GEBRAUCHTE TEXTE & FOTO-COLLAGEN gegen die Kriege nach Innen & nach Außen
Gebrauchte Lieder von 1968 bis 1998 , Moritaten, Bänkellieder, Agit-Prop-Songs, Kinderlieder. durchgedrehte Soldatenlieder, Kinderlieder für Erwachsene Geschichten zu ihrer Entstehung, vorgetragen zur Klampfe, diesmal leider ohne den ensemble modern Saxophonisten Wolfgang Stryi, weil der am 9. Oktober 98 entweder in Tokio oder in Oslo oder in Rio oder sonstwo spielt. Plakate, Collagen, Zeichnungen im Hintergrund zum Hintergrund der Lieder, unvertonte Texte.
Zur Wiederaufführung nach 32 Jahren kommt u.a. die Vertonung von Ausschnitten des Handbuchs zur Einzelkämpferausbildung bei der Bundeswehr von 1966, ein urzkapitel über Militärseelsorge und andere verbotene Lieder.
Achtung! Europäische Erstaufführung
„The whole world is watching“
Orgatorium für Sprechbariton und ein Blasinstrument zu Ehren des Präsidenten der Vereinigten Staaten von Amerika. Nach dem durchschlagenden Erfolg bei der fast gleichzeitigen Uraufführung in Kabul und Daressalam ist dieses Erstschlagsorgatorium jetzt auch in Europa zu hören.
Da die Lieder nicht im stillen Kämmerlein entstanden und auch nicht bei Kammermusikabenden uraufgeführt wurden, sind Zwischenrufe, Zwischenfragen, Kommentare, Beifallsbekundungen, sowie Buhrufe und andere Unmutsäußerungen auch während des Vortrags durchaus erwünscht.
Sollte jemand Lust haben sich musikalisch oder literarisch einzumischen, ist seitens des Vortragenden auch dagegen nichts einzuwenden.
The whole world is watching
(The whole world is watching, skandierten die Studenten der Berkeley-University, als sie 1968 bei der großen Demonstration gegen den Vietnamkrieg vor dem Kongress der Demokratischen Partei demonstrierten und unter klaufenden Kameras aller großen Fernsehanstalten von der Nationalgarde niedergeknüppelt wurden. Bill Clinton war zumindest am Rande unter den Studenten. Seymour Hersh hatte gerade die Watergate-Papiere veröffentlicht und den Pulitzerpreis erhält er wenig später dafür.
(Dass er jetzt 2017 enthüllt, dass Killary Clinton die Giftgasangriffe auf syrische Zivilisten hat organisieren lassen durch ihre CIA-geführten Dschihadisten, will im Mainstream niemand berichten. Die jetzt wieder drog´henden Giftgasangriffe werden von ihrem Nachfolger organisiert, um für die US-Army und das französische Macronat die Rote Linie verletzt zu sehen und so „humanitär“ losbomben zu können und Assad so wie Gaddafi zu entsorgen. HaBE 2918) )
The whole world is watching,
(so könnte Bill Clinton heute wieder skandieren)
Der Präsident kam schnell
und cnn war mit dabei
als er sein
Ding zum
Abschuß
frei
aus seiner
Hose nahm
und kam
diesmal
nicht
mit Pauken und Trompeten
ein Quicky wars
mit Überschall
mit Bomben und Raketen
the whole world is
watching
der Beifall braust durch’s
Internet Aischa liegt
verzückt zerstückelt
in Daresalam
beim Höhepunkt hat sie’s
zerfetzt auf ihrem
aufgerissnen Kleid
die Spuren
einer Spermienexplosion
und als der Bill gleich
nochmal kam hielt es ihn
nicht auf seinem Stuhl er
nahm die Fatma in Kabul
beim Beten ihrer Suren
was jetzt auf ihrem
Schleier klebt das ist
Bill Clintons Samen
ein one night stand
mit aller Macht
und alle Welt
ist mit dabei
dicht unterm
Nabel
per Satelit
und Kabel und
hält
dem Bill die
Stange, den
Daumen, den
Rücken und
die Brüste
frei und
abends bei
der Beichte lacht
die Welt der wahren
Männer Wettkampf
übern Monitor
Schwänze auf dem
Scanner Gürtel
fallen,
Reißverschlüsse
platzen aus den
Nähten Machtgelüste
Machtgenüsse,
Phallusküsse Open Air
für jeden,
der auch mal sein
will
wie der Bill
Fatmas Schleier
leuchtet rot Bill
traf voll ins
schwarze leider ist
die Fatma tot leider
fehlt die linke Brust
doch auch die rechte
Warze bringt dem
Präsidenten Lust und
den Hormonhaushalt
ins Lot
Bills Ding war eine
Cruse missile Die
Airforce one
ist wieder geil
zum Glück ist Aischa
wieder Heil zum Teil
zur Not
Wie sprach doch gleich
der liebe Gott
Macht euch die Erde
Untertan fickt sie in
Grund und Boden solange
sie noch zuckt und
stöhnt
und ihren
Herrn
per life-TV
im Weißen Haus
verwöhnt stoß
zu mit aller
Kraft mit
deinem Schaft
dein ganzes Arsenal
aus deinem
prallgefüllten Hoden
spritzt über diesen
blauen Ball aus deinen
vielen Phallus Köpfen
besprengst du – ums
Verrecken die letzten
weißen
mit deinen
Flecken
wer sich nicht
hingibt wers
dir nicht
besorgt den
holst du dir
ran und holst
für den Fall
der last
satisfaction
die Venus dir
runter per
NASA in action
greifst nach
den Monden der
verschleierten
Luna dein
Space shuttle
sprüht Sonden
und Samen bis
zum Mars
das wars
Fürs erste
Amen
Das wars
with God on
our side noch
lange nicht
der Präsident ist
stets bereit
Der steigende Dollar
unter der Vorhaut weist
Ihm den Kurs zum
Befriedigungsstoß Er fühlt
in der Hand den rasenden
Puls
in der Tasche knapp neben
der Börse und fiebert
schon schäumend
dem countdown entgegen
Bilder, die die Welt
bewegen
der Dow Jones treibt
nach leichter Schwächung
vom Vortag erholt, stabil
und expansiv
den Präsidenten mit seinem
Stab
zum nächsten
belebenden
Erstschlag
Aischa und Fatma
sind Feuer und Flamme
die Erde bebt
und die Nacht wird Taghell
es ist die Erlösung
die Flamme der
Freiheit die ihr
erlebt
Bill Clinton
kommt schnell
&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&
Texte aus den 1990ern:
Der ehemalige französische Präsident und Chef der „Sozialisten“ Mitterand, den Helmut Kohl geküsst hat (ob Bruder- oder Judaskuss ? mer waasesnedd) war Anhänger der Hitler-Kollaborations-Regierung in Vichy unter General Pétain. Als Kolonialminister ab 1947 war er für den Algerienkrieg verantwortlich. Sein Spitzname in Frankreich war in den 50ern schon bis hoch in die 90er „Dieu“. (mehr dazu noch nach dem Gedicht)
Dieu est mort
Gott in Frankreich
ist gestorben
Seine letzte Ruhestätte
hatte er sich schon
als er noch lebte
auf einem Hügel
seines Heimatortes
bauen lassen
nicht etwa
eine schnöde Gruft
ein Mausoleum
wie es Gott gebührt
ein Denkmal
das auf einem Denkmal steht
denn just auf diesem Hügel
befand sich
noch bevor ihn
dieser Gott heimsuchte
eine Kultstätte der Kelten
niemand sollte
jetzt Gott schelten
daß er die Kelten-
Götterstätte
unter sich begrub
der Hügel ist nun
Denkmal drunter
Denkmal drüber
Futsch-
iama und Olymp
zugleich
mehr noch
der Hügel ist jetzt
übergöttlich
denn was sind Nippons
und der Griechen
und der Kelten Götter
gegen diesen einen Gott
Dieu Francois
der über ihnen ruht?
geschrieben 1996 anläßlich der Beerdigung Gottes
Abschiedsgeschenk von Metzger zu Metzger
Wenn
Mon Dieu
der Präsident
vom Thron
Napoleons herab
den Mut
deutscher Soldaten
lobt
und
ihre Vaterlands-
und Menschenliebe
Verbrüderung
ermöglicht
dann
Mon Dieu
weiß er
wovon er spricht
Kaum
war die Grande Nation
befreit
von deutschen Schlächtern
ließ er
zigtausende
Algerierinnen
erschießen
nur weil sie
meinten
die Befreiungsfeiern
gälten auch
für sie
Monsieur
le President
die Blutsverwandtschaft
ist es
die uns eint
die Blutzollunion
das ist der Kern Europas
geschrieben 1995 anläßlich der Feierlichkeiten zum 50. Jahrestag der deutschen Kapitulation, des Bruderkusses zwischen dem deutschem Kanzler und dem französischen Präsidenten.
Sein Spitzname in Frankreich ist „Dieu“.
Seit 1947 bis 57 war der ehemalige Anhänger des Vichy-Regimes als Minister führend mit der Unterdrückung des Algerischen Unabhängigkeitskampfes der FNL befaßt, als Kolonialminister, Innen- und Justizminister. Krönender Abschluß dieses Abschnitts seiner Karriere war 1957 das Todesurteil gegen das FNL- und KPF-Mitglied Fernand Yveton.
Eskalierende Gewalt
Der Aufschrei
der Leistungsbüttel
hallt
durch den Blätterwald
kreischt aus der Röhre
flimmert exotisch
über den Bildschirm
Die Welt geht unter
zumindest aber
ein Weltbild
Ausgerüstet
mit schwersten Waffen
Notenbüchern
Zeugnisformularen
und Bußgeldtournistern
ziehen sie
täglich an die Front
Schulkampf
Schulhöfe
sind
Selektionrampen
geblieben
die deutsche
Industrie Norm
hat sich schon
vor der Schädelform-
vermessung
als viel zu starr
erwiesen
um den Arbeitssklavenmarkt
bedarfsgerecht
und passgenau zu füllen
der Kinderkopf
als Bildungsziel
betrommelfeuert
und behämmert
gedrückt
gepresst
gerichtet
und betrichtert
bis er paßt
Anforderungsprofile
kreischen sich
cd-gesteuert
in der Schuldrehbank
durch Fleisch und Blut
durch Bauch und Herz und Hirn
und Knochenmark
wo gehobelt wird
da fallen Spähne
ohne Handwerk
keine Industrie
das Waffen-High-Tech
braucht das Waffenhandwerk
das Schlachtfeld Schule
braucht den Unteroffizier
den Korpsgeist
und den Standesdünkel
den Fundamentalismus
aus der Mittelschicht
und das Niveau
schulmeisterlicher
Hirne
– im Durchschnitt
einmeterneunundziebzig
plus Ortszulage
über Meeresspiegel-
bestimmt am Horizont
das Ende
der zivilisierten Erdenscheibe
Der Mittelpunkt
des Universums
befindet sich
im Zentrum
eines Kaffeebechers
bisweilen auch
im Strudel
einer Tasse
Hagebuttentee
Das Wohl des Kindes
auf den Lippen
stürzen sich
Battaillone
von Durchgreifkommandos
ins Getümmel
auf dem Schulschlachtfeld
nahkampfgeschulte
Einzelkämpfer
zwischen den Fronten
im Niemandsland
aus harmlosen Instrumenten
werden in ihren Händen
mörderische Waffen
sie töten
mit Blockflöten
selbst die Guittarre
wird zur Knarre
nur wer sich wehrt und sträubt
wer den Befriedungseinsatz stört
wird angeschossen
wahlweise aus-
und eingeschlossen
und betäubt
so gibt es auf dem Schulschlachthof
kein Blutbad mehr und keine Toten
der Schlagstock ist verboten
keine Striemen auf den Pfoten
keine Kopfabnoten
Strafexpeditionen
Standgerichte
erwiesen sich als ungeeignet
den Widerstand
im Niemandsland
zu brechen
Das Lehrerfreicorps
hat gelernt
mit etisch einwandfreien Federstichen
den Gegner zu entwaffnen
Entwicklungsstandsberichte
ersetzen Standgerichte
Entwicklungshilfsaktionen
statt Strafexpeditionen
Beratung gibt es
statt Verhöre
statt Spionage
Hausbesuche
Arrest wird zum
sozialen Training
und Straf- und Zwangsarbeit
zum Förderkurs
&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&
Uns hat ja niemand was erzählt
Frag alte Überlebens-
künstler,
juden,
kommunisten,
schwule,
zeugen Jehovas,
und zigeuner
nach 33 über 45
bis in die 1956
die meisten werden
dir sehr leidensweise
und endlich viel
vorschweigen
schon unsre Eltern
und die Großeltern
hatten vergeblich
versucht,
sie zum Reden zu bringen
geschrieben 1995 nach der Suche nach Zeitzeugen des Widerstandes in Hanau. Gefunden habe ich einige. Aber sie haben geschwiegen, aus Angst vor der Marienstraße. Im ehemaligen Polizeipräsidium und Polizeigefängnis am Fronhof waren sie im Dritten Reich gefoltert worden. 1956 wurden sie dort wieder eingeliefert und zusammengeschlagen und, was noch wirksamer war, mit dem Entzug der Renten bedroht. „Über dem Eingang thront heute noch der Geier. Das Hakenkreuz haben sie aus dem Ring geschlagen, den er in den Krallen hält. Doch durch das Loch weht immer noch der alte Geist.“, sagte mir einer, der 33,45,56 überlebt hat, als dort noch die Polizeizentrale war.
Heute beherbergt diese Stätte das Staatliche Schulamt. Welche Gefühle müssen z.B. Sinti- und Roma-Eltern und -Großeltern haben, wenn ihre Kinder und Enkel dort zum Schulpsychologischen Dienst bestellt werden?
Reportage
live von den Gedenkfeierlichkeiten
Das Musikcorps
der Bundeswehr
spielt einen Trauermarsch
die in moll gehaltene Version
von Heil Dir im Siegerkranz
Birkenau
in frischem Grün
vom Rednerpult
aus
ziehen
ungehindert
überwintert
schlachterprobt rüstige
Veteranen mit
tarnkappenverdeckten Halbglatzen
und ihren dicken Kindern
und feisten Enkeln
zum
Schluß Striche
um die
schön drapierten
Opferzeugen
wieder umringt
und sprachlos
von Staatsorganen
selektiert
zum Absolutions-
appell angetreten
Die Massengräber
sind geschmückt
mit Lorbeer-
und mit Feigenblättern
die sich am Ende
dieses Trauerjubels
noch für Siegerkränze eignen
Geschrieben 1995 zum Jahrestag der Befreiung Birkenaus, nachdem bei den Gedenkfeierlichkeiten nur staatlich ausgewählte Opfer und Opfer-Organisationen zugelassen wurden.
Bummsfallera
Der Bahnhofsmetzger
erdolcht
mit seinem Zweispitz
eine Hachse
nach der anderen
und starrt
mit glasig dicken Augen
schweißtriefend
vor sich auf die
fleischfressende Schlange
der gegrillte Schweinebauch
verschmilzt
mit seinem
„Bitte, ein Rindswurst“
zwei fragende
Mandelaugen
blicken schüchtern
knapp über die Theke
„Hier esse oder mitnemme?!“
Der Siamese
geht vor
drei bewaffneten Zentnern
in Deckung
und schüttelt verängstigt
den Kopf
„Mit ein Brötchen, bitte.“
„Des werd immer
schlimmer
mit denne Törke!“
röhrt der Hacksentöter
in die Bahnhofshalle
Zwei sich kreuzende Mißverständnisse!?
wohl kaum
wenn der Metzger
nach Bangkok
zum Bummsen fliegt
reicht es
wenn er sein Fleisch
auf Deutsch bestellt
und um die Frage
zu entscheiden
„Hier esse oder mitnemme?“
muß er nicht
Siamesisch sprechen
Pendlertext von 1991
Mein Lieblingsjunkie vom Bahnsteig 7
Mein Lieblingsjunkie
vom Bahnsteig sieben
kommt täglich
weinend auf mich zu
die Mutter ist
in dieser Woche
beim Sturz in
seine flashgerissene
Gedächtnislücke
schon zum siebten mal
verstorben
die Fahrkarte
zum siebten mal
gestohlen
und er kommt heute
zum siebten mal
in dieser Woche
nicht pünktlich
zur Beerdigung
neben mir
zahlt mit
verdrängtem Schuldgefühl
jemand zwei Promille
für den nächsten Schuß
Schluß
(Dieses Gedicht hat Rolf Becker bei der Rettungs-Gala auf der Reeperbahn zur Rettung des FIX-Stern vorgetragen, weil ich wegen einer Mixtur aus beruflicher und gesundheitlicher Ver- & Behinderung nicht nach Hamburg fahren konnte. Lieber Rolf, dafür danke ich Dir auch noch 28 Jahre danach unendlich)
Pendlertext von 1991
Frühling in Prag (1995)
Vorbemerkung (Januar 1996): der Prager Frühling hatte für mich langewährende Folgen. Seit 1968/69 war ich im Bereich des „realen Sozialismus“ Persona non grata, durfte als einziges Mitglied des Bundesvorstandskollektivs der Unabhängigen und sozialistischen Schüler der BRD (AUSS) an den Weltjugendfestspielen in Bukarest nicht teilnehmen und hatte bis kurz vor der „Wende“ Einreiseverbot in die DDR. Der Grund: ich hatte bei einem Kongress in Frankfurt eine Rede gegen den Einmarsch der Warschauer-Pakt-Truppen in die CSSR gehalten und eine Demonstration vor der Sowjetischen Militärmission in Frankfurt mitinitiiert. Ein heute in Frankfurt als Lokalpolitiker brillierender „Linker“ hatte daraufhin meine Abwahl aus dem Vorstand gefordert, weil ich ein „Antikommunist“ sei. Auch die Organisatoren der Weltjugendfestspiele haben mich etwas später als „antkommunistisch“ eingestuft und dies in ihrer Ein- bzw. Ausladung dem AUSS-Bundesvorstand mitgeteilt. Die anderen Vorstandsmitglieder wollten die Reise nach Rumänien nicht meinetwegen platzen lassen. Zu ihrer Ehrenrettung ist anzumerken, daß sie in Bukarest (oder war es Sofia und Bulgarien?) zusammen mit anderen Delegationen zwar nicht gegen den Einmarsch der „Bruderarmeen“ in die CSSR protestierten aber immerhin eine Demonstration gegen den Vietnamkrieg vor der US-Botschaft organisierten. Diese Demonstration wurde mit härtestem Schlagstockeinsatz unter rythmischen „Druschba“-(Freundschaft-) Rufen durch die Securitate aufgelöst.
Dem Prager Frühling folgte ein harter Winter, damals.
Heute ,nach 25 Jahren, folgt dem zweiten Prager Frühling wieder ein unerbittlicher Winter. Nur der wird wohl noch länger dauern als der erste.
Und wieder sind eiskalte Deutsche mit dabei, Tschechische Blütenträume einzufrieren. Der dritte deutsche Einmarsch. Kein Wunder, wenn sich Tschechen an den Punkten, wo sie noch etwas zu sagen haben, nicht von einem Deutschen dirigieren lassen wollen.
Frühling in Prag (Zweiter Frühling, dritter Einmarsch)
Nach fünfzig Jahren
haben die ehemaligen
Herrmann Göring Werke
endlich wieder
deutsche Namen
vorläufig
oder vorsichtigerweise
nur oder noch
im Untertitel
Siemens – Volkswagen
statt volkseigen Tatra – Skoda
der Endsieg in Etappen
mit Sekt & Soda
statt Gestapo
ein Goetheinstitut
statt Heydrichs
Waffen-SS-Regiment
deutsches Management
im Hradschin
Budweiser Binding
Pilsner Jever
Die Mark gewährt
der tschechischen Krone
Bewährung
bricht ihr zuvor
die schönsten Zacken aus
Die Produktion
läuft blendend
wenn Zwangsarbeiter-
Kindeskinder
jetzt für echtes Geld
VW-Motoren in die Skodahüllen
setzen oder umgekehrt
Das Mahnmal
an den Tatra-Werken
mit den Namen
der erschossnen
Göring-Sklaven
wird erhalten bleiben
Es hat ja wieder
einen Sinn
sollte dieses Volk es wagen
sich gegen neues Glück
zu wehren
ist vorgesorgt:
die Schwarzen Sheriffs
sind von deutschen
Spezialisten ausgebildet
–
und die Tschechen haben
aus Erfahrung
ungeheueren Respekt
vor schwarzen Uniformen
Böhmen und Mähren
sprach der Herr
heißt nehmen und mehren
nur der jüdische Friedhof
sei
so hat man mir gesagt
noch nicht in deutscher
oder sonst westlicher
Hand
Goldenes Prag!
im Hotel Europa
doziert
ein Wiener Immobilienhändler
vor seinen Kaffeesahne
apportierend durchgestylten
Tschecho-Stellvertretern
über Marktwirtschaft
und Mäzenatentum
das Reichsprotektorat
hat ausgedient
Es lebe die Prokura!
Vor zweiundfünfzig Jahren
knallten
an dem gleichen Tisch
die Schampuskorken
und die frischgewichsten
Saalschutzstiefel
wenn der Reichrundfunk
mitten rein in die Boheme
Stehgeigen-Tanzmusik umspült
vom heißen Blut
der handverlesenen Zigeuner
mit Siegesmeldungen
von der Ost-West-Nord- und Südfront
die Jugendstil-Leuchter
zerbrüllte
Sieg!
Heil
sind sie geblieben
Nur gut so
Kulturgut wo
du hinsiehst
für wen?
Habenichtse haben nichts
zu finden und zu suchen
wenn sie auf dem Weg
zur Arbeits-
suche oder-losigkeit
das Brunch-Buffet
im nobelen Cafe Paris
um zehnuhrdreißig
vom Trottior aus
bestaunen dürfen
mit cappuccinoschlürfen
den Touristen
Bankern, bodyguardbestückten
Spätaufstehern
vom Nadelstreifen
bis zum offnen Jogging-Dress
durch bleiverglaste
Fenster im Parterre
partout
Café Paris
pour tout?
Habenichtse haben nichts
zu finden und zu suchen
Schlawiner werden
abgeschoben nach
Schlovenien, Schlovakien
Schlavonien
in die Gosse
die Abwasserrinnen
neben dem Bürgersteig
vor der europäischen
Gemeinschaftsstaatsschutzmauer
Und auf der Rückfahrt
wenn der EuroCity
leider noch bestückt
mit tschechischsprechendem
Bedienungspersonal
bei Marktredwitz
die Grenze passiert
durch flurbereinigt
blitzblanke bayrische
Dörfer braust
und hält
dann riechts
nach Angstschweiß
Herzklopfen
bis in die Augenbrauen
Paßkontrolle
Wehe den schwarz
behaarten underdressten
nur wenig deutsche
Brocken stotternden
Ihren Ausweis bitte!
Ariernachweis!
verstehe ich fälschlicherweise
fälschungssichere Ausweise
aber bitte
ich bin blond
groß und einigermaßen
sicher
Flüchtlingsgesicherte Ausreise
Wer sich nicht ausweisen kann
wird ausgewiesen
festgenommen, abgeschoben
Fünfzig Jahre danach
Fünfundfünfzig Jahre danach
deutsche Schäferhunde
lechzen
Maschinenpistolen
im Anschlag
wehe dem der auf die
Gleise springt und
flüchtet
Und warum spreche ich
so selbstverständlich
Deutsch in Tschechien
und zücke nie ein Wörterbuch?
Steckt mir als Erbe der Besatzer
das immer wiederkehrende Motiv
des Bayrischen Defilier-
und Füselier-Einmarsches
noch tief im Knochenmark?
Beim Wiederanfahrn schwappt der Kaffee aus meiner Tasse.
Die Trasse läßt jetzt Höchstgeschwindigkeiten zu. Das Team der Deutschen Bahn AG heißt mich willkommen.
Und reißt mich aus dem Grübeln
in den Westen
&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&
Some Oil Yeah (I)
Somalia
ist der von Eingeborenen
verballhornte
Ausruf
italienisch-französisch-kanadisch-
deutsch-amerikanischer
Entdecker
als sie
an dem
bis dahin unberührten
Horn von Afrika
mit einer Uno-Schutztruppe
landeten
„Some Oil Yeah!“
Somalia
hat viele Namen
Some Oil Yeah
Tamolio
Aggipalia
Aralia
BePelia
Essolio
Exxonalia
Texacolia
Shellalia
elfalia
Dealia
Vebalia
Finalia
Somalia
geschrieben 1993/94 – während des gigantischen humanitären Militäreinsatzes im Rahmen der UN-Friedensmission mit seitenlangen Artikeln zur Befindlichkeit der Hilfstruppen berichteten die FR und der Spiegel in einer Zehnzeilenmeldung über die riesigen Ölvorkommen unter dem Festlandsockel vor der Küste Somalias.
