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Warum das Dokullage-Theaterstück über das Frankfurter ADLER-KZ „Katzbach“ seit 16 Jahren nicht mehr aufgeführt wurde.
Ist über 70 Jahre nach dem Ende des Frankfurter ADLER-KZ „Katzbach“ nichts mehr gut zu machen? Sind nicht alle Überlebenden bereits lange tot ? Sind deren Nachkommen noch ausfindig zu machen? Haben die den Krieg in der Ukraine überlebt?
Warum wurde das Dokullage-Theaterstück über das Frankfurter ADLER-KZ „Katzbach“ seit 16 Jahren nicht mehr aufgeführt?
Trotz kaum überbietbarer Lobeshymnen aus den obersten Etagen des Osthessischen Kultursommers und des Main-Kinzig-Kreises haben sowohl der Main-Kinzig-Kreis, als auch alle angeschriebenen Städte und Gemeinden am Hakenkreuzweg des Todesmarsches der letzten Überlebenden des ADLER-KZ „Katzbach“ sich geweigert, das Stück aufzuführen. Auch die IG-Metall-Bildungsstätte in Bad Orb. Auch keine DGB-Gewerkschaftsebene in der Region hat sich dazu bereit erklärt.
2015, nach 15 Jahren hat zumindest in der Stadt Gelnhausen eine Erinnerungsveranstaltung stattgefunden, die sich den vorherigen Initiativen in der Stadt Maintal anschloss und das dortige Erinnerungskonzept übernommen und die dafür geschaffenen Objekte -stilisierte Opfer als Eisen-Knochen-Gerüste in Lumpen- in einem ErinnerungsTrauermarsch mitgeführt hat.
Am Rand der Veranstaltung wurde dann mitgeteilt, man könne sich vorstellen, dass das „Katzbach“-Stück im nächsten Jahr in Gelnhausen zum 71. Jahrestag des Todesmarsches aufgeführt werden könne. Nun neigt sich das 71. Jahr dem Ende zu und das Stück wurde immer noch nicht wiederaufgeführt.
Wolfgang Stryi ist 2005 gestorben, er kann seine Musik nicht mehr spielen.
An der vom Main-Kinzig-Kreis attestierten Qualität diese „künstlerisch hochangesiedelten Projektes“ konnte es nicht liegen: Wolfgang Stryi, der damals beste europäische Saxophonist & Klarinettist & Komponist im renommierten Frankfurter „ensemble modern“ hat zu den Texten seines Partners im Duo „kisuM & kiryL“ die Musik zusammen mit dem hessischen Filmpreisträger Christoph Korn geschaffen. Nun hat diese Qualitätsstufe schon in den Jahren 1999 und 2000 die Frankfurter Rundschau nicht daran gehindert, mit Nichtankündigung der Uraufführung der ersten Version des Stückes am Ort des KZ, in den ADLER-Werken im Gallus-Theater mit dafür zu sorgen, dass die Eintritts-Karten-Einnahmen für den behindertengerechten Ausbau der Wohnungen der letzten „Katzbach“-Überlebenden in der UdSSR bzw. dann in der Ukraine nicht sonderlich hoch waren. Nur dadurch, dass ein Teil der Künstler (Stryi, Korn, Barth-Engelbart) ihre Gagen spendeten, konnte etwas Geld für diesen Zweck zusammenkommen. Noch dreister war die FR-Aktion gegen das Stück bei der Uraufführung der zweiten Version im Frankfurter DGB-Haus: hier kündigte die FR die Uraufführung zur falschen Zeit und mit falschem Ort an, so dass rund 150 Besucher das Stück vergeblich im Club Voltaire sehen wollten und dann bei eisiger Kälte die 3 Kilometer zum DGB-Haus nicht mehr schafften. Dafür noch einmal öffentlich Herzlichen Dank an die FRankfurter Rundschau.
Foto: Bernd Löser
Wiedergutmachung
Wieder gut machen
Wieder machen, gut machen
gut wiedermachen
Weiter machen, besser machen
Es wird schon wieder gut
alles wird gut
Wir machen nicht viel anders
wir machen nur vieles besser
Wehrmacht wieder gut
Wehrmacht wieder gut gemacht
Beute wieder gut machen
Wieder Beute gut machen
Heute wieder gut Beute machen
Beutegut heute wieder Guthaben
Wieder gut haben durch Beutegutmachung
heute machen wir es schon wieder gut
Wir machen‘s schon wieder ganz gut
Die Wehrmacht macht‘s auch schon wieder ganz gut
Verfolgung, Mord, Todesangst, Verstümmelung
durch Beutegeld wieder gut machen?
is ja gut
kein Geld
Kleingeld macht sich ganz gut
Ja doch, macht‘s gut, aber macht euch endlich
Jetzt ist es aber gut.
Entschädigung
Erledigung
Enderledigung
Entschuldigung
entschuldung
Erlöse
Erlösung
End erlösung
Problemlösung
Endlösung
Schädlingserledigung
Entlausung
Entschuldigung
Entlausung
Entschuldigung
Vergasung
Erschießung
Enthauptung
Behauptung
Schmutzbehauptung
Rufschädigung
Rasche Erledigung
Losung
erlöse der Endlösung
erlöse uns von den Schädlingen
Entschuldung
Entsorgung
letztendlich
sind wir die Schuld los
Geschädigten
schutzlose Opfer
drohender
Entschädigungsschäden.
Hartmut Barth-Engelbart in: »… sie starben mitten in Frankfurt unter Mitverantwortung der Aktionäre und der Dresdner Bank …« Das KZ Katzbach/Adlerwerke — Versuch einer Aufarbeitung mit Instrumenten und Stimme, aufgeführt am 14. September 1999, im Gallustheater Frankfurt, Kleyerstraße in den Räumen der ADLER-Werke. die direkt unter dem KZ-„Katzbach“ lagen.
Der Main-Kinzig-Kreis hat seine zugesagten 600,- DM zur Förderung der Aufführungen dieses „qualitativ hochstehenden“ Stückes an die Bedingung gebunden, dass die InitiatorINNen in Osthessen weitere Sponsoren finden. Der hoffentlich unfreiwillige Zynismus in kaum zu steigern: alle potentiellen Sponsoren im Main-Kinzig-Kreis und Osthessen haben die Autoren im Stück selbst und in ihren Recherche-Veröffentlichungen als Nutznießer der Zwangsarbeit benannt und die Nachzahlung der vorenthaltenen Löhne eingefordert. Unter ihnen Sponsoren für die Aufführungen vor deren eigener Haustüre zu finden, war ein Ding der Unmöglichkleit. Das hätte dem Main-Kinzig-Kreis klar sein müssen.
Die Gründe für den über 16 Jahre anhaltenden Boykott des Theaterstückes müssen in der Veröffentlichung der Recherchen zu diesem Theaterstück und seinem Umfeld liegen: die Veröffentlichung der Nutznießer der faschistischen Diktatur, die Berechnung der Extraprofite aus Zwangs- und KZ-Arbeit bei den offen genannten Firmen. Alle LeserINNEN sollen sich selbst davon überzeugen, sollen sich ihre eigene Gedanken über die Ursachen des Boykotts machen:
Zunächst der Link zu ausgewählten Ausschnitten des Dokullage-Stückes. Danach erste Recherche-Dokumentationen: http://kz-adlerwerke.de/de/aktionen/auffuehrung/aufzeichnungen.html