Das ist natürlich nicht eine Öffentliche Widerstandslesung oder -schreibung am Hanauer Freiheitsplatz oder am „Brückenkopf“ auf der „Wilhelmsbrücke“ – die jetzt ja in „Come-in-Sky-Bridge“ umgetauft wurde. Dieses Bild entstand bei einer öffentlichen Schreibung- und Lesung 2006 in Havanna auf dem Hauptplatz der Buchmesse in den frühen Morgenstunden, als erst ein paar Tausend Besucher da waren. …..
Es folgen Ausschnitte aus der Bildreportage einer Schreib- und Lesereise durch Kuba, Costa-Rica und Nicaragua und die Ankündigung der Lesung am 1. Oktober in Hanau
und dann kamen sie: mehrere 10Tausend, Tag für Tag und lasen und diskutierten
Nachdem meine Wandzeitungsgedichte auf wundersame Weise im Schredder der deutschen Delegation verschwunden waren, hat mir die kubanische Messeleitung zunächst Ersatzpapier organisiert, weil die deutsche Delegation behauptete, sie habe kein Papier mehr für meine Gedichte und dann schrieb ich eben Straßen- statt Wandzeitungen, weil die deutsche Delegation mir auch die Wandzeitungsschreibungen an „ihrer“ Austellungshalle verbot.
Das Papier, auf dem ich schreiben durfte, waren die Fehldruckbögen -die sogenannten Makulaturbögen des Bucheinbandes der Biografie Fidel Castros. Ein schöneres Papier habe ich mir für meine Gedichte nicht vorstellen können.
HaBE Lesung im „Brückenkopf“ in Hanau, meiner ‘Vetternwirtschaft’,
So. 1.10. 2017 ab 16 Uhr
Hier kann man den Antransport der ersten tausend Exemplare der frish gedruckten Biografie Fidel Castros bei der Buchmesse sehen.
Mein von der Messeleitung für mich zwecks „Ersatzpapier-Organisierung“ abgestellter Messebauer Frederico hat mit der Entlade-Brigade ausgehandelt, dass sie mir die zwischen den Buchstapeln liegenden Pappbögen aufheben und ich sie morgens gegen eine Flasche Havanna-Club erhalten kann. Die haben wir dann morgens zusammen in der Frühschicht geleert. Wie sie von Frederic organisiert wurde, weiß ich nicht sooo genau. Er sagte mir bei Feierabend: „Gib mir 50 Convertibles und wir kriegen eine Flasche“ Ich habe ihm die 50 Convertibles gegeben und ihn dann für zwei Stunden nicht mehr gesehen. Ich dachte, nu sinnse wech!. Ich kannte Frederic keine 20 Minuten, also gar nicht. Und wir waren ziemlich allein hinter den dicken Kanonen
Nach 2 Stunden in der Sonnenuntergangsstimmung auf der Festung, erschien er wieder mit einer Rolle Zeitungen unterm Arm. Bei uns an den Kanonen angekommen zog er mit breiten Grinsen die Flasche Havanna Club aus der Zeitungsröhre! Und gab mir 30 Convertibles zurück.
Und dann schrieb ich morgens wieder weiter
Dann hat die Messeleitung mit mir gesprochen, Enrico hat gedolmetscht. Er war als trabajador social und als Germanist zuständig für unsere Betreuung. Die Messeleitung meinte, man könne die Texte am Boden so schlecht lesen, also – zu wenige Besucher könnten sie finden und gut lesen. Die Messeleitung stellte mir dann den 2, 5 Meter hohen Holzkubus zur Verfügung auf den abends die Lautsprecher-Boxen für die Kuturveranstaltungsreihen aufgebaut wurden. Dann war es wie im Lese- und Schreib- und Debatten-Paradies. Heftige Debatten – zum Teil zusammen mit Offizieren der Staatssicherheit über die Fehler in der Vergangenheit und was man verbessern müsste … „Wir diskutieren unsere Fragen und Probleme selbst und lassen uns von außen nichts einreden und diktieren! Dass die Monokultur unter dem Einfluss der UdSSR uns zahlreiche Folgeprobleme und Abhängigkeit geschaffen hat, die Monokultur Zuckerrohr besonders, das spüren wir jetzt. Und wir diskutieren über die notwendigen Alternativen“ „Ja – und das auch mit den Offizieren der Staatssicherheit?“ „Warum denn nicht? Das ist unser Staat, unser Land und das muss gesichert und verbessert werden. Die haben alle die gleichen Nummernschilder, die gleiche Kleidung – auch etwas bessere als wir, aber sie machen ja auch eine manchmal sehr schwere und nicht selten gefährliche Arbeit.“
Jetzt folgen einige ausgewählte Bilder von der von der Staatssicherheit unbegleiteten Lese- und Schreibreise 2006-2007 durch Kuba, durch Costa-Rica, durh Nicaragua, von spontanen, unangemeldeten Lesungen in kubanischen Sozialzentren, Mittelstufenschulen, Grundschulen, auf (Rast-) Plätzen, Busbahnhöfen, Baustellen, in Bussen und Transport-LKWs in Havanna, Trinidad, Santa Clara, Cien Fuegos … (von wegen Zensur und so weiter, ich fragte durch die offenen Fenster, ob ich zu einer Lesung reinkommen könne … und wurde herzlich hereingebeten und durfte lesen, „auf Spanisch ?“ „Ja, aber nur schlecht!“ „Nun, dann lesen sie auf Deutsch, drei vier Kinder können das gut übersetzen!“ — das war in einer Grundschule(!) in Trinidad). Beim Generalstreik im Nicaraguasee auf der Insel Ometepe, wo ich die internationale Pressearbeit für den Streik mit Hilfe des letzten funktionierenden Computers machen durfte – bis der Streik erfolgreich endete, die Regierung in Managua die Forderungen der Basis-Sandinistinnen erfüllte und ein Siegesfest folgte… , Lesungen in der Schule auf Ometepe, in der klapprigen Fähre auf dem Hin- und Rückweg zum „Festland“, (denn die Passage der neuen Fähre aus den Niederlanden über die Flussverbindung zwischen Karibik und Nicaraguasee wurde erst mit dem Generalstreik gegen die Bolckade des Reederei-Monopolisten durchgesetzt. Der wollte eine öffentliche Fährverbindung nach Ometepe verhindern.) … Es folgten Lesungen in Granada im „Casa de los tres Mundos“, in einer Kirche, usw… und dann die Lesungen in Schulen, Gaststätten, auf Plätzen, in Bussen … in Costa-Rica …… in Stammes-Häusern der Teribe und Boruca ….
In der folgenden Oberstufenschule in Santa Clara – oder war es auch Trinidad? dort durften wir Innen nicht fotografieren, weil die Schulleiterin nicht wollte, dass man in Deutschland sieht, wie schlecht der Verputz aussieht, und dass die Farbe fehlt und dass etwas Regen eingedrungen war durch die bereits in die Jahre gekommenen Fensterrahmen des Plattenbaues.. Wir haben sie nur von Außen fotografiert, als uns Schüler- und Lehrerinnen mit „großem Bahnhof“ und Geschenken verabschiedet hatten
vor der Lesung im Kulturbahnhof in Granada
Nach der Lesung im Casa de los tres Mundos in Granada, als mein Freund Dietmar Schöherr noch lebte und Vivi Bach auch noch (siehe auch hier: