Die langjährige Leiterin des „Röntgen-Busses“ des Main-Kinzig-Kreis-Gesundheitsamtes, Gisela Grahs, die mit Heiner Schwarzhaupt zusammen am „Siedlungsplatz Steinbach“, (im Volksmund „Korea“, weil die Baugruben am Altwiedermuser Weg kurz vor dem Wald für die Mittel-Gründauer so aussahen wie die Bombenkrater des US-Korea-Krieges) nebenberuflich einen Pferdezucht- & Reiterhof betrieb ….
hat ab 1984 aktiv gegen eine von Landrat Rüger (CDU) geplante Müllverbrennungsanlage und anschließend ab 1987 gegen die von Landrat Eyerkaufer (SPD) und seinem ersten Beigeordneten und Bau-Dezernenten Erich Pipa (SPD) und seinen GRÜNEN Koalitionspartnern (Zach & Dr. Friedrich, Umwelt-Dezernent) geplante Groß-Deponie gekämpft.
Einer der Beiträge Gisela Grahs‘ war 1989 das Gedicht:
MÜLL-GRÜNDAU
(ihre Schwester, Frau Dr. Sigrid Göckel hat erst vor einigen Wochen eine Abschrift wiedergefunden. Im Gelnhäuser Stadt-Archiv war es bisher nicht auffindbar. Es wurde damals als Leserbrief vom Gelnhäuser Tageblatt 1989 veröffentlicht)
Der Fortschritt zeigt sich als ein After,
der niemals schließen kann, – stets klafft er,
um Auspuffgase abzulassen
und alle Wohlstandsabfallmassen.
So scheißt er langsam und in Ruh
uns alle Lebensräume zu.
Ob Müllverbrennung, -Deponie,
sie beide töten Mensch und Vieh.
Das ist fatal!“, bemerken wir,
doch, Gott sei dank, geschah’s nicht hier
Jetzt sind wir aber selbst betroffen,
denn leider ist’s dann so geloffen:
Der After dreht sich auf uns zu
bescheißt uns bis zum Hals im Nu
macht bei den Feldern noch nicht Halt
zerstört den Ronneburger Wald,
wo noch gesunde Bäume steh’n
wird man nur einen Haufen seh’n
Wo heut sich viele Arten laben,
trifft man dann Ratten an und Raben.
Es stinkt zum Himmel! Niemals! Nie!
Wir wollen keine Deponie!
Gisela Grahs, 1989
„Viele hundert Jahre Unrecht sind kein Tag Recht!“
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„Viele hundert Jahre Unrecht sind kein Tag Recht!“, schleuderte der Bauer Koch 1727 einem Isenburger Grafen ins Gesicht, als auch im Gründauer Gericht die Bauern die Fron verweigerten, weil schon ihre Vorfahren dagegen aufbegehrt hätten. (der in der Quelle benutzte Konjunktiv ist unangebracht, weil sich die Bauern zu Recht auf ihr Aufbegehren in den Bauerkriegen beriefen ***
zum Widerstand der Mittel-Gründauer gegen die Obrigkeit zwischen 1648 und heute
Nach dem 30jährigen Krieg ging bei den Fürsten die Angst vor neuen Bauernkriegen um. Diese Angst war durchaus berechtigt, denn der Feudal-Adel versuchte aus den geschundenen, wenigen Krieg- und Pest-überlebenden Untertanen weit mehr herauszupressen als vor dem Krieg aus einer viel größeren Anzahl Bauern, die zudem noch auf urbaren Äckern arbeiten konnten. So kam zu der Wiederurbarmachung der Felder, der Rodung der verbuschten Weiden, dem notdürftigen Wiederaufbau der Ställe und Scheunen die erhöhte Fron, die steigenden Abgaben noch dazu.
1652 klagten die Gründauer Bauern vor den höchsten Reichsgerichten: dem ReichsHofRat (RHR) in Wien und den Reichskammergerichten (RKG) in Regensburg, Speyer und Wetzlar wegen der Zwangsabgabe zur Finanzierung einer Schlosswache gegen die Isenburger Grafen. Die obersten Juristen des Reiches ermahnten sogar den Adel, den Bogen nicht zu überspannen, sonst käme “ein neuer Bauernkrieg”. Das war auch einer der wichtigsten Gründe, warum die Reichsgerichte ab und zu den Bauern Recht gaben. Die Verrechtlichung der Bauernklagen diente ihrer „Befriedung“ und nicht ihrer Befriedigung, wie es in historischen RHR- und RKG-Expertisen ausführlich begründet wird.
1659 erklärte dann auch der Wiener ReichsHofRat die Erhöhung der Fron durch die Büdinger, Birsteiner, Meerholzer Isenburger Grafen für rechtens.
Auf dieser Grundlage wurden die Bauern u.a. gezwungen, die Herrenhöfe in Fronarbeit zu errichten, so auch das Mittel-Gründauer Hofgut, die fürstliche Domäne.
Darum klagten die Bauern 1715 wieder vor dem Wiener Reichsgericht gegen die erhöhten Fronen und Abgaben und verweigerten gestärkt durch erste kleine Klageerfolge ab 1733 alle Feldfronen ( 90 und mehr Tage im Jahr).
Um das Reichsgericht unter Druck zu setzen, verweigerten nun die Isenburger die Weitergabe ihrer Steueranteile nach Wien. Das führte dort zu einem Umschwung der Stimmung gegen die Bauern . Daraufhin versuchten die Bauern, durch totalen Abgabe-Boykott zwischen 1752 und 54, die Isenburger zur Steuerabgabe nach Wien zu zwingen.
Diese ließen daraufhin 1754 durch Militär den Widerstand der Reichenbacher Bauern niederschlagen. 6 Bauern wurden dabei erschossen, was in Gründau zum Abbruch des bäuerlichen Abgabe-Boykotts führte.
Der Wasserkrieg
zwischen den Isenburgern und den Bauern lässt sich an den beiden Mittel-Gründauer Mühlbächen zeigen. Der „fürstliche“ verlief westlich des Haselbaches am Hang zwischen Rodenborn und der Mühle am Kornspeicher auf der Westseite des Hofgutes., dem späteren „Polenhaus“, das in den 1970ern abgerissen wurde. Der Almende-Gemeinde-Mühlbach verlief auf der nordöstlichen Seite des Haselbaches über das Mühlstück, die Alte Schulstraße oberhalb der Alten Schule vorbei zum historischen Unterdörfer Back-& Feuerwehrhaus in Richtung Ahl-Mühle. Der Mühlbach lieferte das Wasser für die Schrotmühlen der unterhalb liegenden Bauernhöfe. Noch heute weisen die schmalen Verbindungswege und „Schlupfe“ zwischen Alter Schulstraße und Bachgasse und die dort eingemauerten Lagersteine für die Mühlräder auf die zwischen den Höfen installierten Mühlen hin. In Trockenperioden wurde den Bauern im Dorf von den Isenburgern „das Wasser abgegraben“.
Die Isenburger führten über die Fron- und Abgabenverweigerungen Buch und so entstand eine riesige Gemeinde-Schuld, die die Büdinger durch Beschlagnahme von Weiden, Äckern, Gemeindewald einlösten. Das wurde von Fall zu Fall auch im Nachhinein von den Reichsgerichten für rechtens erklärt.
So weit wie die Lorbacher Bauern gingen die Mittel-Gründauer nicht: die Lorbacher machten Sprengstoffanschläge auf des Pumpenhaus der von den Fürsten zunächst privilegierten Herrnhuter auf dem Diebacher Herrnhaag, die für die Bewässerung ihrer barocken Obst-, Gemüse- und Ziergarten-Terrassen sich das Wasser aus dem Lorbach pumpten. Anschläge der Mittel-Gründauer Bauern auf den fürstlichen Mühlbach sind dagegen nicht bekannt. Als zur Zeit der „Stein’schen Reformen“ zu Beginn des 19. Jahrhunderts die Möglichkeit eingeräumt wurde, sich aus Fron und Leibeigenschaft freizukaufen , nahmen die Bauern Kredite auf, verkauften Weiden und Äcker, um endlich „freie Bauern“ zu werden. . Bis in die 20er Jahre des 20. Jahrhunderts mussten manche Familien noch „Freikaufschulden“ abbezahlen, wie es ein Pfarrer der Kirche auf dem Berg in einem Bericht über die Lasten der Bauern im Gründautal auflistet.…
Waren die Äcker weg, war man zwar “frei”, höchstens noch Mondscheinbauer mit einem Restackerstreifen und so frei für die Lohnsklaverei, als Waldarbeiter , als Steinhauer, als Bauarbeiter, als Tunnelbauer, .. als Wanderarbeiter ….und wenn auch das nicht ging, frei für das Auswandern.
Eine weitere Quelle der Verschuldung und Verarmung, und so des Nachschubs billigster Arbeitskraft waren die Strafaktionen der fürstlichen Jäger. Mit Gewehr und Strafbuch bewaffnet zogen sie durch Wald und Flur und verfolgten die Mittel-Gründauer Frauen beim „Waldfrevel“. Die erwischten Frauen mussten alles Gesammelte abgeben, Pilze, Beeren, Bucheckern, Laub als Heuersatz, Knüppel-Brennholz usw.. Der der Festnahme folgende Jägerbefehl: „Buch oder Tuch“ bedeutete entweder Eintrag ins Strafbuch … mit gerichtlichen Folgen, Geldstrafe, Gefängnis, auch Kirchenstrafen (Ausschluss von Abendmahls, öffentliches „Abkanzeln“, „Anprangern“) oder Ausbreiten des Tuches nach Abgabe des Erfrevelten .. mit der Folge Anstieg des „unsittlichen Lebenswandels“ und der Geburt vieler unehelicher Kinder, was in einem anderen Kirchenbericht beklagt wird. Die Pfarrer unterstanden dem Büdinger Patronat und es war schwierig für sie, „die Stimme gegen den Herrn zu erheben“.
Die Nachwehen des Kampfes der Bauern um ihre Rechte, ihre Wälder, ihre Wasserrechte sind die Initiativen gegen die Versilberung der STREIT, des Sauerngrunds, des Allmessengrunds und und und … durch das Fürstenhaus als Großmülldeponie, gegen das Leerpumpen des Vogelberg-Wassers, gegen die Ablösung der Waldrechte durch das Land Hessen, gegen die kommerzielle Totnutzung des Waldes, der Auwiesen und Felder durch die Nachfolger der fürstlichen Monokulturbetreiber.
*** Die Quelle ist Werner Troßbachs Untersuchung “Soziale Bewegung und politishce Erfahrung – Bäuerlicher Protest in hessischen Territorien 1648 -1806, Weingarten 1987
Weitere Quellen sind verschiedene Ausgaben der Reihe des Gründauer geschichtsvereins “GRINDAHA”, hier besonders die von Erwin Rückrigel dokumentierten Briefe, Verhandlungs- und Verhör-Protokolle von und aus den obersten Reichsgerichten insbesondere jene Briefe des ReichHofRates in Wien an die Mittel-Gründauer Bauern, in dem diese inständig gebeten werden, doch Wien endlich zu verlassen, sie würden ja ihr Recht bekommen. Dieser Brief fehlt bei Troßbach leider. Auch fehlen dort die Protokolle der Zeugeneinvernahme des zeugen Karl Meininger und um ca. 1760 vor dem Reichskammergericht in Wetzlar.
Haupt-Quelle zu Fragen der Waldrechte ist die Arbeit von Dr. Walter Nieß: “Der Mark- und Gerichtswald Büdingen / Kulturelle und politische Entwicklungsstufen von Wald und Umwelt im Spannungsfeld demokratischer Entwicklungen”, Büdingen 1987,
sowie weitere Publikationen von Dr. Walter Nieß