Der rechtsradikale Navalny eignet sich höchstens als „Märtyrer“, die Deutsche Welle hält ihn für unbedeutend

einige TAGE VOR Salisbury wusste die BBC schon die Details. Dazu hatte ich damals geschrieben. Und Quellen benannt. Jetzt findet die Bundeswehr Novitschok in einem Navalny, der zuvor von russischen Spezialisten durchgecheckt wurde. In Krisenzeiten soll ja der Hang zum Wunderglauben stärker werden. Damit scheinen Angela Merkel und Heiko Maas zu kalkulieren.

http://www.barth-engelbart.de/?p=202973;

http://www.barth-engelbart.de/?p=202348,

http://www.barth-engelbart.de/?p=202606;

http://www.barth-engelbart.de/?p=202599

Für wie blöd halten denn die NATO-Stricher den russischen Geheimdienst, wenn der denn einen ziemlich unbedeutenden Rechtsradikalen (selbst nach Einschätzung des Deutschland-Funks/ der Deutschen Welle liegt Navalnys Anhängerschaft im unteren einstelligen Bereich) wirklich umbringen wollte, hätten die russischen Schlapphüte das still und heimlich in Russland machen können.. Die haben ihn ausfliegen lassen und dann stellt die Bundeswehr  eine Novitschok-Vergiftung fest?  Sind die Russen denn so blöd, dass sie einen NoName mit „russischen Giftspuren“ ausfliegen lassen? Wollten die sich wirklich einen Märtyrer schaffen? Oder ist es eine westliche Rache für den missglückten Regime-Change-Versuch in Belarus?

https://deutsch.rt.com/meinung/105946-jagd-auf-kreml-kritiker-und-ex-spione-russlands-suendenregister-im-faktencheck/

Meinung
Die Jagd auf „Kreml-Kritiker“ und Ex-Spione: Russlands „Sündenregister“ im Faktencheck

30.08.2020 • 16:49 Uhr

Das Drama um Alexei Nawalny ist längst zum Politikum geworden. Moskau wird in Deutschland lauthals des versuchten Mordes am Oppositionellen beschuldigt. An seiner angeblichen Vergiftung sei die Handschrift des Kreml zu erkennen. Aber was ist die „Handschrift des Kreml“?

von Wladislaw Sankin

Es war nicht nur die Bild, die den Kreml und den russischen Präsidenten Wladimir Putin des Mordes an Alexei Nawalny beschuldigte – noch bevor etwas Genaueres über seinen Gesundheitszustand nach einer Notlandung im sibirischen Omsk am 20. August bekannt wurde. Es waren mehr oder weniger alle große deutsche Medien. Mit zahlreichen Politikern von CDU, FDP, SPD und den Grünen präsentierten sie sich in trauter Einigkeit – der Vorwurf gegen Moskau, einen weiteren, diesmal den „schärfsten Kreml-Kritiker“ mit einem Giftanschlag ermorden zu wollen, sei mehr als begründet. Die Stellungnahme der Charité am 24. August goss noch mehr Öl ins Feuer, und ab diesem Moment war in den Reden von Politikern sogar von einer Bestrafung Moskaus die Rede.

Mehr zum Thema – Der Täter steht schon fest: Deutsche Politiker fordern weitere Sanktionen gegen Moskau wegen Nawalny

Das offizielle Berlin begründete seine Vorwürfe u.a. mit anderen „Beispielfällen, die es leider in der jüngeren russischen Geschichte gab“, wie es Regierungssprecher Stefan Seibert einmal formulierte. Welche Fälle? Diese erwähnten deutsche Medien im Zusammenhang mit dem Nawalny-Fall bereits mehrfach – als Vorwurfs-Stapel, wie die NachDenkSeiten sie nannten. Die prominentesten Fälle führte das ZDF unter der vielsagenden Überschrift „Bewiesene und mutmaßliche Anschläge auf Kreml-Kritiker und Ex-Spione“ auf. Inwieweit es sich um Anschläge handelt und ob dies tatsächlich bewiesen ist, zeigt unser Faktencheck der am häufigsten genannten Fälle. Wir führen sie in chronologischer Reihenfolge auf:

Die Vergiftung des Politaktivisten Pjotr Wersilow (Zitate hier und im Folgenden vom ZDF)

Im September 2018 wurde der russische Aktivist der Protestgruppe Pussy Riot mit möglichen Symptomen einer Vergiftung in ein Moskauer Krankenhaus gebracht. Später kam er zur Behandlung in die Berliner Charité. Wersilow macht für seine mutmaßliche Vergiftung den russischen Geheimdienst verantwortlich. Als Hintergrund für die Attacke geht er von einem Zusammenhang zu seinen Recherchen über drei im Juli 2018 ermordete russische Journalisten in Zentralafrika aus.

Mehr lesen:„Wenn in Russland etwas passiert, ist Putin schuld“ – Die Causa Nawalny und der deutsche Hochmut

Hier wird ausschließlich die Meinung eines Skandal-Aktivisten als Maßstab genommen. Er verfolgt eigene politische Ziele und kann schon deshalb nicht derart maßgeblich zitiert werden, weil seine Einschätzungen unmöglich frei von Voreingenommenheit sein können. Es wird auch nicht erwähnt, dass Wersilow nach der Behandlung in der Charité komplett genesen ist, nach Russland zurückkam und weiter unbehelligt seiner derzeitigen Tätigkeit als Medienmanager nachgeht. Ebenso wie Nawalny wurde er mit dem Privatjet der NGO „Cinema for Peace“ nach Berlin gebracht. Es wird auch nicht erwähnt, dass es ausgerechnet russische Ärzte waren, die Wersilow Erste Hilfe leisteten. So berichtete der Tagesspiegel wenige Tagen nach Wersilows Einlieferung im September 2018:

„Die Leitung der Berliner Charité hält eine Vergiftung des russischen Politaktivisten Pjotr Wersilow für wahrscheinlich – betont aber, keine Hinweise darauf zu haben, wie es dazu gekommen sei. Auch die Ärzte, die Wersilow vor einigen Tagen in Moskau behandelten, seien von einer Vergiftung ausgegangen. Das sagte der Chef der Universitätsklinik, Karl Max Einhäupl (…). Man habe gut mit den Kollegen in Russland kooperiert. Wersilow befinde sich auf dem Weg der Besserung, die Vergiftung soll dank der schon in Moskau erfolgten schnellen Hilfe nicht lebensbedrohlich gewesen sein.“

Eine Vergiftung sei „wahrscheinlich“, die verwendete Substanz sei jedoch kaum noch festzustellen. Die Mutmaßung über eine Vergiftung im Auftrag des Kreml basiert also einzig und allein auf Spekulationen des Betroffenen und ist keineswegs objektiv. Eine Anspielung auf die „Hand des Kreml“ ist deshalb manipulativ.  

Mehr zum Thema – Deutsche Welle berichtet faktenfrei über „russische Mordpläne“ in Tschechien

WAS LÄUFT da mit Pussy Riot und der Augentropfenvergiftung?
https://www.youtube.com/watch?time_continue=39&v=gttyALPcSaQ&feature=emb_logo

Sergei Skripal

Der ehemalige Doppelagent und seine Tochter Julia waren im März 2018 im englischen Salisbury dem in der Sowjetunion entwickelten Nervengift Nowitschok ausgesetzt worden. Beide entgingen nur knapp dem Tod. Westliche Geheimdienste beschuldigen die russische Regierung, den Anschlag als Vergeltung für Skripals Tätigkeit als Doppelagent veranlasst zu haben. Eine 44-jährige Britin, die später mit dem Nervengift in Kontakt kam, starb.

Auch inzwischen Jahre später bleiben die Tat und deren Umstände im „Fall Skripal“ unaufgeklärt. Die Angaben der britischen Behörden dazu sind widersprüchlich, lückenhaft und nicht plausibel. Sie erfolgten auch in Umgehung jegliches rechtsstaatlichen Prozedere, oft durch Einstreuung in den Medien durch Privatdetektive oder ungenannte Quellen, was nicht für ihre Seriosität spricht. Die Opfer und Hauptzeugen Sergei und Julia Skripal bekam die Weltöffentlichkeit bislang nicht zu Gesicht, sodass die russischen Behörden den Fall mittlerweile als Entführung russischer Bürger betrachten. Sich ausschließlich auf die Angaben der „Geheimdienste“ zu beziehen, heißt, mit dem Fall die gleiche klar politisch motivierte Propaganda zu betreiben. RT Deutsch veröffentlichte mehrmals eigene Faktenchecks sowie die Gegendarstellung russischer Behörden zum Fall Skripal – hier und hier zum Nachlesen.

Mehr lesen:Ein Jahr nach dem Skripal-Attentat: Noch immer keine Beweise für Russlands Schuld

Vor allem ist es nicht glaubwürdig, Moskau als Motiv zu unterstellen, Rache an einem „Verräter“ geübt zu haben. Zur Erinnerung: Skripal hatte für den GRU gearbeitet und sich dann als Informant für den britischen MI6 anwerben lassen. Nachdem er im Jahr 2004 enttarnt worden war, wurde er zwei Jahre später wegen Spionage zu einer 13-jährigen Haftstrafe verurteilt. Während des Gerichtsverfahrens hatte er umfangreich mit den russischen Behörden kooperiert. Im Juli 2010 wurde er im Rahmen eines Agentenaustausches vorzeitig aus der Haft entlassen, woraufhin er nach Salisbury zog.

Skripal hatte somit für die russischen Dienste keinerlei Relevanz mehr. Er war „verbrannt“ und hatte ein umfangreiches Geständnis abgelegt. Laut dem Spionage-Forscher Christopher Nehring wäre ein Anschlag auf einen bereits ausgetauschten Agenten ein „Präzedenzfall“, der noch „nicht vorgekommen“ sei, weil es gegen die „ungeschriebenen Regeln in der Welt der Spionage“ verstoße.

Warum die russische Regierung kurz vor der Fußball-WM im eigenen Land, bei der sich das Land in einem vorteilhaften Licht zu präsentieren gedachte, ein Attentat mit einer Chemiewaffe (!) auf einen unbedeutenden Ex-Agenten und dessen Tochter in der englischen Provinz verüben sollte, erscheint jedenfalls alles andere als plausibel.

Trotz dieser unzähligen Unstimmigkeiten gilt der „Fall Skripal“ den westlichen Medien als unbestreitbarer Fall russischer „Grausamkeit“. Aus medialer Sicht handelt es sich dabei viel eher um einen klassischen Fall von Propaganda und schwarzer PR.   

Ein Jahr nach dem Attentat: Aktenzeichen Skripal ungelöst
https://www.youtube.com/watch?v=hVFjzHAswo8&feature=emb_logo

Alexander Litwinenko

Der frühere russische Agent und Kreml-Kritiker starb 2006 im Exil in London an einer Vergiftung mit hochgradig radioaktivem Polonium. Zuvor hatte er mit den russischen Geschäftsmännern und Ex-KGB-Agenten Dmitri Kowtun und Andrej Lugowoi Tee getrunken. London gibt Moskau die Schuld, das jegliche Verantwortung bestreitet.

Hier wird wenigstens die Position Moskaus erwähnt. Es wäre aber hilfreich zu wissen, welche Indizien Moskau entlasten. Diese werden in den Medien in der Regel vollends ignoriert. 

„Das Vereinigte Königreich verweist auf eine ‚Bilanz staatlicher Morde‘ und nennt insbesondere die Ermordung von Alexander Litwinenko in London im Jahr 2006. Dies belegt angeblich ‚die Bereitschaft des Kremls, jemanden in diesem Land zu töten‘. In Wirklichkeit zeugt der Mord an Alexander Litwinenko von der Bereitschaft Londons, wichtige Informationen als geheim einzustufen und schwere Anschuldigungen zu erheben, die nicht durch Fakten gestützt werden. Nach dem gleichen Skript wird auch diesmal vorgegangen“, sagte der russische Botschafter in Großbritannien Alexander Jakowenko im Zusammenhang mit dem Fall Skripal.

Mehr lesen:Mordfall Litwinenko: Ermittlungsdokumente entlasten russische Hauptverdächtige

Die Untersuchungen zu Litwinenkos Tod wurden unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt und brachten im Januar 2016 im Urteil des Londoner Richters Sir Robert Owen keine prinzipiell neuen Informationen zu schon seit Langem vorhandenen Anschuldigungen gegen Russland zutage. Diese wurden bereits kurz nach seiner Einlieferung im Krankenhaus und damit noch Tage vor seinem Tod und lange vor dem Abschluss jeglicher Ermittlung laut: Der Ex-Kollege Litwinenkos Andrei Lugowoi und der Geschäftsmann Dmitri Kowtun seien für dessen Tod verantwortlich, und sie handelten im Auftrag des Kreml. 

Dennoch sind es ausgerechnet deutsche Behörden, die die beiden russischen Tatverdächtigen bereits im November 2006 entlasteten. Wenige Wochen nach dem Vorfall im englischen Salisbury im März 2018 veröffentlichte die russische Staatsanwaltschaft die Dokumente ihrer deutschen Kollegen, denen zufolge das radioaktive Polonium bereits vor der Ankunft von Lugowoi und Kowtun in London festgestellt wurde.

Nikolai Atmoniew, ein Berater des Generalstaatsanwalts, erklärte dazu: „Laut den Schlussfolgerungen unserer deutschen Kollegen, die auf der Grundlage aller von der Hamburger Staatsanwaltschaft – einschließlich der aus Großbritannien – gesammelten Beweise beruht, die auch die von Polonium-210 zurückgelassenen Strahlungsspuren umfassen, war das Polonium bereits in London, bevor Lugowoi und Kowtun am 1. November 2006 dort eintrafen.“

Er fügte hinzu, dass nach Angaben der deutschen Staatsanwaltschaft laut britischer Seite „die höchste radioaktive Kontamination im Londoner Büro von Boris Beresowski (ein flüchtiger russischer Oligarch und Milliardär, der zu jener Zeit in London lebte – Anm. der Red.) und im Körper des italienischen Staatsbürgers Mario Scaramella gefunden wurde“.

Mehr zum Thema – Litwinenko-Vergiftung: Vater des Ex-Agenten belastet Beresowski-Vertrauten

Die Jagd auf "Kreml-Kritiker" und Ex-Spione: Russlands "Sündenregister" im Faktencheck

Nach Angaben der russischen Staatsanwaltschaft überwarfen sich Litwinenko und Beresowski im Jahr 2006. Litwinenko stellte demnach eine Bedrohung für Beresowski dar, weil er Fehler in dessen Asylverfahren sowie die Rolle der britischen Geheimdienste bei seinem Schutz vor der russischen Justiz hätte aufdecken können. Die russische Staatsanwaltschaft glaubt, dass der Exil-Oligarch Litwinenko getötet haben könnte, um seinen Aufenthaltsstatus in Großbritannien zu schützen.

„Wir haben Grund zur Annahme, dass Beresowski damals die Person mit dem stärksten Motiv war, Litwinenko zu töten. Und die Entdeckung einer radioaktiven Spur in seinem Büro ist ein weiterer Beweis für den Fall gegen ihn“, sagte Atmoniew.

Doch für die deutschen Medien scheint bei jedem dubiosen Fall die „Mordlust des Kreml“ das stärkste Tatmotiv zu sein. Als die Hamburger Staatsanwaltschaft das Verfahren gegen Lugowoi einstellte, wurde darüber berichtet. Als das britische Gericht im Jahr 2016 in einem intransparenten Verfahren sein Urteil über Kowtun und Lugowoi fällte, wurde dieses widerspruchslos hingenommen. Für deutsche Medien kann also ein Urteil eines Londoner Gerichts zur Vergiftung einer derartig brisanten Person wie Litwinenko niemals politisch motiviert sein.

Wiktor Juschtschenko

Im Jahr 2004 wurde der damalige Oppositionskandidat und spätere Präsident der Ukraine schwer krank. Österreichische Ärzte stellten drei Monate später eine Dioxinvergiftung beim Helden der sogenannten Orangenen Revolution fest. Juschtschenkos Gesicht trägt bis heute die Spuren der Vergiftung. Angetreten war er gegen den russlandfreundlichen Kandidaten Wiktor Janukowitsch.

Ja, es ist richtig, dass die angebliche Dioxinvergiftung erst drei Monate später, unmittelbar während des Wahlkampfes festgestellt wurde. Allerdings fehlt hier ein wichtiges Detail: Unmittelbar vor diesem Befund schaltete sich ein Team US-amerikanischer Spezialisten in den Prozess der Behandlung des Patienten ein und brachte die Blutabnahme und den Transport von Blutproben unter seine Kontrolle. Kurz darauf wurde Dioxin im Blut des Politikers in einer seltenen Reinheit festgestellt.

Mehr lesen:Je giftiger, desto russischer: Was haben die Vergiftungen von Juschtschenko und Skripal gemeinsam?

Diese Unstimmigkeiten im dubiosen „Vergiftungsfall“ fielen schon den ukrainischen Ermittlern einer Rada-Kommission und später der Staatsanwaltschaft ins Auge. Und der erste hochrangige Whistleblowler, der Rada-Abgeordnete David Schwanija, meldete sich bereits im Jahr 2008 und erzählte, dass diese Vergiftungs-Story eine Erfindung der Polittechnologen im Umfeld des Präsidentschaftskandidaten gewesen sei. Juschtschenko erkrankte tatsächlich schwer an einer bis heute nicht öffentlich genannten, seltenen Krankheit, wurde aber nicht vergiftet.

Im Juli 2019 erklärte der ukrainische Oberste Militärstaatsanwalt Anatoli Matios, dass für eine Vergiftung Juschtschenkos keinerlei Belege vorhanden seien. Noch früher bestätigte das der ehemalige Leiter der Rada-Untersuchungskommission Wladimir Siwkowitsch gegenüber der russischen Nachrichtenagentur RIA Nowosti. Alle im Umfeld Juschtschenkos wüssten, dass die Vergiftung ein Fake gewesen sei, weshalb er auch seine Version juristisch selbst während seiner Amtszeit nicht habe durchsetzen können.

„Die wichtigste Schlussfolgerung unserer Arbeit war, dass jegliche Beweise für eine vorsätzliche Vergiftung fehlen. Es gab weder Verdächtige noch Verurteilte. Die ganze Geschichte mit der Vergiftung ist eine politische PR-Kampagne“, sagte Siwkowitsch.

Infolge dieser Erkenntnisse kann Juschtschenko selbst die Vergiftungs-Story seit Langem nicht mehr aufrechterhalten. Noch zu den Hochzeiten der Skripal-Affäre sprach der britische Sender BBC noch mal mit dem Ex-Präsidenten der Ukraine und fragte ihn, ob er denke, dass Kreml-Chef Putin seine Vergiftung in Auftrag gegeben habe. Juschtschenko antwortete ausweichend: „Ich kenne die Antwort, aber ich kann sie nicht aussprechen.“

Dank der angeblichen Vergiftung erlangte Juschtschenko Märtyrerstatus und setzte sich in der dritten (!) Wahlrunde infolge der sogenannten Orangenen Revolution gegen seinen Rivalen, den späteren Präsidenten Wiktor Janukowitsch durch. Die Fakten wurden geschaffen – genauso wie auch der Vergiftungsverdacht. Wenn er gegen den Kreml von wem auch immer erst einmal erhoben ist, wird er im westlichen medialen Mainstream zu einem unanfechtbaren Faktum.  

Mehr zum Thema – „Um Alexei Nawalny zu würdigen“: Jürgen Trittin will Immobilien „korrupter Russen“ beschlagnahmen

Tags: Alexander Litwinenko, Alexei Nawalny, Analysen, Desinformation, Fake News, Faktencheck, Maidan, Medien, Medizin, Skripal-Affäre, Ukraine, Wladislaw Sankin

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https://www.nachdenkseiten.de/?p=64361#more-64361

Fall Nawalny: „Putins Gift, Putins Anschlag“

03. September 2020 um 12:02 Ein Artikel von: Tobias Riegel

Die Berichterstattung zum Fall Nawalny ist extrem unseriös: Unschuldsvermutung? Logik? Gesunder Menschenverstand? All das erscheint überflüssig, wenn es um Meinungsmache gegen die russische Regierung geht. Die Berichte ergehen sich in abwegigen Spekulationen, sie sind teils gefährlich und kriegstreiberisch. Von Tobias Riegel.

Zum Verständnis des Vorgangs um den russischen Politiker Alexej Nawalny muss immer wieder betont werden: Im Gegensatz zur Darstellung in westlichen Medien ist Nawalny in Russland politisch irrelevant. Die „Deutsche Welle“ ordnet die Chancen des nationalistisch orientierten Nawalny russlandweit „im niedrigen einstelligen Bereich“ ein. Die in den letzten Tagen in deutschen Medien massiv wiederholte Formulierung vom „wichtigsten russischen Oppositionspolitiker“ ist eine Irreführung.

Nawalny ist für die aktuelle Propaganda um seine Person nicht verantwortlich, auch soll ihm hier gesundheitlich alles Gute gewünscht werden. Aber für die russische Regierung stellt er keine politische Gefahr dar. Gefährlich könnte er aber als Märtyrer eines politischen Mordes werden: Weil er dann – unabhängig von seinem geringen politischen Einfluss – von westlicher Seite jahrelang als Munition für Propaganda gegen die „mörderische“ Putin-Regierung genutzt werden kann.

Erscheint „der Kreml“ als Täter wahrscheinlich?

Hier soll keine Variante ausgeschlossen werden, wie die NachDenkSeiten bereits im Artikel „Große Gefühle für Nawalny – eisige Kälte für Assange“ geschrieben haben: Es ist theoretisch möglich, dass in den Vorgang hohe russische Beamte verwickelt sind. „Der Kreml“ soll hier nicht über Gebühr oder prinzipiell in Schutz genommen werden: Wie bei anderen Regierungen wird man auch dort nicht zögern, sich notfalls und bei Bedarf über moralische Bedenken hinwegzusetzen. Aber reicht das für einen Mordvorwurf? Sind die verfrühten Schuldzuweisungen vieler Medien seriös, die aktuell aus allen Kanälen schallen? Erscheint es wahrscheinlich, dass „der Kreml“ hier einen Mord in Auftrag gegeben hat? Hätte die Regierung als Auftraggeber eines Mordversuchs das Opfer ausfliegen lassen? Hätte „der Kreml“ von dem Mord einerseits und von der aufsehenerregenden Art und Weise andererseits irgendwelche Vorteile? Die Vorwürfe erinnern an die Kampagnen zu angeblichen Giftgasangriffen durch den syrischen Präsidenten – auch hier hätte Baschar al-Assad durch das Verbrechen keine Vorteile gehabt, hätte dadurch aber Steilvorlagen für seinen eigenen Sturz gelegt.

Es gibt unauffälligere Wege, unliebsame Personen aus dem Weg zu räumen. Die gewählte Methode macht nur Sinn, wenn man Russland unterstellt, es würde von dem nun inszenierten internationalen Aufruhr profitieren – in den Medien wird das so erklärt: Putin will andere „Kritiker“ einschüchtern und er wolle zeigen, dass er Morde begehen kann, ohne Konsequenzen zu fürchten. Darum hätten die Mörder einen langwierigen Tod auf offener Weltbühne verursacht und dazu noch überdeutliche Spuren hinterlassen. Und darum hätten sie eben nicht unauffällig, schnell und wirkungsvoll ihr verwerfliches Werk verrichtet.

Unschuldsvermutung? Gesunder Menschenverstand?

Unschuldsvermutung, Logik und gesunder Menschenverstand erscheinen überflüssig, wenn es um Meinungsmache gegen die russische Regierung geht. Man kennt das von der Skripal-Affäre, die die NachDenkSeiten etwa im Artikel „Die OPCW-Untersuchung zu Skripal – Fake News auf allen Kanälen” thematisiert hat. Auch beim Fall Nawalny sind bereits jetzt alle Zweifel ausgeräumt, wenn man deutschen Politikern und Journalisten glauben darf: Die Bundesregierung sieht es laut Medien als “zweifelsfrei” erwiesen an, dass Nawalny mit dem chemischen Nervenkampfstoff Nowitschok vergiftet wurde. Ein Spezial-Labor der Bundeswehr hätte dies festgestellt. Kanzlerin Angela Merkel sprach demnach von einem “versuchten Giftmord” an einem der führenden Oppositionellen Russlands: “Er sollte zum Schweigen gebracht werden.”

Der aktuelle Tenor zahlreicher Medien lautet: Aus dem versuchten Gift-Mord müsse eine „Neubewertung der Beziehung“ zwischen Deutschland und Russland folgen, mindestens aber ein Stopp von Nord-Stream-2, der etwa in diesem Artikel von Norbert Röttgen gefordert wird, und weitere Sanktionen. Die Tonlage wird zum Teil kriegstreiberisch.

Auch dieser Artikel kann nur spekulieren. Aber darum wird darin auch auf vorschnelle Urteile verzichtet – und ebenso soll „der Kreml“ hier nicht vom Verdacht freigesprochen werden. Wenn man aber schon spekuliert, dann muss das deutlich sein und es darf nicht als verkappte Tatsachenbeschreibung fungieren. Würde man Logik und gesundem Menschenverstand folgen, so würde die russische Regierung als Verdächtige zunächst eher in den Hintergrund treten, weil sie – zumindest auf den ersten Blick – vor allem Nachteile von einem aufsehenerregenden Giftmord hätte.

„Kein ernsthafter Zweifel mehr“

Das weisen aber zahlreiche große und kleinere Medien zurück. So schreibt die „Süddeutsche Zeitung: „Keinen ernsthaften Zweifel kann es nun noch daran geben, dass Nawalny in der Heimat Opfer eines übermächtigen Gegners geworden ist.“ Auch in Russland befinde sich ein für militärische Zwecke entwickeltes Nervengift nicht im Arsenal kleiner Krimineller, sondern in den Händen der Staatsmacht. Von einem „Mordversuch“ schreibt die FAZ und erläutert mit großer (mutmaßlich gespielter) Naivität:

„Argumentativ wird es für die russische Propaganda jetzt eng. Wäre zum Beispiel ein handelsübliches Insektenvernichtungsmittel im Spiel gewesen, hätte sie leicht mit dem Finger auf Kriminelle zeigen können. Aber hier geht es um eine chemische Waffe. Und die russische Regierung wird schon in ihrem eigenen Interesse darauf achten, dass solche Stoffe nicht in unbefugte Hände geraten. Daraus folgt der dringende Verdacht, dass offizielle Stellen hinter dem Anschlag auf Nawalny stecken.“

Diplomatie sei nicht angebracht, meint die „Stuttgarter Zeitung“: „Die Art und Weise, in der die Bundesregierung rückhaltlose Aufklärung von Moskau fordert, ist weit entfernt von diplomatischer Zurückhaltung. Doch das ist ebenso angebracht wie die Ankündigung, Kontakt mit der Organisation für das Verbot chemischer Waffen aufzunehmen.“ Die „Frankenpost“ packt viel Meinungsmache in einen Absatz und fordert, „die Samthandschuhe auszuziehen“:

„Dieser feige und hinterhältige Anschlag ist nur ein Mosaiksteinchen mehr: Im Reich Putins herrschen Unterdrückung und Entrechtung – unter dem Deckmantel einer vorgeblichen, tatsächlich aber von autokratischen Strukturen gelenkten Demokratie. Meinungsfreiheit gibt es nicht, Oppositionelle befinden sich in stetiger Lebensgefahr. Es ist höchste Zeit für den Westen, die Samthandschuhe auszuziehen und mit Putin Klartext zu reden. Wer Geschäfte macht mit einem Despoten verrät Demokratie, Freiheit und die Menschenrechte. Diese Werte sind wertvoller als alles Erdgas.“

„Putins Gift, Putins Anschlag“

Den Fall gelöst hat bereits die „Ludwigsburger Kreiszeitung“ und schreibt in diesem skandalösen Absatz:

„Es war Putins Gift und damit Putins Anschlag. Ob er ihn nun direkt befohlen hat, oder seine Lakaien nur machen ließ. Der Vorfall schreit nach Konsequenzen. Es ist ein erneuter drastischer Verstoß gegen die Chemiewaffenkonvention, die auch Russland unterzeichnet hat. Diesmal nicht im Ausland, wie noch 2018 in Großbritannien im Fall Skripal, sondern im eigenen Land. Auch Putin bekämpft seine Opposition also mit Massenvernichtungsmitteln, genau wie Assad in Syrien.“

Und die „Volksstimme“ aus Magdeburg möchte die Politik vor sich hertreiben und fordert, trotz des ungeklärten Charakters des Falls Nawalny bereits „schmerzhafte Konsequenzen“:

„Kanzlerin Merkel hat deutlich die russische Regierung mit dem versuchten Giftmord an Nawalny in Verbindung gebracht. Ihr Außenminister hat Konsequenzen angekündigt, falls Russland den Fall nicht aufklären will. Jetzt muss die Regierung auch liefern. Und das kann nur eine Neubewertung der Beziehungen zu Russland bedeuten. Mit möglicherweise schmerzhaften Konsequenzen. Kann Deutschland sich noch mit einem Land, das Gegner in aller Welt ermorden lässt, die Ukraine überfällt, Syrien ausbombt und Truppen sammelt, um zur Not die Opposition in Weißrussland niederzuwalzen, mit einer Pipeline verbinden?“

Russlands Sündenregister

Die Zeitung nutzt wie viele andere Medien in den letzten Tagen die Technik der „gestapelten“, aber dadurch nicht erwiesenen Vorwürfe gegen Russland, die die NachDenkSeiten in dem Artikel „Große Gefühle für Nawalny – eisige Kälte für Assange“ beschrieben haben:

Der Vorgang ist auch Anlass, um in der Vergangenheit ohne angemessene Beweise gegen Russland gerichtete Vorwürfe aufzuwärmen. Durch diese Praxis erscheint das Sündenregister Russlands auf den ersten Blick immens. Erst bei genauerem Hinsehen bricht dieses Kartenhaus teilweise zusammen, wenn man feststellt, dass zu vielen der aufgezählten Verfehlungen bestenfalls die halbe Wahrheit berichtet wurde. Das betrifft etwa die nun immer mitschwingenden Stichworte „Russia-Gate/USA“, „Bombardierung Syriens“, „Skripal-Affäre“ oder „Bundestags-Hack“. Die NachDenkSeiten haben das Prinzip von im kollektiven Bewusstsein geparkten Diffamierungen, die bei Bedarf aufgewärmt werden können, ohne sie beweisen zu müssen, in dem Artikel „Strategien der Spannung und das große Schweigen danach“ beschrieben.

Titelbild: Dolgikh Pavel / Shutterstock


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Klare Worte!!!

Jürgen Todenhöfer
12. August um 09:44 ·

Wir sind keine Kolonie der USA
Erpressung wegen Nordstream 2

Liebe Freunde, im Stil von Mafia-Bossen bedrohen die USA deutsche Unternehmen mit Existenzvernichtung, falls sie weiter mithelfen, die Erdgasleitung Nord Stream 2 von Russland nach Deutschland fertig zu bauen. Die USA wollen stattdessen Deutschland ihr eigenes, amerikanisches Erdgas verkaufen. Alle anderen Argumente der USA gegen Nord Stream 2 sind vorgeschoben..

So handeln keine Rechtsstaaten, so handeln Schurkenstaaten. Die bisherigen Reaktionen der Bundesregierung sind wie üblich leisetreterisch. Es wird Zeit, dass Kanzlerin Angela Merkel klar und deutlich ausspricht, dass Deutschland weder Kolonie noch Protektorat der USA ist. Das Maß ist voll. Wir können uns auch von „Verbündeten“ nicht alles gefallen lassen.
Euer JT

Jürgen Todenhöfer
2. August ·

NIE MEHR MITLÄUFER DER USA!
Deutschland sollte ein Land des Friedens werden, statt stolz auf seine Militäreinsätze im Ausland zu sein. Wir sollten in weltpolitischen Krisen fairer Vermittler sein. „Ehrlicher Makler“, wie Bismarck das nannte.

Von deutschem Boden aus dürfen keine Kriege mehr geführt werden. Auch keine US-Kriege. Das gilt auch für die Drohnenkriege aus Ramstein. Wir müssen mit den USA offen über ihre verbleibenden Stützpunkte in Deutschland sprechen. Sie sind von den USA ständig zur Führung völkerrechts- und grundgesetzwidriger Kriege missbraucht worden. Diese Verstöße müssen beendet werden.

FÜR ZUSÄTZLICHE STRATEGISCHE PARTNERSCHAFTEN. AUCH MIT RUSSLAND.

In einer multipolaren Welt muss eine souveräne Außenpolitik in der Lage sein, „mit mehreren Bällen gleichzeitig“ zu spielen. Die Bündnisse der letzten 70 Jahre werden im 21. Jahrhundert nicht ausreichen, die Sicherheit und die Interessen Deutschlands zu wahren.

Ich trete ein für
– ein starkes Europa als Region stabilen Friedens. Ein klares Ja zu Europa und ein Ja zu Vaterland und Heimat schließen sich nicht aus;

– eine selbstbewusste Partnerschaft mit Russland als Ergänzung zur transatlantischen Partnerschaft. Russland gehört mindestens so sehr zu Europa wie die USA. Ein Blick auf die Landkarte reicht, um die Logik enger Beziehungen Deutschlands und Russlands zu erkennen. Ein Blick auf die deutsche Geschichte auch;

– ein kluges und faires Verhältnis zu China. Trotz zahlreicher Probleme. Oder gerade deshalb. Wir sollten die Strategie der USA, all ihre Konkurrenten zu Todfeinden zu erklären, nicht mitmachen;

– für Partnerschaft mit anderen Kulturen – statt Unterdrückung und Ausbeutung. Für gleiche Rechte aller Staaten in einer multipolaren Welt. Für eine starke UNO. Für Menschenrechte für alle und nicht nur für die USA und ihre Vasallen.

Amerika wird auch weiter Partner sein. Aber ohne Sonderrechte. Die USA haben ihre Exklusivrechte in den letzten Jahre selbst demontiert. Mit den barbarischen Unrechtskriegen und Sanktionskampagnen der letzten Jahrzehnte, die Millionen Unschuldige töteten. Wir haben Freunde in Amerika, aber Amerika ist nicht mehr unser Freund.

Es ist höchste Zeit für eine neue deutsche und europäische Außenpolitik. Für eine Politik des Friedens und des Respekts vor anderen Kulturen. Und vor uns selbst.

Euer JT

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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