Nachruf auf meinen Kollegen, Genossen und väterlichen Freund Sepp Sigulla,
den SPDler und Ex-DGB-Kreisvorsitzenden
im Main-Kinzig-Kreis

Sepp Sigulla
Mit Dir in Kopf und Herz
zusammen
unsre Welt gestalten

 

Du hast,
wenn deine Parteigenossen
gegen unsre Interessen schossen
und unsre Gürtel enger schnallten,
uns mit weißen Westen
bis aufs Blut erpressten 
und was sie für das Wohl
des Kapitals beschlossen
vereint mit Unternehmern, Bankern

im trauten Kreis mit Sekt begossen ..

und dann sternhagel voll

die VIP-Lounge unterhalten

haben, die Fäuste ballten
kurz vorm Kotzen
die ersten Zeilen aus der Internationalen
unter der Herren Tische lallten
sie schalten und walten
ließen
nicht nur
ab und an

.

Du hast,
wenn sie uns
die Niedrigst- Löhne
mit Steuern und Gebühren senkten
dem Kapital Stadt-Land und Fluß
und unsre Freiheitsplätze
die Alte und die neue heimat
und die Steuern schenkten
und uns in ihrem Strahlen-Müll
in Schutt und Müllverbrennungsasche
in Abgas, Gift und Gülle
in Bequerel und Dezibel ertränkten
und unsre Rechte im Betrieb einschränkten
uns verHARTZten, Riesterten, die Renten kürzten
uns Wohnungen raubten und uns in Schulden stürzten
Da hast Du dagegen-
und nie das Maul
da hast Du Wort gehalten

 

Auch wenn der Landvogt
und sein Hof-Staat
Dich aus dem hohen Hause warfen
hast Du den Polizeieinsatz noch provozierend
sie mit Deinen scharfen
Zwischenrufen
angegriffen
Du hast dem Gessler-Hut
Dich nie gebeugt
und deine Wut auf diesen Hut
in Energie verwandelt
und was Du sagtest
auch getan
gehandelt

 

Du hast Dir nie den Mund verbieten lassen
wie mussten Sie dich hassen.
Sie hätten Dich am liebsten ausgeschlossen
wie deinen Ziehsohn, die „Genossen“ …

 

Du warst bei uns und hast ,
wenns brenzlig wurde
immer fest zu uns gehalten
wir warn zusammen stark
und ließen uns nicht spalten

 

Du hast den Nazis deine Stirn geboten
ein Khebab-Stand in Brand
schon lange vor den jüngsten Toten
und mit den hakenkreuzbesoffnen
BomberJackenHitlerjungen
mitten
auf dem Weißen Berg***  (Siehe Fussnote zum Pfingsttreffen 1982/83/84)
eines Morgens in aller Frühe
furchtlos, standhaft fest gestritten
und ihnen die Leviten gelesen
im Klartext: wie war es gewesen
mit den nackten Millionen Toten
und mit den in den Krieg gezwungen-
en Hitlerjungen
die mordend krepierten für die Schwerindustrie
für die Deutsche Bank und die Krupp-Dynastie
für Quandt und Thyssen und Konsorten
vergasen, rauben, morden
hast ihnen gesagt, die nützlichen Idioten,
sind Kettenhunde des Kapitals
die bestenfalls
im Zwinger enden
wenn ihre Halter sie
mal nicht mehr brauchen

 

da reicht es nicht einfach nur abzutauchen
Häuser brennen, Wohnwagen rauchen
und ihre Verführer
steigen aus der Asche
verbrannter Quellen
geschredderter Akten.

 

Du hast uns berichtet
Du kanntest die Fakten
die neuen von heute
so wie die Alten
Der Reichstagsbrand der Brennenden Zellen
wird zum Abmarschbefehl der robusten schnellen
Eingreiftruppen zum Sender Gleiwitz
den sie von Polen
nach Lib-Syrien holen

 

Alles schon einmal dagewesen
der Kettenhund Röhm
der Kettenhund Strasser
die Kommunistenfresser und Judenhasser
Du hast es nicht vergessen
Du hast uns davon erzählt
hast uns gesagt, gegen Raketen
gegen den Krieg
müssen wir kämpfen
und nicht nur beten

 

und dass es nicht reicht
wenn man von Schalt- zu Schaltjahr
seine Kreuzchen macht
und die Stimme in die Urne fällt
und man dann wieder zu Kreuze kriecht
den Rattenfängern folgt und sich zum nächsten Kreuzzug
in ihre Marschkolonnen stellt
und sich alle vier Jahre einen neuen Kriegsminister wählt

 

Sepp, so einer wie Du, der die Linie
und nicht die Hand auf
hält

 

Der seinen Hals nicht
nach allen WendeWinden
dreht
Der fehlt, wenn er geht

 

Doch Du
bist nicht weg-,
Du bist vorangegangen
Du hast für uns die Wege markiert
und daran können wir uns gemeinsam
kämpfend halten.

 

Mit Dir in Kopf und Herz
zusammen
unsre Welt gestalten

 

Am 13.7.Sepp nachgeschrieben.

 

Ich hatte ihm versprochen, ihn noch ein zweites Mal im Hanauer St.Vinzenz-Krankenhaus zu besuchen.

Ich habe es nicht mehr geschafft.

*** 1982/83/84 ? gab es einen nächtlichen Überfall von jugendlichen Neo-Nazis auf das Pfingsttreffen, das SommerCamp der osthessischen Jugendzentrumsinitiativen auf dem Weißen Berg neben der Ronneburg.
Die Bomberjacken fackelten einen Khebab-Stand ab, prügelten auf die Jugendlichen ein, die versuchten das Feuer zu löschen und provozierten im Zeltlager weitere Schlägereien. Um die Sache sich nicht weiter eskalieren zu lassen, riefen einige Jugendliche um 4 Uhr 30 bei mir in Hanau an und ich rief sofort bei Sepp Sigulla in Maintal an und bat ihn mit mir zusammen zur Ronneburg zu fahren. Obwohl ich bei der SPD im Main-Kinzig-Kreis als Ex-KBW-Kommunist die absolute Persona non grata war sagte der SPDler und DGB-Kreisvorsitzende sofort zu . Als ich dann um 6 Uhr im Zeltlager eintraf, stand Sepp Sigulla bereits  mitten  in einem Pulk von Bomberjacken und erteilte den angebräunten Jungs einige Lektionen. Die waren über Sepps Unerschrockenheit so perplex, dass sie mit gestellten Ohren,offenen Mäulern und geweiteten Augen still zuhörten, was ihnen dieser furchtlose Mann zu erzählen hatte… Seit dieser Zeit wussten wir beide, dass wir uns aufeinander verlassen konnten … es wurde eine tiefe Freundschaft über 30 Jahre und Sepps Tod ist mir ein kaum erklärbarer Verlust. Unsere Umarmung beim überraschenden Treffen bei der 1.Mai-Kundgebung 2012 in Hanau, mein letzter Besuch im Vinzenz-Krankenhaus, das alles hat mir viel Kraft gegeben… Sepp, ich mache weiter in unserem Sinne… „Keiner, nein keiner schieb uns weg, die Solidarität wird immer stärker, keiner schiebt uns weg !“ Das war Dein Lieblingslied … und Du hast es auch gesungen bei unserer Aktion gegen das Nato-Waffenlager Alsberg und die Sprengkammern der „First Battle of the Next War“, dem „Fulda-Gap“, wo wir zum  ersten mal als Hauptredner gemeinsam gesprochen haben. Das war der nächste große Fix-Punkt unserer Freundschaft.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

4 Gedanken zu „Nachruf auf meinen Kollegen, Genossen und väterlichen Freund Sepp Sigulla,
den SPDler und Ex-DGB-Kreisvorsitzenden
im Main-Kinzig-Kreis“

  1. Hätte gerne den Hr. Sepp Sigulla noch kennen gelernt. Bin auf der Suche nach Verwandten meines Vaters Anton Sigulla der dem Sepp sehr sehr ähnlich sah. Schade bin auch zu spät, hätte den großartigen Mann gerne lebend erlebt und nach seine Abstammung befragt.

  2. Lieber Victor Grossmann,
    liebe Elke Zwinge-Makamizile, eure beiden reaktionen haben mich schier unendlich gefreut, zunächst besonders Deine, Elke, nachdem wir uns auf der Waldeck nicht nur virtuell sondern ganz real kennen gelernt haben. Zur Zeit arbeite ich an der Initiierung einer erneuten „Konferenz Gegenöffentlichkeit“, nach der von Dieter Dehm in der Berliner Universität der Künste so um 2000 herum organisierten, die jetzt ein interaktives basis-polit-kunstaktivierendes interaktives Internet-feuilleton und eine vernetzung aller linken Partale bringen soll, eine alternative „Künstleragentur“, eine Nachrichtenagentur, . Dazu brauche ich Unterstützung, Ich hoffe auf den DFV als einen der Hauptinitiatoren, es gibt schon eine Reihe von Zusagen, von Mitarbeitsangeboten, von Speicherplatzangeboten …. … …

    Und nun Victor zu Deinem Kommentar. Ich hätte so gerne Dich und Sepp Sigulla noch zusammengebracht. Aber in dem was wir tun, kommen wir trotz Sepps Tod zusammen. Ich hab ihm beim 1.Mai 2012 schon versprochen, dass ich in seinem, in unserem Sinne weitermachen werde… und da sind wir nicht allein.. die Reaktionen auf meinen Nachruf für Sepp Sigulla sprechen dafür… Adelante, Avanti, Vorwärts, PAME ! ,… ach Victor sag mir wie’s auf Englisch heißt. Foreward? Dass viele spanische Polizisten vor dem Parlament die AntiRiotHelme abgesetzt und sich den Protesten angeschlossen haben, außer der jungen Welt hat das hier kein sender, keine Zeitung gemeldet. Es wird verschwiegen, weil das Schule machen könnte… Die spanischen GenossINNen bitten darum diese nachricht und die Bilder dazu zu verbreiten.

    Beim nächsten Besuch in berlin möchte ich Dich gerne treffen und mich auch mit Dir streiten, aber nicht nur. Hat sich Rolf Verleger bei Dir gemeldet ?

  3. Lieber HaBe:
    Ich bekomme regelmäßig Deine Mails (hier in Ostberliner Karl-Marx-Allee). Weil ich zwar Ami aber langjäjhriger Ossie bin, verstehe ich vieles von dem nicht, was in der BRD in früheren Jahren – und besonders um F/M – so alles gewesen ist – oder noch ist..
    Hinzu kommt, dass ich mich über manches mit Dir sicher streiten würde. Dennoch, ich merke, was Du für ein entschlossener (und oft angegriffener) Kämpfer für die gute Sache bist, und wenn ich auch manchen Stich und manches Wortspiel nicht mitbekomme, vieles verstehe und geniesse ich doch. Der Nachruf – obwohl ich von dem Freund nie gehört hatte) war sehr bewegend!
    Also, beste Wünsche – All power to you, und jeder scharfer Stich gegen Heuchler und Karrieristen – und erst recht gegen die Nazis – ist willkommen und gut, wenigstens für die Seele.
    Salud!
    Victor Grossman

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