Gegen-Buchmacher-Toten-Messe am Fuße der Kapitathetrale

Hellas EZB 1.Mai 13 052

„Linke Lyrik verkauft sich nicht!“, hat mir DD, mein nebenberuflicher Verleger-Kollege im Hanauer „Verlag am Freiheitsplatz“ vor Jahren Mal gesagt, als er meinen AgitProvoLyrik-Band „unter-schlag-zeilen“ aus dem Schaufenster nahm und in seine Ramschecke räumte.  Der DD, wie ihn seine Freunde kurz rufen, (nicht etwa Dede, denn der Opa im muslimisch geprägten Hanauer Lamboy-Viertel war ich.) … also, der DD war auch mein Mitverleger und -herausgeber der „neuen hanauer zeitung“ (nhz),  in deren kultur-aktions- „nhz-werkstatt“ von 1982 bis 2013 Erzählungen, Grafiken, Cartoons veröffentlicht wurden. JanAnarch-tagessau

Auch einige der politischen Gedichte der „unter-schlag-zeilen“, die dort eben nicht unterschlagen wurden.  Jan Haake, der nhz-Hauscartoonist hat in der nhz-werkstatt eng mit mir zusammengearbeitet und mir jetzt zugesagt, dass ich seine Cartoons für ein neues Buch verwenden darf (Danke Jan!!!). Entgegen DDs Erfahrungen lief der Verkauf der „unter-schlag-zeilen“ bei meinen Lesungen nicht sooo schlecht. Aber darauf kam es mir nicht in erster Linie an.  Bücher sind für mich so was wie ErzählerBeerdigungen erster Klasse, wenn sie mit ihren Erzählungen zwischen den Buch-Sarg-Deckeln verschwinden und dann noch einen goldgeprägten Rücken als Grabstein im Zentralfiedhof „Deutsche Bibliothek“ erhalten.  Natürlich sind die Erzählungssammlungen für die Weitergabe wichtig. Um so wichtiger, als die Erzählkultur so gut wie ausgestorben ist. Zumindest in Zentraleuropa.  Hier verläßt man sich auf Zentralbibliotheken, Mikroverfilmung, auf Datenspeicher – nur wer liest denn das alles, wer liest es vor, wer  erzählt das denn alles und wer hört zu ? Ja, es gibt doch Hörbücher und Autoradio und Smartphones … toll, und denen stelle ich meine Zwischenfragen, die erklären mir dann auch noch Unverstandenes, wiederholen oder fragen mich, wie ich denn denke, wie die Geschichte endet, wie sie weitergeht, die nehmen mich auch mal in den Arm, wenn’s zu gruselig wird. Denen sage ich dann auch, wo es besonders schön, gut, spannend war oder wo eben nicht und wo sie was verbessern sollten  oder ich stelle ihnen einfach die Frage, ob das denn alles wahr ist und wir babbeln noch die ganze Nacht oder trinken oder … und die lesen das auch alles automatisch meinen Kindern vor, solange die noch nicht verlesen und ausgelesen sind.

Geschichten bis ihr schwarz werdet

Die „unter-schlag-zeilen“ sind aktions-prozess-orientiert, stammen aus politischen Bewegungen, sind deren Teil (gewesen) und  zwischendurch auch sehr kontextgebunden und deshalb auch Fußnoten-kommentiert. Und jetzt höre ich schon den Beschwerde-Chor der Literatur-Kritiker. „Aber Literatur, insbesondere Lyrik muss doch für sich selbst stehen, bedarf keiner Erläuterungen!!!“ Und der erhobene Zeigefinger dräuht ..

Herausgegeben wurde der „unter-schlag-zeilen“-Band vom Polizeipräsidium Südhessen nach öffentlicher Entschuldigung des Oberstaatsanwaltes und auf dessen Anweisung. Das Land Hessen musste die Produktion des Buches weitgehend bezahlen, weil die hessische Polizei die zentralsten Texte über 6 Wochen in Untersuchungshaft genommen hatte “wegen des Verdachts auf Volksverhetzung”

Volksverhetzung

.. aber das steht alles  in dem Buch, dessen grandioses Layout Jürgen Tauras gemacht hat. Bei der Arbeit entstanden noch viele Texte, die in das Buch aufgenommen wurden… Ingrid und Gerhard Zwerenz haben das Vorwort dazu geschrieben.

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Ich bekenne: es sind nicht alle Gedichte für die Wallhall und die Ewigkeit geschrieben, nicht alle werden den Büchner- oder den Literatur-Nobel-Preis … einige haben eben nur mehr oder weniger ihren Gebrauchswert, der sich erschließt, wenn man Zeit, Ort, Kampagnen, Aktionen und die politisch-soziale Lage kennt.

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Bei einer Lesung in einer Sekundarstufenschule von Trinidad auf Kuba. Ich hatte durchs offene Fenster gefragt, ob ich aus meinem Kinderbuch ZORA vorlesen dürfe. .

Die Lehrerinnen haben mich sofort in die Schule geholt und ich las vor.

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Da aber nach den Lesungen in Havanna die spanischen Ausgaben bereits vergriffen waren, las ich zunöächst auf Deutsch und dann übersetzte ich etwas hiolprig ins Spanische. Da meldeten sich drei der Schülerinnen und schlugen vor, den Text selbst vorzulesen und simultan ins Spanische zu übersetzen. Anschließend diskutierten sie zusammen und mit mir und den Lehrerinnen über die Wortspiele, die Doppeldeutigkeiten und wie man sie am Besten ins Spamische übersetzt. Diskussionen über die politisch-sozialen Hintergründe der Geschichte. Die Schülerinnen waren gerade Mal 10 oder 11 Jahre alt. Sei kannten die mitverarbeiteten Grimmschen Märchen und die Bezüge in der ZORA zum „Wolf und die sieben Geislein“. Er war wunderbar!

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Vor sechseinhalb Jahren, kurz bevor 5 oder 6 abgestürzte Roman-Manuskripte zum Teil wieder rekonstruiert waren (Putztruppen, Damenschneider, Erbsenzähler, Grenzgänger, Die drei Leben der Hannia W. usw.. )  starb der Mann, der sie im größten Verlag Mecklenburg-Vorpommerns herausbringen wollte.

Noch ein Rückruf: für meinen Freund und (beinahe meinen) Scheunen – Verleger Andreas Ciesielski

Andreas Ciesielski ist am 23.03. 2010 gestorben. Er war Fotograf, Journalist, Autor, Verleger, Kulturveranstalter. Er hat mit äußerster Hingabe seit 1992 in Kückenshagen seinen www.scheunenverlag.de und das Zentrum “Kulturscheune” aufgebaut. Sein Verlag und die “Kulturscheune” werden weiter bestehen, wenn sie Unterstützung finden. Es gibt dafür eine Initiative im Internet, die ich jetzt aber leider nicht wieder gefunden habe. Sie möchte sich bitte bei mir melden!

Noch lang nicht auserzählt

Du hattest mir
doch kürzlich
noch so fest
versprochen
meine Romane zu verlegen
die ich nach Deinem Rat
zum zweiten oder dritten Male
wieder niederschrieb
nachdem von ihnen
nichts mehr übrig blieb
weil sie durch Windows Fenster
sich ins Grab gestürzt
im Internetnirwana
spurenlos verflüchtigt hatten
da hast Du mir geraten
sie einfach zweifach neu zu schreiben
(“und – nur zu Deiner Sicherheit –
mit virtuellem Durchschlag”)
das zweite oder dritte
würde immer besser
als das erste Mal

Du hast mich so
so oft am Telefon
tröstend in
und lächelnd auf
den Arm genommen
und mir versichert
Du seist nur deshalb
ein Verleger,
weil du genau
so oft wie ich jetzt meine
die besten Deiner Manuskripte
selbst verlegt
gelöscht
verloren
hättest

Wir hatten
uns versprochen
uns zu treffen
hoch im Norden
in MeckPomm
und jetzt, wo ich
soweit bin dass ich endlich
zu Dir in Deine Scheune
knapp unterhalb von Barth
nach Kückenhagen komm
nein kommen könnte
hast Du Dich ohne mir
nur einen Ton zu sagen
einfach
abgemeldet

So geht das nicht!
In Deiner Scheune liegt
der größte der Verlage
dieses wunden wunderbaren Bundeslandes
den dieses postgewendete Meck-Pomm
und was in diesem vierten Reich
noch aufrecht geht
so dringend braucht
in Deiner Scheune
liegt es brach

Gib zu
Du nahmst Dir nicht die Zeit
Dein Arbeitstag der brauchte zwei Mal 48 Stunden
die Buchführung hat sie dir doppelt weggenommen
Buchmacher haben Dir die Fristen nicht gelassen

Du dachtest nie darüber nach
dass Du verletzlich endlich bist
und wenn Du einmal gingest
was käme dann
danach ?
Steh auf, Andreas,
lass uns Bücher machen,
komm wieder auf den heilgen Damm,
den Du bebildert und beschrieben hast.
Lass uns gemeinsam
unterm Lachen
der Möven
unsre BücherBettenBurgen
am Ostseestrand
im Sand
eingraben
wir halten gegenseitig
uns die letzten LesePlätze frei
dann sind wir endlich
ausgebucht

wer unsre Bücher sucht
sie stehn noch ungelesen
ganz ohne Natodraht
und InfraTodesZäune
in Kückenhagen
in der Scheune

Doch was dort steht
ist lang noch nicht
Dein letztes Buch gewesen
auch meines nicht
lass uns erzählen
lass uns schreiben
schreien, singen
Lass uns lesen

Steh auf, Andreas!
Wir sind unersätzlich
weil uns und unsre Bücher
unsre Gedichte, unsre Lieder
die brauchen unsre Kinder wieder
wir müssen weiterschreiben
von unten doppelt dann
für die die bleiben

Ob die es nützlich finden
setzen, drucken, binden
und vertreiben ?
Was wird
von unsren Kindern ausgewählt
zum Buch gemacht ?

Weiter erzählt?

Das können sie doch nur entscheiden
wenn wir ihnen

weiter schreiben

Andreas rede
schreibe
bleibe
Du hast so vieles
was uns fehlt
noch nicht
erzählt

Weitere politische Lieder und gedichte, prosaisch-lyrische AgiPropoleme sind in “unter-schlag-zeilen” enthalten, der 312Seitige Grafik- und Gedichtband erschien 2005 mit der ISBN 3-88975-107-5 im Frankfurter ZAMBON-Verlag und kostet 15,-€. mit einem Vorwort von Ingrid und Gerhard Zwerenz und einem Nachwort von Kurt Sänger, sowie einem Nachruf auf Wolfgang Stryi, den Komponisten des ensemble modern FFM, einem der besten europäischen Saxophonisten, der alle Texte des Bandes in Musik umgesetzt hatte und über 150 Lesungs-Konzerte damit bestritt.

Die letzten Exemplare der Erstauflage sind jetzt (ab Mitte Oktober 2016) für 10,- € bei meinen Lesungen, Konzerten, Kabarettabenden und beim FREISINGEN erhältlich oder per Postversand.

Herausgegeben wurde der Band vom Polizeipräsidium Südhessen nach öffentlicher Entschuldigung des Oberstaatsanwaltes und auf dessen Anweisung. Das Land Hessen musste die Produktion des Buches weitgehend bezahlen, weil die hessische Polizei die zentralsten Texte über 6 Wochen in Untersuchungshaft genommen hatte “wegen des Verdachts auf Volksverhetzung”.. aber das steht alles  in dem Buch, dessen grandioses Layout Jürgen Tauras gemacht hat. Bei der Arbeit entstanden noch viele Texte, die in das Buch aufgenommen wurden… Ingrid und Gerhard Zwerenz haben das Vorwort dazu geschrieben
Die meisten Texte des Buches sind bei Widerstandslesungen in Hanau, FFM, Halle, Leipzig, Berlin-OstWest, Aschaffenburg, Offenbach, Mörfelden -Walldorf, Wiesbaden-Erbenheim, Kesterbach, Fulda, Schlüchtern, Gelnhausen, Erlensee, Gründau, Döbeln, Dresden, Weimar, Köthen, Herleshausen, Forst, Eisenach, Opole, Krakow, Wrozlaw, Warschawa, Gdansk, Zopot, Gdynia, Lodz, Milano, Ancona, Venecia, Patras, Athen, Monemvasia, Sparta, Gythio, Vesani, Kalamata, Areopolis, Tripolis, Mellrichstadt, Mannheim, Schwarzenborn, Bonn, Köln, Ludwigshafen, Karlsruhe, Wien, München, Stuttgart, Fellbach, Vaihingen, Neckarsulm, Weinsberg, Ober-Ramstadt , Darmstadt, Groß-Umstadt, Höchst, Neustadt, Görlitz, Zwickau, Freiberg, Michelstadt, Erbach, Almeria, Cournil, Sevillia, Barcellona, Madrid, Granada,  Zaragossa, San Sebastian, Larzac,  Nante und in Stubbendorf (bis 2004)…. entstanden,bei Kundgebungen, Streiks, Besetzungen und was alles so notwendig ist… oder auch bei der Arbeit auf Baustellen, am Fließband, in Montage- & in Lagerhallen, in Büros, im “Führerhaus” vieler LKWs auf Raststätten und an Grenzübergangsstellen während der Zollabfertigung.. oder bei fröhlicher Landschaftsgärtnerei … aber auch mit Schnellnotizen in Lehrerzimmern oder auf  Schulhöfen, in JVAs oder davor, in Polizeigewahrsam oder in damals noch grünen Minnas …
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“unter-schlag-zeilen”: wenn die Kunst unter die Leute geht.
313 seiten politische Lyrik und Grafik von HaBE
Aus dem Vorwort von Ingrid und Gerhard Zwerenz für HaBEs AgitProvoLyrik&Grafik-Buch “unter-schlag-zeilen / befreite worte /gebrochene reime/ zur lage” :  Nur keinen Streit vermeiden ..Es kann einen Autor teuer zu stehen kommen, wenn er sich strikt an das hält, was er schreibt.. Mundtot ist der Titel eines Gedichts von Hartmut Barth-Engelbart: “Wenn wir / nicht früh / genug / den Mund / aufmachen / haben wir/ am Ende / gar nichts mehr / zu sagen” Der Lyriker ..aus Hanau denkt gar nicht daran den Mund zu halten Seine Feinde finden, er hat eine zu große Klappe. Die zitierten epigrammatischen Zeilen erinnern an Erich Fried, dem seine Verse nicht wenig Ärger eintrugen. Für Barth-Engelbart eskalierte der Ärger. Vor einigen Monaten wurden seine Gedichte auf offener Straße verhaftet.  Wie aber kamen sie dahin? HaBE ist das Gegenteil eines Innenweltdichters. Mit Poesie und Prosa begibt er sich mitten unter die Leute (mit den ) bewährten Widerstandslesungen, denen es in Hanau  und anderswo nicht an Publikum mangelt. Von wegen, die Menschen interessieren sich nicht für Literatur, sie tun es durchaus, wenn Literatur sich für sie interessiert.…. Weshalb sich Polizei und Justiz für HaBEs Verse interessierten, ist eine bunte Geschichte. Der Autor erzählt sie in diesem Sammelband, der Spannung aufbaut wie ein Krimi, wer die Täter sind verraten wir nicht
Das Buch ist dem langjährigen Duett-Partner HaBEs, dem Bassklarinett-& Saxophon-& Kompon- & Humanisten des Frankfurter ensemble modern Wolfgang Stryi gewidmet, der im Erscheiningsjahr noch vor Erscheinen des Buches starb, nach 15 Jahren gemeinsamer WiderstandslesungsKonzerte.
“unter-schlag-zeilen / befreite worte /gebrochene reime/ zur lage”
313 seiten politische Lyrik und Grafik von HaBE / Buchgestaltung : Jürgen Tauras / (c) 2005 Zambon-Verlag Frankfurt/Main / SemiHardcoverBroschur  ISBN 3-88975-107-5 /    15,– €
Im gleichen Verlag das HaBE-KinderBuch von der Ziege “ZORA”
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Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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