Luz María de Stéfano Zuloaga de Lenkait ist chilenische Rechtsanwältin und Diplomatin (a.D.). Sie war jüngstes Mitglied im Außenministerium und wurde unter der Militärdiktatur aus dem Auswärtigen Dienst entlassen. In Deutschland hat sie sich öffentlich engagiert für
1. den friedlichen Übergang der chilenischen Militärdiktatur zum freiheitlichen demokratischen Rechtsstaat, u.a. mit Erstellen von Gutachten für Mitglieder des Deutschen Bundestages und Pressearbeit,
2. die Einheit beider deutschen Staaten als ein Akt der Souveränität in Selbstbestimmung der beiden UN-Mitglieder frei von fremden Truppen und Militärbündnissen,
3. einen respektvollen rechtmäßigen Umgang mit dem vormaligen Staatsoberhaupt der Deutschen Demokratischen Republik Erich Honecker im vereinten Deutschland,
4. für die deutsche Friedensbewegung,
5. für bessere Kenntnis des Völkerrechts und seine Einhaltung, vor allem bei Politikern, ihren Mitarbeitern und in Redaktionen.
Publikationen von ihr sind in chilenischen Tageszeitungen erschienen (El Mercurio, La Epoca), im südamerikanischen Magazin „Perfiles Liberales“, und im Internet, u.a. bei Attac, Portal Amerika 21, Palästina-Portal. Einige ihrer Gutachten (Irak-Krieg 1991) befinden sich in der Bibliothek des Deutschen Bundestages.
Phönix-Runde am 27.6. um 22.15 Uhr: „Nach dem Abschuss. Eskaliert der Syrien-Konflikt?“
Im falschen Rahmen eines zynischen Doppelspiels der Bundesregierung
Die Phönix-Runde am 27.6. um 22.15 Uhr mit dem Titel „Nach dem Abschuss. Eskaliert der Syrien-Konflikt?“ schaltet sich schamlos für eine gezielte Maskerade von Kriegstreibern und Provokateuren gegen Syrien ein. Als falsch und tendenziös stellt sich die Sendung selbst bloß. Sie kommt genau einen Tag nach dem gescheiterten kriminellen NATO-Versuch (26.6.), einen Bündnisfall gegen Syrien zu konstruieren: „Die Lage in Syrien spitzt sich zu. Nicht nur im Land wird gekämpft. Syrien hat auf einen türkischen Jet geschossen. Die Türkei fühlt sich bedroht und appelliert an die NATO. Eskaliert der Syrien-Konflikt?“ Dahin läuft der Hase. Am darauffolgenden Tag (28.6.) desinformiert die SZ und lügt weiter über Syrien.
Gewiss gehen die Kriegstreiber nach der lächerlichen NATO-Sondersitzung vom 26.6., die ohne jede Grundlage, ohne jede Begründung stattfand, weiter auf die Suche nach neuen Provokationen. Dazu spucken sie skrupellos mit Desinformation und Lügen um sich, wie man es von ihnen gewohnt ist. Phönix und die SZ sind dabei.
Phönix muss es wissen, aber verdreht das Geschehen: Syrien hat nicht auf einen einfachen türkischen Jet geschossen, wie die tendenziöse desinformative Sendung mit ihrer Moderation verbreiten will, sondern Syrien hat einen türkischen Militärjet, der in sein Territorium eindrang, abgeschossen. In der Tat wurde ein türkischer Militärjet, also kein normaler oder einfacher Jet, an der türkisch-syrischen Grenze am 22.6. von der syrischen Luftabwehr abgeschossen. Es war eine verständliche und präzise Verteidigungsmaßnahme von Syrien, wie sie jedes souveräne Land ergreifen würde, das sich monatelangen Feindseligkeiten aus den Industrie- und NATO-Mitgliedsstaaten ausgesetzt sieht. Diesbezüglich hätte die Phönix-Redaktion kompetenter und professioneller ihre Moderatorin vorbereiten müssen. Dann hätte die Moderatorin nämlich auch die sachgemäße Anfrage der Abgeordneten Sevim Dagdelen (Die Linke) im Bundestag angesprochen und als präzise professionelle Frage an die Runde wiederholt, eine Anfrage an die Bundesregierung, die am selben Tag der Sendung, 27.6., im Bundestag präsentiert wurde. Die Abgeordnete wollte von der Bundesregierung wissen, ob „das Eindringen eines niedrig und mit hoher Geschwindigkeit fliegenden türkischen Kampfflugzeuges in den syrischen Luftraum“ nicht auch als „Angriffshandlung (hätte) wahrgenommen werden“ können. Vor allem vor dem Hintergrund, dass die Türkei sich bereits „durch die Duldung von Waffenlieferungen und Bereitstellung von Rückzugsräumen für die Freie Syrische Armee“ in den Konflikt in Syrien einmische.
Offensichtlich war diese Frage sehr unbequem für den CDU-Bundestagspräsidenten. Er reagierte irritiert und besorgt auf diese auf der Hand liegenden Anfrage an die Bundesregierung, so sehr, dass er es vorzog, ihr auszuweichen und sie „mangels Dringlichkeit“ nicht zu zulassen. So demaskieren sich selbst hohe CDU-Verantwortungsträger und entlarven die kompromittierende Lage der Bundesregierung in einem schmutzigen und bösen US-NATO-Spiel.
Die einflussreiche New York Times berichtete darüber am 21.6. unter Berufung auf US-amerikanische Regierungsbeamte, dass eine kleine Gruppe von CIA-Mitarbeitern in geheimer Mission im Süden der Türkei operiert. Der New-York-Times-Bericht vom 21.6. erschien genau ein Tag vor der rätselhaften Inkursion des türkischen Militärjets an der türkisch-syrischen Grenze. Daraus folgt, dass sich die USA trotz aller offiziellen Dementis aus Washington militärisch aktiv in den Aufstand gegen die syrische Regierung einmischen, und zwar gewalttätig. Bezahlt würden die Waffen von Saudi-Arabien, Katar und der Türkei laut New York Times.
Eindeutiges Licht auf das Militär-Manöver von unbekannten Generälen oder Offizieren wirft eine weitere gravierende entdeckte Tatsache, die von Phönix nicht ignoriert werden darf, ein Fakt, der direkt die NATO anklagt, da der Militärjet, der in syrischen Luftraum eingedrungen war, von einer NATO-Basis im Südosten der Türkei gestartet war. Schon dieser NATO-Ausgangspunkt macht den Militärflug an der syrischen Grenze nicht nur höchst verdächtigt, sondern besonders eigenartig und seltsam. Der Abschuss war, wie man sieht, eine richtige prompte Maßnahme der syrischen Luftabwehr, die als angemessene Verteidigungsreaktion gegen ein unerwünschtes, unerwartetes und gefährliches fremdes Eindringen in sein Territorium zu verstehen ist. Die syrische Küstenwache hatte bereits mehr als einmal Waffenlieferungen auf dem Meer aufgebracht. Armee und Luftabwehr sind in Syrien in hoher Alarmbereitschaft.
Infolgedessen ist das Geschrei des NATO-Generalsekretär Anders Rasmussen völlig daneben wie jeder andere ähnliche, inszenierte hysterische Aufschrei von westlichen Repräsentanten.
Die Türkei weiß besser als alle anderen NATO-Mitglieder, dass sie niemals bedroht oder in Gefahr war. Diese Erfindung von Phönix ist nicht nur eine Phantasterei, sondern eine krasse tendenziöse Lüge. Das Gegenteil ist der Fall. Syrien fühlt sich aus vielen bekannten Gründen bedroht. Von der Türkei aus geschehen unerwünschte unrechtmäßige Aktivitäten, die für Syrien bedrohlich und von der Regierung Ankaras zu untersagen sind:
1.- In der Türkei haben die bewaffneten Aufständischen gegen den syrischen Präsidenten Baschar Al-Assad im 2011 ihre Kommandozentrale eingerichtet.
