Vom Berufsverbot über Zwangsarbeitslosigkeit zur Zwangsarbeit

Dienstverpflichtung nannten das die Deutsche Arbeitsfront, der Reichsarbeitsdienst, die Gauarbeitsämter der Nazis, die mit der Macht auch die Arbeitsamtsunterlagen übergeben bekamen. Die Mitgliederlisten der ADGB-Gewerkschften holten sie sich, nachdem sie zunächst noch den 1. Mai 1933 zusammen mit dem mitaufrufenden ADGB feierten, am 2. Mai beim Sturm auf die Gwerkschaftshäuser

in ihrer heutigen Ausgabe 23.09.2017 meldet die Tageszeitung „junge Welt“ auf ihrer Titelseite die „Entdeckung“ der LINKEn Bundestagsabgeordneten Ulla Jelpke, dass die „neudeutsch“ in ‚Jobcenter‘ umgetauften Arbeitsämter als verlängerter Arm des Verfassungschutzes dienen. Nach Auskunft des Bundessozialministeriums sollen keine linken HARTZ4-Gegner o.ä. sondern nur als „islamistische Gefährder“ und „Reichsbürger“ Verdächtigte gemeldet worden sein.

Das kann sich morgen je nach politischer Lage sehr schnell auch offen  gegen alle Linken richten. Zumindest kann man damit rechnen, dass es auch in der jüngsten Vergangenheit nicht nur für den Öffentlichen Dienst solche Datenaustausche gegeben hat. Schließlich sind die Arbeitsämter-ARBREITSAGENTUR-Selbstverwaltungen drittelparitätisch mit je sieben ehrenamtlichen Vertretern der Arbeitnehmer, der Arbeitgeber und der öffentlichen Körperschaften besetzt. (zitat aus wikipedia)

Was sowohl die Abgeordnete Jelpke als auch die „junge Welt“ an dieser Stelle nicht melden, ist die Tatsache, dass die Arbeitsämter diese Überwachungs-Hilfs-Funktion seit ihrer Neugründung in den Westzonen spätestens seit 1947/48 ausüben, damals noch mit den sich unter der Obhut der Militärregierungen bildenden Vorläufern der Landesverfassungsschutzbehörden und den sich zur Organisation Gehlen westweit formierenden Kompetenzgruppen aus den bei den Spruchkammern erfassten Fachkräften mit 1000jähriger Erfahrung.

Zunächst jedoch die jW-Jelpke-Meldung,

Jobcenter geben Tips an Verfassungsschutz

Berlin. Jobcenter haben mehrfach den Verfassungsschutz informiert, wenn sie Erwerbslose des »Extremismus« verdächtigten. In den vergangenen zwei Jahren seien in elf Fällen solche Informationen an das zuständige Landesamt für Verfassungsschutz weitergegeben worden, geht aus einer Antwort des Bundessozialministeriums auf eine Anfrage der Linken-Abgeordneten Ulla Jelpke hervor, die am Freitag der Deutschen Presseagentur in Berlin vorlag. Dabei lagen Verdachtsmomente in den Bereichen Islamismus (vier Fälle), Terror (ein Fall), Gefährdung (ein Fall) und »Reichsbürgerbewegung« (drei Fälle) vor, heißt es in der Antwort. Zu zwei weiteren Fällen habe man keine Erkenntnisse. Ein Jobcenter im Saarland habe seine Mitarbeiter informiert, wie sie mögliche Hinweise weiterleiten könnten. Jelpke kritisierte: »Mitarbeiter von Jobcentern dürfen nicht als verlängerter Arm des Verfassungsschutzes missbraucht werden.«(dpa/jW)

 

Die von Ulla Jelpke geschilderte Vorgehensweise der Arbeitsämter, Arbeitsagenturen, Jobcenter gab es auch nicht erst im „Deutschen Herbst“ der 70er. Bereits im Vorfeld der Widerstandsaktionen gegen die Notstandsgesetze wurden je nach Besetzung der Ämter mit NS-Gesetzbefürwortern oder -Gegnern dort bei der Arbeitsvermittlung Informationen sowohl an/vom Verfassungsschutz als auch an die/ von den Unternehmen weitergegeben/ aufgenommen (oder nicht): Kündigungsgründe beim vorhergehenden Arbeitsverhältnis, Teilnahme an Streiks als Streikposten und als Streikleitungsmitglieder, Teilnahme an Demonstrationen gegen die NS-Gesetze, gegen den Vietnamkrieg, gegen die Atombewaffnung.

Besonders intensiv war diese Kooperation in den End40er und Anfangs50ern in der Vorbereitung des FDJ-Verbotes 1951 bis zum KPD-Verbot 1956. teinahme an Unterschriftensammlungen gegegn die teilung Deutschlands, Teilnahme an der Oragnisation der „Hungerzüge“  mit vom Hunger bedrohten Kindern aus den westlichen Industriezenztren in die Ex-„Kornkammern des Reiches“, die alle in der SBZ lagen. Demonstratioenne gegen die Wiederbewaffnung …  Aber auch da war das nichts Neues.

 

In der Weimarer Republik wurden die Arbeitslosenausschüsse in den 20er bis in die 30er Jahren politisch-polizeilich bekämpft – in Zusammenarbeit mit SA-Schlägertrupps. Die Abwehr dieser Schlägertrupps wurde dann als Widerstand gegen die Staatsgewalt mit drastsichen Geld- & Gefängnisstrafen geahndet. Bei der Bekämpfung der Arbeitslosenausschüsse, die in der Regel kommunistisch-linkssozialdemokratisch orientiert waren, wurden die Arbeitsämter miteinbezogen: Stütze und selbst das allerletzte , die Wohlfahrtsalmosen erhielt man nur, wenn man sich am „freiwilligen Arbeitsdienst“ gegen „Kost & Logi“ in Arbeitslagern beteiligte bei Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen – so bei den Ausgrabungen am hessischen Keltenfürstensitz „Glauberg“ 1932, wo die Ausgräber u.a. vom Arbeitslager „Herrnhaag“ zum „freiwilligen Einsatz“ frühmorgens abmarschierten oder mit LKWs abtransportiert wurden. In den sozialdemokratisch regierten Großstädten wurden dies  Einsätze beim Ausbau von Häfen (Hanau), beim Bau von Sportstadien (Michelstadt im Odenwald/das Heinrich-Ritzel-Stadion, das später von den NAZIS in Waldstadion umgetauft wurde, weil Heinrich Ritzel SPD-Bürgermeister und später Regierungspräsident in Gießen war). Wer sich weigerte, dem wurden die Stütze und letztlich auch die Wohlfahrtsalmosen gekürzt oder ganz gestrichen. Auch die Gemeinden waren wegen ihrer Verschuldung nicht mehr in der Lage, diese Arbeitslosen zu unterstützen und zum Teil deshalb froh, dass es die Arbeitslager gab. Im Falle des oberhessischen Dorfes Mittel-Gründau bat der „von Kommunisten gereinigte Gemeinderat“ dann nach der Machtübergabe an die NSDAP das Landratsamt um Steuerbefreiung, Steuerminderung mit dem Hinweis darauf, dass man doch „das Arbeitslager Herrnhaag seit Langem unterstützt.“ Vor der „Machtübergabe“ wurden Wohlfahrtsempfänger nur dann über die Verhunger-Almosen der Wohlfahrt hinaus monatlich mit 10 bis 15 Reichsmark pro Familie unterstützt, wenn sie im Gemeindesteinbruch arbeiteten.

Die „Roten Listen“ aufbegehrender Arbeitsloser“ wurden in schöner Kooperation mit  den von der SA mit Listen belieferten Unternehmer erstellt. Diese Listen stammten hauptsächlich aus der Überwaxchung der Wahllokale bei der Volksabstimmun über die entschädigungslose Enteignung des deutschen Hoch-Adels 1926, die von der SA überwacht wurde auf „Befehl“ Hindenburgs: jeder, der an der Volksabstimmung teilnahm- unabhängig von seinem Votum, wurde registriert ud mit Arbeitsplatz und Wohnungsverlust bedroht.  „Wenn wir drankommen, holen wir euch!“  Diese Versprechen hat die SA dann 1933 auch wahr gemacht. Zuvor dienten diese Listen jedoch schon in vielen Arbeitsämtern als Leitfaden für die Arbeitsvermittlung wie als Säuberungsvorlagen für die Unternehmen.

Inwieweit in den Arbeitsämtern die vom ADGB mit-gestellten und in der Regel eher rechts-sozialdemokratisch bestimmten Arbeitsamts-Leitungen dabei eine Rolle spielten, konnte ich noch nicht abschließend klären. Als sicher kann jedoch gelten, dass die Mitgliedschaft in den KPD-Linkssozialdemokratisch orientierten Arbeitslosen-Ausschüssen und in der Revolutionären Gewerkschafts-Opposition, der RGO zumindest nicht sonderlich förderlich war bei der Suche der Arbeitsämter nach Arbeitsplätzen.

Quellen: Gemeinde-Archiv der Gemeinde Gründau,

Niedersächsisches Staatsarchiv, Akten des KZ-Börgermoor., Hessischs Staatsarchiv Darmstadt, Universitätsbibliothek TU Darmstadt

 

 

 

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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