Bericht des serbischen DVR-Hauptmannes Dejan Beric aus dem Donbass

Bericht eines Serben aus dem Donbass (1)

„Schade, dass wir nicht in dieses Kinderheim gehen können. Sie sagen, dass ich ihnen geholfen habe zu überleben, während ich meine, dass sie mir geholfen haben zu überleben. Jeder Besuch des Heimes und das Spielen mit den Kindern, bringt jene Menschlichkeit zurück, die sehr leicht verloren gehen kann.“

Dejan Beric, der “Sturmovik” in seinem Interview

Ein Interview des serbischen Kämpfers Dejan Beric („Deki“),  übersetzt von sloga (Quelle  http://vineyardsaker.de/) mit tiefen Einblicken in das Geschehen im Donbass.(Danke an Kranich, SAKER und das BALKAN-Info)Beric war von Anfang an in der DVR dabei und hat nun den Rang eines Majors (bzw. „kapetan“, wobei ich nicht sagen kann, welcher Rang dies in der dt. Armee wäre [Anm. ???????? entspricht dem deutschen Hauptmann, der einen Rang niedriger als ein Major ist – Russophilus]), der u. a. für die Ausbildung von Scharfschützen zuständig ist. In diesem 3,5 (!) stündigen Interview in seiner Muttersprache konnte er vieles erwähnen, was in den zahlreichen russ. Interviews quasi unter den Tisch gefallen ist (mMn ein sehr brauchbarer Zeugenbericht betr. der Geschichte dieses Konfliktes). Der Reporter heißt Tesa Tesanovic (T; Internetportal: Balkan Info).

T: Guten Tag liebe Zuseher! Wir befinden uns heute in Donetsk, um den legendären serb. Freiwilligen, Hrn. Dejan Beric, zu interviewen. Wie ist es überhaupt dazu gekommen; Sie in der DVR?

D: Ich habe das schon mehrmals erzählt; aber in Ordnung. Als die Krise hier begann, habe ich in Sochi gearbeitet. Jene beiden, die mich aufgefordert haben, hier mitzumachen und die mit mir bereits in Bosnien und im Kosovo gekämpft haben, kannst du leider nicht mehr kennenlernen, da sie nicht mehr unter uns weilen. Wir (Serben) stehen in der Schuld. Wenn die zu einem sagen: „Komm!“, kannst du nicht sagen „ich will nicht kommen“ oder „ich kann nicht kommen“. Die beiden haben 26 Gräber in der Republika Srpska hinter sich gelassen. Da kannst du nicht einfach „nein“ sagen. Ich habe meine Sachen gepackt und wir gingen auf die Reise. Zuerst auf die Krim, dann nach Slavansk und dann alles der Reihe nach.

T: Die Geschehnisse um die Krim und DVR versuchst du in einem Buch zusammenzufassen?

D: Ja. Es wird eine Art Dokumentarbuch, in dem ich meinen Weg von Sochi bis zum heutigen Tag festhalte, wobei bei jeder Etappe die Eindrücke eines Zeitzeugen mit einfließen werden; z. B. Sasa – mein Kommandant in Sewastopol (Gruppe „Südwind“). Er beschreibt seine Sicht des Krieges. So wird dieses Buch mehrere Autoren haben. Darunter sind nicht nur Kämpfer; sondern auch Menschen, die halfen, Donetsk am Leben zu halten. Wir haben sehr oft Menschen beschützt, die Gas- oder Wasserleitungen wiederherstellten oder den Schutt der zerstörten Häusern abtrugen etc. Auch diese Leute werden ihre Eindrücke schildern. Was mich zutiefst erschütterte waren die Emotionen und Gefühle der Frau eines Freundes, der leider bereits gefallen ist). Gefühle, die jedes Mal aufkamen, wenn ihr Mann zum Einsatz ging.

T: In der Regel werden nach einem Krieg nur die Kämpfer (Helden) erwähnt?

D: Leider ist das so. Ich kann keinen dieser Menschen, die im Hintergrund für die Sache „kämpften“, jemals vergessen. Das Buch soll zukünftigen Generationen zeigen, dass nicht nur jene, die Waffen in den Händen hielten, sich für Donetsk eingesetzt haben. Da waren dann noch z.B. Ärzte und Krankenschwestern, die bis in die vordersten Linien gingen, um uns (verletzt) zu bergen.

T: Wieviel hat dir die Kriegserfahrung aus den 90ern geholfen, sich hier zurechtzufinden?

D: Zu allererst: Serbien war nie im Krieg. Daher habe ich (offiziell) keine Kriegserfahrung (Anmk: er lächelt). Das wäre mit jedem anderen Arbeitsbereich, welcher in jeder Firma etwas anders interpretiert wird, zu vergleichen. Jedes Gebiet kämpft auf etwas andere Art und Weise. In Lugansk eine; in Donetsk eine andere und in Mariupol eine dritte. Dies hängt stark von den (kommandierenden) Leuten vor Ort ab. Also; die 90er haben mir geholfen; allerdings nicht übermäßig viel.

T: Zu Beginn des Konfliktes war es um einiges schwieriger, da euch die Flugstreitkräfte angriffen?

D: Das war nur ganz kurze Zeit; ca. 5 – 6 Monate. Dann hatten wir sie weggewischt. Wobei die Flugzeuge nicht so schlimm waren; die Helikopter allemal. Das Flugzeug kommt, läßt die Bomben fallen und ist verschwunden; also keine großen Verluste. Aber bei Helikoptern … meine Güte … da hatten wir sehr viele Opfer.

T: Du bist Scharfschütze. Wieviel Sicherheit erzeugt es in den Köpfen der eigenen Bodentruppen, wenn sie euch im Rücken wissen?

D: Ich bin kein Scharfschütze. Ich bin Späherscharfschütze. Wir gehen als erste, um die gegnerischen Scharfschützen und Maschinengewehre zu sichten. Dannach melden wir deren exakte Positionen. Bei Angriffsbeginn sollten wir dann soviele von denen ausgeschaltet haben, wie möglich, damit unsere Bodentruppen ohne größere Verluste vordringen können. Mental bringt das den Bodentruppen viel, da sie Kameraden vor sich wissen, die ihre Aufgabe erfüllen werden. Das ist schon wichtig. Es ist nicht wie in Filmen, wo aus 1.000 – 2.000 m geschossen wird. Das sind Kämpfe, die bei 400 – 500 m beginnen und man sich auf 100 m heranpirscht. Dann wirfst du dein Scharfschützengewehr weg; nimmst das Maschinengewehr und Feuer. (Anm: Einwurf von T: So nahe?) Schau, alle meine Verwundungen waren aus nächster Nähe. Bei einer hat mir der Gegner buchstäblich die Waffe an den Bauch gehalten. Auf der rechten Brust hat man mich aus 5 m durch die Schutzweste getroffen; ein weiteres Mal links im Brustbereich aus 7 – 8 m. In Samogili – wovon dir die Jungs gestern erzählt haben; Makar war damals mit – habe ich aus rd. 30 m sieben Kugeln in die Schutzweste abbekommen. Da wünscht du dir manchmal, dass sie nicht von der Weste abgefangen worden wären; sondern durchgegangen. Die sieben waren schrecklich. Das kleinere Problem ist, dass Rippen gebrochen werden; das größere – es kommt zu einer Verschiebung der Organe. Es tat sehr weh. Ein großer Vorteil ist, dass sie hier überwiegend Munition Kaliber 5.45 verwenden. Ich habe hier eine solche Patrone (min 08:30). Das sind kleine Körner. Die Munition ist einfach nicht so stark wie der sonst übliche Standard 7.62. In der Sowjetunion haben sie 7.62 verwendet. Dann haben sie die Läufe ausgetauscht. Angeblich wäre 5.45 der neue (auch nato) Standard. Keine Ahnung. Für mich persönlich: Gott sei Dank, dass sie diese Munition verwenden.

T: Zu Beginn des Konfliktes hat es Perioden gegeben, wo ihr nur wenige Vorräte hattet (Nahrung, Wasser, Munition etc.). Wie war das in der Einheit, wo du warst?

D: Zu Beginn in unserer ersten Interbrigade war es schwer. Ohne Nahrung kannst du auskommen; ohne Wasser sehr schwer. Als wir z.B. aus Slavansk weichen mußten – nachdem uns Strelkov bereits verlassen hat – mußten wir aus Pfützen trinken. Da habe ich mir den Magen verdorben. Wir mußten auf den Weg nach Donetsk durch ihr Territorium und konnten uns nur nachts bewegen. Das war ein langer und schwieriger Weg.

T: Wie hat das damals ausgesehen, wie ihr Slavansk verteidigt habt? Da war weder die ukrain. noch die DVR-Armee in vollen Zügen vorhanden.

D: Die ukrain. Armee war damals durchaus vorhanden; unsere eher nicht. Was die Reserven und Verpflegung betrifft waren wir schlecht aufgestellt. Was die Kämpfer betrifft, so hatten wir viele Freiwillige mit noch mehr Kampferfahrung (Afghanistan, Tschetschenien, Kosovo etc.). Das war enorm wichtig. Zu Waffen kommst du leicht; zu Kampferfahrung nicht. Ich bin davon überzeugt, dass die Ukraine den Konflikt damals in 3 Tagen hätte beenden können. Strelkov sagte selbst, dass er nach Slavansk mit 52 Mann kam. Um Slavansk herum waren wir noch ca. 40 Mann. Motorola war dort mit seinen 30. Alles in allem waren wir rd. 300 – 400 Mann. Die Ukrainer hatten ihre 63. Fallschirmjägereinheit (Spezialeinheit). Wie lange braucht eine Spezialeinheit, um 400 Mann komplett zu vernichten? Keine 5 Stunden. Wenn ich heute das Ganze so betrachte, meine ich, dass die Ukrainer diesen Krieg hätten beenden können. Offenbar wollten sie Rußland in den Krieg hineinziehen. Dann wäre alles weitaus schlimmer gekommen. Doch die Russen spielen es sehr klug. Das ist meine Meinung. Du hast auf der einen Seite 400 Mann und auf der anderen eine riesengroße Armee. Wie lange benötigt so eine Armee, um 400 Mann zu töten? Wir haben am Anfang sehr viel Ausrüstung von den Ukrainern gekauft; in Slavansk einen BTR (Spähfahrzeug) um 1.500 dollar. Normalerweise kostet ein Reifen [dieses] Fahrzeugs so viel. Sie haben uns also Ausrüstung verkauft, um uns die Möglichkeit zu geben, Krieg zu führen. Aus heutiger Sicht haben uns die Ukrainer, amis und brits (Geheimdienste) benutzt, um den Krieg weiter anzufachen. Nach unseren ersten Opfern sind wir schlagartig auf 3.000 Mann angewachsen. Der Aufstand begann. Die Bewohner der DVR haben Polizeistationen eingenommen. Waffen wurden organisiert. In Donetsk gibt es einen riesigen Tunnel, den wir eroberten; ein Waffenlager aus Sowjetzeiten. Mit diesen Waffen können wir jahrelang kämpfen.

T: Zu Beginn war hier noch die ukrain. Polizei und Armee?

D: Als sie noch hier waren, haben wir uns bei Bruklin zu Hause versteckt und gingen nur nachts in Aktion.

T: Bruklin hat mir gesagt, dass ihr ganz am Anfang mit Baseballschlägern und Messern unterwegs wart? Erst später habt ihr dann der Polizei Waffen abgenommen.

D: Die Polizei wird/wurde hierorts als „mussoj“ (Mist) bezeichnet. Die haben uns alles ohne Widerstand übergeben. Wir besetzten die Polizeistation in Donetsk, ohne einen Schuß abzufeuern. Wir gaben ihnen 2 Minuten zum Verlassen. Sie taten es in einer Minute. Da gab es (unsererseits) kein Heldentum. Es war so, wie es war.

T: Aber es sind vermutlich viele Polizisten übergelaufen?

D: Du wirst es nicht glauben; es war im Promillebereich. Ich kenne keinen einzigen ehem. Polizisten in unseren Reihen. Aus der Armee schon (z.B. Malisu oder Lisch; das sind Profis). Für 600 dollar haben wir z.B. 6 Maschinengewehre, 2 Scharfschützengewehre und einen Berg Munition gekauft. Es war umsonst! Wie kam es dazu? Brevno, Graf, Bruklin und ich haben eine Einheit, die ein Dorf um Donetsk hielt, aufgefordert, uns Waffen zu verkaufen. Als sie sich weigerten, haben wir 2 – 3 Wachen mit unseren Scharfschützengewehren erledigt und der Rest kam umgehend auf das ursprüngliche Angebot zurück. Im nächsten Dorf dasgleiche. Wir haben immer Wort gehalten und sie nach dem Verkauf ziehen lassen. Im dritten Dorf haben sie dann sofort eingewilligt (ohne Kampf). Die junge Armee (Grundwehrdiener) wollte nicht kämpfen. Erst als die sog. SS-Truppen kamen (Bataillon Azov u. a.) ging es los. Azov hat derart schlimme Greueltaten begangen, dass nicht einmal die amis sie unterrichten wollten, damit sie nicht mit ihnen in Verbindung gebracht werden konnten. Das sind Ultrafaschisten. Fremde (Kroaten etc.) haben sich aus rein ideologischen Gründen Azov angeschlossen. Geld ist kein Motiv. Die drüben verdienen genausoviel wie wir; rd. 200 euro/Monat. Die Kroaten sind hauptsächlich in der Artillerie. Sie sind auf facebook sehr aktiv und haben uns so einige Male ihre Koordinaten geliefert, indem sie unbedingt die Umgebung aufnehmen mußten. Das tat auch einer in Mariupol/Shirijok. Er stellte es ein als er auf Heimaturlaub war. Als er wieder in die Ukraine reisen wollte, hat man ihn nach Hause geschickt, da seinetwegen Hunderte starben. Diese „Hilfe“ gibt es (leider) auf beiden Seiten.

T: Du hast mir gesagt, dass die Ortung anhand der Mobiltelefone ein Problem darstellte?

D: Zu Beginn wußten wir nicht, wie uns geschieht. Wir laufen durch einen Wald (zw. Slavansk und Krematorsk) und kommen unter Artilleriebeschuß. Ich war zu 100% überzeugt, dass im Wald Leute sind, die ihnen die Koordinaten geben. Die Präzision des Beschusses war unheimlich. Ein Kamerad starb dabei. Dannach haben wir von dem Problem mit Mobiltelefonen gehört. Die amis haben ihnen irgendwelche Wunderapparate gegeben, mit denen sie uns orten konnten.

T: Was ist die Wahrheit bez. Strelkov? Es besteht das Gerücht, dass er euch in Slavansk verraten hätte?

D: Ich kann nur meine Sicht der Dinge aufgrund der erlebten Ereignisse schildern. Für mich war Strelkov ursprünglich ein Held. Wir sind wegen Strelkov nach Slavansk gegangen. Allerdings war Strelkov einer der ersten, die Slavansk verlassen haben. Er hat niemanden darüber informiert. Die Kosaken in Sewastopol hat er ebenfalls nicht informiert. Da sind sehr, sehr viele getötet worden. Beim Rückzug sind wir auf der Straße förmlich über deren Leichen gestolpert. Damals habe ich immer noch an Strelkov geglaubt. Es ist Krieg und da können solche Dinge einfach passieren. Als er im Juni 2014 von meinem Kommandanten Brevno verlangte, den heutigen Innenminister, Lenin und Mongolov zu töten (diese Aussage habe ich dannach am Lügendetektor wiederholt), haben wir dies verweigert. Es ist am einfachsten, jemanden zu töten. Es gibt allerdings Gerichte. Sollten sie Verräter sein, so sollte dies ein Gericht entscheiden. Brevno hat den Vorfall dem FSB weitergeleitet. Als wir einige Tage später einen Stützpunkt nahe der russ. Grenze einnahmen (Marinovka), um den Korridor für die humanitäre Hilfe aus Rußland freizumachen und Strelkov meldeten, dass die Kommandozentrale eingenommen war (sie können nachrücken), geraten wir unter Artilleriebeschuß; allerdings von beiden Seiten (ukrain. und DVR). Wir ziehen uns zurück und die Ukrainer nehmen sie wieder ein. Wir erobern die Zentrale zurück und werden erneut von unserer Artillerie beschossen und flüchten. Das dritte Mal stürmten wir den Stützpunkt mit Motorola. Motorola hat einen BTR und zwei Mann verloren und drei Verletzte (erneut aufgrund DVR Beschuß). Du siehst es, willst es aber nicht wahrhaben. Strelkov war für uns immer noch Strelkov. Grundsätzlich; Geschichten gibt es in einem Krieg viele. So auch, dass Strelkov für die Ukraine arbeitete. Ich glaube nur an das, was ich sehe. Das Faß zum Überlaufen brachte er, als er Donetsk hergeben wollte. Er gab die Anordnung, sich aus Donetsk genauso zurückziehen, wie wir es aus Slavansk getan haben und nahe der russ. Grenze in Stellung zu gehen. Die Militärführung hat den Gehorsam verweigert. Tamelan wollte Strelkov töten. Baradai, der heutige Präsident der Freiwilligen von Donbass, hat Strelkov davor bewahrt. Hätten wir uns vor der russ. Grenze eingegraben, hätten die Ukraine auch auf russ. Boden geschossen und die Russen wären in den Krieg hineingezogen worden. Ich bin überzeugt, dass es Strelkovs Ziel war, Rußland in den Krieg hineinzuziehen.

T: Du hast mir einmal einen sehr interessanten Satz gesagt: Wir kämpfen hier eigentlich auch für die Ukraine. Wie hast du das gemeint?

D: Schau. Wenn wir zurückblicken. Wir kämpfen eigentlich für die Ukraine, denn alles, was die andere Seite macht, bringt der Ukraine Probleme. Was ist passiert. Mit Beginn des Krieges haben alle größeren Unternehmen in der Region die Arbeit eingestellt. In Mariupol war z. B. Ein metallverarbeitender Gigant, den sie innerhalb von zwei Jahren nicht nur vollkommen zerstört haben; sondern sogar in seine Einzelteile zerlegt und als Altmetall verkauft haben. Die andere Seite zerstört das gesamte Land.

T: Was glaubst du, könnte es auf der anderen Seite zu Konflikten zw. den regulären Truppen und den Freiwilligen kommen?

D: Diese Konflikte sind von Beginn an eine Konstante. Wie ist Azov zu seinen Waffen gekommen? Sie töten 10 – 15 Soldaten und nehmen sich alles. Die Toten und Überlebenden lassen sie buchstäblich nackt und bloßfüßig zurück; ohne jegliche Konsequenzen. Diese Freiwilligen sind gekommen, um sich zu bereichern. Wir konnten einige von denen gefangennehmen. Sie erzählten uns, dass sie kein Geld bekämen; sondern im Falle der Einnahme von Donbass sich Wohnungen, Häuser etc. nehmen könnten (Anmk: für die Wertegemeinschaft: Honorar auf Erfolgsbasis). Das sind in der Regel Menschen, die nie etwas besaßen. Jetzt haben sie eine „Chance“ bekommen. Einer der Freiwilligen hatte bei seiner Gefangennahme anstatt des üblichen Namensschilds ein Schild mit der Aufschrift „Sklavenhalter“. Sein Ziel war es, in naher Zukunft Sklaven zu halten. 2015 hat ein Parlamentsabgeordneter vorgeschlagen, dass man Konzentrationslager für die Einwohner des Donbass bauen sollte. Da ist der „Sklavenhalter“ noch harmlos dagegen. Leider braucht diese Wahrheit die Politik (allseits) nicht. Falls sie in 20 Jahren veröffentlicht wird, wird sie kaum jemanden interessieren.

Es kam sogar öfters vor, dass uns die regulären Truppen die Koordinaten der Freiwilligen gaben oder uns einfach durchließen, damit wir mit den Freiwilligen kämpfen konnten (davor haben diese Freiwilligen einige Mitglieder der Regulären getötet und ihnen die Waffen abgenommen). Die Regulären gaben uns sogar Waffen und Munition; nur damit wir uns mit den Freiwilligen „abrechnen können“. Das alles klingt sehr irreal und abstrakt; aber es war so. Andererseits haben wir sehr viele, die sehen, dass dieser Krieg eigentlich gegen die Ukraine und dessen Volk geführt wird. Aber sie sind zu schwach. Sie kommen nicht dagegen an. Aber sie helfen auf ihre Art. Es passiert sehr oft, dass Geschosse (Granaten, Bomben) ohne Zünder oder einfach deaktiviert zu uns herüberfliegen. Sie machen zwar etwas; allerdings ohne Schaden anrichten zu wollen.

T: Wie ist generell die Motivation in der ukrain. Armee?

D: Was Artillerie betrifft; da ist sie 100%ig. Was den Nahkampf betrifft, so halten sie max. 1 Stunde durch. Dannach sind sie entweder tot oder geflüchtet. Warum sind sie so unmotiviert? Unsere Leute verteidigen deren Heimat; während die Anderen gekommen sind, um sich Vermögen anzueignen. Es kann keine bessere Motivation geben, als sein Heim zu verteidigen. Die Freiwilligen sind natürlich um einiges motivierter als die regulären Truppen. Seit Mitte letzten Jahres hast du an der Front eigentlich keine regulären Truppen mehr. Die sind in der zweiten Reihe; heben Schützengräben aus und werden – bei Bedarf – in den „Kampf geschickt“. Das sieht so aus. Die Freiwilligen, die ja nun ebenfalls zur ukrain. Armee gehören, zwingen die Regulären unter vorgehaltenen Waffen in unsere Richtung. In der Regel können diese weder vor noch zurück und werden dann von uns weggefegt. Die Bataillone arbeiten überwiegend mit Artillerie. Sie versuchen hin und wieder zu stürmen. Allerdings machen sie das sehr schlecht und haben hohe Verluste.

T: Haben die ausländ. Instruktoren der ukrain. Armee etwas beigebracht?

D: Sie haben ihnen beigebracht, mit der Artillerie sehr präzise zu treffen. Sie treffen Spitäler, Schulen, Kindergärten sehr gut. Schade, dass wir keine Zeit mehr haben, um dir den Kindergarten zu zeigen, um den ich mich persönlich kümmere. Er wurde einmal getroffen. Wir haben die Fenster erneuert. 6 Monate später wurde er erneut getroffen. Wieder alle Fenster draußen.

T: Welche Art von Mensch schießt auf Kindergärten? Das ist kein militär. Ziel.

D: Das sind ja auch keine Soldaten. Ein Soldat kämpft gegen einen anderen Soldaten. Ihr Ziel hingegen ist es, die ansässigen Menschen zu vertreiben. Sie wollen etwas ähnliches veranstalten, wie es die Krajinaserben in Kroatien erlebtem. Nur; hinter dem Donbass steht Rußland, während die Krajina und Republika Srpska von Serbien verraten wurde. Wenn ich von Serbien spreche, so meine ich nicht das serb. Volk sondern serb. Politiker. Hier weiß das Volk, dass Rußland hinter ihnen steht. Kurz bevor du gekommen bist, hatten wir einen sehr schweren Angriff; für mich der schwerste überhaupt – seit 2014. Sie haben mit schwerer Artillerie 24 Stunden auf die Stadt geschossen. Nonstop. Ein Lichtblick ist, dass es immer weniger zivile Opfer gibt, da sie in der Regel nur nachts zuschlagen und die Bevölkerung sich bei Dämmerung bereits in Keller bzw. Unterschlüpfe zurückzieht.

2014 waren vor Ort sehr wenige Menschen anzutreffen. Der Großteil ist nach Rußland geflohen. Allerdings kamen sie (großteils) wieder zurück, da sie einsahen, dass ihre einzige Chance darin besteht, ihre Heimat zu verteidigen.

T: Du hast oft mit ukrain. Gefangenen sprechen können. Was ist hauptsächlich deren Geschichte?

D: Na die üblichen Geschichten. Keiner wird dir erzählen: „Ich bin gekommen, um euch zu töten“. Man erzählt, was die Gegenseite hören möchte. Ich weiß, wie das ist.

T: Du wurdest ebenfalls gefangengenommen. Ich weiß, du sprichst nicht gerne darüber.

D: Nein, das habe ich so nicht gemeint. Ich spreche nicht gerne über das, was an vorderster Front geschah. Ich sagte zu dir: „Frage die anderen. Die sollen es dir erzählen.“ Die Zuseher werden meinen: „Der erzählt irgendwelche Märchen.“ Als mir Sachartschenko ein neues Gewehr schenkte, habe ich an einem Tag 26 Scharfschützen erledigt. Da werden jetzt viele sagen: „Das ist utopisch.“ Es lag nicht daran, dass ich so gut war; sondern die so schlecht. Über solche Dinge möchte ich nicht sprechen. Was die Gefangenschaft betrifft, so habe ich kein Problem damit.

Ich war damals verwundet und mein Freund Graf wollte mich nach Lugansk in die Klinik bringen. Wir schlossen uns einen Konvoi an. In der Nähe des Lugansker Flughafens; ein Panzer vorne – einer hinten. Wir hatten keine Waffen; fertig. Alle Gefangenen – außer uns – waren vom Bataillon Vostok. So hielten sie uns – zu unserem Glück – ebenfalls für Mitglieder des Bataillons. Sie haben uns alle dem (ukrain.) Bataillon Aydar um 4.500 dollar verkauft. Diese haben uns verhört. Im Bataillon Vostok waren sehr viele Russen aus Rußland (meist pensionierte Spezialkräft – Alpha etc.). Da haben die Ukrainer zu viel Respekt bzw. Angst. Es ging sogar so weit, dass sie sich gegenseitig schlugen; jene, die uns bewachten und jene, die uns gerne foltern wollten. Daher kam es nach einigen Tagen zu unserer Übergabe – gegen Bares natürlich – in Charkov. Ein Dank an die Charkover Partisanen, die uns rausgekauft haben.

Ich bin ein aufrichtiger und geradliniger Mensch und sage, was ich denke; egal welche Konsequenzen das mit sich bringt. Du hast ja hören können, was passierte, als mich der DVR-Verteidigungsminister aus der Fassung brachte. Ich habe ihm meine Orden ins Gesicht geworfen und Sachen gesagt, die niemand anderer sagen durfte. Insgesamt habe ich 20 Orden bekommen. Alles außer dem höchsten Orden – der Heldenstern – für den ich vergeschlagen war. Allerdings nach meinem „Duell“ war das dann Geschichte. Aber die Orden sind mir egal. Ich bin nicht wegen Orden und Streifen hierher gekommen.

T: Für die Zuseher. Ich bin im Donbass seit 10 Tagen. Wo immer ich mit Dejan auftauche, überall gehen die Leute auf Dejan zu und zollen ihm unglaublichen Respekt. Sie sehen dich hier wie einen Helden.

D: Ich sehe das nicht so. Ich bin gekommen, um zu kämpfen. Was benötigt ein Kämpfer? Viel Herz, etwas Versand, Tapferkeit und schnelles Auffassungsvermögen in bestimmten Situationen. Ehrlich gesagt; ich sehe mich nicht als Helden. Ich bin gekommen, um zu kämpfen und mache das, wie es sich gehört. Die meisten kursierenden Geschichten stammen von ehemaligen Kameraden (z.B. Invalide oder Verwundete, die nicht mehr mitmachen können etc.) und verbreiten sich in der Stadt. Jeden Augenblick, den ich unter Zivilisten verbringen konnte, habe ich genutzt. Das hilft enorm. Einer unserer (serb.) Freiwilligen in Lugansk hat gemeint, er würde im Schützengraben bleiben, bis er stirbt. Er ist durchgedreht. Man muß abschalten können. Ich habe oft geschrieben oder bin ausgegangen. Schade, dass wir nicht in dieses Kinderheim gehen können. Sie sagen, dass ich ihnen geholfen habe zu überleben, während ich meine, dass sie mir geholfen haben zu überleben. Jeder Besuch des Heimes und das Spielen mit den Kindern, bringt jene Menschlichkeit zurück, die sehr leicht verloren gehen kann. Wir sind „sturmoviki“. Jene, die als erste gehen und das Schlimmste sehen. Die Menschen sterben ringsherum. Das Heim war ein Ventil, das mir sehr geholfen hat.

Beim Rückzug aus Slavansk kamen wir in ein Dorf und überall schlugen Granaten ein. Eine fiel auf ein Haus und tötete einen Jungen. Wir gingen hinein, um zu helfen und er starb – ohne Hände – in meinen Armen. Wir versteckten uns an diesem Tag in dem Dorf. Gegen abend schlug erneut eine Rakete in dasselbe Haus ein. Diesmal starb ein 6-monatiges Mädchen. Brevno und ich setzten uns vor den Hauseingang. Die Granaten schlugen weiterhin um uns ein. Ich nahm ein Stück Papier und schrieb ein Gedicht. Das sind solche Momente, wo du dir nur wünscht, zu sterben, damit alles ein Ende hat. Wenn Kämpfer um dich herum sterben, ist es das eine. Wenn Kinder sterben ganz etwas anderes.

T: Ich habe bemerkt, dass du generell keinen Alkohol trinkst. Allerdings auch, dass ich keinen Uniformierten bisher sehen konnte, der Alkohol trank.

D: Wir haben das schon zu Beginn des Krieges ausgemerzt. Es gibt keinen Alkohol. Bei einigen lassen wir es durchgehen. Allerdings nach vollbrachter Arbeit und dannach ab ins Bett. Sollte ihn ein Kommandant erwischen, gibt es vorab Schläge, dann Gefängnis und Entlassung aus dem Dienst.

Generell werden hier im Gegensatz zu Serbien die Vorschriften eingehalten. Wenn in öffentlichen Gebäuden Rauchverbot ist, dann halten sie sich daran; nicht so wie bei uns.

T: Ich muß ehrlich sagen, dass Donetsk sauberer als Belgrad ist.

D: Die Ukraine war (grob) dreigeteilt. Die Industrieregion um Donetsk; die reichste Region. Eine mittlere (landwirtschaftliche) Region, die ihre Güter hier verkaufte. Und eine Westregion aus der die meisten Freiwilligen stammen. In der Westregion leben die ärmsten Bevölkerungsschichten. Auf die Industrialisierung in den letzten 30 Jahren folgte eine Verbesserung der Lebensqualität; z.B. weitaus bessere Straßen als in der Restukraine, wo sie schlicht eine Katastrophe sind. Die Menschen lernten einfach, ihre Umgebung zu schätzen. Ich konnte beobachten, wie Granaten fielen und kurz darauf Kommunalarbeiter die Straßen säuberten. Ich konnte es nicht glauben. Oder zum Beispiel: der erste Schnee 2014. Wir waren in Aktion an vorderster Front mit einem Auto, dessen Reifen kein Profil mehr hatten. Es fielen 30 cm Schnee und ich bereitete mich vor, im Auto zu übernachten, da ein Weiterkommen auf einer Schneefahrbahn unmöglich war. Als wir zum Auto kamen, waren die Straßen gesäubert! In ganz Donetsk waren die Straßen vom Schnee befreit. Es herrscht Krieg und sie säubern die Straßen! Im Sommer ist ganz Donetsk von Rosen übersät. Im Herbst werden die abfallenden Blätter entfernt. Es fallen Bomben und sie rechen Blätter. Für mich war das sehr beeindruckend. Das hängt alles mit der wirtschaftlichen Entwicklung zusammen. Man will es sauber haben; man kauft bessere Möbel, man kauft bessere Autos, man will bessere Straßen etc.

T: Wie lebt der Normalbürger heute in der DVR?

D: Viele Unternehmen vor Ort arbeiten noch immer für die Ukraine. Sie wurden dem ukrain. Staat nicht weggenommen. Teilweise sind die Schwierigkeiten der DVR, die Waren zu plazieren, mit ein Grund. Die Menschen erhalten ihr Gehalt quasi aus der Ukraine. Das ist ein sinnvoller Kompromiß. Die Stadt funktioniert trotz Krieg. Während es 10 Autominuten entfernt, die Hölle auf Erden ist. Allerdings leben dort keine Menschen mehr. Sie haben sich von der Frontlinie Richtung Innenstadt zurückgezogen.

Bericht eines Serben aus dem Donbass (2)

Teil zwei eines Interviews mit Dehjan Beric, übersetzt von sloga (Quelle (youtube))

TEIL 2 des Interviews mit Dejan Beric:

T: Du bist während des Krieges auf ausländ. Söldner gestoßen. Wie kämpfen sie?

D: Heute kann ich nicht behaupten, dass die Gegenseite Söldner hätte. In den ersten Auseinandersetzungen am Flughafen hatten sie welche. Das waren amis und Polen, die ich sogar mit dem Mobiltelefon aufgenommen habe. Allerdings wurde mir ja mein Telefon mit einigen Aufnahmen bei meiner Verhaftung weggenommen. Leider durfte ich generell Aufnahmen (mit Schwarzen etc.) nicht veröffentlichen. Die kämpften gut. Sie haben jedoch nicht mit gleichwertigen Widerstand gerechnet. Nach unserem ersten ernsthafteren Angriff auf den Flughafen am 26. Mai hatten sie 94 Tote. Auf unserer Seite waren ebenfalls Profis mit viel Kriegserfahrung am Werk. Das hat die Gegenseite nicht erwartet. Die größten Verluste hatten sie in der ersten Stunde des Angriffes. Dannach gruppierten sie sich um und begannen uns einzukreisen. Wir mußten uns zurückziehen. Nach diesen ersten großen Verlusten sind sie einfach weggegangen. Ich bezweifle, dass die Gegenseite heute echte (Geld-)Söldner hat. Viele Ausländer kämpfen auf der anderen Seite nur, weil es gegen die Russen geht (z.B. Finnen). Ich selbst habe zwei Finnen festgenommen. Wie sich später herausstellte, waren sie in Finnland gut situiert. Die hatten kein finanzielles Motiv. Vermutlich haben sie für „die Jagd“ sogar bezahlt. Sie hatten Scharfschützengewehre großen Kalibers.

Dann haben wir da noch fanatische Tschetschenen. Denen müssen sie nichts bezahlen. Die sind glücklich, wenn sie gegen Russen kämpfen können. Dann gab es da noch echte ISIS-Kämpfer; dann noch Leute aus den ehem. Sowejtrepubliken, die Rußland nicht gut gesinnt sind (z.B. sehr viele Georgier). Für sie alle ist es eine Ehre, Russen zu töten. Aber diese ideologischen Fanatiker sind viel gefährlicher als bezahlte Söldner, die logischerweise auf sich aufpassen. Wir trafen öfters auf Georgier. Ich muß dir sagen, dass das sehr „harte Jungs“ sind.

T: In Sirokino hast du eine Flagge erobert. Kannst du uns darüber etwas erzählen?

D: Es war eine Flagge in ukrain. Farben mit aufgedruckten ISIS-Parolen. Es war leicht zu ihr zu kommen, da ich ein Nachtsichtgerät hatte. Ich habe die Wachhabenden weggefegt und mir die Flagge geschnappt. Ich mußte sie einfach haben, da sie so besonders war. Wir hatten sie lange hier in der Kaserne; als Fußabtreter …

Sirokino ist interessant, da sich beide Seiten unmittelbar gegenüberstanden. Mit „Minsk“ hätten sich beide Seiten aus der sog. Pufferzone zurückziehen sollen. Wir haben dies getan, während die andere Seite nur nachrückte, wo wir uns zurückgezogen haben. So haben sie an vielen Stellen der Frontlinie einfach die Pufferzone ohne Kampf übernommen. Wir benutzen heute Sirokino als „Truppenübungsplatz“, da dort ausschließlich die ukrain. Armee vor Ort ist. Unsere Artillerie übt dort, da es ja Pufferzone ist und sich niemand dort aufhalten dürfte (Anmk: also alles „legal“). Die Gegenseite hat große Verluste in den Pufferzonen und drängt ihre Soldaten weiterhin in diese Zonen.

Eines schönen Tages werden die Zahlen der Gefallenen auf ukrain. Seite offengelegt werden. Man wird es kaum glauben, welch enorme Verluste sie hatten. Aber auch unsere verheimlichen die Verluste. Das war mit ein Grund, wieso ich mich mit dem Verteidigungsminister stritt. Es ist verständlich, dass diese Zahlen versteckt werden müssen. Allerdings andererseits; wie fühlt sich ein Soldat, wenn seine gefallenen Kameraden als zivile Opfer beerdigt werden? Dasselbe wir morgen mit ihm passieren. In unserer Einheit gibt es das nicht. Du wirst mit allen Ehren beerdigt und die Familie bekommt alles, was ihr zusteht. Aber bei uns sind das im Gegensatz zu denen nur kleine Zahlen. Sie verheimlichen zehntausende Tote. Sie haben fünf Krematorien die „mit Volldampf“ arbeiten. Wenn sie alle ihre Toten verbrannt haben, dann gehen sie wieder in den Anfgriff über. Ich erwarte in den nächsten Tagen einen größeren Angriff.

T: Was sagen die Ukrainer den Angehörigen eines jungen Rekruten, wenn dieser stirbt?

D: Nach Ilowajsk (2014) haben sie behauptet, dass rd. 10 – 12.000 ihrer Soldaten desertierten und nach Rußland gingen. Das waren eigentlich ihre Verluste bis zu diesem Zeitpunkt. Im Herbst 2016 war von 8.000 Deserteuren die Rede. Aber die Leute dort (Anmk: in der Restukraine) glauben das. Das ist schrecklich. Wenn dann Eltern zu uns kommen und fragen: „Wo ist mein Sohn; dieser Verräter und Terrorist, der die große Ukraine verraten hat?“ Und der Sohn ist irgendwo wie ein Hund verscharrt oder verbrannt … Wenn wir junge ukrain. Soldaten gefangennahmen, haben wir ihnen in der Regel ein Telefon in die Hand gedrückt und aufgefordert, ihre Eltern anzurufen, die sie abholten.

Aber es wird der Tag kommen, wo ukrain. Offiziere und das Regime für genau solcke Taten zur Verwantwortung gezogen werden.

T: Du warst Augenzeuge vieler Kämpfe; u. a. die berühmten Kämpfe in Ilowajsk. Wie kam es dazu, dass so viele Ukrainer dort starben?

D: Ich werde dir von meiner Theorie erzählen, die nicht stimmen muß. Als ich in ukrain. Gefangenschaft war, habe ich von Ukrainern gehört, was vorgefallen sein soll. Die gefangenen Russen kamen mit den Ukrainern relativ schnell und leicht ins Gespräch, da einige gemeinsam in Afghanisten (damals auf einer Seite) kämpften. Deren (ukrain.) „Idee“ war es, in 2 – 3 Monaten den Donbass wegzufegen und dann die Panzer umzudrehen und das Regime in Kiev ebenfalls auszumerzen. Darüber sprachen die Bataillone Ajdar, Azov, Dnjepr und einige mehr. Vielleicht war das nur reiner Zufall. Allerdings waren gerade diese 3 Bataillone in Ilowajsk und wurden von uns total vernichtet. Einem sehr kleinen Prozentsatz gelang die Flucht. Wenn die ukrain. Führung den drei Bataillonen helfen hätte wollen, hätten sie dies tun können. Sie hatten damals noch Flugzeuge. Wenn sie nur zwei Panzerdivisionen geschickt hätten, hätten die uns wie Spielzeug zertreten. Aber sie taten es nicht und wir zerstörten die Bataillone. Im Kessel von Debaljtsevo geschah dasselbe. Es wurden erneut Bataillone, die im Grunde gegen das ukrain. Regime sind, eingekesselt und total vernichtet (Anmk: DAS ist auch jenes, worüber ich öfters schreibe bzw. andeute. Es ist diffus. Da haben wir Krieg im Krieg etc. Wäre es doch nur so einfach, wie es manche betrachten …).

Ich bin überzeugt, dass bald in der Ukraine ein neues Regime kommen wird, welches sich Rußland zuwenden und die DVR anerkennen wird. Wobei „problematische“ Bataillone einfach wie eine Fliege zw. zwei Händen einfach zerklatscht werden … Ich hoffe, dass es dazu kommt. Das ist meine Sicht der Dinge. In og. Kesseln hat auf deren Seite Simotschenko – einer ihrer großen Offiziere – ungefähr das getan, was Strelkov auf der anderen Seite tat (Anmk: Ich muß mich wieder einmischen. Auf beiden Seiten sind solche und solche. Das Ziel: die „normalen“ auf beiden Seiten – so weit wie möglich – zu retten, was bei „totalem Krieg und Rache“ eher schwierig umzusetzen sein würde. Ich kann es nur immer wieder wiederholen, auch wenn ich (leider) bei manchen auf taube Ohren stoße. Wäre es so einfach hätten es die Russen längst getan; zumindest mehr „Inoffizielle“ geschickt … ). MMn haben die Ukrainer uns ihre Kämpfer überlassen, um sich eines Problems zu entledigen.

T: Vielleicht werden sie das auch in Zukunft so handhaben?

D: Wir hoffen, dass es so sein wird; z. B. in Avdejevka haben sie 15.000 Soldaten an einem Ort. Insgesamt haben sie rd. 140.000 Soldaten und nur in Avdejevka sind 15.000. Warum dort? Falls sie eine bestimmte Straße erobern würden, würden sie die Region Gorlovka abschneiden. Sie bemühen sich eifrigst; allerdings geht es ihnen nicht so gut von der Hand; die sog. „Prom-Zone“ (Industriegebiet). Diese Zone haben wir damals mit 24 Mann erobert und halten sie heute noch. Da mein Kommandat Tschech dabei verwundet wurde, bekam ich den Befehl die Postition zu halten. Wir hatten keine schwere Artillerie; allerdings Panzerabwehrsysteme und schwere Maschinengewehre (12.7 und 14.5 mm). Links von uns waren Wochenendhäuser, wo sich die Ukrainer verschanzten. Mein Befehl lautete: Beim ersten Schuß, jedes Objekt dem Erdboden gleichmachen. Der eigentliche Befehl, welchen ich bekommen habe, lautete anders. Allerdings konnte ich mich immer ausreden, dass ich nicht so gut russisch kann (Anmk: er lächelt). Ich mußte einfach meine Leute schützen. Mein Mann zählt mehr als 100 von ihnen.

ANMERKUNG: Nun spricht Beric rd. eine Stunde über den – im Grunde geringen – serb. Aspekt des Konfliktes, der die Leserschaft vermutlich weniger interessiert. Ich werden ihn zusammenfassen und gleichzeitig eigene Gedanken miteinfließen lassen. Das serb. Regime ist hier zw. Amboß und Hammer. Auf der einen Seite üben die anglosachsen Druck aus und das Regime stellt die Teilnahme am Konflikt in der Ukraine unter Strafe. Da es sich um eine sehr kleine Anzahl an Personen handelt (rd. 50 – 100, wobei viele durch die Strafandrohung sich abgehalten ließen, mitzumachen) tat dies niemanden so richtig weh; vor allem, wenn man berücksichtigt, dass selbst die Rückkehrer nur zu bedingten Strafen verurteilt wurden. Also nicht als Terroristen o. ä. offiziell angesehen wurden. Letztendlich wurde das alles nicht so heiß gegessen, wie gekocht. Für jeden Betroffenen – u. a. auch für Beric – hat das Ganze natürlich einen Stressfaktor. Jedoch wenn man es nüchtern betrachtet, war es ein Kompromiss mit dem vermutlich die Russen ebenfalls leben können. Das „Auflehnen“ der Serben stößt unter den gegebenen Umständen an seine Grenzen. An die Russen: „Willst du mehr Auflehnung, so mußt du mehr unterstützen (wie auch immer; dies gilt nicht nur für die DVR – sondern generell!)!“ Wir haben drei Gruppen von serb. Freiwilligen: 1. mit Kampferfahrung 2. meist Junge (viele gerade erst volljährige) Abenteurer ohne Kampferfahrung 3. Parasiten und moral. Schweine, die vom ziocon/angelsachsen dominierten Teil des serb. Geheimdienstes infiltriert wurden, um die aufkommende Bewegung (die Hilfe) zu stoppen. Sei es, indem sie Spendengelder unterschlugen, serb. Freiwillige „rekrutierten“, die sie ohne Ausrüstung an die Front schickten und dort hungern ließen. Der Höhepunkt war als eine Gruppe von serb. Freiwilligen ihre Stellungen an vorderster Front einfach verließen (aufgrund „Mißverständnissen“, die diese Parasiten (in den eignen Reihen) absichtlich provozierten) und die DVR-Armee eine Gruppe von serb. Freiwilligen erschießen wollte. Beric hat hier interveniert und den DVR-Offizieren erklärt, was eigentlich im Hintergrund vorging (die Infos bekam Beric vom serb. Geheimdienst; von der anderen Abteilung … WIEDER: solche und solche … die DVR-Russen hatten keine Ahnung, wie ihnen geschieht; was eigentlich los war). Letztlich wurde kein Serbe getötet (nicht einmal die Schweine). Die einzige „Strafe“ war, dass Beric Streifen „loswurde“, was ihm – wie bereits erwähnt – irgendwo vorbeiging …

Wie funktioniert das Anheuern von geldgeilen Charakterschweinen? Im Grunde sehr einfach (Achtung!: Es geht mir nur um das Schema! Es geht nicht um das Arschloch Pocuca oder andere! Vielleicht schaffen wir es, einige dieser Schemata auch in der heimischen Politik zu erkennen bzw. in Zukunft sofort zu sichten bzw. im Grunde überhaupt zu verstehen …).

Der serb. Geheimdienst (die Neagtivabteilung) wendet sie mit einer „schönen Aufgabe“ (Lügen und Betrügen und dabei „Geld verdienen“ – sein Lieblingsspielfeld) an das Charakterschwein. Weiters schafft der Dienst die nötige Infrastruktur bzw. Geschichte. Bei Pocuca war es so, dass er vom ziocon-verein „Frauen in Schwarz“ angegklagt wurde und vor einer Verhaftung nach Moskau „flüchtete“, wo er dann als „gestandener“ Widerstandskämpfer Spendengelder und Freiwillige für die DVR „organisierte“. Ob die serb. Freiwilligen dabei hungerten, froren oder getötet wurden, war ihm vollkommen egal. Hauptsache er machte Kohle. Natürlich attackierte er Beric, der ihm im Weg stand, bei jeder Gelegenheit. Beric sollte sogar durch Serben vor Ort getötet werden, die – nebenbei – wiederrum nur Lügen aufsaßen etc. etc. Als Pocuca endgültig entlarvt wurde, rettete Beric sogar ihm das Leben, was ihm Pocuca insofern dankte, in dem er nun aus Serbien Beric verunglimpft, was er – ohne ihn in Schutz nehmen zu wollen – tun muß (ob er will oder nicht), da ihm vermutlich die Negativabteilung des serb. Geheimdienstes mit der Klage der „Frauen in Schwarz“ droht. Und da wären wir wider am Anfang der Geschicht … (Anmk: WENN doch alles im Leben nur ein klein wenig einfacher wäre, als es tatsächlich ist!!!)

D: Wir haben rd. 220 euro Gehalt. Ich beziehe mein Gehalt nicht. Es geht zur Gänze an das Kinderheim. Das hast du ja von den anderen gehört. Ich würde mich nicht wohl fühlen, wenn ich Geld dafür bekäme, weil ich hier bin. Leider bin ich auf facebook blockiert, kann allerdings mitlesen. Wenn ich dann sehe, dass Gerovac erneut Freiwilligen 3.000/Monat verspricht, stellt es mir die Haare auf. In Lugansk haben einige dieser Idioten sehr viel Schade über die serb. Freiwilligen gebracht. Da wurde sogar ein Serbe von Pocuca angeschwärzt, er würde für den serb. Geheimdienst arbeiten. Der arme Kerl wurde von zwei anderen Serben (Pocuca macht sich natürlich seine Finder nicht dreckig) fast zu Tode geprügelt. Der Ärmste wurde von den Russen gerettet und kämpft heute noch mit; wurde bisher drei Mal verwundet und ist ein Held.

Alles ging sogar so weit, dass diese Parasiten die serb. Freiwilligen aufforderten div. Aufkleber auf DVR-Fahrzeuge und div. Waffen zu kleben und davor zu posieren, um fotografiert zu werden und ins facebook gestellt zu werden, damit die Parasiten Gelder von Sponsoren erhalten. Auf facebook waren das selbstverständlich vom Feind „erbeutete“ Sachen. Die Aufkleber mußten nach den Aufnahmen wieder entfernt werden. Letztendlich habe ich alle Serben gerettet; auch die Parasiten, da das einzige Ziel dieser ganzen Tumulte war, das Serben Serben töten. Ganz gleich, wer wen tötet. Es sollte als Aufhänger für Hetze in den serb. Medien gegen serb. Freiwillige per se dienen. Das war das eigentliche Ziel (Anmk: an einem mehr oder weniger einfachen Beispiel, kann man sehen, wie so eine ziocon-aktion funktioniert, wobei man erahnen kann, wie weitaus komplexere Aktionen gegen Russen oder evtl. Trump aussehen mögen …). Einer der Parasiten hatte einen offensichtlich gefälschten Pass mit dem er mühelos Rußland-Frankreich-Rußland-eu fuhr. Ohne eine Macht, die hinter ihm steht, wäre dies nicht möglich. Zuletzt landete er in Österreich, wo er einen anderen Serben um 10.000 euro erleichterte.

Es gab allerdings auch positive Beispiele. Ein Serbe (Marko Solaja), kommt auf recht ungewöhnliche Weise zu mir bzw. in die DVR. Ich habe ihm nichts geglaubt. Marko erwies sich als unglaublich guter Mitstreiter und ich habe mich nach einer Weile bei ihm entschuldigt. In der Zwischenzeit hat er hier geheiratet und vor zwei Monaten eine Tochter bekommen.

T: Viele fragen auf facebook, wie sie herkommen könnten. Was würdest du jenen vorschlagen?

D: Ich habe mehr Leute zurückgeschickt als aufgenommen. Zurückgeschickt in der Regel Jungs, die 18 – 19 Jahre alt sind. Einige Eltern haben sich bedankt; andere mich beschimpft, da ich kein Recht hätte, ihre Kinder nach Hause zu schicken, die dem russ. Volk helfen wollen. Ich meine (und werde es weiterhin so handhaben), dass ich jedes „Kind“ zurückschicken werde. Gründet in Serbien eine Familie. Bekommt ein oder mehrere Kinder (einen Stammhalter) und kommt erst dann, zu helfen. Kriege wird es (leider) noch genug geben. Ich hoffe, dass wir eines Tages den Kosovo befreien. Mit 18 – 19 Jahren für sein eigenes Land zu kämpfen, ist das eine. In ein fremdes Land zu gehen – ganz etwas anderes. Die schicke ich (und werde es auch in Hinkunft tun) also zurück. Andere Freiwillige, die immer gebraucht werden, sollten (was kein Muß ist) Kampferfahrung haben und die Sprache können. Auf jeden Fall muß jeder sich einen Test unterziehen (physisch, psychisch, Blutprobe auf Narkotika und ansteckende Krankheiten sowie Tuberkulose, für Spezialeinheiten ein Lügendetektortest). Ich organisiere nichts. Jeder kann freiwillig kommen. Bis Rußland, dannach LEGAL in die DVR (keinefalls illegal!) und bei der DVR-Armee melden. Wenn er die Sprache nicht beherrscht, braucht er nicht kommen. Niemand wird sie aufnehmen. Dies geschah nur zu Beginn des Konfliktes; heute nicht mehr.

Wenn wir die DVR mit unserer (SRFJ-Armee) vergleichen, dann ist das hier sehr unorganisiert. Das bestorganisierteste hier kann man ca. vergleichen mit dem unorganisiertesten in der SFRJ-Armee. Aber auf der anderen Seite (Ukraine) ist das noch schlimmer.

T: Du beschuldigst Vucic und die serb. Regierung, dass sie die Ukraine unterstützen?

D. Ich beschuldige ihn bzw. die Regierung nicht. Ich präsentiere nur Fakten. Vucic hat 100.000 euro, die er unseren Pensionisten gestohlen hat, den Ukrainern geschenkt (keine Rückzahlung erforderlich). Er hilft somit direkt dem Faschismus. Mit diesem Geld haben sie Waffen gekauft, mit denen sie Zivilisten und Kinder töten. In 3 Jahren wurden 101 Kind getötet. Es soll nur eines mit einer Granate getötet worden sein, für die Vucic Geld gegeben hat. Kann er ruhig schlafen? Er kann wahrscheinlich. Er hat ganz Serbien zerstört. Was kümmern ihn da Kinder aus dem Donbass?

In Motorolas Museem (Sparta) kannst du erbeutete Waffen und Uniformen aus Serbien sehen. Motoralla sagte zu mir: „Schau! Serben haben auf der anderen Seite gekämpt.“ Ich erwiderte: „Aber nein. Unser Kretin (Vucic) gibt ihnen die Sachen.“ Unser Regime ist direkt an der Tötung von Zivilisten im Donbass beteiligt.

T: Wirst du nach Serbien zurückkehren.

D: Zum Leben nicht. Aber ich werde regelmäßig mein Putinci (Anmk: Dorf in der Vojvodina) besuchen. Ich habe mir in den letzten 5 – 6 Monaten – als ich in Behandlung war – in Rußland einiges aufgebaut. Es läuft gut. Dort werde ich etwas arbeiten, mein Buch schreiben, eine Familie gründen …

T: Dein erstes Buch ist vor kurzem herausgekommen. Kannst du uns einiges dazu sagen?

D: Das war nicht mein erstes Buch. Es war das erste, das herausgegeben wurde. Es ist ein Roman, der das Verunglücken unserer Leute beim Kampf um den Kosovo beschreibt. Das Buch hat 170 Seiten und bis auf Fr. Vesna Pesic wollte es niemand in Serbien veröffentlichen. Fr. Pesic hat 50% des Honorars – was normalerweise kein Mensch macht – meiner Ex-Frau und meinem Kind zukommen lassen. Nochmals. Vielen Dank dafür! Das Buch wurde vor kurzem ins russ. übersetzt. Das finanzierte einer unserer Leute, der in amerika lebt. Leider kann ich seinen Namen nicht nennen. In Rußland läuft der Verkauf sehr gut und ein russ. Ministerium wird das Buch ebenfalls drucken. Die Idee des Ministeriums ist, dass ich eine Tour durch Rußland mache (eine Buchpromotion) und Vorträge halte. Thema der Vorträge: Anhebung der patriotischen Moral. Ich habe sie ersucht (und sie waren einverstanden), dass ich bei diesen Veranstaltungen Bilder des nato-Bombardements Serbiens ausstelle.

Mein neuestes Buch über die DVR sollte bis Ende des Jahres abgeschlossen sein. Es wird auf serb. und russ. herauskommen.

T: Ein anderes Thema. Was passiert konkret bei diesen nächtlichen Granatbeschüssen?

D: Die osze-mitarbeiter, die die Minsk-Vereinbarungen überwachen sollen, fahren um 18.00 in ihr Hotel und dannach fängt das Chaos an. Wir sind zwar 15 km entfernt, aber du – Tesa – kannst jetzt gerade die Artillerie hören! Tagsüber „arbeiten“ überwiegend die Bodentruppen. Lt. Minsk ist alles über 80 mm in der Zone verboten. In der Nacht „arbeiten“ Haubitzen mit 150 mm, Uragani etc. Lt. Vereinbarung müßten alle Waffen so weit zurückgezogen werden, dass ihre Munition nicht über die „Grenzlinie“ fallen kann (Panzer – 30 km; wobei sogar ein ami-reporter Bildmaterial lieferte, worauf man deutlich sehen kann, wie osze-mitarbeiter munter mit ukrain. Panzerfahrern mitten in der Stadt plaudern – also weit weg vom Vereinbarten). Die osze ist schlicht und einfach eine Gruppe von Spionen und nichts anderes. Jedoch seit sie hier sind und Minsk vereinbart wurde, haben wir sehr, sehr viel weniger zivile Opfer. Daher wiegen die Vorteile die Nachteile – die osze betreffend – auf bzw. überwiegen.

T: Wie ich bemerkt habe, trägst immer eine Waffe (Pistole) mit dir. Wie ist das generell in der Stadt?

D: Ich bin Offizier und muß meine Waffe ständig tragen. Aber hast du viele andere Soldaten mit Waffen gesehen? Eher nicht. Du bist um 10.30 in die Kaserne gekommen. Wir haben rd. 400 Mann hier. Hast du irgendwelchen Lärm vernommen? Nein. Wir haben mittlerweile eine disziplinierte Armee. In die Stadt können Soldaten nur mit Genehmigung und natürlich ohne Waffen.

T: Welches Scharfschützengewehr verwendest du?

D: Ich habe ein russ. Modell; ein Dragunov. Und ein zweites – ebenfalls russisches – für ein wenig weitere Entfernungen; Orsis-5000. Die Dragunov ist eine sehr gute Waffe für Kämpfe bis 400 – 500 m. Als auf der anderen Seite Scharfschützengewehre mit größerem Kaliber auftauchten, benötigten wir auch etwas besseres. Sachartschenko hat mir die Orsis-5000 geschenkt, was ein perfektes Gewehr in seinem Rang darstellt. Sie ist sehr leicht. Ich habe mit ihr aus 1.200 m eine Granatwerferbatterie erledigt. Mit ihr brauchte es etwas Übung. Die Mathematik und Physik ist eine andere. Im Nahkampf brauchst du sie nicht. Da ist die Dragunov ideal. Tödlicher ist die Osis. Sie hat als Munition Magnum 3.38 Kaliber. Die Dragung 7.62. Also etwas kleiner als wir zu Hause nutzen (7.9). Die Dragunov ist 7.62 schon seit dem WW2. Allerdings haben die alten Dragunovs (bis Baujahr 80) vier Rillen im Lauf und sind um einiges präziser als die neuen, die nur drei Rillen haben.

T: Du hast Scharfschützen ausgebildet?

D: Ja. Ich habe zur Zeit eine sehr schöne Gruppe. Einige hatten aufgrund ihres einstigen Grundwehrdienstes viel Allgemeinwissen. Mit etwas Arbeit konnten wir eine sehr gute Gruppe formen. Wie lange man braucht, um einen guten Scharfschützen auszubilden? Ich weiß es nicht! Ich bin kein guter Scharfschütze! Witzigerweise war ich in JNA (jugosl. Volksarmee) Transportfahrer. Als ich zur 72. Spezialbrigade versetzt wurde, lernte ich das Scharfschießen; neben meinem eigentlichen Auftrag als Fahrer.

Ich habe da eine eigene Philosophie. Ich verstecke mich nicht, wenn Kugeln mir um die Ohren fliegen. Wenn es das Schicksal so will, dann stirbst du. Wenn du ständig zusammenzuckst oder wegläufst, kannst du nicht sehen, was auf der anderen Seite vor sich geht. Das ist der Unterschied. Ich ducke mich dort nicht, wo es normal wäre, sich wegzubewegen. Es kam vor, dass man 2 – 3 Tage an einem Ort ausharren mußte. Heute geht das bei mir nicht mehr. Ich war oft verwundet. Heute geht nur der „schnelle Kampf“. Zu Beginn war der Scharfschütze wichtig, da er die Koordinaten und die Korrektion nach div. Einschlägen der eigenen Artillerie lieferte. Heute habe wir ebenfalls Drohnen etc.
Auf jedem Fall geht es nicht zu, wie gerne in Filmen gezeigt wird. Nahkämpfe wie bei einem Boxkampf gibt es nicht. Die Kälte ist sehr schlimm. Im Januar 2016 hat uns 18 Mann Sachartschenko den Befehl erteilt, in Dekominterno einen Hügel zu erobern. Der Hügel wurde bei -26 Grad (tagsüber!) erobert. Verstärkung sollte am nächsten Tag kommen. Wir haben uns dort eingegraben und blieben 3 Tage und 2 Nächte. Du kannst kein Feuer machen. Es war furchtbar. Dannach 3 Tage in der Sauna, um zu sich zu kommen. Generell ist die Kälte vor Ort sehr unangenehm.

Wir sind „sturmoviki“. Unsere Aufgabe ist es hinein, säubern und verschanzen. Wenn du dich nicht ordentlich eingräbst, bist du zu 50% tot. Der Nahkampf dauert allgemein nicht länger als 30 – 40 Minuten. Der Russe ist ein sonderbarer (eigenartiger) Mensch; z.B. Motorolas Leute. Motorola ging oft „mit der Brust voran“ in den Kampf und hatte daher oft schwere Verluste. Er ist ein Held; da gibt es keine Diskussion. Einer der großartigsten Menschen; wie auch Givi. Allerdings; viele von Motorolas Mitstreitern starben; gerade deswegen. Heute geht nichts mehr auf „Hurra“ oder „Horuck“. Du mußt mitdenken; allenfalls die Eingraben etc. Im Grunde kämpfen sie noch immer nach der alten „Sowjetschule“. Natürlich greift uns die ukrain. Seite ebenfalls mit „Hurra“ an, was die Arbeit um einiges erleichtert. All ihre Angriffe in den letzten Tagen wurden auf „Hurra“ durchgeführt. Nach jedem Angriff konnten sie ganze Lastwägen mit Toten füllen. Wenn das dann die anderen Soldaten sehen, verlieren sie an Moral und die Angriffe werden schwächer und es gelingt letztlich kein Durchbruch. Die haben keine Chance; nicht die geringste. Sie könnten uns nur mit ihrer Artillerie schlagen, indem sie Donetsk dem Erdboden gleichmachen. Aber das trauen sie sich nicht, da es Rußland mit in den Krieg hineinziehen würde.

T: Ein Problem dieses Konfliktes ist sicherlich, dass sie um einiges mehr sind.

D: Ich habe immer wieder gesagt, dass ich nicht sicher bin, ob das ein Vor- bzw. Nachteil ist. Das sie mehr sind, ist für uns insofern ein Vorteil, dass unsere Artillerie – egal was sie tut – trifft. Es ist schier unmöglich, nicht zu treffen. Unsere Panzer sind 500 m voneinander entfernt, während ihre wie auf einer Kette aufgefädelt sind. Wenn du zuschlägst, tötest du sie wie Hasen. Ihre Technik zerstören wir in rauhen Mengen. Bei Angriffen sollte man mind. viermal stärker sein als der Gegner. Das ist Minimum. Das war Taktik während des WW2. Heute müßten sie mind. 7 – 8 Mal stärker sein, um uns zu erobern. Allerdings haben wir in der Zwischenzeit auch einiges dazugelernt … Wir sind noch nicht bei 100%; aber es ist eine gute Armee, die sich gerade formiert. Die ukrain. Armee war organisiert. Während wir alles erst organisieren mußten. Persönlich bin ich sehr stolz, was wir aus faktisch Nichts geschaffen haben. Eine Gruppe mit nichts in der Hand; dann Waffen besorgt; dann Gruppen gebildet; dannach Bataillone und heute haben wir unsere Armee. Das bedeutet einem sehr viel; dass keine 3 Jahre unnötig vergeudet wurden; dass die Verletzungen nicht umsonst waren etc.

T: Über Sie wurde ein hochwertiger (kostenintensiver) amerik. Dokumentarfilm gedreht, der sehr bald auf Filmfestivals zu sehen sein wird. Wie kam es dazu?

D: Bei dem Film hat ein russ. Mädchen Namens Olja, die in amerika aufgewachsen ist und in New York das Filmhandwerk lernte, Regie geführt. Sie hatte vor, einen Film zu drehen, der aus 30% Politik, 30% Humanitäres und 30% Militär besteht. Vorab habe ich ihr nichts geglaubt. Ich war fest davon überzeugt, dass sie ein ami-spion ist (Anmk: Beric lächelt). Für den humanitären Teil hat man sie immer wieder an mich verwiesen. Für den militärischen ebenfalls, da ich eine Genehmigung habe, mit welcher ich mich in allen Frontabschnitten bewegen kann, was eigentlich eine sehr große Ausnahme darstellt, da die Frontlinie in Abschnitte geteilt ist. Ich habe so eine Genehmigung, da ich als „Anti-Sniper“ geführt werde. Wie gesagt; ursprünglich glaubte ich ihr kein Wort. Allerdings mit der Zeit – „jemand der lügt, den erkennt man“ – stellte ich fest, dass sie doch ein guter Mensch ist und sie hat uns fast ein Jahr lang begleitet. Die ersten Versionen waren lt. ami-Produzenten „nicht für das westl. Publikum geeigent; da zu pro-russisch“. Die letzte Version soll im März fertig werden. Sie möchte, dass der Film in Cannes, im amiland und in Moskau gezeigt wird. Der letzte Akt dieses Filmes soll von unserer Romanze handeln.

T: So hast du aus einem Dokumentarfilm einen Liebesfilm gemacht! So ist das Leben!

D: Was soll ich machen? Das kann passieren! (Anmk: Gelächter) Sie hat jetzt so viel Filmmaterial, dass sie buchstäblich eine ganze Serie daraus machen könnte. Ich habe ihr vorgeschlagen, später einen Film zusammenzustellen; nach ihrem Geschmack. Sie kommt morgen! Leider kannst du sie nicht mehr kennenlernen!

Auch Slatkov, den du kennengelernt hast, wollte für das russ. Fernsehen einen Dokumentarfilm mit mir machen. Ich sagte zu ihm: “Ich bin nur ein ausländ. Freiwilliger. Gehe lieber nach Serbien. Dort hast du einen Russen, der nach Serbien gegangen ist, um dort zu kämpfen und geblieben ist.“ Er fuhr nach Serbien und hat einiges mit meinem Freund Albert aufgenommen. Was daraus wird, werden wir noch sehen.

T: Albert Nadijev ist ein sehr interessanter Mensch. Er stammt aus Ossetien. Er kämpfte im Kosovo und verlor ein Auge. Er war unten (Anmk: im Kosovo) genauso verrückt, wie ich es jetzt hier bin. Er wurde mehrmals verwundet und flüchtete jedes Mal aus dem Spital, um an den Kämpfen wieder teilzunehmen.

Wie steht es mit deiner Gesundheit?

D: Ich kann nicht klagen. Mit dem Leben ist es wie mit den Gedanken. Sind deine Gedanken schlecht (negativ), so ist auch dein Leben schlecht. Man muß immer positiv denken und nach vorne schauen. Wenn man immer nach hinten schaut, wie soll man dann vorwärts kommen? Was war, war und nach vorne schauen …

Randbemerkung: Viele Ortsnamen und Namen der Einheimischen werden vermutlich falsch geschrieben worden sein. Ich ersuche um Nachsicht, da ich keine Doktorarbeit schreiben und noch zusätzlich großartig recherchieren durchführen wollte. Für mich war bis vor wenigen Wochen Motorola ein Mobiltelefon und nicht mehr.
Ich hatte Gelegenheit genug, mich in der Krajina, in der Republika Srpska, im Kosovo oder beim Angriff aus Serbien über Jahre mit Helden, Sterben, Leid und Trauer zu befassen. Ich ersuche um Nachsicht, wenn ich dies in der DVR vielleicht nicht mit der angemessenen Intensität erneut tue. Für meinen Geschmack sind mir genug Helden, Bekannte und gute Freunde gestorben. Es reicht; für ein Leben.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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