Some Oil Yeah (II)
Als Ex-Diktator
Siman Barre
noch Kaiser
von Some Oil Yeah war
hat jeder Energiekonzern
Texaco-Exxon-Veba-Oil
ihm durch Vertreter
der Regierung
beim Hauptsitz
jeder Company
die Präsidentengarde
die Miliz
Armee und Polizei
entwicklungshelfend
rüsten lassen
da ward und wird
aus einem
rechten Menschenschlächter
im Munde Kinkelgenschers noch
ein garnicht
schlechter Menschenrechtler
wenn er im Tausch
für Killer-Hightech
dritter Wahl
und GSG-Expeditionen
am Airport Mogadischu
das Menschenrecht
auf Zugriff
nach den Ölvorkommen
garantiert
Ordnung und Sicherheit
herrscht jetzt am Horn
von Afrika
und muß erhalten bleiben auch
nach Simons Sturz
durch seine Generäle
die selbst in den Genuß
der harten Auslandswährung
kommen wollten
Stellt sich die Frage
ob ab heute
dreimal Barre
bezahlt wird
ob man
den einen stürzt
und zwei
zu Bandenchefs erklärt
die man einst selbst erst
ausgebildet
mit Foltertechnik
ausgerüstet
und dann in Spitzenstellungen
befördert hat
und dem Wahlvolk
daheim vor der Röhre
ergriffen blickend
dementiert
es ginge um die Menschen-
nicht um Ölbohr-Rechte
sofern die freie Presse
Interesse hatte
anders
zu berichten
und offensichtlich lügt
wer schreibt
daß unsre Pioniere
beim Wasserbrunnen bohren
vor Belethuen
auf Öl gestoßen wären
Gleichgültig
ob da einer stürzt
den man dem Vortrupp
hinterher
vorläufig
vergeblich
in die Wüste schickte
der sich um deutsche
Öl-Intressen
vielleicht ganz ohne es zu wissen
am falschen Ort
im Hinterland
da gibts nur Sand
das Öl liegt an der Küste
viel Mühe gab
und Rühe nannte
und dessen
frühe Variante
in etwa so
zu schildern wäre:
der Kaiser kommt
nach Lüderitz
es gilt die Buren
zu beschützen
und die Hereros
zu befrieden
Gleichgültig
ob ein Kaiser stürzt
und ein Minister
in der Wüste strauchelt
der nächste wird
die Wüstefüchse
weiter Menschenrechte
exerzieren lassen
damit wir keine Unze Gold
und kein Gramm Kohle
Uranerz oder Öl verlieren
Kanonenboote
werden zu Fregatten
von Agadir nach Lüderitz
El Alamein läßt grüßen
von Zagreb bis nach
Belethuen
Die Farce wird tragisch
neubesetzt
zum Pleiten-Pech-und-Pannen-Witz
die Rückzugsoperette
bleibt mangels
einer Dolchstoßneuauflage
ein Mordsspektakel
ohne deutsche Tote
und der Bereitschaftsdienst
der Fürsorge
für Kriegergräber
wurde
zapfenstreichgewürdigt
abgeblasen
Der Stern von Bethlehem
zog einst drei Weise
aus dem Morgenland
in diese Nato-out-off-Area
die Großregion
vom Roten Meer
bis hoch nach Kurdistan
Der Stern von Belethuen
weist nicht auf einen
Halbverhungerten
im Vorstadtslum
Er weist den Weg
den Ölbohrtrupps
den abendländischen
die schlecht getarnt
und gut geschützt
mit UNO-Flaggen
und wenns ernst wird
mit Hungerleider-UNO-Truppen
das Inland
und den Festlandsockel
nach Quellen
schwarzen Goldes
explorieren
Und jetzt wird klar
warum der Bau
nur eines Wasserbrunnens
durch die Bundeswehr
das hundertfache
kosten durfte
von dem
was hundert kleine
Krankenhäuser
um Belethuen
gekostet hätten
Der Kaiser inspiziert
die Truppen
in Lüderitz
die Kaiserin verteilt
mit Charme
und Mutterwitz
Pulswärmer
von der Frauenhilfe
handgestrickt
an unterworfne
Hottentotten
Die Käppis
unsrer neuen Wüstenfüchse
sehen nicht
von ungefähr
so aus
wie Lettow-Vorbecks
Kopfbedeckung
und Rommels
legendärer Krempenhut
Der nächste Ausflug
wird kein Rückzug
der nächste
muß sich
nicht nur hinter
den Kulissen
sondern volksnah
vor der Röhre
rechnen
mit Zustrom
an die Urnen und die Waffen
voll ins Schwarze treffen
geschrieben 1993/94, auf jeden Fall direkt nach den Fernsehbildern vom schönen dicken Stolper-Volker-Mühe-Rühe bei den Sandkastenspielen vor Belethuen
ÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖÖ
Historikerstreit
Wer hat dich
oh Buchenwald
hingestellt so hoch
dort oben
Gelehrte
legen
telegen
die Stirn
in Falten
Die Klärung
dieser
schicksalshaften
Frage
ist trotz
Millionen
Investitionen
im neuen Hause
der Geschichte
kaum zu bewältigen
Die Forschung
fiebert
in der neuen
Reichshauptstadt
und liefert
erste
Zwischenberichte
Unbestreitbar
steht bis jetzt
nur fest
daß es Buchenwald
gegeben hat
geschrieben 1995
Soldaten – Rat
Nicht nur
die Brüder
und die Schwestern
von Gestern
sollten vorsorglich
auch heute
Schießbefehle
lieber
nicht
befolgen
denn
es ist nicht auszuschließen
daß sie sonst gehorsam
morgen schon
unter Mordanklage
stehen
der Infratotschlag
am Bundesgrenzschutzwall
vom Hochsicherheitsbesitzschießstand
herab
könnte einst
geahndet werden
West-Europas
Mauerschützen
müßten dann
in Bautzen
oder Landshut
sitzen
hinter schützenden Mauern
Die Schreibtischwiederholungstöter
müßten
als Bewährungsstrafe
dafür sorgen
daß alle
jetzt verfolgten Grenzer
reingelassen werden
wenn sie Asyl suchen
vor dem Zorn
ihrer Opfer
das wäre ein Grenzfall
geschrieben 1993/94 anläßlich der Mauerschützenprozesse und der Sicherung der Ostgrenzen durch BGS-Einheiten, die nachts mit Hilfe von Infrarotgeräten Jagd auf Flüchtlinge machen.
Einmischung
Nähmen wir
einmal an
es handele sich
um eine innerjugoslawische
Angelegenheit
wenn kroatische Ustascha-Faschisten
und ihr fanatisierter Anhang
unter Leitung Tujmans
und anderer kroatischer Mafiosi
mit dem Segen des Vatikans
Serben, Bosnier gleich welcher Konfession
niedermetzeln, foltern, vergewaltigen
um Land und Macht dort
zu gewinnen
und die Vormacht an der Adria
Nähmen wir
einmal an
es handele sich
um eine innerjugoslawische
Angelegenheit
wenn serbische Tschetnik-Nationalisten
und ihr fanatisierter Anhang
unter Leitung Milosevics
und langgedienter exilserbischer Fremdenlegionäre
mit dem Segen der serbisch orthodoxen Kirche
Kroaten, Bosnier, Kosovo-Albaner
und Montenegriner
abschlachten, foltern, vergewaltigen
um Land und Macht dort
zugewinnen
und Zugang zur
und Vormacht an der Adria
Wer sagt da noch
wir dürften uns
nicht einmischen?
Wir haben uns
nicht eingemischt
als Großdeutschland
die Tschechoslowakei
Stück für Stück
besetzte, anektierte
und als die Wehrmacht
Polen überfiel
da war es schon
zu spät
um sich
dagegen
einzumischen
Wer sagt
daß Partisanen
Saboteure
Attentäter
in Prag
in Warschau
Terroristen waren
die man
nicht unterstützen durfte?
Die Bolschewiki
waren Terroristen
und sie zu unterstützen
war als Hochverrat verboten
bis sie der höchste Verbieter
Willem Zwo
selbst
unterstützte
An die Macht gekommen
boten ihnen
deutsche Außenminister
die Elektifizierung ihres
sogenannten Terrorstaates an
Und heute
verkaufen sie
Kernkraftwerke
Waffenfabriken
und sonstige Gemischtwaren
an jeden Staatsterroristen
von Jelzin
bis zum Ajatollah
Nähmen wir an
es wäre eine
innerchinesische
Angelegenheit
wenn Millionen Tibeterinnen
in ihrem Irrglauben
ein eigenes Volk zu sein
durch chinesische Rotarmisten
mit Hilfe von Gewehrläufen
und Bajonetten
umerzogen würden
und ihr separatistisches Oberhaupt
und seine Parteigänger
als terroristische Staatsfeinde
verfolgt würden
und die Tibeterinnen
hätten eine Befreiungsarmee
und auch die Volkswagenwerke
in der Volksrepublik
die Kübelwagen für die Rote Armee
herstellen
würden von der Tibetischen Arbeiterpartei
durch Sabotageakte
lahmgelegt
das wäre fast
wie Kurdistan
Aber Tibeterinnen
sind geduldig
stören nur wenig
bei der Eroberung
des chinesischen Marktes
im Wettlauf
mit Japan.Korea
und den USA
Der Dalai Lama
ist im Exil
noch unendlicher
geduldiger
Der großdeutsche
Kerneuropa mitführende
Außenminister
ein feiner Pinkel
im Nadelstreifen
darf getrost und ungestraft
den ihm gebotenen
Freundschaftsschal
zerkrumpeln
wie ein gebrauchtes
Tempo-Taschentuch
Menschenrechte
auf Klopapierrollen
können bei großen Geschäften
verlesen werden
Wisch und weg
so kommt VW vom Fleck
und Milliarden Chinesen
und Bergchinesen
– wie die angeblichen Tibeter
wirklich heißen –
bekommen die Freiheit
als Abenteuer
durch Handel und Wandel
vom Fahrrad-
in den Autostau
(und etwas Dezimierung
der Uberschußbevölkerung
muß endlich auch mal sein)
Daß das urdeutsche
VW-Werk Wolfsburg
durch Mussolinis
Zwangsarbeitsbrigaden
erbaut wurde
sei nur nebenbei bemerkt
Wie begeistert
werden erst
chinesische Ameisenkolonnen
solche Werke
in China errichten
Was haben sie geschrien
nach Einmischung in
innerirakische Angelegenheiten
als Saddam Hussein
die Niederlassung der Bank
von England
namens Kuwait
überfiel
aber keinen Finger gerührt
als Hussein zuvor
die Kurden in der
Ölprovinz Mosul
mit deutschem Giftgas
deutschen Raketen
deutschen Hubschraubern
versuchte auszugasen
und dem damals noch
so alliierten Absolventen
der Militärakademie Westpoint
und Oxfordzögling
boten sie auch
jedes High-Tech-Killer-Modul
sicher ist sicher
der Kurdenwegwischer
von Bosch
und von Weizäcker
für etwas Zugang
zum Öl von Mozul
Und jetzt wollen sie
mit der Baghdad-Bahn
von Norden
nach dem großen Morden
in Kurdistan
auch mit deutschen Waffen
nicht nur zum Öl
auch den Landweg schaffen
den sicheren in den Iran
den riesigen Markt im
vorderen Orient
wo sie kein Konkurrent
Mayor-Clinton-Jaques Chirac
daran hindern kann
Irak
Iran
gerade so wie Pakistan
mit Bombenstoff
und Kernkraftwerken
zu nuklearen Zwergen
aufzupäppeln
und sie am
Tritium-Tropf zu halten
Nach uns die Sintflut
wenn wirs nicht tun
dann macht es der Japaner
der Koreaner
der Amerikaner
ja vielleicht einmal
auch der Chinese
Und so und so
was wollen und was
können denn
die Kurden mit dem Öl
und alledem
Und ob es
überhaupt
die Kurden gibt?
letztendlich sind sie
doch nur eine Legende
die einer brauchte
um ein Buch zu schreiben
für heimliche Träumer
Aussteiger und Abenteurer
Karl May
Durchs wilde Kurdistan
Geschrieben 1993/94
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Zur Tagesordnung
Die Päckchen
sind verschickt
die Knochenmarkrationen
sind gespendet
die ausgewählte Leukämie
kriegt Chemotherapie
schnuppert Höhenluft
im Schwarzwald
und inhaliert
jodierte Brisen
an Nord- und Ostsee
der Rest glaubt
an die Heilkraft
der Ikonen
der heuchelnde Halbmast
zeigt wieder Flagge
strahlendes Wetter
vereint die Nationen
auf höchster Ebene
gerechte Verteilung
aktiver Ionen
Headline
verwurschtelte
Martyrien
verbleichende
Ladenhüter
die Trauerchöre
haben vor dem Ausklingen
des Requiems
noch vor dem letzten Akt
des Trauerspiels
die Koffer schon gepackt
die Moratoriumsschreie
liegen von uns
aufgenommen
als Konserven
im Archiv
Der nächste Reaktor
geht beben-
bombensicher
berstgeschützt
ans Netz
was dagegen?
die Energie
reicht grade noch
für eine letzte
nur noch eine
zappelnde Bewegung
wir hängen
wie leblos
in den Maschen
gefesselt und gelähmt
von der Hochspannung
vor dem nächsten
GAU
geschrieben 1995/96 zum zehnten Jahrestag von Tschernobyl
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Wie aus dem vorläufigen das endgültige Frankfurter Fronttheater wurde
Fragmente eines großen Lobgesanges auf die Fortentwicklung
der deutschen Friedensbewegung
Jonny
hat es satt
die Klinke
an der Tür zur Macht
zu putzen
sein Palast
für große Tiere
geht jetzt
auf Tournee
eine multinationale
Truppe
– Räumungsware
aus der Ostmark –
auch den Tiger
aus Sibierien
frisch gezähmt
und westgetestet
packt der Jonny
in den Tank
des Kunstgeschwaders
gesponsort
von der Deutschen Bank
Banker durften leider nicht
mit
nach Split
Trauerränder liegen
unter ihren Augen
ob der Friedenssehnsucht
nach verlornen
Rot- und Weißweinstränden
alle in den falschen Händen
deshalb kämpfen Banker mit
halten an der Heimatfront
DAX und Kampfmoral
und Börse fit
stiften eine Extranummer
für die jungen deutschen Helden
des Friedensstreitmachtskontingents:
Jonny reitet
auf dem Leo
wie einst Europa
auf dem Stier
eine Friedensoffensive
zur Rettung
unsres Kontinents
Das Love and Peace-Vorauskommando
ist zum Abflug angetreten
kampfgestählte Pazichristen
zelebrieren an den Pisten
einen Friedensgottesdienst
und Gewaltverzichtspropheten
hört man für die Truppe beten
diesen Einsatz segne Gott
seinen Ausgang gleichermaßen
Generäle und Minister
singen ohne Dissonanzen
alte und ganz neue Lieder
Krieg dem Kriege!
und vom Walddrand
schallt es wieder
Krieg dem Kriege!
Fischerchöre unter Bäumen
die die Startbahn West noch säumen
warten auf das Einsatzzeichen
um dann wie ihr Dirigent
noch das Rollfeld zu erreichen
bevor das Friedenskontingent
den Sanitöterbomber entert
Aber dann wie ein Tornado
vor dem Abflug der Transall
braust ein Lied
wie Donnerhall
aus schwarzrotgoldengrünen Kehlen
deutsche Einheit
deutsche Seelen
deutsche Truppen
deutsche Waffen
auf dem Balkan
Ordnung schaffen
geschrieben 1995/96 kurz vor dem Abflug der ersten deutschen Teilkontingente
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GEB-RAUCH-TE-LIE-DER (2004 kurz vor dem Tod Wolfgang Stryis zusammengestellt. Sie sollten zum Teil auch in das Programm unserer „kisuM & kiryL“-Europa-Tournee eingearbeitet werden. Tournee-Start sollte 2006 Konstanz und Bregenz sein.
Eine Reihe von Liedern aus den 70 & 80ern, Straßenlyrik, Bänkellieder, AgitProp-Songs, die heute zum Teil leider wieder sehr aktuell sind.
Joe Hill
(amerikanischer Originaltext/Musik; Heyes/Robinson)
Meine Übersetzung von 1981,
Joan Baez und Caren Silkwood gewidmet)
Im Traum hab ich Joe Hill gesehn
so wie ich euch jetzt seh
Ich sage: „Joe, du bist doch tot!“
Joe sagt: „Ich sterbe nie!“
Joe sagt: „Ich sterbe nie!“
„Zehn Jahre warns, in Salt Lake, Joe,
da standst du vor Gericht.
Nen Mord ham sie die angehängt,
Gott weiß, du warst es nicht!
Gott weiß, du warst es nicht!
Die Kupferbosse haben, Joe,
dich selber umgebracht
aus Angst vor dir, aus Angst vor uns,
aus Angst um ihre Macht!
Aus Angst um ihre Macht!“
„Der Kugelhagel traf nicht mich,
sie ham es nicht geschafft,
sie trafen meinen Körper nur,
sie trafen nicht die Kraft!
Sie trafen nicht die Kraft!
Die Kraft lebt weiter, hält im Streik
mit Macht die Räder still,
deshalb, wo die Gewerkschaft kämpft,
da findest du Joe Hill!
Da findest du Joe Hill!“
Von San Diego bis nach Maine,
in Bergwerk und Fabrik,
wo Arbeiter nach vorne gehn,
da kommt Joe Hill zurück!
Da kommt Joe Hill zurück!
Wo Arbeiter für Lohn und Recht
den Kampf organisiern,
da ist Joe Hill, du hörst sein Lied
und siehst ihn mitmarschiern!
Und siehst ihn mitmarschiern!
Im Traum hab ich Joe Hill gesehn,
so wie ich euch jetzt seh,
Ich sage: „Joe, du bist doch tot!“
Joe sagt: „Ich sterbe nie!“
Joe sagt: „Ich sterbe nie!“
Am 19 November 1915 wurde Joseph Hillström -wegen eines angeblichen Mordes verurteilt- hingerichtet. So hatten die US-Behörden den ihnen unbequemen Gewerkschaftsführer und Liedermacher ausgeschaltet, der bei den Arbeitern als Joe Hill bekannt war.
Streik-Blues
1976
Zum ersten Streik der GEW, vorgetragen bei der Streikkundgebung in der Wiesbadener Rhein-Main-Halle gegen den Willen des damaligen hessischen GEW-Vorsitzenden Ludwig, der zwei Jahre später zum Regierungspräsidenten in Kassel ernannt wurde. Der Vortrag dieses Liedes wurde trotz des Verbotes (u.a. durch den Bundesvorsitzenden Erich Frister) und der verweigerten Lautsprecheranlage möglich, weil einige hundert Lehrerinnen aus dem Main-Kinzig-Kreis und aus Frankfurt es bei vorbereitenden Versammlungen bereits kräftig geübt hatten und es dann in Wiesbaden gemeinsam mit geballter Wut gegen die Tribüne brüllten.
(Melodie „Kippestecher-Blues“: „Babbe, gugg, do vorne leit e Kibbe….)
In Hamburg haben sich fünf Referendare
ins Fensterkreuz gehängt,
das hat die Zahl der arbeitslosen Lehrer
um ne viertel Promille gesenkt
Wenn zwanzigtausend auf der Straße liegen,
nutzt der Staat die Gelegenheit,
zwingt die Kollegen, die ne Stelle haben
zu unbezahler Mehrarbeit
Refr.: Der Unterricht fällt aus
die Klassen sind zu groß
20 000 Lehrer sind arbeitslos
da hilft kein Strick
kein Verhandlungstrick
Kollegen, da hilft uns nur der Streik
Die Herren von den Parlamentsparteien
erz„hlen uns die Kassen wärn leer
doch wo nehmen sich diese Schmarotzer
ihre fetten Diäten her?
Mit Steuern schröpft der Staat die Löhne
und weil im Sparprogramm fürs Kapital was fehlt,
wird an Krankenhäusern, Kindergärten, Schulen
gespart und keiner eingestellt.
Refr.: Der Unterricht fällt aus..
Um die Schler und die Eltern zu beruhigen
führt der Staat Dreiviertel-Stellen ein
und er stellt dich aus sozialer Verpflichtung
noch vor der Wahl als Billiglehrer ein
Nach der Wahl kriegst du gekündigt
denn du wirst nur provisorisch eingestellt
Wie fordern gleichen Lohn und gleiche Rechte
wir fordern Arbeitslosengeld
Refr.:..
Kollegen, nur mit der Gewerkschaft
und gegen das Beamtenrecht
werden wir das Ziel erreichen
alleine nicht und nicht als Knecht
Wir solln uns gegenseitig unterwürfig prügeln
um die Stellen, um jede Mark
doch der Staat hat sich verrechnet
gemeinsam sind wir stark.
Refr.:…..
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Rag der arbeitslosen Jugendlichen
1974/75/76 ?
(in Anlehnung an die Melodie des AKW-Nein-Rag von Walter Mossmann.
Das Lied ist entstanden während der Besetzung des Maintal-Dörnigheimer Jugendzentrums. Mitgründer der späteren Rockformation „Captain Sperrmüll“, arbeitslose Jugendliche, haben es arrangiert, mit Hilfe der „Beatles-Revival-Band“ eine Studio-Aufnahme produziert und es per MCs und zahlreichen Liveauftritten im Rhein-Main-Gebiet verbreitet. Der Versuch, es über den KBW-eigenen Sendler-Verlag in Mannheim auf Platte zu publizieren, scheiterte. ((KBW = Kommunistischer Bund Westdeutschland, hauptsächlich aus der 68er Studentenbewegung (SDS) hervorgegangene Organisation, die sich als antistalinistisch und volksdemokratsich bezeichnete und sich an den chinesischen Kommunisten orientierte))
Drei Monate nach diesem Versuch erschien im Sendler-Verlag die LP „Drum links“ mit der KBW-Linien-bereinigten Version „Lied der arbeitslosen Jugendlichen“. Text und Melodie:“Drum links“, das war die Vorzeige Musikgruppe der KBW-Zentrale. Ich war stock sauer, und die Youngsters vom JuZ hatten einen unvergesslichen Eindruck, wie Revolutions-Oberlehrer mit ihnen und ihren Initiativen umgehen. Bei der Vertonung des Anti-Franco-Liedes „Weder König, noch Bourgeoisie!“ machten sie mich auf die Zeile aufmerksam: „…da wolln die Herrn Revisionisten den Kampf des Volkes kontrolliern, rechtzeitig sich die Posten sichern überm Volk als neue Herrn!“ – ‚Das wird bei EUCH auch nicht anders und du änderst da auch nichts dran!‘-
Trotzdem ging die politisch-musikalische Zusammenarbeit weiter.
Die Arrangements fast aller folgenden Lieder aus den frühen 70ern habe ich mit den JuZ-Kids gemeinsam erarbeitet.
Im letzten Schuljahr hast du nichts mehr gelernt
„Bei euch ist doch alles zu spät!“
hat der Rektor gesagt und uns so überzeugt,
daá es ohne Abschlußzeugnis geht
Nach der Schule fängt die Große Freiheit an
hast du die vorgestellt
doch diese Freiheit heißt, keine Ausbildung,
keine Arbeit, kein Bock, kein Geld
Refr.: Wir brauchen einen Lehrlingslohn,
von dem man leben kann
und ne Ausbildung, die uns was nützt,
die wir selbst bestimmen, Mann!
und wer von uns keine Arbeit kriegt,
braucht Arbeitslosengeld
den halben Facharbeiterlohn
weil die Hose sonst nicht hält!
Jetzt rennst du täglich zum Arbeitsamt
warst zwei Stunden oder drei
kommst du dran und fragst, sagt der Typ jedesmal:
„Es ist leider keine Stelle frei!“
Mit nem Lehrvertrag ist soundso nichts drin
wenn du Glück hast, kommst du vielleicht
in nen Vorbereitungslehrgang mit nem Hungerlohn
der nicht mal für die Kippen reicht. Refr.:….
Und du liegst deinen Alten auf der Tasche,
da ist schon für die zu wenig drin,
und die Wohnung ist zu eng und du willst endlich raus
und du weißt nicht mal wohin
in den Kneipen wirst du ausgenommen
im Jugendhaus ist nichts los
und hast du irgendwie den Abend rumgebracht
geht der Scheiß am Morgen wieder los Refr.:….
Das geht jetzt schon seit Wochen so
die Rennerei hat dir nichts eingebracht
drei Kumpels von dir hams aufgesteckt
und schon den dritten Bruch gemacht
Beim letzten Mal ham die Bullen sie
beim Ausräumen erwischt
in den Wagen geprügelt, rumgebrüllt:
„Klauen könnt ihr, doch schaffen wollt ihr nicht!“ Refr.:….
Und dann findest du nen Hilfsarbeiterjob
für ein paar lumpige Mark
und die Antreiber stehn hinter dir
und fühlen sich furchtbar stark
Sie drohen dir mit den Arbeitslosen,
die draußen Schlange stehn:
„Wenn der Lohn und das Arbeitstempo dir nicht paßt,
kannst du ja wieder gehn!“ Refr.:……
Zur Berufsschule gehst du auch nicht mehr,
für den Tag bekämst du keinen Lohn
der Unterricht wär auch zum größten Teil
nur Geseich und Religion
Fürs Schwänzen kriegst du nen Bußgeldbescheid
vom Ordnungsamt der Stadt
so zeigt sie dir, daß sie großes Intresse
an deiner Ausbildung hat. Refr.:……
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Zehn Kinder aus dem Kamerun
(1971/72/73?)
(Grüße an die „Toten Hosen“)
Kamerun wird je nach Ort ersetzt durch „Zehntmarkweg“, „Freigericht“, „Lamboystraß'“ …
Kamerun ist ein Teil des Frankfurter Gallusviertels. Zur Jugendarbeit im Kamerun kam ich über die Freundschaft zum Chef einer Kamerun-Rockergruppe, Prinz, Peter A.
Die Geschichten der „Kameruner“ waren der Hintergrund des Liedes.
Das Frankfurter Jugendamt herrschte damals durch Teilen im Kamerun und seinem Jugendhaus, indem es zwei konkurrierende Rockergruppen gegeneinander ausspielte. Trotzdem kam es zum Zusammenschluß der Gruppen. Späte, allerdings fatale, Auswirkung der Politisierung der Kameruner Rocker war, daß Prinz Ende der 70er versuchte, Joseph Neckermann um eine Million zu erleichtern. So freilich war das mit der Befreiung vom Diktat des Kapitals nicht gemeint. Prinz hatte offenbar irgendwann den Anschluß ver- und bei der Schulung über das Abenteurertum nicht richtig aufgepaát und gemeint, daß das mit der Revolution zu lange dauern würde.
Zehn Kinder aus dem Kamerun
wolln in die Schule gehn
am ersten Tag wo Prüfung ist
da warens auch noch zehn
Die Eltern müssen schaffen gehn
ein Kind blieb tags allein
der Lehrer schickts zur Sonderschul
da warens nur noch neun
Der Lehrer hat zu wenig Zeit
drum hat er schnell gemacht
dabei war eins nicht schnell genug
da warens nur noch acht
Acht Kinder aus dem Kamerun
wurden überall vertrieben
da spielten sie dann auf der Straá,
da warens nur noch sieben
Sieben Kinder aus dem Kamerun
eins wurde nicht versetzt,
zuhaus mußt es Geschwister hüten,
da warn sie noch zu sechst
Eins wurd beim Schokoladeklaun
erwischt, als Dieb beschimpft
der Hunger blieb, es klaut noch mal
da warn sie noch zu fünft
Ein Vater wurde arbeitslos
jetzt zieht er fort von hier
weils Geld nicht für die Miete reicht
da warens nur noch vier
Die Wohnungen sind viel zu eng,
da gibts oft Klopperei,
dabei wurd eins zu viel gekloppt
da warens nur noch drei
Von dreien mußte eines gehn
zurück in die Türkei,
sein Vater wurd nicht mehr gebraucht,
da warens nur noch zwei.
Das Schulrat sprach: „Im Kamerun
die Klasse ist zu klein
Er hat die beiden aufgeteilt
da waren sie allein
Doch:
Die zwei ham sich zur Wehr gesetzt
die andern hams gesehn
weils den‘ genauso dreckig geht
da warns bald wieder zehn
Das geht nicht nur im Kamerun.
Warum? Das ist nicht schwer,
der Kamerun ist überall,
drum werdens immer mehr.
Es folgten bei diesem Lied die jeweils aktualisierten Versionen bei Schulstreiks, besonders da, wo gewerkschaftliche Betriebsgruppen, Vertrauensleute, Betriebsräte in die Auseinandersetzungen eingegriffen haben, was Anfang der 70er in fast allen Arbeiterwohnbezirken im Rhein-Main-Gebiet der Fall war.
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Das Märchen vom Recht auf Essen
(1974)
Hungrige Wölfe trafen
sich mit verhungernden Schafen
während der Hungersnot.
Sie sprachen zu sich und den Kindern
„Wir müssen die Hungersnot lindern,
sonst sind wir morgen schon tot.“
Der Oberwolf hielt einen Vortrag
und machte den Schafen den Vorschlag,
das Recht auf Essen zu schaffen.
Da dachten die Schafe an saftigen Klee
und stimmten dafür einstimmig mit.“Mäh“
und gingen zufrieden schlafen.
Denn sie hatten sich ja mit Hilfe
der klugen barmherzigen Wölfe
ihr Recht auf Essen geschaffen.
Doch am anderen Morgen wurden sie wach
die Schafe waren vor Hunger ganz schwach
denn sie konnten das Recht nicht essen.
Sie hatten zwar Recht aber keinen Klee.
