„Das Geld ist der Gott unserer Zeit und Rothschild ist sein Prophet.“ – Heinrich Heine, Lutetia. Erster Teil. Aus: Werke und Briefe in zehn Bänden. hg. von Hans Kaufmann, 2. Auflage, Berlin und Weimar: Aufbau, 1972. Band 6, S. 378
Leider scheint die Verleihung des Göttinger Friedenspreises 2019 an die berüchtigt antisemitische „Jüdische Stimme für einen gerechten Frieden in Nahost“ nicht mehr zu verhindern sein. Trotz der couragiert-mutigen Haltung des Göttinger Oberbürgermeisters Köhler, der Universitätspräsidentin Beisiegel, des Pressesprechers der Göttinger Sparkasse, des Vorsitzenden des Zentralrats der Juden in Deutschland, Schuster, der Göttinger FDP-Fraktionsvorsitzenden Felicitas Oldenburg und des Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung Felix Klein lassen sich die Röhl’sche Stiftung und der Vorsitzende der Friedenspreisjury, der taz-Journalist Andreas Zumach nicht mehr von ihrem Vorhaben abbringen.
Nachdem die Universität die Räume für die Verleihung gekündigt hat, die Stadt das Rathaus nicht mehr für den Empfang zur Verfügung stellt und der Oberbürgermeister die Veranstaltung nicht mit seiner Anwesenheit aufwerten will, soll die Verleihung trotzalledem jetzt in der Galerie Alte Feuerwache am 09. März um 12 Uhr stattfinden, auch ohne Oberbürgermeister.
Da nun diese Verleihung wohl nicht mehr zu verhindern ist, sammelt sich -nach Informationen aus dem Rathaus bereits Widerstand gegen die Verleihung des Göttinger Friedenspreises an einen für 2020 vorgeschlagenen antisemitischen Kandidaten. Ein Antrag der FDP-Fraktion im Stadtrat sei bereits in Vorbereitung mit dem Ziel der Umbenennung der Heinrich-Heine- in Heinrich-Harrer-Straße, zur Erinnerung an den berühmten Konrad Lorenz-Schüler, Verhaltensforscher und Natur-Dokumentarfilmer.
Der für den Göttinger Friedenspreis 2020 vorgeschlagene als Antisemit bekannte Kandidat Heine hat mit seinen sogenannten Kunstwerken den Antisemitismus beflügelt und darüber hinaus eine Rufmordkampagne gegen die Stadt Göttingen organisiert:
Hier eine Kostprobe aus Heines“künstlerischem“ Schaffen die Stadt Göttingen betreffend und danach eines seiner langen antisemitischen Poeme:
In seiner „Harzreise“ schreibt er 1824 im 2. Kapitel:
Die Stadt Göttingen, berühmt durch ihre Würste und Universität, gehört dem Könige von Hannover, und enthält 999 Feuerstellen, diverse Kirchen, eine Entbindungsanstalt, eine Sternwarte, einen Karzer, eine Bibliothek und einen Ratskeller, wo das Bier sehr gut ist. Der vorbeifließende Bach heißt »die Leine«, und dient des Sommers zum Baden; das Wasser ist sehr kalt und an einigen Orten so breit, daß Lüder wirklich einen großen Anlauf nehmen mußte, als er hinübersprang. Die Stadt selbst ist schön, und gefällt einem am besten, wenn man sie mit dem Rücken ansieht. Sie muß schon sehr lange stehen; denn ich erinnere mich, als ich vor fünf Jahren dort immatrikuliert und bald darauf konsiliiert wurde, hatte sie schon dasselbe graue, altkluge Ansehen, und war schon vollständig eingerichtet mit Schnurren, Pudeln, Dissertationen, Teedansants, Wäscherinnen, Kompendien, Taubenbraten, Guelfenorden, Promotionskutschen, Pfeifenköpfen, Hofräten, Justizräten, Relegationsräten, Profaxen und anderen Faxen. Einige behaupten sogar, die Stadt sei zur Zeit der Völkerwanderung erbaut worden, jeder deutsche Stamm habe damals ein ungebundenes Exemplar seiner Mitglieder darin zurückgelassen, und davon stammten all die Vandalen, Friesen, Schwaben, Teutonen, Sachsen, Thüringer usw., die noch heutzutage in Göttingen, hordenweis, und geschieden durch Farben der Mützen und der Pfeifenquäste, über die Weenderstraße einherziehen, auf den blutigen Walstätten der Rasenmühle, des Ritschenkrugs und Bovdens sich ewig untereinander herumschlagen, in Sitten und Gebräuchen noch immer wie zur Zeit der Völkerwanderung dahinleben, und teils durch ihre Duces, welche Haupthähne heißen, teils durch ihr uraltes Gesetzbuch, welches Comment heißt und in den legibus barbarorum eine Stelle verdient, regiert werden.
Im allgemeinen werden die Bewohner Göttingens eingeteilt in Studenten, Professoren, Philister und Vieh; welche vier Stände doch nichts weniger als streng geschieden sind. Der Viehstand ist der bedeutendste. Die Namen aller Studenten und aller ordentlichen und unordentlichen Professoren hier herzuzählen, wäre zu weitläufig; auch sind mir in diesem Augenblick nicht alle Studentennamen im Gedächtnisse, und unter den Professoren sind manche, die noch gar keinen Namen haben. Die Zahl der Göttinger Philister muß sehr groß sein, wie Sand, oder besser gesagt, wie Kot am Meer; wahrlich, wenn ich sie des Morgens, mit ihren schmutzigen Gesichtern und weißen Rechnungen, vor den Pforten des akademischen Gerichtes aufgepflanzt sah, so mochte ich kaum begreifen, wie Gott nur so viel Lumpenpack erschaffen konnte.
Ausführlicheres über die Stadt Göttingen läßt sich sehr bequem nachlesen in der Topographie derselben von K. F. H. Marx. Obzwar ich gegen den Verfasser, der mein Arzt war und mir sehr viel Liebes erzeigte, die heiligsten Verpflichtungen hege, so kann ich doch sein Werk nicht unbedingt empfehlen, und ich muß tadeln, daß er jener falschen Meinung, als hätten die Göttingerinnen allzu große Füße, nicht streng genug widerspricht. Ja, ich habe mich sogar seit Jahr und Tag mit einer ernsten Widerlegung dieser Meinung beschäftigt, ich habe deshalb vergleichende Anatomie gehört, die seltensten Werke auf der Bibliothek exzerpiert, auf der Weenderstraße stundenlang die Füße der vorübergehenden Damen studiert, und in der grundgelehrten Abhandlung, so die Resultate dieser Studien enthalten wird, spreche ich 1. von den Füßen überhaupt, 2. von den Füßen bei den Alten, 3. von den Füßen der Elefanten, 4. von den Füßen der Göttingerinnen, 5. stelle ich alles zusammen, was über diese Füße auf Ullrichs Garten schon gesagt worden, 6. betrachte ich diese Füße in ihrem Zusammenhang, und verbreite mich bei dieser Gelegenheit auch über Waden, Knie usw., und endlich 7., wenn ich nur so großes Papier auftreiben kann, füge ich noch hinzu einige Kupfertafeln mit dem Faksimile göttingischer Damenfüße. –………
Wer über Göttingen so schreibt, dem darf kein Göttinger Friedenspreis verliehen werden.
Vorwort zum Kommentar* eines gewissen Herrn Heinrich Heine zum Karikaturen-Kampf der Kulturen Mein lieber, hoch verehrter Herr Heinrich Heine, wo auch immer in welchem Ghetto weit im Jenseits Sie dort oben wohnen, ich habe Ihren langen Brief im Märchenland der Brüder Grimm in Göttingen, in Kassel, in Stein- & Hanau im tiefsten preußisch-hessischen Schlamassel vor ein paar Wochen erst geöffnet und gelesen, dass selbst im himmlisch schwachen Schimmer der Milchstraße Sie des Nachts nicht schlafen können, schimpfen, schreien, toben, wenn Sie an dieses Land, aus dem Sie flohen, denken … Auch ich kann immer öfter nicht mehr schlafen, auch wenn ich Jahwe, Allah, und HimmelHerrGottSakrament wen noch anflehe sie mögen mir nur etwas Ruhe, Frieden schenken Alles Gute kommt von oben? wer’s glaubt wird seelig statt zu denken. Erfolg: erst Schweigen. Gott loben? Doch dann brüllen aus dem schwarzen Loch in Minutenabstand die Giganten beim Abflug und beim Landen nach Sodom hin, zurück danach Gomorrha den Himmel machen sie zur Hölle mit ihrer Fracht die Nacht zum Tag Falludschas Kinderaugen leuchten GAZAgleich so phosphorhell tot all global Denk ich an Deutschland in der Nacht? mir ist inzwischen dieses Land egal ich liebe seine meine Sprache dieses Land und seine Leute die mich geboren, großgezogen haben zur Hälfte, und die andre hass ich ich weine denke ich des Nachts an meine, seine und der Götter Kinder auf Charly Chaplins DiktatorenBall. Herr Heine, Sie wissen was ich meine? Paris ist zu, der Sammelplatz der Todes- Schwadronen für die Vorstädte die Kinderfänger des Herodes wer will nach Wien der weiß nach Blum was ihm dort blüht wieviele Terminatorführer Österreich gerade noch gebiert. Zu Karl? In London tobt der Krieg. Die neue Welt?, die haben sie so alt gemacht. Vor hundertfünfzig Jahren da machte das vielleicht noch Sinn doch jetzt bekäm ich garantiert damit ich dort nicht länger bleib einen Käfig reserviert in Guantanamo und Abu Greib Ich weiß nicht mehr wohin soll ich und sollen meine Kinder fliehn und darum wein ich lieber Heinrich. 17. Februar 2006, 150. Todestag des Dichters Heinrich Heine Disputation In der Aula zu Toledo Klingen schmetternd die Fanfaren; Zu dem geistlichen Turnei Wallt das Volk in bunten Scharen. Das ist nicht ein weltlich Stechen, Keine Eisenwaffe blitzet – Eine Lanze ist das Wort, Das scholastisch scharf gespitzet. Nicht galante Paladins Fechten hier, nicht Damendiener – Dieses Kampfes Ritter sind Kapuziner und Rabbiner. Statt des Helmes tragen sie Schabbesdeckel und Kapuzen; Skapulier und Arbekanfeß Sind der Harnisch, drob sie trutzen. Welches ist der wahre Gott? Ist es der Hebräer starrer Großer Eingott, dessen Kämpe Rabbi Juda’ der Navarrer? Oder ist es der dreifalt’ge Liebegott der Christianer, Dessen Kämpe Frater Jose, Gardian der Franziskaner? Durch die Macht der Argumente, Durch der Logik Kettenschlüsse Und Zitate von Autoren, Die man anerkennen müsse, Will ein jeder Kämpe seinen Gegner ad absurdum führen Und die wahre Göttlichkeit Seines Gottes demonstrieren. Festgestellt ist: daß derjen’ge, Der im Streit ward überwunden, Seines Gegners Religion Anzunehmen sei verbunden, Daß der Jude sich der Taufe Heil’gem Sakramente füge, Und im Gegenteil der Christ Der Beschneidung unterliege. Jedem von den beiden Kämpen Beigesellt sind elf Genossen, Die zu teilen sein Geschick Sind in Freud und Leid entschlossen. Glaubenssicher sind die Mönche Von des Gardians Geleitschaft, Halten schon Weihwasserkübel Für die Taufe in Bereitschaft, Schwingen schon die Sprengelbesen Und die blanken Räucherfässer – Ihre Gegner unterdessen Wetzen die Beschneidungsmesser. Beide Rotten stehn schlagfertig Vor den Schranken in dem Saale, Und das Volk mit Ungeduld Harret drängend der Signale. Unterm güldnen Baldachin Und umrauscht vom Hofgesinde Sitzt der König und die Kön’gin; Diese gleichet einem Kinde. Ein französisch stumpfes Näschen, Schalkheit kichert in den Mienen, Doch bezaubernd sind des Mundes Immer lächelnde Rubinen. Schöne, flatterhafte Blume – Daß sich ihrer Gott erbarme – Von dem heitern Seineufer Wurde sie verpflanzt, die arme, Hierher in den steifen Boden Der hispanischen Grandezza; Weiland hieß sie Blanch’ de Bourbon, Doña Blanka heißt sie jetzo. Pedro wird genannt der König Mit dem Zusatz der Grausame; Aber heute, milden Sinnes, Ist er besser als sein Name. Unterhält sich gut gelaunt Mit des Hofes Edelleuten; Auch den Juden und den Mohren Sagt er viele Artigkeiten. Diese Ritter ohne Vorhaut Sind des Königs Lieblingsschranzen, Sie befehl’gen seine Heere, Sie verwalten die Finanzen. Aber plötzlich Paukenschläge, Und es melden die Trompeten, Daß begonnen hat der Maulkampf, Der Disput der zwei Athleten. Der Gardian der Franziskaner Bricht hervor mit frommem Grimme; Polternd roh und widrig greinend Ist abwechselnd seine Stimme. In des Vaters und des Sohnes Und des Heil’gen Geistes Namen Exorzieret er den Rabbi, Jakobs maledeiten Samen. Denn bei solchen Kontroversen Sind oft Teufelchen verborgen In dem Juden, die mit Scharfsinn, Witz und Gründen ihn versorgen. Nun die Teufel ausgetrieben Durch die Macht des Exorzismus, Kommt der Mönch auch zur Dogmatik, Kugelt ab den Katechismus. Er erzählt, daß in der Gottheit Drei Personen sind enthalten, Die jedoch zu einer einz’gen, Wenn es passend, sich gestalten – Ein Mysterium, das nur Von demjen’gen wird verstanden, Der entsprungen ist dem Kerker Der Vernunft und ihren Banden. Er erzählt: wie Gott der Herr Ward zu Bethlehem geboren Von der Jungfrau, welche niemals Ihre Jungferschaft verloren; Wie der Herr der Welt gelegen In der Krippe, und ein Kühlein Und ein Öchslein bei ihm stunden, Schier andächtig, zwei Rindviehlein. Er erzählte: wie der Herr Vor den Schergen des Herodes Nach Ägypten floh, und später Litt die herbe Pein des Todes Unter Pontio Pilato, Der das Urteil unterschrieben, Von den harten Pharisäern, Von den Juden angetrieben. Er erzählte: wie der Herr, Der entstiegen seinem Grabe Schon am dritten Tag, gen Himmel Seinen Flug genommen habe; Wie er aber, wenn es Zeit ist, Wiederkehren auf die Erde Und zu Josaphat die Toten Und Lebend’gen richten werde. »Zittert, Juden!« rief der Mönch, »Vor dem Gott, den ihr mit Hieben Und mit Dornen habt gemartert, Den ihr in den Tod getrieben. Seine Mörder, Volk der Rachsucht, Juden, das seid ihr gewesen – Immer meuchelt ihr den Heiland, Welcher kommt, euch zu erlösen. Judenvolk, du bist ein Aas, Worin hausen die Dämonen; Eure Leiber sind Kasernen Für des Teufels Legionen. Thomas von Aquino sagt es, Den man nennt den großen Ochsen Der Gelehrsamkeit, er ist Licht und Lust der Orthodoxen. Judenvolk, ihr seid Hyänen, Wölfe, Schakals, die in Gräbern Wühlen, um der Toten Leichnam’ Blutfraßgierig aufzustöbern. Juden, Juden, ihr seid Säue, Paviane, Nashorntiere, Die man nennt Rhinozerosse, Krokodile und Vampire. Ihr seid Raben, Eulen, Uhus, Fledermäuse, Wiedehöpfe, Leichenhühner, Basilisken, Galgenvögel, Nachtgeschöpfe. Ihr seid Vipern und Blindschleichen, Klapperschlangen, gift’ge Kröten, Ottern, Nattern – Christus wird Eu’r verfluchtes Haupt zertreten. Oder wollt ihr, Maledeiten, Eure armen Seelen retten? Aus der Bosheit Synagoge Flüchtet nach den frommen Stätten, Nach der Liebe lichtem Dome, Wo im benedeiten Becken Euch der Quell der Gnade sprudelt – Drin sollt ihr die Köpfe stecken – Wascht dort ab den alten Adam Und die Laster, die ihn schwärzen; Des verjährten Grolles Schimmel, Wascht ihn ab von euren Herzen! Hört ihr nicht des Heilands Stimme? Euren neuen Namen rief er – Lauset euch an Christi Brust Von der Sünde Ungeziefer! Unser Gott, der ist die Liebe, Und er gleichet einem Lamme; Um zu sühnen unsre Schuld, Starb er an des Kreuzes Stamme. Unser Gott, der ist die Liebe, Jesus Christus ist sein Name; Seine Duldsamkeit und Demut Suchen wir stets nachzuahmen. Deshalb sind wir auch so sanft, So leutselig, ruhig, milde, Hadern niemals, nach des Lammes, Des Versöhners, Musterbilde. Einst im Himmel werden wir Ganz verklärt zu frommen Englein, Und wir wandeln dort gottselig, In den Händen Lilienstenglein. Statt der groben Kutten tragen Wir die reinlichsten Gewänder Von Muss’lin, Brokat und Seide, Goldne Troddeln, bunte Bänder. Keine Glatze mehr! Goldlocken Flattern dort um unsre Köpfe; Allerliebste Jungfraun flechten Uns das Haar in hübsche Zöpfe. Weinpokale wird es droben Von viel weiterm Umfang geben, Als die Becher sind hier unten, Worin schäumt der Saft der Reben. Doch im Gegenteil viel enger Als ein Weibermund hienieden, Wird das Frauenmündchen sein, Das dort oben uns beschieden. Trinkend, küssend, lachend wollen Wir die Ewigkeit verbringen, Und verzückt Halleluja, Kyrie eleison singen.« Also schloß der Christ. Die Mönchlein Glaubten schon, Erleuchtung träte In die Herzen, und sie schleppten Flink herbei das Taufgeräte. Doch die wasserscheuen Juden Schütteln sich und grinsen schnöde. Rabbi Juda, der Navarrer, Hub jetzt an die Gegenrede: »Um für deine Saat zu düngen Meines Geistes dürren Acker, Mit Mistkarren voll Schimpfwörter Hast du mich beschmissen wacker. So folgt jeder der Methode, Dran er nun einmal gewöhnet, Und anstatt dich drob zu schelten, Sag ich Dank dir, wohlversöhnet. Die Dreieinigkeitsdoktrin Kann für unsre Leut’ nicht passen, Die mit Regula-de-tri Sich von Jugend auf befassen. Daß in deinem Gotte drei, Drei Personen sind enthalten, Ist bescheiden noch, sechstausend Götter gab es bei den Alten. Unbekannt ist mir der Gott, Den ihr Christum pflegt zu nennen; Seine Jungfer Mutter gleichfalls Hab ich nicht die Ehr’ zu kennen. Ich bedaure, daß er einst, Vor etwa zwölfhundert Jahren, Ein’ge Unannehmlichkeiten Zu Jerusalem erfahren. Ob die Juden ihn getötet, Das ist schwer jetzt zu erkunden, Da ja das Corpus delicti Schon am dritten Tag verschwunden. Daß er ein Verwandter sei Unsres Gottes, ist nicht minder Zweifelhaft; soviel wir wissen, Hat der letztre keine Kinder. Unser Gott ist nicht gestorben Als ein armes Lämmerschwänzchen Für die Menschheit, ist kein süßes Philantröpfchen, Faselhänschen. Unser Gott ist nicht die Liebe; Schnäbeln ist nicht seine Sache, Denn er ist ein Donnergott Und er ist ein Gott der Rache. Seines Zornes Blitze treffen Unerbittlich jeden Sünder, Und des Vaters Schulden büßen Oft die späten Enkelkinder. Unser Gott, der ist lebendig, Und in seiner Himmelshalle Existieret er drauflos Durch die Ewigkeiten alle. Unser Gott, und der ist auch Ein gesunder Gott, kein Mythos Bleich und dünne wie Oblaten Oder Schatten am Cocytos. Unser Gott ist stark. In Händen Trägt er Sonne, Mond, Gestirne; Throne brechen, Völker schwinden, Wenn er runzelt seine Stirne. Und er ist ein großer Gott. David singt: Ermessen ließe Sich die Größe nicht, die Erde Sei der Schemel seiner Füße. Unser Gott liebt die Musik, Saitenspiel und Festgesänge; Doch wie Ferkelgrunzen sind Ihm zuwider Glockenklänge. Leviathan heißt der Fisch, Welcher hause im Meeresgrunde; Mit ihm spielet Gott der Herr Alle Tage eine Stunde – Ausgenommen an dem neunten Tag des Monats Ab, wo nämlich Eingeäschert ward sein Tempel; An dem Tag ist er zu grämlich. Des Leviathans Länge ist Hundert Meilen, hat Floßfedern Groß wie König Ok von Basan, Und sein Schwanz ist wie ein Zedern. Doch sein Fleisch ist delikat, Delikater als Schildkröten, Und am Tag der Auferstehung Wird der Herr zu Tische beten Alle frommen Auserwählten, Die Gerechten und die Weisen – Unsres Herrgotts Lieblingsfisch Werden sie alsdann verspeisen, Teils mit weißer Knoblauchbrühe, Teils auch braun in Wein gesotten, Mit Gewürzen und Rosinen, Ungefähr wie Mateloten. In der weißen Knoblauchbrühe Schwimmen kleine Schäbchen Rettich – So bereitet, Frater Jose, Mundet dir das Fischlein, wett ich! Auch die braune ist so lecker, Nämlich die Rosinensauce, Sie wird himmlisch wohl behagen Deinem Bäuchlein, Frater Jose. Was Gott kocht, ist gut gekocht! Mönchlein, nimm jetzt meinen Rat an, Opfre hin die alte Vorhaut Und erquick dich am Leviathan.« Also lockend sprach der Rabbi, Lockend, ködernd, heimlich schmunzelnd, Und die Juden schwangen schon Ihre Messer wonnegrunzelnd, Um als Sieger zu skalpieren Die verfallenen Vorhäute, Wahre spolia opima In dem wunderlichen Streite. Doch die Mönche hielten fest An dem väterlichen Glauben Und an ihrer Vorhaut, ließen Sich derselben nicht berauben. Nach dem Juden sprach aufs neue Der katholische Bekehrer; Wieder schimpft er, jedes Wort Ist ein Nachttopf, und kein leerer. Darauf repliziert der Rabbi Mit zurückgehaltnem Eifer; Wie sein Herz auch überkocht, Doch verschluckt er seinen Geifer. Er beruft sich auf die Mischna, Kommentare und Traktate; Bringt auch aus dem Tausves-Jontof Viel beweisende Zitate. Aber welche Blasphemie Mußt er von dem Mönche hören! Dieser sprach: der Tausves-Jontof Möge sich zum Teufel scheren. »Da hört alles auf, o Gott!« Kreischt der Rabbi jetzt entsetzlich; Und es reißt ihm die Geduld, Rappelköpfig wird er plötzlich. »Gilt nichts mehr der Tausves-Jontof, Was soll gelten? Zeter! Zeter! Räche, Herr, die Missetat, Strafe, Herr, den Übeltäter! Denn der Tausves-Jontof, Gott, Das bist du! Und an dem frechen Tausves-Jontof- Leugner mußt du Deines Namens Ehre rächen. Laß den Abgrund ihn verschlingen, Wie des Korah böse Rotte, Die sich wider dich empört Durch Emeute und Komplotte. Donnre deinen besten Donner! Strafe, o mein Gott, den Frevel – Hattest du doch zu Sodoma Und Gomorrha Pech und Schwefel! Treffe, Herr, die Kapuziner, Wie du Pharaon getroffen, Der uns nachgesetzt, als wir Wohlbepackt davongeloffen. Hunderttausend Ritter folgten Diesem König von Mizrayim, Stahlbepanzert, blanke Schwerter In den schrecklichen Jadayim. Gott! da hast du ausgestreckt Deine Jad, und samt dem Heere Ward ertränkt, wie junge Katzen, Pharao im Roten Meere. Treffe, Herr, die Kapuziner, Zeige den infamen Schuften, Daß die Blitze deines Zorns Nicht verrauchten und verpufften. Deines Sieges Ruhm und Preis Will ich singen dann und sagen, Und dabei, wie Mirjam tat, Tanzen und die Pauke schlagen.« In die Rede grimmig fiel Jetzt der Mönch dem Zornentflammten: »Mag dich selbst der Herr verderben, Dich Verfluchten und Verdammten! Trotzen kann ich deinen Teufeln, Deinem schmutz’gen Fliegengotte, Luzifer und Beelzebube, Belial und Astarothe. Trotzen kann ich deinen Geistern, Deinen dunkeln Höllenpossen, Denn in mir ist Jesus Christus, Habe seinen Leib genossen. Christus ist mein Leibgericht, Schmeckt viel besser als Leviathan Mit der weißen Knoblauchsauce, Die vielleicht gekocht der Satan. Ach! anstatt zu disputieren, Lieber möcht ich schmoren, braten Auf dem wärmsten Scheiterhaufen Dich und deine Kameraden.« Also tost in Schimpf und Ernst Das Turnei für Gott und Glauben, Doch die Kämpen ganz vergeblich Kreischen, schelten, wüten, schnauben. Schon zwölf Stunden währt der Kampf, Dem kein End’ ist abzuschauen; Müde wird das Publikum, Und es schwitzen stark die Frauen. Auch der Hof wird ungeduldig, Manche Zofe gähnt ein wenig. Zu der schönen Königin Wendet fragend sich der König: »Sagt mir, was ist Eure Meinung? Wer hat recht von diesen beiden? Wollt Ihr für den Rabbi Euch Oder für den Mönch entscheiden?« Doña Blanka schaut ihn an, Und wie sinnend ihre Hände Mit verschränkten Fingern drückt sie An die Stirn und spricht am Ende: »Welcher recht hat, weiß ich nicht – Doch es will mich schier bedünken, Daß der Rabbi und der Mönch, Daß sie alle beide stinken.« Paris, 1851 Heine starb am 17. Februar 1856, vor 150 Jahren. Dank an Shraga Elam für den digitalisierten Text. Hartmut Barth-Engelbart hat das Vorwort zur “Disputation” verfaßt. T:I:S, 9. Februar 2006 |
BITTE WEITER VERBREITEN! Rundmail vom 2.3.2019
Sehr geehrte Damen und Herren,
liebe FreundInnen und Freunde
“ Die Stadt Göttingen selbst ist schön, und gefällt einem am besten, wenn
man sie mit dem Rücken ansieht. „
Fast hätten wir dieser Empfehlung von Heinrich Heine aus seiner 1824
veröffentlichten „Harzreise“ (siehe Anhang) folgen müssen, und die
