Warum passen die „1000“ nicht in die„800 Jahre Mittel-Gründau“- Festschrift?
oder
Wie Kapital-Verbrechen im Dorf weggefeiert werden
Bei einem etwas verspäteten Nachlesen in den drei Festschriften zur 800-Jahrfeier Mittel-Gründaus musste ich feststellen, dass in der 800jährigen Geschichte des Ortes 1000 Jahre fehlen. Der Abschnitt des „1000jährigen Reiches“ von 1933 bis 1945“ findet in der vom Landrat des Main-Kinzig-Kreises, Torsten Stolz, bezuschussten offiziellen Dorfchronik nicht statt. Die mit Grußworten vertretenen Pfarrer, der Bürgermeister, der Landrat, der Ortsvorsteher haben das bisher ebenso wenig öffentlich kritisiert, wie die regionalen Kreis-, Land- und Bundestagsabgeordneten und ihre Parteien.
Auch wesentliche andere Ereignisse während der letzten 800 Jahre in Mittel-Gründau, diesem „revolutionären Vorort der 1848er Revolution“ , dem Ausgangsort der „Oberhessischen Bauernaufstände“ und regionalen Zentrum des Widerstandes gegen die NSDAP fehlen in der Chronik des oberhessischen Dorfes .
Nun gibt es keine schriftlichen Dokumente über die relativ frühchristlichen Überbauungen von Tempeln und heiligen Brunnen konkurrierender mediterraner Religionen, wie des Mistras- und Dionysos-Kultes im Gründau-Tal. Auch keine der mit der jüdischen Christen-Sekte konkurrierenden altjüdischen Religion, die mit den römischen Legionen in die Region kam. Es sind leider auch keine Dokumente des Bistums Worms mehr erhalten, die die Christianisierung der Dörfer im Gründau-Tal durch Wormser Missionare belegen. Aber immerhin gibt es im Wappen des Großherzogtums Hessen-Darmstadt und im Wappen der Großgemeinde Gründau
den Wormser Paradies-Schlüssel aus dem Wappen des bereits im Mittelalter unter den Bistümern Trier, Speyer und Mainz aufgeteilten Bistums Worms.
Die Verhandlungen zwischen einerseits dem letzten weströmischen Cäsaren AETIUS mit dem Hunnenkönig Atila und die Atilas mit den Burgundern fanden hier in der Region statt. Höchst wahrscheinlich über Emissäre des Bistums Worms in den Jahren um 436 n.Chr. , die wie die Burgunder und die Hunnen über die Hohen Straßen und nicht durch die Gründau-, Kinzig-, Main- und Rhein-Sümpfe verkehrten. Die überquerten sie bei Furten am Kolbenstein (Koboldstein, dem Mistras- Heiligtum), an der Geisfurt und bei Rothenbergen Richtung Freigericht & Kloster Rodenbach, bei Seligenstadt oder Obernburg über den Main und dann über die Nibelungenstraße auf den Höhenzügen zwischen Gersprenz und Mümling, aber auch beiderseits des Limes entlang unter Nutzung alter komfortabler römischer Anlagen, über Michelstadt und Lorsch über den Kühkopf Richtung Worms, zeitweise aber auch bei Frankfurt via Sassenhausen & Veste Otzberg Richtung Odenwald.
(Über diese Wege , die Hohen Straßen kamen 300 Jahre später von Norden und Westen auch die irisch-britischen christlichen Missionare Kilian und Bonifatius, die überall die Heiligtümer der konkurrierenden Religionen vernichteten und überbauten)
Es gibt französische Quellen, die auf den Hunnenhof, eine verfallende ehemals merowingische Siedlung im Bereich des heutigen „Hühnerhofes“ hinweisen, wo der Hunnen-König Etzel/Atila mit seinem Reiterheer gelagert und Hof gehalten hat. Der Hühnerhof ist eine Verballhornung des alten Namens, der nichts mit Hühnern zu tun hat. Und es wird im Dorf erzählt, dass ein Gründauer Amateur-Historiker im Geschichtsverein den Zugang zu den vermutlich fränzösischen Quellen zum Hunnenhof kenne, die das belegen.
Doch ist die Suche nach diesen fehlenden 1000 Jahren in der Gründauer Geschichtsschreibung ja damit nicht gemeint.
Und so ganz fehlen die eigentlich Gemeinten zumindest wegen einiger Beiträge in den Festschriften nun doch nicht.
In der offiziellen Festschrift „800 Jahre Mittel-Gründau“, herausgegeben vom „Heimat- und Geschichtsverein Niedergründau e.V.“ wird in der Dorf-Chronik zu den Jahren des „1000-jährigen (Nazi-)Reiches“ zwischen 1933 und 1945 lediglich Folgendes vermerkt:
1933:
Mai-Oktober: der Kirchturm wird neu gedeckt; an der Südseite des Turms Inschrift: 21.10.1933, dazu ein Symbol der damaligen Zeit
1933
Bergkirche: der Glockenstuhl wird erneuert für die neuen Glocken
1933
1. Oktober: Erntedankfest und Glockenweihe. Die Bergkirche erhält zwei neue Glocken, in diesem Gottesdienst erste Trauung mit vollem Glockengeläut.
1933
Der vereinsmäßig betriebene Fußballsport in Mittel-Gründau wird beendet und erst nach dem Zweiten Weltkrieg wieder aufgenommen
Hier muss zu dieser Ungeheuerlichkeit doch etwas klargestellt werden:
Erich Dietz hat das in seinem Artikel: „Der Reitzeberg“ -bearbeitet von Klaus von Berg und im GRINDAHA-Heft 26 2016 veröffentlicht- doch etwas korrekter beschrieben: “ …die Fußballplätze (wurden) meist weit außerhalb der Städte und Gemeinden gelegt. So war dies auch in Mittel-Gründau. Die beiden 1920 gegründeten Fußballsportvereine (die Roten und die Blauen) hatten ihre ersten Sportplätze im Reitzegrund und zwar zuerst an der heutigen Talstraße, teilweise aber auch am jetzigen Hassel-Weiher .. Der Rote-Fußballsportverein wurde in der NS-Zeit aufgelöst und aus beiden Vereinen entstanden 1945/46 die jetzige Sport- und Kulturgemeinschaft 1920 e.V. .
(HaBE hier bei Dietz auch eine Reihe von Fehlern gefunden. Korrekturen am Ende des Artikels). Jetzt aber weiter in der „offiziellen Dorfchronik der Festschrift:
1934
Mitte April, evangelische Kirchengemeinde Auf dem Berg:
Haus- und Straßensammlung für die Innere Mission, 477 RM
1936 (?)
Bergkirche, erstes Missionsfest
1937
Die Sonnenuhr wird repariert. Aufschrift auf der Rückseite: RENOVIRT 1937 DACHDECKER MEISTER LINDNER
1942
Die beiden 1933 angeschafften Bergkirchenglocken werden für Kriegszwecke abgeholt
1943
Pfarrer Adolf Schilling, 19.4.1858 bis 22.2.1943, und seine bereits früher verstorbene Frau Bernadine geb. Mähl 29.12. 1861 bis 8.9. 1918, werden auf dem alten Friedhof vor dem Turm der Bergkirche bestattet
Was die Chronik verschweigt, könnte einige Bücher füllen.
In der offiziellen Festschrift heißt es über das Zentrum der NSDAP, das fürstliche Hofgut: „Über den Zeitraum ab 1900 ist hier nur weniges überliefert. Ab 1940 wurde die Domäne von Amtmann MEYL bewirtschaftet. 1949 wurde sie in Selbstverwaltung übernommen. Die Zuchtviehaufzucht war in dieser Zeit dominierend. So hat man von 1940 bis 1962 für die Landeszucht 188 Bullen und 68 Eber aufgezogen und geliefert“.
Sonst war nix im Hofgut bei den NSDAP-SA-SS-Goldfasanen Schudt und Schmerbeck?
Was heißt denn „war hier nur weniges überliefert“? Außer Bullen und Ebern war da nix? Über die Großtaten der Herren Schudt und Schmerbeck und ihren Oberherrn in Büdingen gibt es im hessischen Landesarchiv ne ganze Menge Überliefertes, Man muss es nur sehen wollen.
Gekrönt wird dieser fürstliche Domänenabschnitt mit der Darstellung des Büdinger Fürsten als Opfer der hessischen Bodenreform von 1946 und der darauf fußenden Flurbereinigung und An- und Aussiedlung von Landwirtschaftlichen Betrieben einheimischer wie vertriebener Bauern. Land und Forste, die sich die Fürsten mit vorhergehenden fürstlichen „Flurbereinigungen“ und „Fronschuldscheinen“ unter den adeligen Nagel gerissen hatten. Auch dazu gibt’s in der Chronik nix, aber im Staatsarchiv viel. Doch wer fährt dafür nach Darmstadt und Wiesbaden? Wem gelingt es, sich durch die Regale mit geraubten, von Ministerin Kühne-Hermann (CDU) nachträglich geschenkten (im Juristendeutsch nennt man sowas „Strafvereitelung“!)und noch nicht verkauften Dokumenten in den Fürstlich-Büdingen’schen Archiven zu arbeiten. Dafür haben durchschnittliche Lohnabhängige heute gar keine Zeit mehr. Die Hessischen Staatsarchive sind zwar -mit ein paar Hindernissen-öffentlich zugänglich, aber wer kann sich schon Wochen Zeit dafür nehmen …. ? Auf HARTZ4 gesetzte arbeitslose Historiker würden dafür sogar noch bestraft.
Und einige andere Fragen bleiben ohne Antwort:
Hat der Fürst als Kirchenpatron beim Erntedankfest und der Trauung im Oktober 1933 in SS-Uniform teilgenommen, waren sein Domänen-Pächter und dessen Verwalter ebenfalls in SS- oder SA-Uniformen erschienen?
Immerhin waren sie, Schudt und Schmerbeck Mittel-Gründauer NSDAP-SA-SS-Goldfasanen direkt nach der Ablösung des Pächters Rullmann. Sie lösten auch den Gastwirt und Metzger Jean Kuhl als NSDAP-Ortsgruppenchef ab, nachdem der Mitte 1933 bei der Reichsführung und dem Gauleiter der NSDAP als Mann des Röhm-Strasser-Flügels der SA in Ungnade gefallen war.
Die Rolle Schmerbecks und Schudts beim Terror gegen die Mittel-Gründauer und andere Juden aus der Region wird verschwiegen, die Zerstörung der Tiefbau-Firma des Sozialdemokraten Hirsch durch die NAZIS ebenfalls. Die NSDAP-, SD-, SS-, SA- /& GESTAPO-Berichte darüber liegen im Staatsarchiv Darmstadt
Verschwiegen wird auch, dass Jean Kuhl in Mittel-Gründau die ersten Juden-Pogrome verhindert hat.
Verschwiegen wird auch, dass er bereits 1933 aus der Wahlvorschlagsliste der NSDAP zur Gemeinderatswahl durch den neuen NSDAP-Ortsgruppenleiter, den fürstlichen Domänenpächter Schudt gestrichen wurde. (Das Dokument dazu befindet sich im Hessischen Staatsarchiv wie auch Dokumente über das dabei Mit-Wirken des Fürstenhauses in der SS und der NSDAP).
Verschwiegen wird die systematische Terrorisierung, Verfolgung und Verschleppung von Kommunisten, Sozialdemokraten und Gewerkschaftern,
verschwiegen wird die Unterstützung der so verwaisten Restfamilien durch Nachbarn und vor allem bis zu seiner Flucht aus Deutschland 1934 durch den jüdischen Bäcker Karl Hecht.
Verschwiegen wird auch, dass Dr. Göckel gegen den Widerstand von SA und SS die krebskranke Lina Hecht, die Frau des Vieh- und Landhändlers Otto Hecht bis zu dessen Flucht 1934 weiter behandelte und dabei von seinem NS-Schwiegervater Jean Kuhl zumindest nicht behindert, wenn nicht unterstützt wurde.
Dr. Göckel selbst stand als Sohn des sozialdemokratischen Büdinger Schulrates Göckel unter permanenter NS-Beobachtung, wie die ganze Familie. So wurde nach Abkommandierung Dr. Göckels an die Front, seine Frau mit der Einweisung ins Zwangsarbeitslager der MUNA in Bermuthshain bedroht, weil sie „die Erziehung ihrer Töchter zu guten Nationalsozialistinnen“ nicht gewährleiste. Die beiden Kinder sollten in ein NS-Erziehungsheim eingewiesen werden. Nur die Intervention eines Studienkollegen Dr. Göckels, der als Mediziner eine höhere Funktion in der NS-Hierarchie innehatte, konnte auf Bitten Dr. Göckels die Verschleppung seiner Frau und der Kinder verhindern. Gisela Göckel hatte sich in einem BDM-Lager geweigert von gebrauchtem, ungespültem Geschirr zu essen. Dafür bekam sie Hausarrest. Sie flüchtete mit Hilfe zusammengebundener Bettlaken Nachts nach Mittel-Gründau. Wurde denunziert und dann stand die Gestapo vor der Tür des Arzthauses.
Der NS-Mediziner intervenierte an oberster Stelle mit dem Argument, das Mädchen habe sich um die Volkshygiene und -gesundheit verdient gemacht. Wenn überhaupt gehöre die BDM-Führerin bestraft.
(in diesem Zusammenhang konnte ich auch erfahren, wofür nicht nur in Mittel-Gründau die Abkürzung BDM stand: Bück Dich Mädel, Binnen Drei Minuten Bist Du Mutter!)
Verschwiegen wird ebenfalls, dass der als US-Soldat zurückkehrende „Jud von Himbisch“, der jüdische Viehhändler von Himbach bei seiner Ankunft in Mittel-Gründau nach der Beschlagnahme des Arzthauses für US-Offiziere dem Metzger Jean Kuhl um den Hals fällt. Zuvor hatte er die schluchzende Frau Göckel, nach ihrer in gebrochenem Englisch gestellten Frage, wann sie und ihre Kinder wieder in ihr Haus kommen dürften und der Antwort des US-Offiziers :“NEVER!“ von hinten in Himbischer Platt angesprochen: „Ach Mädsche, was kroinste doann, die sinn in e paar Daach widder ford!“ …. Die verstörte Frau Göckel drehte sich um und sah einen US-Soldaten. „Ei Mädsche, kennste misch nimme-i, Isch soin doch de Jud funn Himbisch! De Jean un isch hawwe immer guude Gschäfd mid enanne gemaachd!“ (Frau Dr. Göckel kann die Geschichte und den Himbischer Dialekt erheblich besser erzählen und schreiben als ich als „eingeplackter“ Ex-Ourewäller)
Ich kann hier nicht alles aufschreiben, was in dieser Chronik zwischen 1926 und 1945 verschwiegen wurde, denn der NSDAP-SA-& SS-Terror begann schon viel früher und es wurden schon 1926 schwarze Listen angelegt, wen man nach Machtübernahme sofort verhaften müsse.
Der Gelnhäuser Historiker Franz Coy berichtete über ein Buch, in dem sich ein Gelnhäuser SS-Offizier damit brüstete, wie er und seine Mitverbrecher Saalschlachten in Gaststätten veranstalteten, die Gewerkschaftern, Kommunisten und Sozialdemokraten ihr Säle und Hinterzimmer für Versammlungen zur Verfügung stellten. Diese Saalschlachten wurden so lange wiederholt, bis sich die Wirte den NAZIS beugten.
Ob es das in Mittel-Gründau auch so gegeben hat, z.B. beim Rödiger, war nicht herauszubekommen. Dafür gab es die Schlachten um die Schule.
Mithilfe leisteten dabei die Polizisten Kress und Klapp (im Volksmund K.u.K.) von der Polizeistation Büdingen und auch die damals amtierenden Bürgermeister, wie der Bürgermeister Betz. Noch lange vor der Machtübergabe an die NSDAP machte er sich zum Helfer der SA, die die Schule in Mittel-Gründau als Versammlungsraum für die NSDAP erobern will. Als nach einer Gemeinderatssitzung die Vertreter der KPD und auch der SPD den Raum gegen seine Anweisung nicht verlassen, um die Schule gegen die SA & NSDAP zu verteidigen, schickt das SPD-Mitglied, Bürgermeister Betz den örtlichen Polizeidiener nach draußen zur wartenden SA und dem wartenden K.u.K.-Polizei-Kommando aus Büdingen mit der „Bitte um Amtshilfe“.
Noch im Herbst 1933 beschwert er sich in einem Brief an das NSDAP-Landratsamt in Büdingen darüber, dass er nicht mehr Bürgermeister sein darf, „Ich habe doch alles richtig gemacht!“ Mitte 1933 schreibt Noch-Bürgermeister Betz an das Büdinger NS-Landratsamt, er wolle keine weiteren Abgaben nach Büdingen abführen, da man ja schon „das Arbeitslager auf dem Herrnhaag“ unterstütze.
Die SA stürmt auf dieses Zeichen des Bürgermeisters hin mit Polizeiunterstützung das Schulhaus. KPDler und SPDler, die Widerstand leisten, werden später wegen „Widerstand gegen die Staatsgewalt“, „Hausfriedensbruch“, „Landfriedensbruch“, Beamtenbeleidigung“, „Körperverletzung“, „Sachbeschädigung“ angeklagt und zum Teil zu Geld- und Haftstrafen verurteilt. Arbeitslose, die kein Geld hatten bekamen ersatzweise Haftstrafen. Natürlich kommen sie alle auf die schwarzen Listen der NAZIS.
Bei späteren Prozessen, die ins Zuchthaus und ins KZ führen, werden diese „KuK“-Vorstrafen von den Nazi-Staatsanwälten als besonders straferschwerend angeführt …
Dazu sind die Dokumente im Staatsarchiv Niedersachsen zu finden, in der „Börgermoor“-KZ-Akte Wilhelm Pfannmüllers, im Gemeinde-Archiv Gründau, in den hessischen Staatsarchiven Darmstadt und Wiesbaden
Die demokratische Revolution hat nach der Dorf-Chronik in Mittel-Gründau überhaupt nicht stattgefunden, obwohl doch für die fast 100%ige und regional führende Teilnahme der Mittel-Gründauer zur Strafe ihr Schriftführer und Lehrer strafversetzt, mit Zuchthaus bedroht und zur Auswanderung gezwungen und das Dorf zur Fronarbeit beim Aufbau des Domänen-Torturmes gezwungen wurde (Baujahr 1853).
Zu den „Oberhessischen Bauernaufständen“, die in Mittel-Gründau ihren Anfang nahmen unter Tobias Meininger steht in der Dorf-Chronik lediglich:
1830:
Bauernrevolte: Die Gründauer Bauern ziehen zum Grafen von Meerholz. Pfarrer Ludwig Maximilian Reutzel eilt hinterher, besänftigt sie. Sie kehren um.
Die Chronik verschweigt, dass die Langenbergheimer und Altwiedermuser Bauern erst zur Beratschlagung nach Mittel-Gündau zogen, von wo aus schon seit Jahrhunderten in der Region der Widerstand gegen die Fron, die Ausplünderung durch Abgaben, Zehnten, Steuern, gegen Wald- und Wasserraub … organisiert wurde.
( Dokumente dazu gibt es zu Hauf im Hessischen Staatsarchiv und im Buch des Sozialhistorikers Werner Troßbach „Soziale Bewegung und Politische Erfahrung – Bäuerlicher Protest in hessischen Territorien 1648 – 1806“).
Die Mittel-Gründauer Bauern ziehen bis nach Wien vor die obersten Reichsgerichte, nach Regensburg und nach Wetzlar, wo sie auf Goethes Vater und den jungen Goethe stießen, der dort gerade seine juristsiche Ausbildung machte und auch in die Nähe der Region Gründau kam, als er im Ysenbug-Büdingen‘schen Schloss Marienborn bei Eckartshausen an der Synode der Herrnhuter Brüdergemeine teilnahm.
(mit den Herrnhutern lagen die Bauern auch im Klintsch, weil diese ausländischen Sonderlinge & Sektierer ihnen das Wasser abgruben und wegpumpten. Der Büdinger Fürst hatte über die Köpfe der Lorbacher Bauern hinweg seinem Geldbeschaffer Graf Zinsendorf und dessen Herrnhuter-BrüderGemeine das Wasserrecht zugesprochen, die dann mit fortschrittlichster Technik und frei von Abgaben/Steuern mit ihrem Pumpenhaus den Lorbach anzapften, was in Lorbach zu Wassermangel und dann zu Sprengstoffanschlägen der Bauern auf das Pumpenhaus führte, bis die Herrnhuter ihren Tiefbrunnen fertig hatten) ..
Als 1838 das alte Kirchenschiff der Niedergründauer Bergkirche abgerissen wird, wird der evangelische Gottesdienst in Mittel-Gründau in der Kapelle auf dem alten Friedhof abgehalten.
Um welchen Friedhof es sich dabei handelt, wird in der Chronik nicht erklärt. Vermutlich ist es noch die Kapelle des Klosters Arnsburg „Im Klösner“ vor der Flur mit dem Namen „Hinterm Kirchhof“. Diese Kapelle zerfällt dann unbenutzt in den folgenden 25 Jahren. Der Mittel-Gründauer Bauer Betz kauft die Steine und Balken der Ruine 1863 für die Erweiterung seiner Scheune und das Schweinestalles. Was nicht sooo gottesfürchtig ist. (:-0))))))) Die Quittung dafür befindet sich im Heimat-Museum in Niedergründau.
So weit zur ersten offiziellen Festschrift zum 800. Geburtstag des Dorfes Mittel-Gründau.
Erich Dietz hat in seinem GRINDAHA-Artikel „Der Reitzeberg“ die Gründung des ROTEN Fußballvereins auf 1920 datiert. Aber in diesem Jahr wurde nur der Fußballverein „Blau-Weiß“ gegründet. Der Verein, in dem um 1927/28 eine zweite Mittel-Gründauer Fußballmannschaft aufgebaut wurde war der SOLIDARITÄTS-Radsportverein. Der wurde bereits vor dem 1. Weltkrieg -wie der in LANGENSELBOLD & in BREITENBORN vor 1914 für nicht nur Radsportarten gegründet.
Ab 1928 gab es in Mittel-Gründau dann zwei fast gleichstarke Fußball-Mannschaften. Beide spielten aber in verschiedenen Verbänden: die meist kommunistisch-links-sozialdemokratisch organisierten SOLIDARITÄTS-Rotsport-Fußballer im reichsweiten SOLIDARITÄTSVERBAND und die eher rechts-sozialdemokratischen Blau-Weißen im eher bürgerlichen Deutschen-Fußball-Bund. Auch der Blau-Weiß wurde von den Nazis aufgelöst. Ob die Blau-Weißen und die Rotsportler dann in Zuchthäusern und KZs zusammen Fußball gespielt haben? Mit hoher Wahrscheinlichkeit, wenn sie nicht vorher zu Tode gefoltert wurden. Tatsächlich haben aber zwei Rotsportler im Strafbataillon 999 zwischen den oft tödlichen Brückenkopf-Einsätzen von 1942 bis 1944 in Griechenland, Albanien, Jugoslawien Parteigrenzen überwindende Fußballturniere organisiert: Wilhelm Pfannmüller und einer seiner Brüder:
Die nächste Nachlese wird sich mit der zweiten 800 Jahre Festschrift GRINDAHA-Sonderheft 7 des konkurrierenden „Geschichtsvereins Gründau“ befassen, unter dem Titel: „Kann man die Judenverfolgung beschreiben, ohne die Täter zu nennen?“
ich bin völlig begeistert von diesem Artikel! Ein riesige und hervorragende Arbeit! Hoffentlich findet sie große Verbreitung! Gratulation und Grüße!