Die Phönix-Runde bewegte sich im falschen Rahmen eines zynischen Doppelspiels der Bundesregierung, wie es Guido Westerwelle höchst beschämend vertritt. Bis über den Kopf in unrechtmäßige Aktivitäten verwickelt, verschleiert Westerwelle den realen Zustand der Dinge, weil er anklagend ist.
Höchst wahrscheinlich hat das gescheiterte militärische Manöver des mysteriösen Kampfjets mit einem übergelaufenen syrischen Piloten zu tun. Offensichtlich steckt die NATO dahinter und hat deshalb diesem Manöver ihre Basis im Südosten der Türkei zur Verfügung gestellt. Warum spricht die besagte Phönix-Sendung vom 27.6.12 nicht darüber? Und wo bleibt die sachliche Bewertung der Tatsachen?
Das billige Theater bei der NATO-Sondersitzung in Brüssel am 26.6. spiegelt nur ihre Frustration und Skrupellosigkeit, denn ein illegales militärisches Eindringen in ein fremdes Land verdient keine Solidarität, sondern eine scharfe Verurteilung, da sie gegen alle internationalen Regeln verstößt. Dagegen ist die schnelle konsequente Verteidigungsmaßnahme des betroffenen Landes eine Selbstverständlichkeit.
Die erwähnte Phönix-Sendung (27.6.) begann mit einer Diffamierung der syrischen Regierung, so infam wie sie überall in den USA und Europa verbreitet wird: <Das syrische Regime führe einen Krieg gegen seine eigene Bevölkerung>. Diese dreiste Lüge entspricht dem westlichen Ziel eines Regime-Wechsels gemäß eigener Vorstellung. Von Korrespondenten vor Ort, politischen Beobachtern und Diplomaten unabhängig voneinander festgestellt, kämpft die Regierung in Damaskus gegen bewaffnete Rebellen und versucht einige Orte von diesen kriminellen Banden zu befreien. Diese Realität wird in der prekären Phoenix-Sendung absichtlich vernebelt und verdreht. Hinsichtlich der NATO fragte die Moderatorin, was die „internationale Gemeinschaft“ tun könne, als ob die NATO die internationale Gemeinschaft repräsentieren würde. So abstrus, so verdreht. Die Redaktion sollte geschulte Leute haben, mit einer angemessenen Ausbildung in internationalen Beziehungen und im Völkerrecht, bevor sie es wagt, eine Sendung über ein extrem ernsthaftes Problem im Mittleren Osten zu machen.
Die Perfidie, Syrien als Aggressor vorzustellen, um den NATO-Aggressor zu decken ist am schwerwiegendsten. Deshalb auch der subtile Versuch, das internationale Recht zu demontieren und die absichtliche Verwechslung der NATO mit der internationalen Gemeinschaft, eine Verwechselung, die nicht nur unzulässig ist in einer Sendung einer öffentlich-rechtlichen Medienanstalt eines wichtigen Mitglieds der Vereinten Nationen wie Deutschland, sondern auch eine Blamage sondergleichen. Zu diesem Punkt ist für Phönix und andere Redaktionen eine Aufklärung dringend notwendig, die in diesem Irrtum aus Unwissen oder aus Kalkül verharren.Die internationale Gemeinschaft trifft sich in den Vereinten Nationen zusammen (=195 Nationen). Die Vereinten Nationen wurden mit der weiterhin vollständig gültigen Charta von San Francisco 1945 gegründet. Seit dem Washingtoner Abkommen (1949) hat sich die NATO-Organisation immer weiter von der UNO entfernt und nicht nur die Grundlage der Charta der Vereinten Nationen (UN) in Frage gestellt und missachtet, sondern auch die Hauptaufgabe und das Ziel der Vereinten Nationen sogar verhindert, nämlich den Frieden zu sichern. Die NATO-Staaten hatten jedoch 1949 die Charta der Vereinten Nationen (UN) als rechtlichen Rahmen verbindlich anerkannt und haben diese Anerkennung durch ihre bleibende UN-Mitgliedschaft erhärtet.
Allerdings lief die Phönix-Sendung offensichtlich nicht so planmäßig, wie die Moderatorin von der Redaktion instruiert erschien. Der anwesende Nahost-Experte wies klar auf die Gefahr hin: Schon der seltsame Flug an der syrischen Grenze sei eine unaufgeklärte heikle Mission, die scheiterte. Er sagte auch, es könne damit gerechnet werden, dass bewaffnete syrische Oppositionelle und Freischärler angeleitet würden, um Raketen über die Grenze in die Türkei zu schießen. Damit werde der Konflikt internationalisiert, wie es interessierte Kreise von Anfang an wollten und versuchten. Anstatt auf diesen Beitrag in der Phönix-Runde angemessen zu reagieren, versuchte die Moderatorin den Akzent auf den militärischen Aspekt zu setzen, wurde aber von der russischen Journalistin widersprochen, sie würde auf die diplomatischen Anstrengungen Russlands die Aufmerksamkeit richten und den militärischen Aspekt nicht übertreiben.
Die Türkei setzt auf diplomatische Mittel. Der in der besagten Phönix-Runde anwesende türkische Korrespondent äußerte sich sehr ausführlich und präzis darüber und konnte die zivilisierte besonnene Position seines Landes schildern: Es ist kein Konflikt, den die Türkei verursacht hat, kein Problem, das die Türkei militärisch zu lösen glaubt. Die Türkei setzt auf eine politische, wirtschaftliche Zusammenarbeit und will Syrien in einen Reformprozess einbeziehen. Der türkische Korrespondent ließ sich nicht darauf ein, militärisch zu argumentieren, wie offensichtlich die Moderatorin die Debatte zu dirigieren versuchte. Vergebens. Das Umdenken im Westen bzw. in den USA und Europa ist dringend notwendig. Der Weg zum Regime-Wechsel in Syrien, den der Westen verfolgt, ist absolut falsch. Er ist der gefährlichste Weg überhaupt und führt nur zu Chaos, Anarchie und noch mehr Massaker in Syrien, vor allem, wenn der Konflikt durch Bewaffnung aus dem Ausland angeheizt wird. Das hat der Nahost-Experte in der Phönix-Runde eindeutig vermittelt. Auch die unmenschliche Sanktionen-Politik des Westens wurde von jenem Nahost-Experten klipp und klar desavouiert, weil sie nur die Menschen in die Armut treibt. Der Bruch diplomatischer Beziehungen mit Syrien sei auch eine große Torheit des Westens, die damit die notwendige Kommunikation zerbricht, die wesentlich ist, um einen Konflikt politisch zu lösen. Wozu steht das deutsche Außenministerium eigentlich? Mit seiner riesigen verschwenderischen Bürokratie dient es zu nichts mit seinen törichten Entscheidungen.
Auffällig war auch, dass die Moderatorin ein weiteres Mal versuchte, den Regime-Wechsel anzusprechen, als sie fragte, ob Assad aus eigenem Antrieb unter dem gegenwärtigen Druck das Amt verlassen würde. Die russische Journalistin antwortete prompt, die Moderatorin wäre die einzige, die diese Ansicht vertrete.
Der Sender Phönix sollte thematisieren, warum die flagrante kriminelle Einmischung des Westens in Syrien, warum sein Wunsch für ein Regime-Wechsel dort, koste es was es wolle, und nicht in Saudi Arabien. Das saudische Herrscherhaus unterdrückt nicht nur die eigene Bevölkerung, sondern half vor einem Jahr auch dem Nachbarland Bahrain, eine friedliche Demokratiebewegung niederzuschlagen. Berüchtigt ist Saudi-Arabien wegen seiner grausamen Strafen, wegen seiner unmenschlichen Gewohnheiten und Praktiken. Der jüngste Länderbericht von Amnesty International 2011 stellt diesem Land diesbezüglich ein sehr schlechtes Zeugnis aus. Wie sehen die deutschen Journalisten und Redaktionen diese Missstände?
Grundsätzlich erbärmlich geht es der Bevölkerung in Saudi Arabien, vor allem den Frauen. Unterdessen spielt sich Riad in der Arabischen Liga als eifrigster Verfechter von Freiheit und Demokratie in Syrien auf und unterstützt großzügig zumindest mit Geld und Medienmacht die Aufständischen gegen Präsident Baschar Al-Assad. Das Herrscherhaus versorgt die syrischen Freischärler mit Waffen. Nichts davon wurde bei der Phönix-Sendung erwähnt, geschweige denn von der Moderatorin thematisiert.Luz María De Stéfano Zuloaga de Lenkait
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Israel Shahak / Norton Mezvinsky:
Jewish Fundamentalism in Israel
London 1999
Pluto Press, 176 S.
Israel Shahak:
Jüdische Geschichte, Jüdische Religion. Der Einfluss von 3000 Jahren
Süderbrarup 1999
Lühe Verlag, 231 S.
Haim Gordon (ed.):
Looking Back at the June 1967 War
Westport 1999
Praeger, 203 S.
Israel Shahak gehört zu den außergewöhnlichsten Persönlichkeiten in Israel. Als Kind ging er durch die Hölle von Bergen-Belsen und emigrierte nach dem Ende der Nazi-Barbarei nach Palästina. Er absolvierte seinen Militärdienst und studierte Biochemie und wurde Professor an der Hebräischen Universität in Jerusalem. Aus einem Bewunderer David Ben Gurions wurde 1956 einer seiner schärfsten Kritiker. Anlass war die Offenlegung der wirklichen Kriegsziele Israels. Ben Gurion erklärte damals in der Knesset, dem Parlament Israels, dass der wirkliche Grund für den Krieg „die Wiederherstellung des Königreichs Davids und Salomons„ gewesen sei. Sein direktes gesellschaftspolitisches Engagement begann 1965 als er Augenzeuge wurde, wie ein ultrareligiöser Jude die Erlaubnis verweigerte, sein Telefon am Sabbat zu benutzen, um einen Rettungswagen für einen Nicht-Juden herbeizurufen. Shahak wandte sich an das Rabbinische Gericht in Jerusalem, um dessen Meinung zum Verhalten des ultrareligiösen Juden einzuholen. Das Gericht erklärte, dass der Jude nach den Religionsgesetzen richtig, ja sogar fromm gehandelt habe. Dieser Zwischenfall machte ihn stutzig gegenüber seiner eigenen Gesellschaft, insbesondere dem Judentum. Hinzu kam seine antizionistische Einstellung. Sie hat ihn vor vielen Fehlbeurteilungen israelischer Politik bewahrt. Schon frühzeitig kämpfte er gegen jede Art von Diskriminierung von Nicht-Juden, insbesondere von palästinensischen Israelis und Palästinensern in den von Israel besetzten Gebieten. Er war jahrelang Vorsitzender der Liga für Menschenrechte. In den letzten Jahren hat er sich dem Studium der jüdischen Religion gewidmet und insbesondere ihre Interpretation durch die Orthodoxie scharf verurteilt. In ihr sieht er die Wurzeln für den Rassismus gegenüber allen Nicht-Juden und auch die Ursache für den Mord an Ministerpräsident Yitzhak Rabin. Der Fundamentalismus in Israel hat seine Wurzeln in den orthodoxen Glaubensvorstellungen. In seinen beiden Büchern weist er dieses nach. Nur wenige außerhalb Israels sind jedoch darüber informiert.
Neben christlichem, islamischem und hinduistischem Fundamentalismus gibt es auch einen jüdischen. Allen Fundamentalismen ist eine „goldene Zeit“ eigen, die es wiederherzustellen gelte. In der kurzen Regierungszeit Benyamin Netanyahus trat das fundamentalistische Phänomen offen zutage. Israel wurde von einer rechtsnationalistisch-fundamentalistischen Regierung geführt. Der grandiose Wahlsieg Ehud Baraks hat die Brisanz des jüdischen Fundamentalismus für Beobachter Israels jedoch wieder in den Hintergrund treten lassen. Fälschlicherweise, wie Shahak und Norton Mezvinsky, Professor für Geschichte an der Central State Universität in Connecticut, meinen. Für sie ist er weiterhin eine ernste Gefahr für den demokratischen Bestand Israels.
Jüdischer Fundamentalismus ist der Glaube, daß die jüdische Orthodoxie, die auf dem babylonischen Talmud, des talmudischen und halachischen Schrifttums beruht, noch gültig ist und ewig Gültigkeit beanspruchen wird. Die jüdischen Fundamentalisten glauben, daß das Alte Testament nur dann als autoritativ angesehen werden kann, wenn es anhand des talmudischen Schrifttums interpretiert wird.
Die Autoren vertreten die These, daß der jüdische Fundamentalismus nur dann zu verstehen ist, wenn man die historische Periode identifiziert, die die Fundamentalisten wiederherstellen wollen. Sie teilen die Geschichte des Judentums in vier Perioden ein. Die jüdischen Fundamentalisten haben die Zeit von 1550 bis 1750 als die „goldene Zeit“ des Judentums beschrieben, in der die große Mehrheit der Juden die Kabbala und ihre Regeln akzeptierte. Diese Ära sollte wiedererstehen.
In Israel gibt es eine große Vielzahl von Fundamentalisten. Eines Ihrer gemeinsamen Ziele ist die Errichtung des jüdischen Tempels auf dem Tempelberg. Wenn dies nicht zu erreichen ist, dann sollte der Platz, auf dem die islamischen Heiligtümer – Felsendom und Al-Aksa-Moschee – stehen, von Besuchern freigehalten werden. Die Bedeutung des jüdischen Fundamentalismus läßt sich nach Ansicht der Autoren nur in dessen Beitrag zur Spaltung der israelischen Gesellschaft verstehen. Diese drückt sich insbesondere in der Tatsache aus, daß die Linke in Israel die Normalität anstrebt und wie jedes andere Volk leben will – dies ein zentrales Dogma des säkularen Zionismus – wohingegen die Rechte und die Fundamentalisten die Einzigartigkeit des jüdischen Volkes betonen und sich bewußt von anderen Völkern unterscheiden wollen. „Juden sind und können kein normales Volk sein. Ihre Einzigartigkeit beruht auf dem ewigen Bund mit Gott“, so Vertreter der Siedlerbewegung Gush Emunim (Block der Getreuen). Dies geht dann sogar soweit, daß aufgrund des „jüdischen Blutes“ Juden zu einer anderen Kategorie gehören als Nicht-Juden. „Für religiöse Juden hat das Blut eines Nicht-Juden keinen wirklichen Wert; für Vertreter des Likud besitzt es einen relativen“ so die Autoren. Die innerjüdische Diskussion, die von ranghohen Vertretern der Fundamentalisten wie Rabbi Ovadia Yoseph, dem geistigen Oberhaupt der Shas-Partei, und anderen Vertretern von der Nationalreligiösen Partei (NRP) zu diesen Fragen geführt werden, mutet mehr als bizarr an. Die Autoren betonen mehrmals, daß diese Diskussion sich nie in der englischen Literatur wiederfindet bzw. im Ausland völlig unbekannt ist.
Das Buch bietet einen erstklassigen Überblick über die verschiedenen fundamentalistischen Strömungen wie der Haredim, die sich in aschkenasische (europäische) und sephardische (orientalische) Juden teilen, den Vertretern der NRP und des Gush Emunim. Des weiteren wird die Bedeutung des Massenmörders Baruch Goldstein, der in der Ibrahim-Moschee in Hebron 29 betende Muslime niedermetzelte, und der religiöse Hintergrund des Attentates auf Ministerpräsident Yitzhak Rabin religiös eingeordnet. Beides sei ohne die religiöse Tradition der Bestrafung und Tötung von „Häretikern“ nicht zu verstehen.
Shahak und Mezvinsky haben eine provokantes und faszinierendes Buch geschrieben. Es erschließt dem Leser ein Bild des Judentums und Israels, das es in dieser Form bisher nicht gegeben hat.
Die Orthodoxen instrumentalisieren das klassische Judentum, um die Politik Israels zu rechtfertigen, so Shahak in seinem Buch „Jüdische Geschichte – Jüdische Religion“. Für ihn stellt Israel als jüdischer Staat nicht nur eine Gefahr für sich selbst und seine Bewohner, sondern auch für seine Nachbarn dar. Worin besteht die Gefahr? „Es ist diese exklusive Ideologie, es sind nicht die vorgeschobenen ‘Sicherheitsinteressen’ der israelischen Propaganda, die die Übernahme des Landes in den fünfziger und Mitte der sechziger Jahre und dann die besetzten Gebiete von 1967 bestimmt haben.“ Schon in diesem Buch geht der Autor hart mit dem Talmud und den Schriften des jüdischen Philosophen Maimonides ins Gericht. Beide seien angefüllt mit „beleidigenden Anweisungen gegen alle Nichtjuden und mit ausdrücklichen Attacken gegen das Christentum und Jesus.“
Shahak zeichnet in seinen fünf Kapiteln ein sehr differenziertes Bild über Einfluss, Macht und Verfolgungen der Juden in Europa. Letztere müssen jedoch von denen der Nazi-Barbarei unterschieden werden. Die Verfolgungen in der Periode des klassischen Judentums waren populäre Bewegungen von unten, wohingegen letztere von oben organisiert und durchgeführt wurden. Das Modell der Judenverfolgungen in der klassischen Periode dient nach Shahak den „zionistischen Politikern“ als Modell und Entschuldigung für deren Verfolgung der Palästinenser.
Abschließend soll noch auf eine Gefahr hingewiesen werden: Beide Bücher liefern eine solch kritische Analyse des klassischen Judentums, dass sie auch als „Fundgruben“ für Antisemiten missbraucht werden könnten. Shahak und sein Co-Autor Mezvinsky wollen dazu natürlich keinen Vorschub leisten. Zitate, die aus dem Zusammenhang gerissen würden, könnten durchaus ein Zerrbild des Judentums entstehen lassen. Das Anliegen der Autoren und insbesondere Israel Shahaks ist es aber, den religiösen Absolutheitsanspruch der Orthodoxie einzudämmen und auf die Gefahren hinzuweisen, die der liberalen israelischen Demokratie von Seiten dieser Fundamentalisten drohen. Wer die Gedankenwelt der Orthodoxen verstehen will, für den ist das Buch eine Pflichtlektüre.
Der Titel des Buches von Haim Gordon ist eigentlich ein Etikettenschwindel. Er wurde für eine Tagung im Juni 1997 an der Ben-Gurion-Universität in Beer Sheva gewählt, damit diese überhaupt stattfinden konnte. Demzufolge hat das Buch weniger mit einem Rückblick auf den Sechstagekrieg zu tun als vielmehr mit der innen- und außenpolitischen Rolle und Entwicklung Israels. Das Buch gibt eine Bilanz von 30 Jahren Okkupation. Diese Sichtweise wird in drei Kapiteln abgehandelt, und zwar in der globalen Perspektive, der Beziehungen zwischen Israelis und Palästinensern und der Entwicklung in Israel selbst. Hier sind Autoren und Autorinnen versammelt, die nicht zur regierungsaffirmativen Linken gehören.
Der sogenannte Friedensprozess steht in den Beiträgen immer wieder im Mittelpunkt der Analysen. So behauptet Noam Chomsky, Professor am MIT in Cambridge, Massachusetts, dass die Staaten des Nahen Ostens nur die „Fassade“ für die globalen Interessen und Dominanz der USA darstellten. Erst nach dem Sechstagekrieg wurde Israel für die Interessen der USA wichtig. Insbesondere nach dem Sturz des Schah-Regimes wurde Israel auserkoren, die extremen Auswüchse des arabischen Nationalismus zu bekämpfen. Den Palästinensern weisen die USA eine negative Rolle zu, da sie nichts Positives zur dominanten Stellung der Amerikaner beitragen, sondern wegen ihrer Marginalisierung eher zum Aufstand neigen, so Chomsky. Der amerikanische Widerstand gegen den islamischen Fundamentalismus ist für den Autor völlig unglaubwürdig, da dieser nur dann eine Gefahr darstelle, wenn er sich gegen amerikanische Interessen wende. So seien die USA die größten Unterstützer der Fundamentalisten in Pakistan und Afghanistan gewesen. Sie unterstützten Saddam Hussein selbst dann noch, als er schon Giftgas gegen die Kurden einsetzte. Er fiel erst in Ungnade, als er nicht bereit war, eine Marionetten-Regierung in Kuwait zu installieren, sondern das Land annektierte.
Haim Gordon, Professor für Bildung an der Ben-Gurion-Universität, versucht anhand von Martin Buber einen Blick auf die Israelisch-palästinensischen Beziehungen und spricht von einer „verpassten Gelegenheit“. Der Autor kritisiert die „sündigen Rabbiner“. „Sie haben nicht nur gegen die Bibel, sondern auch gegen die zehn Gebote verstoßen.„ Diese ‘üblen religiösen Führer’ haben nichts mit den Propheten gemein, denen es um Gerechtigkeit und nicht um die ‘Heiligkeit des Landes’ ging“. Die „schrecklichste Sünde der Rabbiner ist die Glorifizierung des Massenmörders Baruch Goldstein“. „Unsere sogenannten religiösen Führer sind verantwortlich für die verpasste Gelegenheit“. Nicht nur sie, sondern auch die „säkularen Juden“ seien für den Nicht-Dialog zwischen Israel und seinen Nachbarn haftbar zu machen. Sie hätten die Siedlungen zugelassen. Vom Standpunkt Bubers aus können wir auf die letzten 30 Jahre nur mit „tiefer Scham“ zurückblicken.
Alle Beiträge zeichnen sich durch eine große Offenheit und ein hohes Maß an Kritik aus. Dies ist deshalb erwähnenswert, weil in der deutschen Wissenschaftslandschaft ein Israelbild kultiviert wird, das wenig mit der Wirklichkeit, aber viel mit Wunschdenken zu tun hat. Man wünscht sich mehr von dieser Art von Büchern.
Ludwig Watzal
Bei all der berechtigten Kritik darf auch ruhig mal erwähnt werden das es sich bei dem syrischen Staat um eine intolerante Diktatur handelt in der es schon immer sehr ungesund war auch nur moderate Kritik an der Führung zu üben. Eigentlich sollte ja Baschars Bruder der bei einem Unfall starb den Laden Erben, so musste noch schnell die Verfassung zurechtgebogen werden damit der jüngere Sprössling ans Ruder darf. Seit jahrzenten herrschen in Syrien Personenkult und eine hemmungslose Selbstbereicherung des Assad Clans.
Wie würde die extreme Linke reagieren hätten wir in Deutschland solche Zustände ? Ist Frau Lenkait hiervon auch so angewiedert wie von den für sie kaum ertragbaren Zuständen in Deutschland ?
Ich würde mich sehr über eine Antwort freuen.
Gruß, R. Kieper