Verleihung des Göttinger Friedenspreises an die Jüdische Stimme für gerechten
Frieden in Nahost am 9.März auf einer Wiese vor den Toren der Stadt
veranstalten müssen. Denn nachdem Oberbürgermeister Köhler und
Universitätspräsidentin Beisiegel am 19. Februar ihre Unterstützung für die
Preisverleihung unter dem Druck der Antisemitismusverleumdungen gegen die
Jüdische Stimme zurückgezogen und die Aula sowie alle anderen Räume und
öffentlichen Plätze der Universität und der Stadt für die Verleihfeier gesperrt
hatten,erhielten wir bei der Suche nach Alternativen fast nur Absagen (Details
im Anhang). Zum Teil wurden diese Absagen wortgleich begründet wie der Rückzug
von Stadt und Universität. Als einzige bereit, ihre Räume für die Verleihfeier
zur Verfügung zu stellen, waren eine Göttinger Tanzschule ( die sich aber als
viel zu klein erwies) sowie die
Galerie Alte Feuerwache
Ritterplan 4
37075 Göttingen
(Einlass über Burgstraße)
(www.galerie-alte-feuerwache.de)
Hier wird die Verleihfeier ab 12 Uhr stattfinden.
ALLERDINGS ist auch hier die Zahl der Plätze leider begrenzt und wahrscheinlich
zu gering. Geplant ist bereits die Übertragung per Video aus dem Hauptgebäude
der Alten Feierwache in ein Nebengebäude.
Wer plant, an der Verleihfeier teilzunehmen, sollte bitte umgehend eine E-Mail
senden an das Organisationskommittee schicken mit Kopie an mich:
anmeldung@goettinger-friedenspreis.de
zumach@taz.de
Auch das ist keine Garantie für einen freien Platz. Je früher Sie an der Alten
Feuerwache eintreffen,desto größer die Chance.
Die Verleihfeier wird vollständig per Video aufgenommen und wird am Sonntag,
10.3. im Internet auf Youtube eingestellt unter dem Stichwort „Göttinger
Friedenspreis für Jüdische Stimme“
Die Finanzierung der Verleihfeier ist gesichert dank der großartigen Resonanz
auf den Spendenapell in meiner Rundmail vom 20.Februar.Dafür an dieser Stelle
schon einmal einen ersten ganz herzlichen Dank an die bislang über 260
SpenderInnen. Über Details,die genaue Verwendung der Spenden und des
Überschusses für Friedens- und Menschenrechtsorganisationen in Israel und
Palästina werde ich, wie in meiner Rundmail vom 20.2. angekündigt, unmittelbar
nach der Preisverleihung vom 9. März detailliert informieren.
Eine zweckgebundene Spende ermöglichte die Herstellung eines Symbols und von
Ansteckbuttons für die Preisverleihung (im Anhang einmal zur Ansicht und einmal
als Druckvorlage). Die Ansteckknöpfe werden bei der Preisverleihung am 9.3.
vorrätig sein und können auch per E-Mail bei mir bestellt werden.
Ds Symbol kann und soll auch gerne beliebig verwendet werden zum Nachdruck auf
Flugblättern, Plakaten etc., zur Weiterverbreitung im Internet, über Facebook
etc.
Das Copyright liegt bei mir.
Herzliche Grüße aus Genf
Andreas Zumach
--
Andreas Zumach
Salle de Presse 1
Palais des Nations
CH-1211 Genf 10
Tel. CH 0041/78/6316589
Tel. D 0049/172-6172375
PRESSEERKLÄRUNG Donnerstag, 28.2.2019, 19 Uhr
Andreas Zumach
Vorsitzender der Jury des Göttinger Friedenspreises
Jury des Göttinger Friedenspreises weist Forderungen des
Antisemitismusbeauftragten der Bundesregierung, Felix Klein nach Absage der Preisverleihung an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ zurück/ Klein und der Vorsitzende des Zentralrates der Juden,
Josef Schuster sind herzlich zur Preisverleihung eingeladen und sollten
sich endlich einer öffentlichen Diskussion mit der Jüdischen Stimme stellen
„Der Antisemitismus-Beauftragter der Bundesregierung, Felix Klein hat
die Jury des Göttinger Friedenspreises in einem Beitrag für die Berliner
„tageszeitung“ (taz)aufgefordert, ihre Entscheidung zur Vergabe des
diesjährigen Preises an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in
Nahost e.V.“ zurückzunehmen. Die Jury weist diese Forderung von Herrn
Klein entschieden zurück. Es gibt keinerlei Anlass, von der Verleihung
des Göttinger Friedenspreises an die „Jüdische Stimme“ Abstand zu
nehmen. Die Verleihfeier in festlichem Rahmen findet wie geplant am
Samstag, 9. März in Göttingen statt, ab 12 Uhr in der Galerie Alte
Feuerwache. Die Jury lädt Herrn Klein herzlich zur Teilnahme ein,
ebenso den Vorsitzenden des Zentralrates der Juden in Deutschland, Josef
Schuster und die Fraktionsvorsitzende der FDP-Ratsfraktion in
Göttingen, Felicitas Oldenburg.
Die Jury des Göttinger Friedenspreises ersucht Herrn Klein, Herrn
Schuster und Frau Oldenburg dringend, sich nicht länger einer ihnen
bereits seit dem 16. Februar vorgeschlagenen öffentlichen
Podiumsdiskussion mit der Vorsitzenden der Jüdischen Stimme , Iris
Hefets und der Laudatorin der Preisverleihung, Nirit Sommerfeld zu
verweigern. Einer Diskussion zu den Bedingungen und Voraussetzungen für einen gerechten Frieden in Nahost sowie zu der Frage, wie sich die reale existierende und in jüngster Zeit immer lautstärker und aggressiver
artikulierte Judenfeindlichkeit in Deutschland am wirksamsten bekämpfen
ließe. Die Bereitschaft von Frau Hefets und Frau Sommerfeld zu einer
solchen Podiumsdiskussion liegt bereits seit über zehn Tagen vor.
Sollten Herr Klein, Herr Schuster und Frau Oldenburg sich hierzu auch
bereit finden, könnte diese Podiumsdiskussion in Göttingen in den Tagen
vor oder nach der Preisverleihung vom 9. März stattfinden -auf
gemeinsame Einladung und unter gemeinsamer Trägerschaft der Stadt, der Universität, des Deutschen Theaters und des Göttinger Tageblatts.
16:34:22
D/Niedersachsen/Israel/Auszeichnungen
Antisemitismus-Beauftragter schließt sich Kritik an Göttinger
Friedenspreis an
Klein wirft designierten Preisträgern Blockade der Verständigung in
Nahost vor
Berlin (AFP) – Der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, hat die geplante Vergabe des Göttinger Friedenspreises an den
Verein Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost kritisiert. Die
Organisation behindere „die Suche nach einer Lösung im
israelisch-palästinensischen Streit“, schrieb er in einem Gastbeitrag
für die „tageszeitung“ (Freitagsausgabe).
Die Preisverleihung ist für den 9. März angesetzt. Klein forderte die
Jury in der „taz“ dazu auf, die Kritik an ihrer Entscheidung anzunehmen
und von einer Preisvergabe abzusehen. Diese stelle ein „falsches und
fatales politisches Signal“ dar.
Zuvor hatte bereits Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) seine Teilnahme an der Veranstaltung abgesagt. Die Stadt werde außerdem keine Räume für einen Empfang bereitstellen, erklärte er. Auch die Göttinger Universität will ihre Aula wegen der laufenden Diskussion in
diesem Jahr nicht für die Preisverleihung zur Verfügung stellen, die
örtliche Sparkasse die Zeremonie nicht wie gewohnt mit rund 2000 Euro
unterstützen. Der Zentralrat der Juden forderte, die Preisvergabe zu
revidieren.
Die als Preisträger vorgesehene Vereinigung steht wegen des Vorwurfs in
der Kritik, die gegen Israel gerichtete Boykottbewegung BDS zu
unterstützen. Der Zentralrat der Juden in Deutschland bezeichnete diese
jüngst als antisemitisch und forderte daher, die Vergabe zu revidieren.
Der Verein Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost selbst gibt
an, in der Organisation seien Israelis und Juden aktiv, darunter
Nachkommen von Holocaust-Überlebenden, die sich für eine „gerechte“
Zweistaatenlösung zwischen Israelis und Palästinensern einsetzten. Auch
der Vorsitzende der Friedenspreis-Jury, Andreas Zumach, wies die
Antisemitismus-Vorwürfe in einer Stellungnahme in der „Jüdischen Stimme“ als „Diffamierungskampagne“ zurück. Er will die Preisverleihung nun durch Spenden ermöglichen.
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Andreas Zumach
Salle de Presse 1
Palais des Nations
CH-1211 Genf 10
Es war noch sehr früh, als ich Göttingen verließ, und der gelehrte ** lag gewiß noch im Bette und träumte wie gewöhnlich: er wandle in einem schönen Garten, auf dessen Beeten lauter weiße, mit Zitaten beschriebene Papierchen wachsen, die im Sonnenlichte lieblich glänzen, und von denen er hier und da mehrere pflückt, und mühsam in ein neues Beet verpflanzt, während die Nachtigallen mit ihren süßesten Tönen sein altes Herz erfreuen.
TAZ – Nord 25. Februar 2019
Prinzip Kontaktschuld
Wie hältst du’s mit der Boykott-Bewegung? In Göttingen ist die Vergabe des Friedenspreises an die „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ in Gefahr. Stadt, Uni und Sparkasse haben wegen der Jury-Entscheidung ihre Unterstützung zurückgezogen. Aber warum, fragt sich unser Gastautor, machen niedersächsische Institutionen eigentlich israelischen Wahlkampf mit?
Von Micha Brumlik
Nein, es gibt keinen vernünftigen Grund, der „Jüdischen Stimme für gerechten Frieden in Nahost“ den ihr zugesprochenenen Preis zu verweigern beziehungsweise den Festlichkeiten der Preisverleihung fernzubleiben oder sich von ihnen zu distanzieren.
Gewiss: Unbestritten ist, dass die „Jüdische Stimme“ die Organisation „Boycott, Divestment and Sanctions“ (BDS) unterstützt. Und diese wird trotz ihrer erklärten und bisher auch durchgehaltenen Gewaltfreiheit von vielen, die dazu von der Sache berufen oder eben auch nicht berufen sind, für antisemitisch erklärt.
Erstens, weil BDS Waren von israelischen Firmen, die Juden gehören, boykottieren will – was viele an den nationalsozialistischen Judenboykott vom April 1933 erinnert.
Viel Gegenwind
Zweitens, weil BDS fordert, dass der Staat Israel alles besetzte und kolonialisierte arabische Land räumt – was nach Überzeugung vieler nicht weniger bedeutet als das Ende des jüdischen Staates Israel. Dem mag so sein oder nicht, indes folge man der Logik: eine Rückzugsforderung an den Staat beinhaltet immerhin, dass es auch Gebiete gibt, auf denen er legitim existiert.
Aber auf all das kommt es von der Sache her auch gar nicht an: Schließlich soll der infrage stehende Preis, der Göttinger Friedenspreis, nicht der Organisation BDS verliehen werden – sondern der „Jüdischen Stimme“. Und die hat wieder und wieder erklärt, zwar einerseits BDS in menschenrechtlichen Angelegenheiten zu unterstützen, aber andererseits mindestens ebenso oft und nicht minder deutlich, dass sie an der Existenzberechtigung des Staates Israel nicht rüttelt.
An dieser Stelle kommt ein politisch-demagogisches Prinzip ins Spiel, das in den 1950er-Jahren in den USA und auch in den 1970er-Jahren in der Bundesrepublik Deutschland, der Epoche der „Berufsverbote“ den liberalen Diskurs zerstört hat: das Prinzip der „Kontaktschuld“. Hat jemand oder eine Gruppe auch nur den geringsten persönlichen Kontakt zu einer als feindlich definierten Gruppe beziehungsweise ihr nahestehenden Personen, dann gilt als ausgemacht, dass die Person oder Gruppe selbst eins zu eins identisch mit der kritisierten und abgelehnten Person oder Gruppe ist.
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Es ist erstaunlich, dass liberale Persönlichkeiten wie Göttingens Oberbürgermeister Rolf-Georg Köhler (SPD) oder auch Ulrike Beisiegel, die Präsidentin der Universität, immerhin einer historischen Hochburg der Aufklärung, sich von derlei demagogischen Einwürfen beeindrucken lassen. Um die Preisverleihung endgültig abzulehnen, müssten Universität und Stadt begründen, warum eine jüdische Initiative, obwohl sie nachweislich die Existenzberechtigung des Staates Israel nie und zu keiner Zeit in Zweifel gezogen hat, nicht preiswürdig sein soll. Gilt darüber hinaus die Forderung nach einem gerechten Frieden zwischen Juden und Palästinensern bereits als antisemitisch?
Wollten sich Stadt und Universität diese Meinung zu eigen machen, stünde fest, dass sie sich vom niedersächsischen Göttingen aus in den israelischen Wahlkampf einmischen. – zugunsten des amtierenden Premiers Benjamin Netanjahu und seiner Verbündeten. Das kann nicht im Sinne von Stadt und Universität sein.
Micha Brumlik,71, hat an der Universität in Frankfurt/Main gelehrt und u.a. das dortige Fritz-Bauer-Institut geleitet. Er ist Senior Advisor am Zentrum für Jüdische Studien Berlin-Brandenburg und taz-Kolumnist.
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Seit 1999 vergibt die Stiftung Dr. Roland Röhl jährlich den Göttinger Friedenspreis „an Einzelpersonen oder Personengruppen, die sich durch grundlegende wissenschaftliche Arbeit oder durch herausragenden praktischen Einsatz um den Frieden besonders verdient gemacht haben“.
Ausgezeichnetwurden bislang unter anderem die Gesellschaft für bedrohte Völker (2003) und Pro Asyl (2010), der SPD-Politiker Egon Bahr (2008) und der Soziologe Wilhelm Heitmeyer (2012); zuletzt 2018 Konstantin Wecker und die Zeitschrift Wissenschaft & Frieden.
Am 4. Februar gab die Stiftung bekannt: 2019 geht der Preis an die Organisation „Jüdische Stimme für gerechten Frieden in Nahost“, deutscher Ableger der „European Jews for a Just Peace”.
Protest äußerte zuerst der Zentralrat der Juden in Deutschland – unter Hinweis auf die Unterstützung für die Boykottbewegung BDS. Dem schlossen sich mehrere Göttinger FDP-Politiker*innen an. „Völlig verfehlt“ nennt auch der Antisemitismus-Beauftragte der Bundesregierung, Felix Klein, die Entscheidung.
Die Jury stand zu ihrer Wahl. Sie ist laut Stiftungssatzung unabhängig, den Vorsitz hat zurzeit Andreas Zumach inne, selbst Preisträger 2009 sowie Autor der taz.
Mitte vergangener Woche zogen sich Stadt, Universität und die örtliche Sparkasse zurück. Der Preis soll Zumach zufolge wie geplant am 9. März vergeben werden – an noch zu findendem Ort. fff