Ein Dorf demonstriert gegen die Interkontinentalraketen-Pläne des Franz-Josef Strauß
Nun, es war eine der in der Region größten jährlich stattfindenden Demonstrationen im südlichsten Zipfel Oberhessens. Gegen die war auch die bleierne Adenauer-Zeit,-Polizei & -Zensur machtlos: der Faschingsumzug in Mittel-Gründau war einer der schärfsten Umzüge zwischen Frankfurt und Fulda, Giessen und Aschaffenburg. Tausende Besucher aus dem Umkreis, selbst aus den kurhessischen Kreisen Gelnhausen, Hanau und Schlüchtern kamen mit der „Heldmann-Bahn“ und säumten die noch nicht asphaltierten Dorfstraßen. Übertroffen wurde der Besucherandrang lediglich bei den alle zwei Jahre stattfindenden Motocross-Läufen zur deutschen Meisterschaft am Mittel-Gründauer „Kolbenstein“, deren Schirmherr der SOLIDARITÄTS-Rad-Rotsportler und Bürgermeister Wilhelm Pfannmüller war. Hier kamen immer 4.000 und mehr Besucher
Ähnlich war der Andrang, als der legendäre „Frankfurter Wecker“ des Hessischen Rundfunks im VOLKSHAUS gastierte (Heinz Schenk, Willy Berking und die HR-Bigband, Gretje Kauffeld, Gerd Böttcher, der singende Gemeindediener Herbert usw… , ) oder die RAINBOWS und die MONKS in Mittel-Gründau auftraten (weitere Bilder folgen noch)::
Vorschläge, sie zu übernehmen, daraus eine Mehrgenerationen- Wohnanlage mit Betreuungsschule, Café, Dorftreff, Post, Lebensmittel-Laden, zusätzlichen Veranstaltungsräumen, Museum, Schulerweiturungs-Optionen, Seniorenwohnungen betreut bis -Pflege, Arztzentrum, Schwesternstation, Rotkreuz-Station und Jugendzentrum zu machen, hat die Gemeinde abgelehnt.
Besonders die parkähnliche Anlage neben der Hofgutmühle, dem leider abgerissenen „Polenhaus“ am Altwiedermuser Weg, unterhalb der ebenfalls abgerissenen großen Feldscheune (wo vor 25 Jahren die 775-Jahrfeier stattfand) hätte sich für eine Mehr-Generationen-Wohnanlage im „Herrenhaus“ bis rüber zur Pferdekoppel, einschließlich des umbaufähigen Schweinestalles und der darübergelegenen Heu- & Strohböden, sehr gut geeignet
Die wurden nach einem Brand 1935 durch die Mittel-Gründauer in gewohnter Fronarbeit erneuert. Man munkelte von Brandstiftung. Andere meinten , das undichte Dach hätte das Heu feucht werden lassen und es hätte sich selbst entzündet. Tatsächlich waren es, wie der Dorfälteste , der Schmied Heinz Vaupel erzählt, drei Mittel-Gründauer Dreikäsehochs, die heimlich im Stroh was auch immer geraucht hatten. „Des warn welche aus dem Ahl, aber Du schreibst keine Namen!“ … Ich kann schweigen wie ein Grab!
Listigerweise hängt die Hakenkreuzfahne über dem Eingang zum Schweinestall. Und nur drei Menschen prüfen, ob es regnet oder zeigen, wie hoch laut Goebbels demnächst der Schnee liegen soll: Der Pächter Schutt, sein Verwalter Schmerbeck und dessen Sohn. Der war im Dorf der Pimpfenführer und ließ die HJ regelmäßig mit Spitzhacken ausrücken, um die im Volk zu recht verhassten (aber mittlerweile völlig bedeutungslosen) Grenzsteine zwischen Hessen-Darmstadt und Hessen-Kassel zu vernichten. Und das meist unter dem Absingen des von NS-Schreibern umgetexteten Bauernkriegsliedes: „Als Adam grub und Eva spann, Kyrieleis, wo war denn da der Edelmann, Kyrieleis, Spieß voran, drauf und dran, setzt aufs Klosterdach den roten Hahn!“ – jaja, auch die Pfaffen waren in Mittel-Gründau nicht sonderlich beliebt, weil sie doch Jahrhunderte lang die Bauern schröpften und ihnen Haus, Hof und Acker vor dem Reichskammergericht in Wetzlar und am Hofgericht in Wien streitig machten: die Prämonstratenser, der Deutsch-Herren-Orden, das Arnsburger Kloster, der Fürst-Bischof von Mainz und der Graf & Fürst von Isenburg-Büdingen.
Zwischenbemerkung: leider hat auch Yaak Karsunke diese NS-Textversion des „Als Adam grub und Eva spann ..“ unwissentlich in seine „Bauern-Oper“ übernommen und nicht nur die Frankfurter Spontis um Joschka Fischer und Daniel Cohn-Bendit haben diesen Text im Frankfurter Theater am Turm, im TAT bei der Uraufführung inbrünstig und genau so unwissentlich mitgesungen
Der Pimpfenführer Schmerbeck war ein echter Bauernfänger!
Und die Büdinger Fürsten/Grafenhäuser machten mit den NAZIs glänzende Geschäfte u.a. das Steingut-Geschirr für die „Kraft durch Freude“-Organisation oder für die BDM-Lager und das NSKK und ab 1939 noch mehr: Holz für die Schützengräben und Unterstände ….. Pflastersteine für die Reichauto-Rollbahnen gen Osten und für die in „Hermann-Göring-Werke“ umbenannte Hartstein-Industrie und andere fürstliche Werke, Landwirtschafts-und Forstbetriebe gabs jede Menge billigste Arbeitskraft von der SS ausgeliehen und in eigens errichteten KZ-Außenlagern bis zur Vergasung oder bis zum Verhungern untergebracht.
Aber die Mittel-Gründauer waren nicht so blöd, wie die der Führer gerne gehabt hätte. Keiner hebt die rechte Hand zum „Führergruß“. Nur die drei örtlichen NS-Goldfasane.
Auch der Rot-Haken-Kreuz-Führer in Büdingen beschwert sich über die mangelnde Linientreue der Mittel-Gründauer Rot-Kreuz-Mitglieder wegen der regelmäßigen Schwänzerei der NS-Schulungen und droht mit der Meldung bei der NSDAP-Kreisleitung unterzeichnet von Dr. NN mit Heil Hitler (Dokument folgt noch)
Den Vorschlag, den unter Denkmalschutz stehenden Bahnhof in ein solches -kleineres- Zentrum umzuwandeln, mit Bike-Station, Dorf-Jugend-& Seniorentreff/-Café, mit Wohnung für einen Jugendarbeiter …. lehnte die Gemeinde „wegen Geldmangel“ 2017 ab.
1957 endlich fertiggestellt, aber schon als überdachter und befensterter Rohbau ohne Fußboden und Heizung seit 1955/56 für Voilksfeste genutzt: das Mittel-Gründauer VOLKSHAUS. Endlich wurden die Räume in der Schule frei und die vereine waren nicht mehr gezwungen bei Gastwirten um Räume auf der Warteliste zu stehen. Der Bau erfolgte zur Hälfte in Eigenleistung der Einwohner , so wie das Feuerwehrhaus und das SKG-Sportlerheim und die Anlage des Fußballplatzes. Da das Volkshaus wegen des großen Andranges der Vereine und die Nutzung als Schulsporthalle zuz klein war , erfolgte wenige Jahre später ein Anbau, der auch den Probenraum für den Gesangsverein aus der Schule in das Volkshaus brachte.
Unvergesslich sind die Spendenaktionen für das VOLKSHAUS, das Feuerwehrhaus, das Sportlerheim. Wer nicht mitarbeiten konnte, konnte sich mit „5 Mark für einen Hohlblock“ an der Finanzierung beteiligen.
Das war bitter nötig, denn auch nach dem vom Büdinger Landrat Moosdorf Wilhelm Pfannmüller angeratenen Eintritt in die SPD („Damit kannst Du an den Alt-Nazis vorbei!“) dauerte es noch ein Weilchen, bis aus Wiesbaden Gelder bewilligt wurden.
Selbsthilfe war nach wie vor angesagt und gerade deshalb hatte das Dorf keine Schulden. Es erwirtschaftete aus dem Gemeindewald und dem Steinbruch sogar noch Eigenmittel für die Infrastruktur, die Sozialpolitik (gemeindeeigene Sozialwohnungen) und die Schaffung von Arbeitsplätzen: Ansiedlung von mittelständischen Industriebetrieben: (Leder-Textilfabrik am Bahnhof, Uhrenfabrik am Altwiedermuser Weg …. ) . Darum waren die umliegenden Gebietskörperschaften so scharf auf dieses schuldenfreie Dorf.
das Bild zeigt die „eigenleistenden“ Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr und aller anderen Mittel-Gründauer Vereine sowie nicht vereinsgebundenen Mittel-GründauerINNEN beim Feierabend- und Wochenendeinsatz unter Anleitung des Bürgermeisters, der ja schon als baupolier das Frankfurter Waldstadion mit erbaut hat. Er wusste, wo Selbsthilfe möglich ist. Er kannte Bau-Theorie und Bau-Praxis. Das war für das Dorf bei allen Objekten sehr kostenersparend und kostete so manche Fremdfirma den einen oder anderen Auftrag.
Nicht umsonst bekam der Langenselbolder Ex-Reichswirtschaftsführer Kaus (mit seiner „arisierten“ Fuldaer Baufirma Mehler und der Auslieferung seines Baupoliers Valentin Schmidt an die GESTAPO und die Freissler-NS-Justiz, die ihn in Plötzensee hinrichten ließ) in Mittel-Gründau keinen Auftrag. Dass Kaus sich in Langenselbold mit der Stiftung des Freibades einen Persilschein kaufen konnte und dann (nach dem KPD-Verbot) auch wieder öffentliche Aufträge erhielt, ist ein anderes Kapitel
Die folgenden Bilder zeigen den Faschingsumzug 1958.
