DGB zum Antikriegstag: kein Wort gegen die Kriegsoperationen der Bundeswehr

Die rechten Schirmherrn für “Rock gegen rechts”, haben mit Krieg IHREN Frieden gemacht

Dieser Titel bezog sich auf das vom Frankfurter DGB-Vorsitzenden Philipp Jacks federführend organisierte Event „gegen Rechts, für Frieden und Solidarität“ am 1. September, dem Antikriegstag 2018. In diesem Artikel wurde die Haltung des Frankfurter und des Bundes-DGB zu den deutschen Angriffskriegen und Kriegsbeiträgen nicht thematisiert, sondern nur die der Schirmherren und -Frauen: Claudia Roth (NATO-Oliv-GRÜNE), Petra Pau (vom Israel-Fan-Club in der LINKEn) und OB Peter Feldmann (SPD-Palästina-Besatzungs-Freund).

Nicht die Initiative des Kollegen Philipp Jacks kritisiere ich, sondern angesichts meiner Erfahrungen zur ursprünglich auch von der IG Metall-Spitze unterstützten, organisierten Kampagne (den späteren Ostermärschen) gegen die Wiederbewaffnung, gegen die Notstandsgesetze, dass man Kriegsbefürworter und Besatzungsfreunde  zu Schirmherren einer Antikriegsveranstaltung macht. Oder sollte das keine solche sein?  Für Frieden! Ja, aber mit wem? Geht es um Frieden mit den Kriegstreibern? Ich meine doch NEIN.

Unsere Schwäche ist es, dass wir eine solche Veranstaltung  nicht organisiert als Antikriegsveranstaltung bestimmen können.

Lied der Totengräber: Kriege schaffen sichere Arbeitsplätze/ HaBE für den Antikriegstag geschrieben

Natürlich muss man Kompromisse eingehen. Ich habe als Zeitsoldat auch für die Verbesserung der Bedingungen für die Mannschaften in der Bundeswehr gekämpft. Aber gleichzeitig die Debatte über den Zweck der Bundeswehr im Vietnamkrieg(an der Heimatfront), in der Notstandsverfassung, beim Einsatz im Inneren organisiert (und dafür Bau kassiert), was aber die Debatten nur verbreiterte und vertiefte ….

Es ist bei solcher Schirmherrbeschaffung immer die Frage, ob man den Tiger reitet oder umgekehrt.  Ich habe aus der Position der Schwäche heraus argumentiert. Wäre ich in FFM dabei gewesen. Ich hätte die Debatte dort sehr lautstark angestoßen. Ich hoffe das haben andere für mich übernommen. Trotz der gigantischen Lautsprecheranlagen.

Mit der Haltung des Bundes-DGB zur Kriegsfrage hat sich die Redaktion  von German Foreign Policy befasst:

https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7703/

Ganzheitliche Herangehensweise

29.08.2018

BERLIN (Eigener Bericht) – Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) unterlässt in seiner Erklärung zum diesjährigen Antikriegstag am 1. September jedwede Kritik an den Kriegsoperationen der Bundeswehr. Ebenso wenig distanziert sich die Arbeitnehmerorganisation von der todbringenden Rüstungsproduktion deutscher Konzerne; abgelehnt werden lediglich „Waffenexporte in Krisen- und Konfliktgebiete sowie an diktatorische und autokratische Regime“. In seiner Stellungnahme zum aktuellen „Weißbuch“ des Bundesverteidigungsministeriums war der DGB noch deutlicher geworden. Explizit spricht sich der Gewerkschaftsdachverband darin dafür aus, die „Arbeitsbedingungen“ bei den deutschen Streitkräften „attraktiv“ zu gestalten, damit die Soldaten „die aktuellen wie kommenden Aufgaben bedarfsgerecht bewältigen können“. Darüber hinaus wird die Bundesregierung aufgefordert, für „faire Wettbewerbsbedingungen“ auf dem europäischen Rüstungsmarkt zu sorgen und ihre „Verantwortung“ für die Beschäftigten der „wehrtechnischen Industrie“ wahrzunehmen.

„Vaterländische Hilfsdienste“

Unter dem Titel „Nie wieder Krieg! Abrüsten statt Aufrüsten!“ hat der Bundesvorstand des Deutschen Gewerkschaftsbundes (DGB) eine Erklärung zum Antikriegstag am 1. September veröffentlicht. Da sich 2018 das Ende des Ersten Weltkriegs zum hundertsten Mal jähre, habe man „besonderen Anlass, den Antikriegstag als Tag des Mahnens vor den zerstörerischen Folgen von besinnungslosem Nationalismus und Faschismus zu begehen“, heißt es darin. Wie die Leitung der Arbeitnehmerorganisation weiter ausführt, bekenne sie sich uneingeschränkt zur Losung „Nie wieder Krieg! Nie wieder Faschismus!“ und ziehe damit eine „unumstößliche Lehre“ aus den „Weltkriegsschrecken des 20. Jahrhunderts“.[1] Gänzlich unerwähnt bleibt indes, dass die deutschen Gewerkschaften während des Ersten Weltkriegs zahlreiche „vaterländische Hilfsdienste“ an der „Heimatfront“ leisteten. Beginnend mit der Zeichnung von Kriegsanleihen reichten diese über die Anwerbung von Frauen, Jugendlichen und Ausländern für die Rüstungsindustrie bis hin zur Exekution des staatlich verordneten Arbeitszwangs für alle männlichen Deutschen.[2]

Krieg als „humanitäre Leistung“

Gleichzeitig enthält sich der DGB in seiner Erklärung zum diesjährigen Antikriegstag jeglicher Kritik an den aktuellen Kriegsoperationen der Bundeswehr, die etwa in Mali und Afghanistan unter dem Label der „Terrorismusbekämpfung“ durchgeführt werden. Dies ist insofern nicht weiter verwunderlich, als die Leitung der Arbeitnehmerorganisation bereits 2001 den Einmarsch westlicher Truppen in Afghanistan ausdrücklich gebilligt hat. Zur Begründung hieß es, der „Terrorismus“ entziehe sich den „Regeln des Völkerrechts“, weshalb nunmehr auch diejenigen „neu nachdenken“ müssten, „die sich wie die Friedensbewegung um nichtmilitärische Formen der Konfliktlösung bemühen“: „In diesem Sinne ist es weder zielführend, allein auf die Intensivierung der militärischen Aktionen zu vertrauen, noch ihr sofortiges Ende oder ein befristetes Aussetzen zu verlangen.“[3] Erst zwei Jahre zuvor hatte der DGB den völkerrechtswidrigen Angriff der NATO auf die Bundesrepublik Jugoslawien mit den Worten legitimiert, staatliche Souveränität dürfe „nicht beinhalten, ethnische, kulturelle, religiöse Minderheiten ungestraft … verfolgen, ermorden oder vertreiben zu können“.[4] Folgerichtig lobte der scheidende DGB-Vorsitzende Michael Sommer noch 2014 den 1999 gegen Belgrad geführten Bombenkrieg als „große humanitäre Leistung der Bundeswehr“.[5]

Planungssicherheit für die Rüstungsindustrie

Ebenso wenig wie sich der DGB in seiner aktuellen Erklärung zum Antikriegstag von den deutschen Streitkräften distanziert, wendet er sich gegen die todbringende Produktion deutscher Rüstungskonzerne. Explizit abgelehnt werden lediglich „Waffenexporte in Krisen- und Konfliktgebiete sowie an diktatorische und autokratische Regime“.[6] Eine ähnliche Aussage findet sich auch in der Stellungnahme des Gewerkschaftsverbandes zum 2016 von der Bundesregierung publizierten „Weißbuch zur Sicherheitspolitik und zur Zukunft der Bundeswehr“ – allerdings nur, um gleich darauf „Planungssicherheit“ für die „wehrtechnische Industrie“ in Deutschland einzufordern: „Notwendig ist … Klarheit darüber, welche Fähigkeiten künftig benötigt, welche Technologien und welche Ausrüstungen (wo) beschafft und gewartet werden sollen.“ Dabei sei die Bundesregierung stets gehalten, ihre „Verantwortung“ für die Belegschaften deutscher Waffenschmieden „wahr(zu)nehmen“, heißt es.[7]

Sichere Arbeitsplätze bei der Bundeswehr

Passend dazu befasst sich die Stellungnahme des DGB zum „Weißbuch“ ausführlich mit den „zivilen und militärischen Beschäftigten“ der Bundeswehr. Gefordert wird eine „moderne, nachhaltige und demographiefeste Personalpolitik“, die die Truppe in die Lage versetzt, „die aktuellen wie kommenden Aufgaben bedarfsgerecht (zu) bewältigen“. Nur wenn es gelinge, die „Arbeitsbedingungen“ bei den deutschen Streitkräften „attraktiv zu gestalten“, sei gewährleistet, dass diese „zukunftsfest aufgestellt“ sind, heißt es weiter: „Die Vereinbarkeit von Privat- und Dienstleben, monetäre Aspekte, Arbeitszeitsouveränität, Personalentwicklung, umfassende Gesundheitsfürsorge – das sind nur einige der zu betätigenden Stellschrauben. (…) Gute und sichere Beschäftigung muss bei der Bundeswehr genauso Thema sein, wie politische Bildungs- und Weiterbildungs- oder (Re)Integrationsmöglichkeiten.“[8]

Die Krisenexpertise der Gewerkschaften

Die Überlegungen des DGB zur Steigerung der „Attraktivität“ des „Arbeitgebers Bundeswehr“ gehen einher mit einem expliziten Bekenntnis zum von der Bundesregierung favorisierten „vernetzten Ansatz“ deutscher „Sicherheitspolitik“. Gemeint ist hiermit die enge Verzahnung militärischer, diplomatischer, polizeilicher und entwicklungspolitischer Maßnahmen – insbesondere zwecks Aufstandsbekämpfung in den Ländern des globalen Südens. In seiner Stellungnahme zum „Weißbuch“ plädiert der DGB folgerichtig dafür, diese „ganzheitliche Herangehensweise in Krisenregionen mit bewaffneten Konflikten“ um „Instrumente“ der „Krisenprävention“ zu ergänzen – und dient der politisch-militärischen Führung seine diesbezügliche „Expertise“ an: „Gerade Gewerkschaften verfügen bei der Krisenprävention über Kompetenzen, Netzwerke und Wissen, die so kein anderer Akteur besitzt. Gewerkschaften haben ein besonderes Gespür für soziale Probleme, die oftmals zur/zu einer der Konfliktursache(n) werden können.“[9]

Gewerkschaftlich organisierte EU-Soldaten

Analoge Aussagen finden sich in der Erklärung des DGB zum diesjährigen Antikriegstag; darin wird die Bundesregierung aufgefordert, „mit ihren EU-Partnern eine gemeinsame europäische Strategie der friedenssichernden Konflikt- und Krisenprävention zu erarbeiten“.[10] Dass besagte Strategien stets militärische Optionen beinhalten, unterschlägt die Arbeitnehmerorganisation zwar aus Rücksicht auf ihre friedenspolitisch engagierte Klientel, ist sich dessen aber durchaus bewusst. So hat der DGB etwa, wie seiner Stellungnahme zum „Weißbuch“ zu entnehmen ist, keinerlei Probleme mit der Schaffung einer „Europäischen Armee“ – sofern deren Grundsätze eine „freie gewerkschaftliche Organisierung“ der Soldaten zulassen.[11]

Bitte lesen Sie auch unsere Rezension zu „Lieber tot als rot“ von Malte Meyer.
https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/7702/

Weitere Informationen zum Verhältnis zwischen deutschen Gewerkschaften, Bundeswehr und Rüstungsindustrie finden Sie hier:
– Entspanntes Verhältnis (III)https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/6292/,
– Entspanntes Verhältnis (II), https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/6093/
– Entspanntes Verhältnis, Deutsche https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/5855/
– Systemführerschaft https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/5334/
– und Von nationaler Bedeutung. https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/5362/

[1] DGB-Bundesvorstand: Nie wieder Krieg! Abrüsten statt Aufrüsten! Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Antikriegstag: 1. September 2018. Berlin 2018.

[2] Malte Meyer: Lieber tot als rot. Gewerkschaften und Militär in Deutschland seit 1914. Münster 2017. Unsere Rezension finden Sie hier.

[3], [4], [5] Zitiert nach: Malte Meyer: Lieber tot als rot. Gewerkschaften und Militär in Deutschland seit 1914. Münster 2017.

[6] DGB-Bundesvorstand: Nie wieder Krieg! Abrüsten statt Aufrüsten! Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Antikriegstag: 1. September 2018. Berlin 2018.

[7], [8], [9] DGB-Bundesvorstand: Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu dem Weißbuch Sicherheitspolitik der Bundesregierung. Berlin 21.02.2017.

[10] DGB-Bundesvorstand: Nie wieder Krieg! Abrüsten statt Aufrüsten! Erklärung des Deutschen Gewerkschaftsbundes zum Antikriegstag: 1. September 2018. Berlin 2018.

[11] DGB-Bundesvorstand: Stellungnahme des Deutschen Gewerkschaftsbundes zu dem Weißbuch Sicherheitspolitik der Bundesregierung. Berlin 21.02.2017.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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