In Mittel-Gründau GEMEINSAM die Alte Schulstraße retten!

In Mittel-Gründau

GEMEINSAM

die Alte Schulstraße retten!

1987 kurz vor dem Abriss aufgenommen: der Betz’sche Hof mit seinen Stallungen und Scheuern und den in den Löshang eingegrabenen Kellern. Die Höfe am Hang hatten meist ihre eigenen Trinkwasserquellen.
Die unterhalb der Schulstraße, unterhalb des Mühlbaches gelegenen Höfe hatten ihre Ziehbrunnen. Die Besiedlung oberhalb des Mühlbaches begann erst Ende des 18. Jahrhunderts. Mit den 1987 über Nacht verbrannten und verschrotteten Hauhaltsgeräten, Landwirtschaftsmaschinen und -Gerätschaften hätte man locker ein eigenes Dorf-Museum in der Alten Schule füllen können.

Einige wichtige Teile unseres Dorfes konnten wir in den letzten  30 Jahren noch retten. Wir haben den geplanten Abriss unserer  Alten Schule verhindern und sie über 10 Jahre von 1993 bis 2003 als  „dörfliche Volkshochschule“ , als „Wunder an der Gründau“, als „Dorftreff“ und Sozial- , Jugend- und Krabbelgruppenzentrum, als Leihbücherei , Fremdsprachen-, Kunst-, Nach-& Hausaufgabenhilfe-& Betreuungsschule (die erste im Main-Kinzig-Kreis),und als Jugend-Fahrradwerkstatt, Kinderfahrradschule, Dorfkino, als Drogen- und Sexualberatungsstelle erhalten, renovieren und nutzen können, bis sie dann verkauft wurde. Da haben wir gepackt …..

Gemeinsam

mit über 600 Mittel-GründauerINNEn.

(und der Unterstützung durch Rudolf Walther, der die Korkböden für die beiden Krabbelgruppen gespendet und durch Albert Hermann, der die Gesamtbestuhlung der Alten Schule mit einer LKW-Ladung voller ausrangierter, superstabiler, orangefarbener Kantine-Stühle der Vacuum-Schmelze Hanau organisiert hat.)

Jetzt ist zu hören, dass historisch wichtige Bestandteile der Alten Schulstraße, Teile des unter Ensemble- und Denkmalschutz stehenden Ortskernes gefährdet sind:

die unter Denkmalschutz stehende Stützmauer des Allmende-Mühlbaches , der vom Schafweiher über den Schulhof, hinter dem historischen Back-& Feuerwehrhaus vorbei bis in den Ahl führte, die bäuerlichen Schrotmühlen antrieb, die Feuerwehr mit Wasser versorgte, die Bauerngärten und den Schulgarten wässerte und das Vieh tränkte.

Am ehemaligen Betz’schen Hof stützt diese Mauer noch heute den kleinen Vorgarten mit dem schmiedeeisernen Geländer mit der Baujahreszahl und öffnet sich zum historischen Eingangstor. Und dann geht sie weiter Richtung Haingründauer Straße. Zum Teil sind die Gebäude auf der Nordseite der Alten Schulstraße auf dieser Mauer aufgebaut.

Jetzt soll auf dem Gelände der 1987 abgerissenen Scheunen und Stallungen des Betz’schen Hofes ein -so hört man es im Dorf- 5 stöckiges Mietshaus errichtet werden. Anwohner der Alten Schulstraße berichten von mitgehörten Anweisungen an die LKW-Fahrer beauftragter Bauschutt- & Erdaushub-Deponie-Belieferer, „ganz einfach die Einfahrt zu erweitern“, die Torpfosten und die Stützmauer versehentlich zu rammen.  Ein solches Verfahren ist schon von der „Entkernung“ der damals unter Denkmalschutz stehenden alten Zigarrenfabrik am Bahnhof von Lieblos bekannt: da rammte ein Bagger die Giebelwände und dann war das Gebäude leider nicht mehr zu retten.

Welche Bebauung des Betz’schen Hofes nach den Bestimmungen des Ensemble- und Denkmalschutzes überhaupt zulässig ist, müssen wir klären. Möglich wäre meines Wissens nur eine Bebauung  mit der Höhe und dem Volumen der Stallungen und Scheunen des Hofes. Wenn hier eine (illegale) Ausnahme gemacht wird, könnten dann zwischen Haingründauer Straße und Schafweiher eine ganze Reihe von Mietshochhäusern entstehen. Und manche Alteigentümer dürften dann bis zum 5. Stock aufstocken.

Dem entsprechend stiegen die Altimmobilienpreise. Krisen-geschüttelte Ex-FRAPORT-,veritas-,THERMO-FISCHER-, NORMA-Mitarbeiter mit kleinem Hausbesitz im Dorf werden/würden verstärkt zum Verkauf gezwungen und das Dorf wird nicht mehr wieder zu erkennen sein. „Heimat als Aufgabe“ war Mal der Slogan einer Partei. „Aufgabe der Heimat“ ist daraus geworden.

Das gemeindliche Brach-Grundstück auf dem Platz, wo einst das schönste und älteste erhaltene Mittel-Gründauer Bauernhaus, das 1782 errichtete Haus des Heinrich Otto stand, sollte uns eine Mahnung sein.

Wir sollten in einer Versammlung über die Dorfentwicklung sprechen, besonders über die Zukunft des in einer dörflichen Gemeinschaftsaktion errichteten Feuerwehrhauses und der im Anbau untergebrachten Leihbücherei.

„Wer nicht mitarbeiten kann, spendet 5 Mark für einen Hohlblock!“ Sonntägliche Dorfgemeinschafts-Aktion beim Bau des neuen Feuerwehrhauses. Der seit 1956 erster und ab 1964 hauptamtliche Bürgermeister lässt sich die Schippe nicht aus der Hand nehmen.

Nicht, dass hier ein kleiner Immobilien-Hai ein Schnäppchen macht und uns den Dorfrand mit einem Hochhaus verschönert.

Stolz wie die Spanier nach der Einweihung 1965: Brandmeister Erwin Goll mit seinen Kameraden

Wenn der Lockdown anhaltend die kleinen Vereine bedroht, werden dann aus Finanznot Sportplätze oder nur Teile davon- zu Bauplätzen?  Sportlerheime zu Mietskasernen. Wenn die Mieten in Frankfurt und Hanau weiter so steigen, könnte sich das lohnen. Ist doch logisch: wenn man die Mannschaften wegen Nachwuchsmangel im Gründautal zusammenlegt, brauchen die ja auch keine 5 und mehr Fußballplätze. Zumal ja auch den Mitgliedern und auch den kleinen Sponsoren das Geld knapp wird. (Und große die Produktion verlagern, dicht machen, Massenentlassungen beginnen oder ankündigen((VERITAS, FRAPORT, Thermo-Fischer …)))

Dorfgemeinschafts-Sonntagsaktion zusammen mit dem stellvertretenden Bürgermeister und SKG-Vorsitzenden Wilhelm Pfannmüller 1953 (hinter dem von rechts in Gummi-Stiefeln Vorbeilaufenden

Noch immer hat die Gemeinde das Dorferneuerungs-Versprechen eines zentralgelegenen, barrierefreien und dauergeöffneten Dorftreffs nicht eingelöst. Dafür durften wir jahrelang planen, streiten, diskutieren, die Finger wund schreiben, um am Ende NICHTS zu erhalten. Und viele, die mitgeplant, diskutiert, sich drauf gefreut hatten, hatten jetzt nicht Mal mehr eine Friedhofskapelle.

Der Wormser Paradiesschlüssel aus dem Wappen des im frühen Mittelalter aufgelösten Bistums Worms und der halbierte preußische Adler im Gründauerwappen gelten für Mittel-Gründau ganz besonders, denn hier verlief die Grenze zwischen Preußen(Hessen-Kassel) und dem Großherzogtum Hessen-Darmstadt mitten durch das Dorf. Der Paradiesschlüssel ist aber auch ein Hinweis darauf, dass Mittel-Gründau (schon vor seiner ersten schriftlichen Erwähnung als Dorf bereits lange vor dem Wirken Bonifazius und Kilians bereits spätestens im 4. und 5. Jahrhundert christianisiert wurde. In Konkurrenz zu verschiedenen anderen hellenistischen Kulten und der altjüdischen Religion, die alle mit den römischen Legionären an den Limes kamen. Hier dienten die Wormser Missionare etwa um 436 n.Chr..auch als Unterhändler, Vermittler zwischen dem letzten weströmischen Cäsaren, Kaiser Aetius, den Burgundern und den Hunnen unter König Etzel/Attila. Der hielt hier mit seinem Heer hinterm Berg in guter Deckung in römisch -merowingischen Siedlungstrümmern Hof: im Hunnenhof, der dann Huhnhof und später Hühnerhof genannt wurde. Dass die Christianisierung nicht vollständig war, zeigt der Flurname „Kolbenstein“, der an ein Heiligtum des Mithras-Kultes erinnert: dort stand ein Bildstock mit steinernen Figuren, Mischungen aus Mensch und Tier, den Kobolden, Gottheiten der Mithras-Kultes unweit einer heiligen , heute noch schwach schüttenden Quelle, am Rand des Kirchweges von Mittel-Gründau zur Niedergründauer Bergkirche. Die Axt-Funde aus der Bronce-Zeit, die Bandkeramiker-Funde, die 1867er Steinzeit-Stickel-Werkstattfunde im Mittel-Gründauer-Bahnhofswäldchen am Stickelsberg, die Hügelgräber ….

Mittel-Gründau, was ist aus Dir geworden und was wird noch aus Dir werden? Sollten wir vielleicht doch den Wormser Paradies-Schlüssel aus dem Wappen nehmen und ihn zurückbringen und dort im Rhein versenken?

Nein, wir sollten das Dorf nicht verkaufen und schon gar nicht verschenken.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

Ein Gedanke zu „In Mittel-Gründau GEMEINSAM die Alte Schulstraße retten!“

  1. Das ganze ist ein hausgemachtes Problem der Politik der letzten Jahrzehnte. Abbau bzw. Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland haben die Region 100 km um um Bankfurt zu Schlafstätten verkommen lassen. Neuerdings „Metropolregion“ genannt. Der künstlich erzeugte Mangel an Baugrundstücken und die steigende Nachfrage nach Wohnraum lässt die Immobilienpreise dauerhaft steigen und die Dörfer zu Spekulationsobjekten werden. And the Winner is: Bund und Länder!!
    Hier wird Nachhaltigkeit, Denkmalschutz und tradierte Strukturen den steigenden Steuereinnahmen geopfert (z.B. Grunderwerbssteuer, Mehrwertsteuer, Mineralölsteuer für den steigenden Verkehr aus dem Umland nach Bankfurt etc.). Die Kosten für die Infrastruktur (Strom, Wasser, Telekommunikation, Straßen, ÖPNV, Kita’s, Schulen) müssen die Kommunen tragen. Die eh schon pleite sind.

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