Gerade hat Franz-Josef Strauß Bonn die Ausrüstung der Bundeswehr mit Interkontinentalraketen gefordert und schon wird er von Mittel-Gründau aufs Korn genommen.
Mittel von Land Hessen zu erhalten, war für Mittel-Gründau sehr schwierig: in der Redgierung Zinn saßen in den zuständigen Ministerien mit Paul Franke (Verkehr und Wirtschaft) und Gustav Hacker (Landwirtschaft) zwei hochrangige ehemalige NSDAP-Funktionäre und Gründer der GDP/BHE, die Wilhelm Pfannmüller als ehemaliger Chefankläger der Entzazifizierungs-Spruchkammer in Büdingen sehr gut kannte. Die beiden Minister kannten ihn, den ehemaligen regional-Vorsitzenden der KPD auch. So bekam Mittel-Gründau bis in die 1960er Jahre sozusagen als Strafe für den örtlichen Widerstand gegen die NAZI-Diktatur so gut wie keine Mittel zum Ausbau der Infrastruktur. Der geplante Schwimmbadbau scheiterte trotz erfolgreicher Geldspendeaktionen in Mittel-Gründau daran. Die gesammelten 5.000,- DM brachte Bürgermeister Pfannmüller in den Bau des Hallenbades-Mittlerse-Kinzigtal ein und erstritt für die Mittel-GründauerINNEN den kostenlosen Schwimmbad-Bus als eine der Bedingungen für die Eingliederung des Dorfes in den Main-Kinzig-Kreis.
Das Dorf gehörte an sich in den Kreis Büdingen und war von 1970 bis 1972 auch Büdinger Stadt-Teil, bis der hessische Innenminister das demokratische Abstimmungsergebnis missachtete und per Gebietsreform-Verordnung Mittel-Gründau dem neuen Main-Kinzig-Kreis und der Großgemeinde Gründau angliederte.
Der Faschingsumzug stellt sich unter der Leitung des SKG-Fußball-Sportlers, Schuhmachers und Bürgermeisters Wilhelm Pfannmüller (auf dem Bild links oben auf dem Pferd) in der Hauptstraße, der heutigen Bachgasse auf.
Einer der wenigen PKWs im Dorf, der VW-Käfer des Metzgermeisters und Gastwirts Stenger zieht den Bundes-Raketen-Strauß durch den Kakao und das Dorf. Die Gaststätte Stenger hatte eine Kegelbahn, wo sich die Kinder beim Kegelaufstellen Taschengeld verdienen konnten. Über der Kegelbahn war der KONSUM. Die Mittel-Gründauer Milchgenossenschaft hatte ihre Tiefkühlanlage und die neue Milchsammelstelle noch nicht gebaut. Die Gemeinde stellte den Bauplatz für einen eher symbolischen Quadratmeterpreis von 1,-DM zur Verfügung. Dort wo einst die Adolf-Hitler-Eiche für 12 von 1000 Jahren stand, entstand jetzt eine Tiefkühlanlage, die bis zum nächsten Hochwasser funktionierte. In der Nachfolge entstand hier die Raiffeisen-Niederlassung mit Landhandel und Volksbank
Bis über den weißen Haarschopf der Oma Meininger (Bildmitte, weißes Haar, schwarzer Mantel) stand 1911 das Hochwasser übermanns-oder frauhoch und nur die Kühe überlebten. Schweine, Ziegen, Schafe , Hühner, Stallhasen … alles was sonst noch in Ställen eingesperrt war, ertrank 1911
http://www.peterhall.de/history/bundestag1958/bt15.html
http://www.spiegel.de/einestages/kalenderblatt-25-3-1958-a-946755.html
Die gleiche Stelle, an der Ex-Hauptstraße, heute Bachgasse 1, oder wie die Alten diese Adresse nennen „Bei’s TObiasse“
Die Hochwassermarke am Eck liegt heute maximal auf Brusthöhe. Nach der Kanalisation des Haselbaches und dem Neubau der Hauptstraße/ Bachgasse wurde das Straßenniveau um mindestens 75 Zentimeter angehoben. Das brachte die Notwendigkeit der kompletten Erneuerung der Entwässerung der Anrainer-Höfe mit sich.
Organisiert vom SKG-Vorstands-Dreiergespann Erwin Goll, Kurt Uffelmann und Wilhelm Pfannmüller, der vermutlich auch im KZ-Börgermoor im Emsland und wie das Foto es sicher belegt auch im Strafbataillon 999 in Jugoslawien Fußball-Turniere organisierte, bis er 1944 durch Flucht vor der SS zu Titos Partisanen-Armee sein Leben und so mit der Verkürzung des Krieges auch Zig-Tausende andere Menschenleben retten konnte:
Jetzt aber wieder Faschingsumzug 1958:
Noch eine Raketen-Verspottung: