Entschlüsselung eines Volks-Widerstands-Liedes

Lieder voller Majestätsbeleidigungen, Aufrufen zum bewaffneten Widerstand gegen die Staatsgewalt werden seit Jahrzehnten und schon länger in Kindergärten, Grundschulen, bei Volksfesten und in Gesangsvereinen gesungen. Zur zeit entsteht im Zusammenhang mit verschiedenen Konzert- und Seminarreihen zur deutschen „Geschichte von unten“ eine Sammlung von entschlüsselten Volksliedern, in der Tadition des „großen Steinitz“, unter Mitwirkung verschiedener Historikerinnen u.a. aus der Hessischen Historischen Kommission. Daraus das Hessische Bauernlied „Siehste net die Wutz im Garde“, das etwas verwässert auf jedem Volksfest gesungen wird/wurde. Ein Lied gegen die Münzenberger, die Ysenburger, die von Solms, von Görtz und von Riedesel. Es gibt einen wesentlichen Unterschied zwischen den „FürstenHunden“ und den bäuerlichen Bastarden, den „Spitzen“ … der in einem Artikel der Sammlung herausgearbeitet wird. Ingrid und Gerhard Zwerenz sind wohl mit ihrer Kritik nicht ganz allein: sie finden den „FürstenHund“…“schön ruppig, doch … zu lang.“ (Hier ist der lange „Fürstenhund“ zu lesen:  http://www.barth-engelbart.de/?p=172 ) (dazu auch hier: http://de.indymedia.org/2008/08/225150.shtml )
Finde ich auch, die Urfassung im Wald bei Waldensberg war kürzer … so kurz wie viele meiner Epigramme:
z.B.: MundTot
wenn
wir nicht früh
genug den Mund aufmachen
haben wir später
nichts mehr
zu sagen
aber dann kam die unterschlagene Geschichte ins Erzählen. Mir fällt das homäopathisch-politpädagogisch-erwachsenenbildende Dosieren immer schwerer, je mehr ich wahrnehme wie um mich herum die Hirne leergeblasen, die eigene Wahrnehmung und HirnFühlung als falsch denunziert wird und unterdrückt am Boden liegt und sich darüber die synthetisch-virtuelle Einheitsoftware aller führenden Bertelsmänner flachbildbreitmacht. Nicht immer schreibe ich so lange, aber manchmal muss auch die Geschichte der Fürstenhäuser gegen den mainstreamStrich erzählt werden. (mainStrich hat mir besser gefallen!)
In meinem Artikel „Wider die Ver-musikantenstadlung der Volksmusik“ heißt es: Ich glaube und kann es belegen, dass die Bewanderungen & Erfahrungen aus den Bauernkriegen und allen anderen folgenden Revolten und Aufständen und Revolutionen und den Niederlagen in einer tiefverborgenen Speicherschicht und Tradition begraben liegen. Ich glaube, dass sehr viele Menschen eine UrAhnung davon haben, „wo der Hund begraben liegt“:
Es gibt ein im Hessischen viel gesungenes „goanz lusdisches Liedsche“ das lautet (etwas hochgedeutscht, zwecks besserem Verständnis im Ausland!!) so:Siehste net die Wutz im Garde
siehste wie se weule
wie se tiefe Löscher grabe
in die Geleroiwe
Spitz kumm raus
und beiß en in die Boa,
sunschd fresse dir die Missgeborde
alles korz un kloaEi die Wutz-Wutz-Wutz
Ei die Wutz-Wutz-Wutz
des is e lusdisch Poar
die brauch mer net zu berschde
die hoat joo gar koa Hoar“Nun die VollHochdeutsche Übersetzung:
Siest du nicht die Schweine im Garten, siehst du wie sie wühlen, wie sie tiefe Löcher graben in die GelbenRüben (oder Karotten). Wachhund komm hervor und beiß ihnen in die Beine, sonst fressen Dir die Missgeburten alles kurz und klein … Ei, die Sau, Sau, Sau .. das ist ein lustiges Paar, die braucht man nicht zu bürsten, die hat ja keine Haare.

Was da bis heute so folkloristisch und lustig klingt, hat wie die bayrischen TV-Musikantenstadl-geplätteten SchnaderlHüpferl viel subkutane Wurzeln: wie z.B. das Jennerweinlied im Bayrischen kommt das Wutzen-Lied in der hessischen Wetterau aus dem bäuerlichen Widerstand gegen den Feudaladel und seine städtischen Pantoffelverbündeten:
Die „Wutz“ sind nicht nur die Wildschweine und Rothirsche und Rehe, die der Adel in die Felder der Bauern zum Mästen treiben lässt, es sind auch die fürstlichen Jäger, die Steuereintreiber, die Zwangsrekrutierer, die Gerichtsvollzieher, die Scharfrichter usw. der gesamte Hof-Staat.

„Spitz“ nennt frau/man im Hessischen einen aufmerksamen und bissigen kleinen (Dorf-)StraßenKöter und seinen domestiziert-angeketteten  Nachfahren, er ist auch mit spitzen Zähnen bewaffnet, den bäuerlichen umgeschmiedeten Sensen, den Lanzen gegen die herrschaftlichen Reiter, mit deren Hilfe man auch im Stabhochsprung Bäche überqueren kann, vor denen die Ritterpferde scheuen.

(„Schimmel de Wooch“ heißt oder hieß ein Dorf im Odenwald, im Finkenbachtal, wo ein Raubritter nicht über den reißenden Bach kam und er sich dort niederließ, wo ihm die Bauern entkamen. „Schimmel! die Wooge!“ hieß es auf HOCHDEUTSCH und die Gebietsreform hat Schönmattenwaag darausgemacht.. auch das ist unterschlagene Geschichte!!)

Die Stabhochspringer, die Staffelläufer mit Löscheimern statt Staffelhölzern (nur gings da hin und zurück, den nächsten Eimer holen, wenn die Reihe nicht geschlossen war, wenn Kriege Lücken gerissen hatten in unsere reihen bei der feuerwehr) sind auch die Vorgänger der freiwilligen FeuerWehren, der Turner, deren Übungen durchaus „wehrsportlichen“ Charakter hatten und haben, aber eben auch feuerwehrlichen, wenn die Dörfler ihre Holzhäuser, die Ställe und Scheunen und Dächer retten wollten, mussten sie den Aufschwung, den Unterschwung usw. beherrschen und zwischen Dach-(Sp)Barren herumturnen, und nicht so danebengreifen wie Herr Hammbüchen, der würde bei der Feuerwehrprüfung ganz einfach durchfallen oder in den Flammen umkommen. Der könnte vielleicht noch Schornsteinfeger werden, die gaaaanz früher eine Abteilung der Feuerwehr bildeten…

Missgeborde = Missgeburten, das war eines der schärfsten Schimpfwörter der Gegend. In der früh- und vormittelalterlichen Familienplanung und Erbschftsregelung in bäuerlichen Gemeinden, Siedlungen, Sippen usw war es nicht nur in der Wetterau- auch im Odenwald so usus, dass „Misgeburten“ entweder starben oder im Überlebensfall bestenfalls Hofknechte oder Dorfdeppen wurden mit Aufgaben auf der Allmende und der Waldweide: Gänse, Hühner, Schweine, Schafem, Ziegen hüten usw.. und wenn diese Plätze besetzt waren, wurden die „Missgeburten“ als „überflüssige Fresser“ getötet.
Wenn nun die Dörfler den Adel als Missgeburt bezeichneten, war die Stoßrichtung ziemlich klar – zumindest im historischen Kontext. Heute sind diese Lieder einfach nur noch „lusdisch!“ und für viele schwer zu entschlüsseln … so wie das Revolutionslied „auf einem Baum ein Kuckuck saß “ oder die romantisierte Form von „Winter adé, Scheiden tut weh,… “ Überhaupt haben die (meist adeligen aber auch die bürgerlichen) Romantiker in ihren Sammlungen von Volksliedern und Volksmärchen aufs Heftigste „geweult“, tiefe Löcher gegraben und zensiert, verfälscht, entschärft, höflich bereinigt, anständig umgestaltet von „Des Knaben Wunderhorn“ bis zu Grimms „Volksmärchen“- Sammlungen …

 

€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€  VORSICHT!! EINSICHT!! WEITSICHT!! EIGENWERBEBLOCK  €€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€
„unter-schlag-zeilen“:  wenn die Kunst unter die Leute geht.   313 seiten politische Lyrik und Grafik von HaBE
Aus dem Vorwort von Ingrid und Gerhard Zwerenz für HaBEs AgitProvoLyrik&Grafik-Buch „unter-schlag-zeilen / befreite worte /gebrochene reime/ zur lage“ :  Nur keinen Streit vermeiden ..Es kann einen Autor teuer zu stehen kommen, wenn er sich strikt an das hält, was er schreibt.. Mundtot ist der Titel eines Gedichts von Hartmut Barth-Engelbart: „Wenn wir / nicht früh / genug / den Mund / aufmachen / haben wir/ am Ende / gar nichts mehr / zu sagen“ Der Lyriker ..aus Hanau denkt gar nicht daran den Mund zu halten Seine Feinde finden, er hat eine zu große Klappe. Die zitierten epigrammatischen Zeilen erinnern an Erich Fried, dem seine Verse nicht wenig Ärger eintrugen. Für Barth-Engelbart eskalierte der Ärger. Vor einigen Monaten wurden seine Gedichte auf offener Straße verhaftet.  Wie aber kamen sie dahin? HaBE ist das Gegenteil eines Innenweltdichters. Mit Poesie und Prosa begibt er sich mitten unter die Leute (mit den ) bewährten Widerstandslesungen, denen es in Hanau  und anderswo nicht an Publikum mangelt. Von wegen, die Menschen interessieren sich nicht für Literatur, sie tun es durchaus, wenn Literatur sich für sie interessiert.…. Weshalb sich Polizei und Justiz für HaBEs Verse interessierten, ist eine bunte Geschichte. Der Autor erzählt sie in diesem Sammelband, der Spannung aufbaut wie ein Krimi, wer die Täter sind verraten wir nicht
Das Buch ist dem langjährigen Duett-Partner HaBEs, dem Bassklarinett-& Saxophon-& Kompon- & Humanisten des Frankfurter ensemble modern Wolfgang Stryi gewidmet, der im Erscheiningsjahr noch vor Erscheinen des Buches starb, nach 15 Jahren gemeinsamer WiderstandslesungsKonzerte.
„unter-schlag-zeilen / befreite worte /gebrochene reime/ zur lage“ 313 seiten politische Lyrik und Grafik von HaBE / Buchgestaltung : Jürgen Tauras / (c) 2005 Zambon-Verlag Frankfurt/Main / SemiHardcoverBroschur  ISBN 3-88975-107-5 /    15,– € 
Im gleichen Verlag das HaBE-KinderBuch von der Ziege „ZORA“ (Das LeseBilderBuch für 6- bis 96-Jährige für nur 7,90 €/ HardCover und bissfest!! nicht mit Bildern von HaBE sondern von der wunderbaren Barbara Braguti)
 ISBN 3-88975-128-8
€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€  ENDE DES EIGENWERBEBLOCKES  €€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€€

 

 

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert