bruchköbel fahren müssen.
Ikea macht jedoch die Unterstützung für das Schulprojekt von seinem Erfolg vor dem Frankfurter Verwaltungsgericht abhängig.
In seiner Klage setzt Ikea Deutschland an den Erfolg der Siemens AG im Streit mit den zum Asko-Konzern gehörenden Massa-Märkten an. Massa hatte in den frühen siebziger Jahren vergeblich versucht, als Sponsor die Namensgebung für einige Gesamtschulen im Main-Kinzig-Kreis zu beeinflussen: mindestens die Maintaler Gesamtschulen sollten Massa-Schulen werden. Eine Gesamtschule wurde stattdessen Werner von Siemens-Schule getauft, bei weiteren Gesamtschulen wollten sich die in Städten und im Kreis damals mit satten Mehrheiten regierenden Sozialdemokraten nicht auf Sponsorennamen einlassen.
Diesen Umstand kritisiert jetzt Hanaus Oberbürgermeisterin, Margret Härtel (CDU), sekundiert vom Main-Kinzig-Vizelandrat Hubert Müller (CDU): die SPD hätte in der Zeit ihrer absoluten Mehrheiten nicht genügend unternommen, um Unternehmen an die Region zu binden. Da solle nun Abhilfe geschaffen werden. Erste Erfolge eines diesbezüglichen Kurswechsels unter der großen Koalition im Kreis und in der Stadt Hanau sind bereits als Kompromiss zu verzeichnen: Massa, der mittlerweile unter dem Namen „real,-“ firmiert, steht zumindest als Zusatz-Namensgeber für zunächst zwei Schulen im Kreis fest. In Hanau betrifft es die Eberhardt-Schule, die zukünftig Eberhardt-Real-Schule heißen wird, in Gelnhausen ist es die Kreis-Real-Schule.
Auch in kleineren Gemeinden sind Sponsorennamensgebungen in Aussicht: in Flörsbachtal wird es demnächst eine Puma-Schule geben, in Gründau Lieblos folgt der Rudolph-Walter-Straße zu Lebzeiten des Möbelhaus-Seniors noch die Rudolph-Wather-Schule, in Schlüchtern eine Bien-Schule.
Nach kurzem, heftigen Streit wurde in Wächtersbach eine salomonische Entscheidung getroffen: drei Namanspatrone standen auf der Bewerberliste für zwei Schulen. die SPD Wächtersbach wollte mindestens eine Schule nach Oberbürgermeister Rainer Kretschmer benennen, einer Schule wollte die fürstliche Wächtersbacher Brauerei ihr Etikett aufkleben und der Globus-Markt bot sein Logo ebenfalls an. Nachdem die SPD nach langem Zögern ihren Oberbürgermeister dafür gewinnen konnte den Schloßpak in Rainer-Kretschmer-Park umzutaufen und auf den Schulnamen zu verzichten, heißt jetzt die Grundschule „Globus-Schule“ und die bisher namenlose Gesamtschule „Wächtersbacher-Gesamtschule“.
Das Angebot der Stadt Hanau an den Sumitomo-Konzern, die Anne-Frank-Schule in Dunlop-Schule umzubenennen, hat der Konzern nach internen Informationen wegen möglichen Image-Verlustes abgelehnt. Aus gleichen Gründen hat Ikea Deutschland für die Hanauer Tümpelgarten-Schule oder wahlweise die Gebeschus-Schule das Namenspatronat verweigert, trotz der räumlichen Nähe der Hanauer Ikea-Niederlassung zu beiden Schulen.
Letzter Stand bei der Sponsorennamensgebung bezüglich der Hanauer Grund- und Hauptschulen ist die Information über stark interessierte und scharf konkurrierende Bewerber: Mc Donalds will den Erbauer der Gebeschus-Schule als Namenspatron genauso ablösen wie Aldi, der bis zur Gartenschau das Stadtviertel um eine Filiale bereichern will. Penny-, Lidl- und Norma-Markt stehen als Namensspender für die klassischen Volksschulen ebenfalls in den Startlöchern. Alle Bewerber warten jetzt mit Spannung auf den Ausgang des von Ikea angestrengten Musterprozesses. Die Anwälte des schwedischen Möbelriesen sind unterdes guter Dinge:
„So wie wir die bisherigen einschlägigen Entscheidungen des Frankfurter Verwaltungsgerichtes kennen, gehen wir davon aus, daß es demnächst nicht nur in Hanau sondern an allen unseren deutschen Standorten Ikea-Schulen geben wird!“
Kommentar eines Elternbeirates der betroffenen Lamboy-Schulen zum plötzlichen Sponsorensegen:
„Ich glaub‘, mich knutscht ein Elch!“