Die Schafe schrien vor Hunger laut: „Mäh“
da riefen die Wölfe mit Gejaul:
„Ihr habt es doch nicht vergessen
das gemeinsame Recht auf Essen?
Wir tragen das Recht im Maul!“
Und sie machten vom Recht Gebrauch
und die Schafe versuchten es auch
So nützt ein gleiches Recht
den Wölfen gut – den Schafen schlecht.
Nach dem Vortrag dieses Liedes bei einer Veranstaltung der IG-Metall-Jugend wurde ich gebeten, das Lied zu ergänzen:
Wie die Wölfe sind allemal
der Staat und das Kapital
Doch Kinder, derjenige spinnt,
der glaubt, daß wir Schafe sind.
(Mit Stolz kann ich vermelden, daß ich für dieses Lied beim Frankfurter Song-Wettbewerb ’76 aus den Händen von Manfred Sexauer den dritten Preis erhielt. Daß Liesel Christ mich mitgekürt hat, darauf bin ich besonders stolz. Das spätere Schlagersternchen Inge Peters machte den Ersten mit Vertrag bei CBS. Etwas peinlich ist mir die Anmerkung, daß ich entgegen einem guten Vorsatz und einem Versprechen gegenüber dem Frankfurter Kommitee gegen den § 218 nicht das Lies vom „Prof. Dr. med. Praetorius“ vorgetragen habe. Es sollte zum Eklat kommen. Aus Angst, aus dem Wettbewerb zu fliegen, trug ich das angekündigte Lied vom Recht auf Essen vor.
Trotzdem ist der 3. Platz für dieses Lied (ohne die letzte Strophe, die erst später entstand) ein gutes Zeugniss für die allgemeine Bewußtseinslage Mitte der 70er.)
Beiß, Bagger, beiß
(1973/74/75/76/77…)
Berthold Brecht hat mich mit seinem Kindervers auf ein Lied gebracht, das von Streik zu Streik immer länger wurde, weil jede Belegschaft, jede Gewerkschaft noch eine eigene Strophe wollte (und sie zum Teil selbst verfasste)
Das Lied wurde im Rhein-Main-Gebiet auch wegen der populären Melodie („Maikäfer flieg“) zum Gassenhauer. Bei diversen „AgitProp-Einsätzen“ in Kneipen, auf Plätzen, vor Streiklokalen entstanden aus dem Stehgreif schier endlos viele Strophen. Das Lied wurde besprochen, umgetextet, ergänzt und schuf auf Anhieb jedesmal eine sehr kommunikative Atmosphäre, wiel die Leute ihre Alltagserfahrungen zum Lied machen konnten.
Beiß, Bagger, beiß,
die Kohle hat nen Preis
wenn ich mal zu lang scheißen tu
steigt der Kohlepreis im Nu
wasser ist kein Schweiß
beiß, Bagger, beiß
Soweit B.B.
Beiß, Bagger, beiß
die Kohle hat nen Preis
tut erst die Steinstaublunge weh
gehts aufwärts mit der Ruhr-AG
die lebt von deinem Schweiß
beiß, Bagger, beiß
Presslufthammer, press,
wes Kohlenstaub ich fress,
des Aktienkurs steigt in die Höh,
des bringt den Herrn der Ruhr-AG
ganz fürchterlichen Stress,
Presslufthammer, press.
(Mit IG-BE-Jugendlichen am Rande der Ruhrfestspiele 73/74?)
Lötkolben, löt
am Fließband wirst du blöd
ich kann nicht mal auf den Abort
denn ich schaffe im Akkord,
des Tempo wird erhöht
Lötkolben, löt
(Roland-Offenbach, Windsor-Maintal, VDO-FFM)
Nähmaschine, näh
mir tun die Augen weh
vierhundert Hosen tag für Tag
langsam läßt die Leistung nach
bis ich nichts mehr seh,
Nähmaschine, näh
(Hosen-Lösch GmbH,Birstein, diverse andere Textilbetriebe in Vogelsberg und Spessart)
Schreibmaschine, schreib,
daá ich nicht hängen bleib
Mein Rücken schmerzt, mein Hals ist steif
werd ich müde wird gekeift
„Sie sind nicht hier zum Zeitvertreib!“
Schreibmaschine, schreib.
(Diese Strophe entstand in einer rebellischen Rehastation im Frankfurter Friedrichsheim, wo Patienten einen kleineren Aufstand probierten und dann „strafentlassen“ wurden: ein arbeitsloser -als Nahverkehrskutscher jobbender Lehrer (entlassen nach einem Arbeitsunfall, einportigiesischer Arbeiter von Röhm und Haas in Darmstadt, dem die Klinik in Zusammenarbeit mit der Berufsgenossenschaft eine Kinder-Knochenkrankheit andichten wollte, um eine Berufskrankheit zu vertuschen und die Rente einzusparen, ein italienischer Arbeiter bei Dunlop Hanau und eine Sekretärin einer katholischen Kirchengemeinde in Frankfurt, die an chronischer Sehnenscheidenentzündung litt, vom Herrn Pfarrer entlassen wurde und in der Klink erzählt bekam, diese Krankheit käme nicht vom jahrzehntelangen Schreibmaschine Schreiben.)
Schraubschlüssel, schraub
der Lärm macht dich noch taub
du steigerst noch bei hundert Phon
den Profit auf Zweimillion
in Hetze, Gas und Staub
Schraubschlüssel, schraub
(Harvester-International-Heidelberg u.a.)
Druckmaschine, druck
sieben stunden sind genug
Von vieren sparn sie zweie ein
am Ende stehst du ganz allein
dann fliegst auch du ruck-zuck
druckmaschine, druck
(zu den ersten Aktionen der IG-Druck und Papier zum 7-Stunden-Tag)
Melkmaschine, melk
die Milch kost uns viel Geld
das Geld bekommt die Molkerei,
der Akltionär wird reich dabei
der Bauer wird ganz welk
Melkmaschine, melk.
Mähdrescher, mäh,
der Zins steigt in die Höh
der kleine Bauer kommt nicht mit
nur wer reich ist kriegt Kredit
dem nützt die EWG
Mähdrescher, mäh.
Back, Bäcker, back
Vierzehnstundenarbeitstag
die Brotfabriken werden groß
und morgen bist du arbeitslos
du schaffst dich noch zum Wrack
back, bäcker, back
(diese Strophe habe ich Kollegen aus Hessens größter Bäckerei zu verdanken, der Reifenbäckerei Dunlop in Hanau. Nirgendwo sonst arbeiten so viele ehemalige Bäckergesellen auf einem Haufen.
Sie mußten gehen, weil Bäckerlehrlinge billiger sind, damals wie heute, wo die Schaffung von Lehrstellen wieder bedeutet, daß Gesellen und ältere Kolleginnen entlassen werden.
Die nächste Strophe stammt auch von den Reifenbäckern.)
Die Kautschukpresse greift
zwei Finger ab und schleift
sie festgeklebt zur Walze
du schreist aus vollem Halse
die Dunlop-Aktie reift
-wenn sie-
auf deine Finger pfeift
Kaufmann, verkauf
gib deinen Laden auf
dein Laden hier am Straßeneck
den putzt der Kaufhof Morgen weg
du hälst die Zeit nicht auf
Kaufmann verkauf
(entstanden angesichts des Sterbens aller kleinen Läden im Hanauer Stadtteil Lamboy-Tümpelgarten)
Tanksäule, tank
der Pächter ist bald blank
Staat und Ölkonzerne
für die schaffst du dich gerne
am Ende krumm und krank
der Marktwirtschaft sei Dank
Tanksäule tank
Den ganzen Mittelstand
drückt es an die Wand
er wird vom Kapital geschluckt
und in die Produktion gespuckt
da steht der Mittelstand
als Prolet am Band
(wenn er noch Arbeit fand)
(das Lied wurde nie fertig…..)
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Die bange Nacht
in schwarz-rot-goldener Zeit
schwarz das Öl, rot das Blut, gold der Profit
für Kriegsgewinnler an allen Fronten
(nach dem Lied der KZ-Häftlinge von Mauthausen „Die bange Nacht“ auf dem Weg zum Zwangseinsatz als Kanonenfutter an der Ostfront)
(1991 im Februar, als das Ultimatum der USA an den Irak ablief, gesungen bei der Kundgebung auf dem Hanauer Marktplatz. In der Nidda-Kaserne stand eine Bundeswehreinheit abmarschbereit zum ersten Auslandseinsatz. Viele Deutsche verweigerten noch schnell ihren Kriegsdienst. Etliche amerikanische Deserteure konnten noch rechtzeitig verschwinden, landeten teilweise an Heilig Abend in Verstecken hinter Christbäumen und Gabentischen. So hatten sich CDU-Altlandrat Rüger und SPD-Neulandrat Eyerkaufer die deutsch-amerikanischen Patenschaften nicht vorgestellt, zu denen sie die Bevölkerung im Main-Kinzig-Kreis in den letzten Jahren aufgerufen hatten. Die Satire-Spenden-Aktion der Friedensbewegung: Zivilklamotten für GIs, die angeblich nicht ohne Uniform den Gelnhäuser Gottesdienst besuchen konnten, weil sie keine anderen Anzüge besäßen, bekam jetzt einen durchaus ernsten Sinn. Gottseidank hatte ein Gelnhäuser Pfarrer kurz vor dem Golfkrieg uniformierten Soldaten den Zutritt zur Marienkirche verweigert. Jetzt hatten sie die Möglichkeit in deutscher Zivilverkleidung zu dersertieren.
Die bange Nacht ist lang nicht um
Mensch bleib nicht still,
Mensch bleib nicht stumm
wir fahren ins Verderben
Wie weht so heiá der Wüstenwind
gib her noch einen Schluck geschwind
vorm Morden, vorm Sterben.
Der erste Schluck, oh Mann, so bleib
an dich denk ich mit Seel und Leib
an dich und unsre Erben
Sie schicken dich mit diesem Heer
Bush, Thatcher, Kohl und sonst noch wer
zum Morden, zum Sterben
Der zweite Schluck, oh Großdeutschland,
du trittst die Welt vom Tellerrand
als viertes Reich in Scherben
Mercedes, Siemens, Hoechst kassiert
derweil die dritte Welt krepiert
beim Morden, beim Sterben.
Der dritte Schluck, ich sag es laut,
dreht die Kanonen um und haut
die Herren der Konzerne
für die hälst du die Knochen hin
fr Hoechstprofit und ihr Benzin
stirbst du so gerne, so gerne.
Der Helm erdrückt dir den Verstand
bis du dran glaubst, fürs Vaterland
wirst du den Sand rot färben
Es grienst der Fahnenfluch vergnügt,
wenn Kohl dich in die Wüste schickt
zum Morden, zum Sterben.
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Professor Dr. med. Praetorius
(Dieses Lied war 1975 über Frauengruppen und Initiativen gegen den § 218 weit verbreitet. Der KBW hat es in „linienbereinigter Form“ als „Mannheimer Lied gegen den § 218“ in hoher Auflage vertrieben und nach dem Motto „Alles Gute kommt von oben“ verschwiegen, daß es nicht aus der damaligen KBW-Zentrale stammt. Das Lied haben Leute aus dem JuZ Dörnigheim mit mir zusammen vertont und arrangiert, es kam von unten!
Mit Unterstützung der Schauspieler wurde dieses Lied im Vorprogramm zu Heiner Mllers „Zement“ im Foyer des Frankfurter Schauspielhauses vorgetragen, zusammen mit der „Ballade vom wohtätigen Frauenarzt“. Die Verwaltungsoberen der Frankfurter Oper wurden seitens der städtischen Polizeibehörden gedrängt, das Vorprogramm unter dem Titel „Oktoberland“ zu zensieren. Die Beiträge gegen den § 218 sollten unterbunden werden. Das scheiterte jedesmal am Widerstand der Schauspielerinnen und der Mehrheit des Publikums.
Die Lieder, die Unterschriften- und Spendensammlung gegen den § 218 blieben bis zur Absetzung des Müller-Stückes fester Bestandteil des Vorprogrammes. Besonders spannend wurde das Programm, wenn Uniformierte in Zivilbegleitung zum Mitsingen aufgefordert wurden.)
Wenn der Professor Doktor med. Praetorius
mal zur Abteibung was sagen muá
dann doziert er vom Schutz des werdenden Lebens
doch sucht man bei ihn vergebens
nach einem Wort gegen Nachtschicht und Akkord
und das ist bekanntlich Mord
Der Senator vom Industrie- und Handelstag
sprach: „Was der Industrie am Herzen lag,
hat verfassungsgerichtlich seine Geltung behalten,
um unsre Macht auf dem Weltmarkt zu entfalten
braucht die freisoziale Marktwirtschaft
billige Arbeitskraft!“
Zum Paragraph 218 sprach der General:
„Bedenken Sie doch im Verteidigungsfall
unsrer Ölquellen, die im Nahen Osten liegen,
und wenn wir innre Unruhen kriegen,
braucht das Heer auf jeden Fall
ne Menge Menschenmaterial!“
Der Herr Bischof sprach zum Paragraph sein Hirtenwort
„Die Abtreibung ist Massenmord
Gottes Wille steckt in diesem Paragraphen
Ihr sollt Kinder kriegen und gehorsam schaffen!“-
Für die Unternehmer den Profit – und dabei-
kassiert die Kirche mit.
Der Verfassungsrichter sprach: „Der Paragraph bleibt stehn,
wir dürfen doch nicht an der Verfassung drehn,
sie schützt die Würde von ungebornen Kindern!“
Nur kann die bei Gebornen nicht verhindern,
daá diese Würde garnichts nützt, -wenn man-
ohne Arbeit auf der Straße sitzt.
Ob mit der Fristenregelung, ob mit der Indikation
ob Regierungspaqrteien oder Opposition
du wirst begutachtet, bevormundet und kontrolliert,
von Ämtern und von Ärzten schikaniert,
bis du am Ende von der Frist -wieder mal-
ne glückliche Mutter bist.
Ob Arzt, ob Bischof, Richter oder General,
die Regierung und die Herrn vom Kapital –
wir werden uns eurem Urteil nicht beugen,
das Volk muß selbst entscheiden,
alles andre nützt uns einen Dreck,
der ganze Paragraph muá weg!
Das öffentliche Absingen solcher Lieder war 1975 nicht ganz ungefährlich. Es wurde als „Mordpropaganda“ eingestuft und führte in einigen Fällen zur polizielichen Beschlagnahme von Lautsprecheranlagen, Gitarren, Noten usw., zu vorläufigen Festnahmen, erkennungsdienstlicher Behandlung und Anzeigen u.a. wegen „Aufforderung zu Straftaten“, „Beleidigung von Staatorganen, Verfassungsorganen“, „Widerstand gegen die Staatsgewalt“. Informationsstände wurden beschlagnahmt. Das Frankfurter Frauenzentrum wurde im Juli 1975 vom Oberstaatsanwalt und der Mordkommission in einer Nacht- und Nebelaktion überfallen, um an Daten von Frauen heranzukommmen, die abgetrieben hatten oder „Beihilfe“ leisteten. Die Beihilfe war notwendig, weil die Frauen sonst Kurpfuschern von der Sorte des im nächsten Lied beschriebenen Frauenarztes ausgeliefert waren. Neben der Beratung organisierte das Frauenzentrum Fahrten zu holländischen Abtreibungskliniken, übernahm die Vor- und die Nachsorge.
Die Ballade
vom wohltätigen Frauenarzt,
der sich mit seiner Barherzigkeit einen Heiligenschein
die zweite Villa mit Swimmingpool, eine Forellenzucht
und einen Reitstall im Taunus verdiente
(1975)
Dieses Lied war auch Bestandteil des Müller-„Zement“-Vorprogrammes im Frankfurter Schauspielhaus. Der hier nicht namentlich genannte Frankfurter Frauenarzt durfte eigentlich wegen Medikamenten-/Alkoholabhängigkeit nicht mehr praktizieren. Daß er weiter wurschtelte, wurde von den zuständigen Frankfurter Stellen mit zugekniffenen Hühneraugen geduldet. Ende der 70er wurde der Arzt von seinem jüngeren Freund und Günstling ermordet. Dieser war als Alleinerbe eingesetzt, konnte aber nicht so lange warten.
Die Praxis in Bergen-Enkheim war die einzige Anlaufstelle für Frauen aus Mittelhessen. Da der nette Arzt fast im Fließband-Verfahren arbeitete, mußten die Frauen nach Behandlung in der billigsten Preiskategorie oft noch blutend die Praxis verlassen:
ein Ergebnis der Kriminalisierung der Abtreibung.
Er macht sich zwar nicht in der Öfentlichkeit
für den Paragraf Zweihundertachtzehn stark
Doch bringt er ihm unversteuert Nebenbei
einen Schwarzarbeitslohn von rund Tausend Mark
Fünf Frauen schafft er in sechzig Minuten
im Hinterzimmer in seinem Vorstadtpalast
und wenn dabei auch mal zwei halb verbluten
die schweigen aus Angst vor Gericht und Knast
Refrain: Denn dieser Arzt ist doch so sozial
und ein immer netter
Helfer der Frauen, auch Kleingeld macht
sein Konto immer fetter
Und dann wurd eine Frau vor Gericht gestellt
weil die vorher beim staatlichen Gutachter war
und der hat sie registriert, wie immer abgelehnt,
als das Kind jetzt nicht kam, war der Staatsanwalt da
beim Verhör hat sie die Abtreibung zugeben müssen,
doch den Namen von dem Arzt hat sie nicht gesagt.
Wenn der auffliegt, sind die andern aufgeschmissen,
weils hier in der Gegend kein andrer mehr macht.
Refrain: Denn dieser Arzt ist doch so sozial…
Doch die Frau hat ihn ganz umsonst verschwiegen
der Staatsanwalt wußte l„ngst bescheid
denn der Doktor hat die gnädige Frau Staatsanwalt
schon mal aus einer missligen Lage befreit
weil noch weitre hohe Damen unter seinen Kunden waren
fand auch kein Ermittlungsverfahren statt
der Staatsanwalt deckte den Doktor seit Jahren
weil er ne stark soziale Ader hat
Refrain: Denn dieser Arzt ist doch so sozial….
Wenn der Staat jetzt den zweihundertachzehn verschärft,
dieser Arzt tritt dagegen ganz sicher nicht auf
zwar wird auch er mit härteren Strafen bedroht,
doch das nimmt der Doktor gern in Kauf.
Da wird einfach bei steigendem Risiko
der Heiligenschein an den Nagel gehängt
der Preis wird erhöht und die Barmherzigkeit
auf die zahlungskräftigsten Kunden beschränkt.
Dieses Pack ist asozial
spielt sich auf als Menschenretter
und die leben sehr gut vom Abtreibungsverbot
das macht ihr Konto immer fetter
(Nachbemerkung: in den vom KBW majorisierten Komitees gegen den § 218 sorgte eine Zentralzensur für die Unterdrückung dieses Liedes.
Es richte sich nicht gegen den „Hauptwiderspruch“ zwischen dem Kapital/Staat und dem Volk sondern es behandele einen „Nebenwiderspruch“ und gäbe „dem Kampf gegen den § 218 eine falsche Stoßrichtung“, meinte das ZK des KBW. Mag sein, daß dieses Lied mit dafür verantwortlich war, daß der Volksentscheid gegen den § 218 dann leider doch nicht geklappt hat. Sehr spät, aber immerhin noch lebend, bekenne ich mich schuldig.) Vielleicht hat es aberin Österreich dazu beigetragen, dass es dort geklappt aht?)
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Rudis Dynamit
1974/75?
Nach der Melodie „Ein Jäger aus Kurpfalz“
zum Kampf gegen das Großkraftwerk auf dem Fechenheimer Mainbogen
(ein in den Mittsiebzigern beliebter Schlager im Osten Frankfurts ((wegen der vorherrschenden Westwinde und der meilenweiten Entfernung zwischen Zeils- und Fechenheim))
Die Auseinandersetzung um die Nutzung des Mainbogens hielt bis in die 90er Jahre an.
Für die Nachgeborenen: Rudi Arndt (Spitzname: Rudi Dynamit) war Frankfurts dynamischer Oberbürgermeister, erster Hochhaus-Fetischist, Selmi-Unterstützer, Ignaz Bubis-Vollstrecker beim Abriß der besetzten Wohnhäuser an der Bockenheimer Landstraße, betonköpfiger Westend-Vernichter und Chef der südhessischen SPD. Er war nicht nur betonköpfig. Zusammen mit Hans Matthöfer (Bundesminister für Wissenschaft unf Forschung) und etwas Armin Clauss bildete er auch den Atomsprengkopf der hessischen SPD. Matthöfer spielte eine hervorragende Rolle als Zuchtmeister gegen kritische Wissenschaftler/innen besonders im Nuklearbereich: als Mitarbeiter des halbstaatlichen Batelle-Instituts in Frankfurt mit brisanten Nuklear-Forschungsergebnissen an die Öffentlichkeit gehen wollten, bedrohte er sie persönlich: „Wenn einer von Ihnen auch nur einen Buchstaben rausläßt, kriegt er von mir eins in die Fresse!“ berichteten damals von den ministeriellen Diszis bedrohte Mitarbeiter.
Als FAG-Oberst hat Rudi Arndt dem Dachlatten-Börner den Weg zur Startbahn-West geebnet. Den Kash & Karry-Preisabsprachen beim Bau der Frankfurter U-Bahn hat der Rudi Dynamit so manche Bresche freigesprengt und damit die Gelder auch richtig durch die Tunnels fließen konnten, hat er die öffentlichen Verkehrsmittel mit knüppeldicken Preiserhöhungen attraktiver gemacht. Auch dazu gibts ein schönes Lied. (Das ist saulang und folgt erst nach dem „Rudi-Song“). Dem KBW war es sehr suspekt, weil die Spontis es -allen voran Danny Cohn-Bendit, Johnny Klinke und Joschka Fischer- am lautesten mitgesungen haben. Allerdings in der „radikaleren“ Spontiversion: im Orginal lautete die Forderung „keinen Pfennig mehr, als bisher!“, die Spontis sangen getreu dem Motto ihres Zentralorgans „Wir wollen Alles/PFLASTERSTRAND“:
„Keinen Pfennig mehr, Nulltarif muß her!“ Und nur, weil der Joscha Schmierer vom KBW-ZK sich nicht mit dem Polyvirat vom „Revolutionären Kampf“ (Dany, Johnny, Joschka u.a.) einigen konnte und die DKP nicht mit wildgewordenen Kleinbürgern zusammenarbeiten wollte, siegte am Schluß der Rudi Arndt über die seit dem mittelalterlichen Fettmilchaufstand gegen Bierpreiserhöhungen wichtigste Frankfurter Volkserhebung. (wenn man den Häuserkampf mitzählt). ((Vorsicht: dieser Vergleich provoziert eine Intervention durch Ignaz Bubis dergestalt, daß er sagen wird: der Fettmilchaufstand endete in antisemitischen Pogromen. Der Häuserkampf auch! Mit nichten! Dem Ignaz Bubis gehörte nicht das ganze Westend, sondern nur ein kleiner Teil. Die meisten besetzten Häuser waren nicht in seinem Besitz, sondern im sicheren Griff deutscher und europäischer Banken, bzw. im Besitz von Unternehmen, die ihrerseits wieder im Besitz eben dieser Banken waren. Und dem Kapital und dem Wildwuchs seiner Verwertungsinteressen ist die Religionszugehörigkeit seiner Protagonisten heute zumindest ziemlich egal.
Ach ja, Ironie des Schicksals: die schicken Büroräume des „PFLASTERSTRAND“-Nachfolgers „journal-frankfurt“ befinden sich just im von Rudi Arndt leergeprügelten Westend, man sollte mal nachsehen, welche Besetzer das Haus in der Ludwigstraße vor dem Abriß gerettet haben. Wenn’s welche aus der Journal-Autoren-Crew waren, dann hätte sich der Einatz von damals wenigstens ein wenig gelohnt. Und ein bißchen Häuserkampf ist immer noch drin – im Journal – zwischen Sex als Job, Hurenalltag, Freierwünschen und Liebe, Lust und mehr gibt es Streit um die Stadt von morgen, in der Nummer 15 vom July 97, es geht dabei weniger um erneut notwendige Wohnhausbesetzungen als um Hochhausbesitzungen und -planungen. Der „revolutionäre Kampf“ findet zeitgemäß auf höherer Ebene statt.
Zeitreise, retour in die 70er, herab in die Niederungen des gemeinen Volkes:
Der Rudi Arndt will baun
ein Großkraftwerk am Main
das Kapital kriegt Billigstrom
den Dreck kriegt Fechenheim
da fällt er aber rein
Refrain: Rudi, Rudi,
das Großkraftwerk stinkt uns schon jetzt
der Bauplatz wird besetzt
der Bauplatz wird besetzt
Das Großkraftwerk, das stinkt
und spuckt giftiges Gas
auf frankfurt und auf Offenbach
da macht das Leben spaß
doch dich macht das nicht nass
Refr..: Rudi, Rudi,….
Es macht den Main schön warm,
damit die Fische nicht erfriern
aus seinem Kühlturm quillt der Smog
wenn wir da drin krepiern
tuts dich nicht intressiern
Das Großkraftwerk, das brummt
so laut bei Tag und Nacht
davon wern wir in Fechenheim
um unsern Schlaf gebracht,
so hast dus dir gedacht.
Klares Wasser, reine Luft,
verspricht der Rudi laut
durch einen Fachmann von der Firma,
die das Kraftwerk baut.
Wir ham das Spiel durchschaut
Die PREAG will Profit
dazu braucht sie den Staat
Per Zufall sitzt der Rudi Arndt
im Preag Aufsichtsrat,
was nichts zu sagen hat
Das Großkraftwerk bringt Strom
zum Rationalisiern
für uns springt raus, daß wir dabei
den Arbeitsplatz verliern
wenn die nur profitiern
Der Rudi hat rotiert,
die Zeitung vollgeschmiert,
der Matthöfer kam angereist
hat uns für dumm erklärt
und daß uns nix passiert.
Doch als Versammlung war
mit Arndt in Fechenheim
da haben alle NEIN gesagt
zum Großkraftwerk am Main
der Rudi stand allein.
(Genauso muß es sein!)
Der Rudi Arndt hat Angst,
die Polizei kam mit,
die schützt den Rudi und den Dreck
den Staat und den Profit
mit Rudis Dynamit.
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Das saulange Lied gegen die Fahrpreiserhöhung bei der Frankfurter Straßenbahn, dem FVV 1975:
„Deshalb haben wir das Blechen satt!“
Den Fahrpreis erhöht ihr um dreißig Prozent
und plant noch mehr fürs Frühjahr schon
damit ihr dem Kapital was bieten könnt
raubt ihr mit Steuern und Gebühren unsern Lohn
Den Strom- und Gaspreis habt ihr zweimal erhöht
die Industrie zahlt den Billigtarif
und wird fürs Kapital die Energie zu knapp
kriegt sie ein Großkraftwerk und wir den Mief
Refrain:
Deshalb, werte Herrn vom Magistrat
lassen wir keine Ruhe mehr
deshalb haben wir das Blechen satt
Wir fordern: Keinen Pfennig mehr, für den Nahverkehr
Wir fordern: Keinen Pfennig mehr als bisher.
Schneller Warentransport sichert den Profit
auf unsre Kosten für das Kapital
baut ihr Autobahnen durch das Wohngebiet
und schlagt den Riederwald halb kahl
Die Stadtautobahnen für den Warenverkehr
die U-Bahn für den Arbeitsviehtransport
Fr die Großindustrie muß die Müllverbrennung her
Wir müssen zahlen und bezahlen unsern Mord
Refrain: Deshalb, werte Herrn vom Magistrat..
Mit der einen Hand treibt ihr den Fahrpreis hoch
schließt mit der andern ein Kinderkrankenhaus
erhöht den Beitrag für die Krankenkassen
dafür pflegen wir die Kinder selbst zuhaus
Unsre Kinder spielen in Gestank und Lärm
Es gibt kein Spielplatz, keinen Kinderhort
und wenn sie aus Protest die Straße sperrn
jagt sie eure Polizei mit Giftgas fort
Refrain: Deshalb, werte Herrn..
Der FVV wird attraktiver, ham die Herrn uns gesagt
doch für wen, damit ham sie nicht rausgerückt
Hätt sich einer von den Herrn mal in den Viehtransport gewagt
wir hätten ihn schon ohne Absicht totgedrückt
Und wolln wir abends mal einen Freund besuchen
der im Nachbarstadtteil wohnt
werden wir vergebens nach der Straßenbahn suchen,
weil sich die für euch nicht lohnt
Refrain: Deshalb, werte Herrn..
Unsre Lebenshaltungskosten stiegen sieben Prozent
Arbeitslosigkeit und Inflation
und die Kurzarbeit nimmt uns fünf Prozent
erhöhte Steuer frißt den Rest vom Lohn.
Wenn die Herrn von Industrie und Banken pfeifen
tanzt der ganze Magistrat,
bietet denen -und die brauchen nur zuzugreifen
was er bei uns geplündert hat.
Refrain: Deshalb, werte Herrn…
Schlagfertig überzeugt ihr uns von eurer Politik
darauf wird die Polizei dressiert,
und das Spitzelheer und den Knüppel im Genick,
das habt ihr mit unsern Steuern finanziert
Ihr plündert uns aus und jagt uns weg
wie und wo wir leben, das ist euch egal,
ihr kassiert doch nur für einen Zweck
ihr plant die Stadt fürs Kapital
Refrain: Deshalb, werte Herrn…
Es gibt Defizite im Nahverkehr
und die zahlt die öffentliche Hand
und wo nimmt diese Hand die Gelder her?
die hat sie bei uns mit Steuern abgesahnt.
Und woher kommt denn nur das Defizit
wo gehn denn unsre Steuern hin?
In die Taschen der Konzerne, für ihren Profit
langt ihr bei uns gleich zweimal hin
Refrain:
Deshalb, werte Herrn vomn Magistrat,
lassen wir das uns nicht länger gefallen
deshalb haben wir das Blechensatt,
die den Profit kassieren sollen zahlen.
Wir fordern: Keinen Pfennig mehr, für den Nahverkehr…
Und ihr, werte Herrn vom Magistrat
macht dabei selbst einen glänzenden Schnitt
ihr hockt nicht nur beim FVV im Aufsichtsrat
und kassiert dort kräftig mit
Ihr hockt auch noch auf zig anderen Posten
habt die Schäfchen ins Trockne gebracht
lebt wie die Maden im Speck auf unsre Kosten
auch euch wird die Rechnung aufgemacht.
Refrain: Deshalb, werte Herrn vom Magistrat..
Dieses Lied wurde auf Drängen mehrerer tausend Besucher bei einer Veranstaltung im Günthersburgpark nach langem Widerstand der Veranstalter (unter Führung des Herrn Dr. Dieter Dehm) ins Programm aufgenommen und lag ab diesem Tag für Wochen auf Platz eins der Frankfurter Straßencharts. Im Lied wurde deutlich, was sich auch auf den Straßen und teilweise in den Betrieben und Büros entwickelte: es ging schon nicht mehr nur um den Fahrpreis, es ging um die Macht im Staat, genauer in der Stadt. „Dieser Magistrat ist reif, dieser Magistrat muß weg!“, röhrten die Sprechchöre über die Zeil bis in die Stadtteile. Aber was dann?
Der Frankfurter Magistrat unter Rudi Arndt hatte es auch so verstanden und die Herren hinter und über ihm auch. Sie ließen eine mittlere Bürgerkriegsarmee aufmarschieren. Die Männerfreundschaften zu den entscheidenden oberen Gewerkschaftsetagen fuktionierten gut. Die unteren Ebenen rührten sich nicht organisiert dagegen. Die wackeren Straßen(bahn)kämpfer wurden und hatten sich isoliert. Der Rest war Knüppelroutine.
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War einst ein kleines Segelschihiffchen
1975/76?
Früher, in den 50/60er Jahren lernte jedes Kind im Kindergarten und in den ersten Schulklassen das Lied von der kleinen Fregatte mit der einfach erfrischenden Melodie.
Im Original heißt es:
War einst ein kleines Segelschihiffchen
war einst ein kleines Segelschihiffchen,
das war noch nie, nie, nie, noch nie zur See
das war noch nie, nie, nie, noch nie zur See.
ohe, ohe,
hissen müssen wir Matrosen Segel in die Höh
die Fregatte gleitet übern See.
Anläßlich der ersten öffentlichen Vereidigungen von Wehrpflichtigen unter dem sozialdemokratischen „Verteidigungsminister“ Hans Apel 1975/76 entstand das folgende Lied nach der Kinderliedvorlage. Die SPD unter Kanzler Helmut Schmidt hat mit Hans Apel sehr schnell für eine Außendienstfähigkeit der Bundeswehr gesorgt. Längst hatte sich die Bundesrepublik ökonomisch aus dem Windschatten der USA gelöst, eroberte u.a. per „Blaupausenexport“ erkleckliche Weltmarktteile, war ökonomisch die Nummer zwei hinter den USA aber militärisch nicht in der Lage, ihre Märkte, „ihre“ Rohstofflager, die ökonomische Einflußsphäre abzusichern.
Dieser Aufgabe nahm sich die sozialliberale Bundesregierung an.
Ein zentrales Mittel sollte neben Nachrüstungsbeschlüssen und Vorbereitung einer schnellen Eingreiftruppe das Fregattenbauprogramm werden. Der Adler sollte Krallen zeigen.
Die beiden Strophen, in denen es um Jugoslawien geht, haben nach 15/20 Jahren ziemliche Aktualität erhalten. Entstanden sind sie nach heftigen Auseinandersetzungen im Frankfurter Restaurant Dubrovnic in der Bleichstraße, dem damaligen Treffpunkt der kroatischen Mafia. Weiterer Anlaß für diese Zeilen war ein Besuch in Jugoslavien/Dubrovnik in den 70ern, die WHO spielten in der Zitadelle „Tommy“, und die flowergepowerten Enkel italienischer Faschisten sangen in den Straßen nach der Melodie „Michael row the boat ashore..“ auf italienisch „Gelobt sei der Tag, an dem Tito stirbt!“
Ganz andere Aktualität erhält das Lied derzeit durch die Errichtung eines Denkmals für die „Maritimen Elemente deutscher Politik“. In Wilhelmshaven betreiben z.Zt. vornehmlich sozialdemokratische Politiker den Aufbau eines deutschen Marinemuseums. Eine Militaria-Sammlung fünf Steinwürfe von Nordenham und dem Platz entfernt, wo 1975 die ersten öffentlichen Vereidigungen stattfanden (und eifrig gestört wurden). Ich könnte wetten, daß Gerhard Schröder (nicht der längst verblichene CDU-Außenminister, sondern der unheimliche SPD-Kanzlerkandidat aus Niedersachsen) demnächst mit an der Spitze des Fördervereins für das Marinemuseum sitzt.
Fregattenlied
War einst ne Küstenschutzmarine
damit sie der Verteidgung diene
war sie zu klein, klein, klein, das darf nicht sein
die Insel Helgoland steht ganz allein.
oh weh, oh weh!
Für den Apel
läuft vom Stapel
Fregatte Nummer eins
unsre Schiffchen für den Frieden
schießen soll doch keins
Wenn die Super-
mächte streiten
um den Rest der Welt
möchten wir, daß Rest-Deutschland
zu den Siegern zählt
Deshalb baun wir
auf die NATO
unsre Truppe steht
und so kommen wir beim Teilen
diesmal nicht zu spät
Wenn wir könnten
wie wir wöllten
würden wir es schon
an dem Schwanz der US-Army
in die Öl-Region
Wenn wir müßten
fremde Küsten
schützen vor dem Feind
mit der sechsten US-Flotte
brüderlich vereint
Ach die NATO
reicht bis dato
noch nicht an das Öl
deshalb muß das Bündnis stärken,
wer nicht frieren will
Wir wer’n wie die Amerikaner
mit Öl erpresst durch die Iraner
die woll’n ihr Land und Öl für sich allein
verkaufen nix und saufens in sich rein
oh welche Pein!
Für den Apel
läuft vom Stapel
Fregatte Nummer zwei
doch die hält uns leider nur
die Elbemündung frei
Wer uns kennt, der wird uns glauben
wir wollen niemand etwas rauben
wenn wir auf hoher See nur ausprobiern
ob unsre Schiffchen dort auch funktioniern
tut das nicht weh!
Ach wir hatten
mehr Fregatten
vor dem letzten Krieg
leider warens noch zu wenig
am Ende für den Sieg
Für den Apel
läuft vom Stapel
Fregatte Nummer drei
will Vauweh jetzt nach Bilbao
sind wir mit dabei
Für den Apel
läuft vom Stapel
Fregatte Nummer vier
damit kommen wir schon weiter
bis ins Mittelmeer
Für den Apel
läuft vom Stapel
Fregatte Nummer fünf
wird Italien einmal fußkrank
bringen wir Gesundheitsstrümpf
Für den Apel
läuft vom Stapel
Fregatte Nummer sechs
den Kranken Mann am Bosporus
beschießen wir mit Schecks
Für Frieden zahlen wir Millionen
doch was wir zahlen muß sich lohnen
wer noch zu lasch ist, der kriegt kein Kredit,
die Herren Demirel und Ecevit
die mußten gehn
Wenn er wegschafft
die Gewerkschaft
weckt der Her Özal
Investitionsbereitschaft
bei unserm Kapital
Fr den Apel
läuft vom Stapel
Fregatte Nummer sieben
können wir den Schutz der Deutschen
vor Las Palmas ben
Fr den Apel
läuft vom Stapel
Fregatte Nummer acht
Wir sind nach vierzig Jahren wieder
eine Friedensmacht
Für den Apel
läuft vom Stapel
Fregatte Nummer neun
da braucht keine Deutsche Bankfiliale
irgendwas bereun
Für den Apel
läuft vom Stapel
Fregatte Nummer zehn
Kreuzzugsfahrt nach Jugoslawien
welch ein Wiedersehn
Würd Marshall Tito dereinst sterben
ging sein Land vielleicht in Scherben
wären unsre Schiffchen schnell zur Stell
behüten Dich, den Strand und dein Hotel
eventuell
Wenn sie Tito einst bestatten
bringen ihm Exilkroaten
von Franz-Joseph einen Blumenstrauß
und noch andre Sachen mit nach Haus
für Mann und Maus
kommen mal
die Bosporussen
durchs Schwarzmeer voller Krim
fahren wir nach Istanbul
und halten sie dort hin
Bläst der Özal
einmal Trübsal
trotz der Grauen Wölf
schützt den Herrn vor wilden Kurden
Fregatte Nummer elf
Endlich Männer,
nicht nur Penner-
dienst im Küstenschutz
fahren wir mit voller Kraft
zur Straße von Hormuz
Geht in Aden
Siemens baden
Fregatte Nummer zwölf
dient dem Siemens Werkschutz dort
nur als Notbehelf
Der Horizont liegt weit und offen
und der Wehretat läßt hoffen
kein weißer Fleck ist uns zu weit vom Schuß
und am Äquator ist noch lang nicht Schluá
wir fassen Fuß
mit Schwarzrotgold
die Börse tollt
die Demark rollt
wenn ihr uns holt
wohin ihr wollt.
Deutsche schaffen deutsche Waffen
deutsches Gas und deutsche Bank
Deutsche Mark und deutsches Raffen
Beutegold im Panzerschrank
alles schon mal dagewesen
aufersteht was einst versank
Höchstprofit und Ölintressen
dafr ziehen wir den Säbel blank
fern der Heimatfront am Thresen
Wir kommen wieder, Gott sei Dank.
Die letzte Strophe möglichst mit Pauken und Trompeten und einer neuen, dem Versmaß angepaßten Melodie im Stehen zu singen.
Es darf dabei leicht geschunkelt werden.
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Weder König noch Bourgeoisie
1974/75?
Mitte der 70er gab es im Rhein-Main-Gebiet zahlreiche Initiativen und Massendemonstrationen zur Unterstützung des Kampfes zur Befreiung Spaniens, zum Sturz der faschistischen Diktatur Francos.
Dafür habe ich das folgende Lied geschrieben und es im großen Saal des Volksbildungsheimes in Frankfurt zum ersten Mal öffentlich vorgetragen. Und ich muß gestehen, es hat mir gefallen, gefeiert zu werden und gleichzeitig einer guten Sache zu nutzen, als ich an der Spitze einer zehntausender Demo durch Frankfurt auf einem LKW neben Bürgerkriegsveteranen von 1936, illegal eingereisten spanischen Untergrundkämpfern aller Richtungen und Vertretern der Commissiones Obreras die Klampfe schwingen durfte. Höhenflug–, der jäh endete, als die Entwicklung in Spanien doch etwas anders ablief, als im Lied beschworen.
Das Arrangement habe ich auch hier wieder gemeinsam mit den JuZ-Leuten aus Maintal-Dörnigheim gemacht.
Die Melodie lehnt sich weitgehend an das Streiklied der Commissiones Obreras an: „A la huelga“ von Juan & Jose.
Refrain: Arbeiter in Bilbao
Studenten in Madrid
Bauern Catalunias
alle kämpfen mit
kämpfen für Spaniens Freiheit
weder König noch Bourgeoisie
für den Sozialismus
für die Volksdemokratie
Und folgt der Franco jetzt dem Blanco
wird Juan Carlos vorgeschickt
der mit Reformen auf den Lippen
das Volk genauso unterdrückt
der will das Volk noch stärker schlagen
weil er die Macht des Volkes spürt
weil trotz Folter Mord und Terror
das Volk im Kampf noch stärker wird
Refrain: Arbeiter in Bilbao…
Die Bourgeoisie beginnt zu zweifeln
ob sie ihn weiter unterstützt
ob der Faschismus ihrer Herrschaft
und der Ausbeutung noch nützt
drum schaffen sie sich schon Parteien
die rufen laut: „Demokratie!“
und wollen nur in andrer Form
die Diktatur der Bourgeoisie
Refrain: Arbeiter…
Und die Westdeutsche Regierung
Leber, Genscher, Scheel und Schmidt
stützen die Faschistenherrschaft
durch Verträge und Kredit
Denn die Westdeutschen Konzerne
ham in Spanien investiert
weil der Faschismus Steuerfreiheit
und Niedrigstlöhne garantiert
Refrain: Arbeiter..
Fängt der Faschismus an zu zittern
stehn falsche Freunde schon bereit
die wolln verhindern, daß das Volk sich
vom Joch des Kapitals befreit
da wollen Sozialdemokraten
in Spanien wie in Portugal
das Volk erst täuschen, dann verkaufen
an Westeuropas Kapital
da wolln die Herrn Revisionisten
den Kampf des Volkes kontrolliern
rechtzeitig sich die Posten sichern
überm Volk als neue Herrn
Refrain: Arbeiter…
Die Bourgeoisie und die Faschisten
stützen sich aufs Militär
doch diese Stütze ist sehr morsch, denn
wo kommen die Soldaten her?
Aus Latifundien und Fabriken
wurden sie ins Heer gepreßt
und die merken auch auf wen sie
der Juan Carlos schießen läßt
Und weil die Soldaten wissen,
daß auch sie zum Volk gehörn,
werden sie die Waffen umdrehn
und werden mit dem Volk marschiern.
Soldaten aus Bilbao
Soldaten aus Madrid
Soldaten Catalunias
Soldaten kämpfen mit
kämpfen für Spaniens Freiheit
weder König noch Bourgeoisie
Soldaten für den Sozialismus
für die Volksdemokratie.
Bei der ersten Strophe ist nicht der jetzt ermordete baskische Komunalpolitiker Blanco gemeint, sondern Carrero Blanco, Francos Guardia Civil- und Folterchef.
Das Lied mußte ich wegen der sich überschlagenden Ereignisse in Spanien und Portugal mehrmals, von Kundgebung zu Kundgebung, umschreiben, manchmal Teile weglassen, weil sonst z.B die PCE, die DKP und der Dieter Dehm-Lerryn nicht teilgenommen hätten usw. Catalanische und Baskische Separatisten sangen das Lied zwar begeistert mit, kritisierten mich aber hinterher sehr freundlich: das Lied sei trotz allem eine Groß-Spanische Hymne, sie könnten sich höchstens mit einem föderativen Zusammenschluß der autonomen Regionen und Nationalitäten auf der iberischen Halbinsel ohne eine allmächtige Zentralregierung in Madrid anfreunden. Man merke doch deutlich, daß ein Deutscher das Lied geschrieben hat.
……………………………………………………..
Jetzt kommt was ganz anderes,
nämlich kürzere Texte mit teils langen Vorbemerkungen,
damit auch der letzte Depp die kurzen Texte versteht.
Lean Production Schlanker Staat
„Gesicherter Lebensabend“
Er hatte sich
um sicher zu gehen
vor seinem Absturz
den Gurt angelegt
sorgfälTig um den Hals
das bewahrte ihn
vor dem Aufprall
er hing
an seinem Arbeitsplatz
1991
Auflösungsvertrag
Hiermit
kündige ich
den Arbeitverh„ltnissen
Da die Arbeitsverhältnisse
zur Zeit
meinerseits
nicht kündbar sind
versichere ich
schon auf dem Sprung
durch das Fenster
der Personalabteilung
mich selbst
aufzulösen
um unnötige Härten
beim Aufprall
zu vermeiden
1991
Kleiner Dienstweg
Seit fünfzehn Jahren
fuhr er mit jenem
unauslöschlich
überlebenswichtigen
Funken Hoffnung
zum Regierungspräsidenten
zupfte sich
je nach Entwicklungsstand
der Kleiderordnung
im angestrebten
gehobenen Dienst
die Fusseln
vom Mantel
die Haare vom Pullover
den Schlips zurecht
glättete die Frisur
Nach der fünfzehnten
Absage im fünften Stock
durch irgendeinen Amtsrat
nahm er im Flur
statt der Aufzugstür
die Tür zum Notausgang
ins Freie
Der Marsch durch die Institutionen
fand nicht statt
den Bewerbungskriechgang
hatte er satt
Da nahm er
den kleinen Dienstweg
1992
Reinheitsgebot
oder
unbefleckte
Offenbarung
der Dreifaltigkeit
Der Himmel
liegt
dreifach
gefaltet
mitten
im Playboy
Du suchst
bis zur letzten
Himmelfahrt
eine Heilige
mit
Heftklammer
im Nabel
1990
Militär-Seelsorge
Der Text wird kurz, weil die Militärseelsorge im Ernstfall sehr schnell -eben militärisch knapp- vonstatten gehen muß.
Wichtig zur Erschließung des Textes sind einige Grundkenntnisse:
1. Im Matthäus-Evangelium steht:
„Wo drei in meinem Namen versammelt sind, da bin ich mitten unter ihnen!“
2. Trifft ein Leopard auf einen Panzergrenadier der feindlichen Truppen, der sich zwecks Panzerabwehr mit u.a. einer Haftmine in ein Schützenloch eingegraben hat, geschieht folgendes: der Panzergrenadier wartet, bis ihn der Leopard überrollt, um dann die Haftmine anzubringen. Die Leopardbesatzung dreht, wenn sie den feindlichen Panzergrenadier vorher gesichtet hat, über dem Schützenloch solange Pirouetten, bis der feindliche Panzergrenadier lebendig begraben ist. Der Panzergrenadier kann jetzt entscheiden, ob er die geringe Überlebenschance unter dem tanzenden Panzer nutzt, oder auftragsgemäß die Haftmine unter dem Leo anbringt, Letzteres ist für alle Beteiligten ein Himmelfahrtskommando.
3. Die Leopardbesatzung besteht aus drei Mann.
4. Den Fahneneid haben die drei geschworen mit „so wahr mir Gott helfe!“, auf den Koppeln stand frÜher „Gott mit uns“, „With God on our side“ oder „In God we trust“ steht bei den GIs….
Die Lesung des folgenden Textes hat bisher nur dreimal dazu geführt, daß einige Zuhörer die Veranstaltung verließen:
im Bauhof der Stadt Langenselbold, in einer Jazz-Kneipe in Friedberg und in der Kirche im Dorf Eichen in der Wetterau
Militär-Seelsorge
Die Panzer-
besatzung
ist
sich
sicher
Er
ist
mitten
unter
ihnen
1989
Variationen zur Anwendung der Menschenrechte
Überforderung
Nachdem
wir ihnen
den Krieg
ausführlich
erklärt hatten
erklärten
wir ihnen
im Anschluß
geduldig
die Menschenrechte
Doch dafür
hatten sie
dann
keinen
Kopf
mehr
1991
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V 3
Die Erklärung
der Menschenrechte
ist die Fortsetzung
des Krieges
mit andern
Mitteln
Zum Titel: V 1 war die erste Feststoffrakete, die die Nazis für den Überfall auf England entwickeln ließen, V 2 war die verbesserte Nachfolgerin. Und was ist die V 3?
Ein Land, das willig seine Rohstoffe plündern läßt, braucht keine Menschenrechte einzuhalten, zumindest wird deshalb nicht militärisch interveniert, auch nicht mit ökonomischen Zwangsmitteln.
Ist aber eine Regierung in einem Land der sogenannten dritten Welt widerspenstig, finden sich sehr schnell jede Menge Menschenrechtsverletzungen, die eine ökonomische oder militärische Intervention rechtfertigen.
Natürlich kann man auch die Politik der kleinen Schritte wählen, sich beim Abzocken gegenseitig Konkurrenz machen oder widerspenstige mächtige Diktatoren verurteilhofieren.
Absolut schweinig ist dabei die Tatsache, daß die Argumente von ai und der Gesellschaft für bedrohte Völker je nach politisch-ökonomischer Opportunität ignoriert oder als propagandistischer Flankenschutz für militärisch-ökonomische Attacken mißbraucht werden.
Kleine
Asylanfrage
an die
Sozialdemokratische
Partei
Deutschlands
Wie weit
ist es
vom
beschleunigten
Verfahren
bis
zum
kurzen Prozeß?
1989/90/91(?)
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Kurz-Protokoll einer Stadtverordnetensitzung über die Menschenwürde
Die Unterbringung
von Menschen
Übersiedlern
Flüchtlingen
und Asylbewerbern
in Kasernen
ist menschenunwürdig
Resolutionsvorlage
der christsozialfreigrünen
Stadtverordneten
Die Unterbringung
von Soldaten
Bereitschafts-
polizisten
und Grenzschützern
in Kasernen
ist menschenunwürdig
Ergänzungsvorschlag
Minderheitenvotum
aus der grünen Fraktion
Dann sind
Soldaten
Bereitschaftspolizisten
und Grenzschützer
Unmenschen
und ihre
Unterbringung
in Kasernen
ist angemessen
unmenschenwürdig!
Zwischenruf aus
dem Zuhörerraum
mit Saalverweis geahndet
Untermenschen
sind
einer Unterkunft
in deutschen
Kasernen
nicht würdig
Debattenbeitrag
eines Hinterbänklers
von rechts außen
alles brüllt
durcheinander
Sitzungsunterbrechung
Kurz,
der Stadtverordnentenvorsteher
hört falsch
versteht richtig
faßt zusammen:
Unter Brüdern:
Untermenschen
in
deutsche
Kasernen
zu bringen
ist menschenunwürdig
Richtig gehört
teils falsch verstanden
einstimmig beschlossen
(Gelnhausen 1991 ?)
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Fort-Entwicklung
Der Deutschen Bundeskanzler sprach
vor dem 40. deutschen Juristentag
vor zweitausend Rechtsgelehrten
die alle unsere Rechte wahren
ja man sei recht gut gefahren
in genau den vierzig Jahren
mit unserem Grundgesetz
doch müsse man es jetzt
langsam fortentwickeln
und so als allerersten
von vielen Grund-
gesetzartikeln
entwickelten
die Herren
das Asyl-
recht
fort
..
.
1989
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Deutsch-deutsche Angleichung
Bis zum November neunzig
war ich arbeitslos
Heute bin ich
noch ARBEITSLOSER
1990
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Nur Mut
Ich packe
den Stier
bei den Hörnern
und dann
schüttelt
er
mich durch
1989
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Probezeit
Schwein
oder
nicht sein
das ist
hier die Frage
1989
(Gruß an die Prinzen)
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Heimat
Was fällt ihnen
zu Heimat
ein?
Jede Menge ZU
einige HIGH
ein paar ZU HIGH
und ich dazwischen
ganz MATT
Was fällt Ihnen
ein?!
1989
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Heimat II
Ganz
Ganz Schön
Ganz Schön Kaputt
Ganz
Ganz Kaputt
Ganz Kaputt Schön
Schön
Schön Ganz
Schön Ganz Kaputt
Kaputt
Kaputt Schön
Kaputt Ganz Schön
Ganz
Schön
Kaputt
1989
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Die neu-deutsche Generalstreik-Debatte
Zum Antrag 215a
betr.: Generalstreik
nimmt der Vorstand
bzw. die Antragskommission wie folgt Stellung:
Antragskommission und Vorstand empfehlen
den Antrag abzulehnen.
Begründung:
1. Generäle haben als Beamte kein Streikrecht.
2. Auch bei gegenteiliger Rechtsauffassung
wäre angesichts der politischen Weltlage
und der Notwendigkeit
friedenserhaltender Missionen der Bundeswehr
unter UN-Kommando
ein Streik deutscher Generäle
nicht zu verantworten.
1988
Novemberdämmerung
Das
Ehrfurcht-
erschaudern
unter den Linden
findet
seinen Niederschlag
in klirrender
Kälte
nahender
neuer
Kristallnächte
Der Atem
der Geschichte
wird ausgehaucht
zu
Kohl-
dampf
1989
Neunter November
Neunter November,
Tag der deutschen Wiedervereinigung
Neunter November,
Jahrestag der Reichspogromnacht
Neunter November,
kohlschwarze Nacht erhellt durch Brände,
Freudenfeuerwerk und Götterfunken,
blüh im Glanze dieses Lichtes
Hunger und geführter Haß
Neunter November,
Götterdämmerung,
den Dicken trifft der Hauch
der Geschichte des Dicken
aus dem Bernsteinzimmer,
Richard Wagner
dirigiert am Brandenburger Tor
Der Reichstag wächst
wie Phönix aus der Asche
Van der Lubbe wird nicht rehabilitiert
und ab jetzt zahlen die Opfer
Wiedergutmachung an die Erben der Täter,
die späte Rache für Stalingrad.
Mehr will ich nicht erklären.
1997
.