corona 300: Klinikschließungen: Jens Spahn sagt, er weiß nichts davon

Klinikschließungen: Jens Spahn sagt, er weiß nichts davon

        Liebe Freundinnen und Freunde der Gemeingüter, wir haben die letzten zehn Monate viel zu Krankenhausschließungen geschrieben. Jetzt hat der Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko von den Linken dem Gesundheitsministerium dazu eine mündliche Frage gestellt. Er wollte wissen, wie viele Kliniken, Betten und Arbeitsplätze im Pandemiejahr 2020 in Deutschland durch die Schließung von Kliniken verloren gegangen sind. Minister Jens Spahn ließ seinen Staatssekretär antworten,  man habe „keine Kenntnis über die Schließung von Kliniken im Pandemiejahr 2020“. Das finden wir verblüffend. Es fällt uns schwer, diese Aussage zu glauben. Denn seit Jahrzehnten werden jedes Jahr regelmäßig Krankenhäuser geschlossen. Das kann man den Berichten des Statistischen Bundesamtes entnehmen. Jens Spahn als Bundesgesundheitsminister kennt die Entwicklung, im Februar 2020 hat er sogar mehr Mut in der Debatte zu Klinikschließungen gefordert. Wir haben daraufhin dazu aufgerufen, Jens Spahn in E-Mails von den drohenden Gefahren durch Klinikschließungen zu schreiben. Viele sind dem Aufruf gefolgt. Er antwortete, er werde „die Entwicklung der Krankenhausstrukturen […] genau beobachten“.  Wie Spahn eine solche genaue Beobachtung vornimmt, wissen wir nicht. Berichte über Klinikschließungen gab es nicht nur von uns, sondern auch in der Presse. Davon lagen sicher auch einige in der morgendlichen Presseschau des Ministers. Weil Mitglieder der Unternehmervereinigung »Sauerland Initiativ« sich wegen der Krankenhausschließungen Sorgen machten, luden sie Spahn am 20. Juli 2020 zu einer Podiumsdiskussion ein. Dort sagte der Minister: „Es geht nicht ums plumpe Schließen. […] Wenn wir über zu viele Krankenhäuser sprechen, meinen wir den städtischen Ballungsraum. Nicht die Versorgung in der Fläche.“ Wir von GiB haben Jens Spahn einen Brief geschrieben, auf die stattfindenden Schließungen in der Fläche hingewiesen und einen Stopp gefordert. Kann es sein, dass Jens Spahn im Pandemiejahr 2020 zwar ein Krankenhausrettungs- und ein Krankenhauszukunftsgesetz ins Parlament eingebracht hat – sich aber für die pure Zahl der Krankenhäuser nicht interessiert? Wie viele Krankenhäuser und wie viele Klinikbetten wir noch haben, entscheidet nicht nur über Leib und Leben der gerade Erkrankten. Diese Zahlen spielen – das zeigt die Pandemie – auch eine Rolle in der Frage von Umfang und Dauer von Maßnahmen für alle Menschen. Die stationäre Versorgung droht zum Flaschenhals der Gesellschaft zu werden. Spahn weiß nichts von Klinikschließungen? Darauf lassen wir es nicht beruhen! Am 27. Januar gehen wir um 10:00 Uhr zum Gesundheitsministerium in Berlin und überreichen dem Minister eine Liste der zwanzig im Pandemiejahr geschlossenen Krankenhäuser – zusammen mit vielen tausend Unterschriften, die wir gegen Klinikschließungen gesammelt haben. Die Presse laden wir dazu ein, mit einer öffentlichkeitswirksamen Aktion bieten wir für Kameras ein aussagekräftiges Bild der Schließungen. Was der Minister wohl sagt, wenn er die Schließungen nicht mehr leugnen kann?
 
Mit herzlichen Grüßen
Laura Valentukeviciute und Carl Waßmuth
für die Aktiven von GiB PS: Unsere Unterschriftensammlung gegen Klinikschließungen läuft weiter! Je mehr wir zusammenbekommen, umso mehr Nachdruck erhalten unsere Forderungen bei der Übergabe der ersten Tranche an Jens Spahn nächste Woche. Wenn Sie noch nicht unterschrieben haben, zeichnen Sie hier online mit: https://www.gemeingut.org/krankenhausschliessungen-stoppen. Wenn Sie bereits unterzeichnet haben, weisen Sie bitte andere auf die Sammlung hin: Weiterleiten! Hintergrundinfos und weiterführende Links zu den Informationen im Infobrief: Hier der Bericht der Süddeutschen Zeitung in der Jens Spahn mehr Mut in der Debatte um Klinikschließungen fordert und die Auffassung vertritt, dass „fehlendes Geld … nicht das Hauptproblem bei der Krankenhausfinanzierung“ sei, sondern Ineffizienz.

Der WDR sowie die Unternehmervereinigung „Sauerland Initiativ“ berichten vom Auftritt von Jens Spahn auf einer Podiumsdiskussion unter anderem zu Krankenhausschließungen am 20. Juli 2020.

In unseren Briefen an Jens Spahn und Dilek Kalayci, Vorsitzende der Gesundheitsministerkonferenz 2020, haben wir alle verantwortlichen Minister in Deutschland in Bund und Ländern auf das Problem der Krankenhausschließungen hingewiesen.

Zur Tagung der Gesundheitsministerkonferenz in Berlin Ende September 2020 forderten wir noch einmal dringend ein Moratorium für Krankenhausschließungen.
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Presseschau (Auswahl zum Thema Krankenhausschließungen)
Pressemeldungen von GiB: 21. Dezember 2020: „Neues Bündnis Klinikrettung.de fordert sofortigen Stopp der Schließungen von Krankenhäusern“ – Pressemitteilung des Bündnisses Klinikrettung. In einer Online-Pressekonferenz wurde das Bündnis Klinikrettung vorgestellt und die fortwährenden Klinikschließungen kritisiert. Gemeingut in BürgerInnenhand ist Trägerorganisation des Bündnisses. Über die Pressekonferenz berichteten der Bayerische Rundfunk (BR5 aktuell) und der Hessischer Rundfunk (HR3). Die NachDenkSeiten, Scharf Links und die Presseagentur Pressenza veröffentlichten unsere Pressemitteilung zur Pressekonferenz. 12. November 2020: „Starke ländliche Räume haben Krankenhäuser“, Pressemitteilung von Gemeingut in BürgerInnenhand aus Anlass des Berichts der Bundesregierung „Starke ländliche Räume“ vom 11. November. Zum Bericht erschien in der ÄrzteZeitung der Artikel „Landbewohner haben es oft weit zum nächsten Krankenhaus“. 6. November 2020: „Lockdown und Klinikschließungen passen nicht zusammen!“ – Pressemitteilung von Gemeingut in BürgerInnenhand zu einem Brief an die Bundeskanzlerin Angela Merkel. In dem Brief drückt GiB sein Unverständnis darüber aus, dass Kliniken trotz der Corona-Epidemie schließen und fordert die Kanzlerin auf, die Schließungen zu stoppen. Neue Beiträge auf der GiB-Seite: 17. Januar 2021: Die Aktionsgruppe „Schluss mit Kliniksterben in Bayern“ – Mitglied im Bündnis Klinikschließung – begrüßt in einer Pressemitteilung die Ankündigung des neuen bayerischen Gesundheitsministers Klaus Holetschek in den Nürnberger Nachrichten, angesichts der Corona-Pandemie im Moment keine Krankenhäuser in Bayern zu schließen. 7. Januar 2021: Das Bündnis Klinikrettung wendete sich mit einem Brief an den Bundespräsidenten Frank-Walter Steinmeier und forderte ihn auf, das Thema Klinikschließungen in der Pandemie mit der Bundesregierung und den MinisterpräsidentInnen der Länder zu diskutieren. 12. Dezember 2020: „Klinikschließungen trotz Corona“ ein Beitrag von Klaus Emmerich zu Klinikschließungen in Zeiten der Pandemie. Die Erstveröffentlichung des Beitrags erfolgte am 28. November in Ossietzky (Heft 23/2020). 2. Dezember 2020: Im Beitrag „Kahlschlag der deutschen Krankenhäuser verhindern!“ kritisiert Klaus Emmerich das Ende November veröffentlichte „Richtungspapier zu mittel- und langfristigen Lehren. Zwischenbilanz nach der ersten Welle der Corona-Krise 2020“, das von der Bertelsmann Stiftung, der Robert Bosch Stiftung und dem BARMER Institut für Gesundheitssystemforschung herausgegeben wurde. Darin empfehlen die BeraterInnen auch weiterhin den Klinikabbau und geben vor, auf welche Art und Weise er vorgenommen werden soll. Eine gemeinsame Kritik an dem Richtungspapier verfassten auch der Verband der Leitenden Krankenhausärzte Deutschlands und der Verband der Krankenhausdirektoren Deutschlands. 5. November: Die zehn Fakten aus unserem Flugblatt zu Klinikschließungen sind jetzt auch online in einer Slideshow zu sehen. 16. Oktober: Unter der Überschrift „Trotz Corona: NRW-Krankenhausplanung sieht explizit Klinikschließungen vor“ analysiert Klaus Emmerich die Reform der Krankenhausplanung für Nordrhein-Westfalen. Medien, in denen GiB erwähnt wurde: 15. Januar 2021: Ralf Wurzbacher veröffentlichte in den NachDenkSeiten den Beitrag „Mitten in der Coronakrise und politisch gewollt machen reihenweise Krankenhäuser dicht“. Darin analysiert er das Vorgehen der Regierung und nimmt die zum Teil widersprüchlichen Aussagen der Schließungsbefürworter auseinander. An mehreren Stellen wird Bezug auf GiB genommen. 13. Januar 2021: Im Beitrag „Kliniken in Not“ in der Wochenzeitung Kontext stellt Dietrich Heißenbüttel die Situation der Krankenhäuser im Süden Deutschlands dar. Er führt verschiedene Nachteile der Einsparungen in Krankenhäusern und der Schließungen auf. Im Beitrag wird auch das Bündnis Klinikrettung erwähnt. 1. Januar 2021: In der Kolumne „Dr. Hontschiks Diagnose: Finstere Zeiten“ geht der Autor der Frankfurter Rundschau auf das Thema Klinikschließungen ein und veröffentlicht am Ende des Beitrags eine Todesanzeige für die im Jahr 2020 geschlossenen Kliniken. Kondolenzadresse ist gemeingut in BürderInnenhand. 21. Dezember 2020: In der jungen Welt führt Ralf Wurzbacher ein Interview mit Carl Waßmuth von GiB über Klinikschließungen. Das Interview trägt den Titel „Es gibt eine systematische Unterfinanzierung“. 28. November 2020: In der Zeitung Graswurzelrevolution erscheint der Beitrag „Tödliche Effizienz. Trotz der Corona-Pandemie schließt die Bundesregierung in Deutschland weiter Krankenhäuser“ von Joseph Steinbeiß. Der Autor kritisiert die Einsparungen im Krankenhaussektor. Am Ende des Beitrags wird das Faktenblatt von GiB zu Klinikschließungen erwähnt. 13. November 2020: Podcast „Krankenhausschließungen führen zu vermeidbaren Todesfällen“ der Bewegungsstiftung. Im Podcast berichtet Laura Valentukeviciute von GiB über Krankenhausschließungen zu Zeiten der Pandemie und über den Kampf für den Erhalt einer flächendeckenden stationären Versorgung. Presseschau zu Klinikschließungen:

17. Januar 2021: Von Siegfried Lauinger erscheint bei Telepolis der Artikel „Intensivmedizin: Versorgung der Bevölkerung in Gefahr“. Darin geht er auch auf den Verlust von IntensivpflegerInnen in den letzten Jahren ein. Schließt ein Krankenhaus in einer ländlichen Region,  sucht sich manche/r PflegerIn einen neuen Job oder macht eine Umschulung. 27. November 2020: Ein Hoffnungsschimmer: Der Landkreis Ludwigslust-Parchim übernimmt die Klinik Crivitz von einem privaten Betreiber, berichtet die Ärztezeitung in dem Beitrag „Landkreis übernimmt privates Krankenhaus Crivitz“. 10. Oktober: Die JournalistInnen Jan Keuchel und Teresa Stiens schildern im Beitrag „Marienhaus-Gruppe: Wie ein katholischer Krankenhausbetreiber seine Kliniken kaputtspart“ die Folgen des sogenannten Sanierungsprogramms. Den Personalschlüssel, der in der ersten Welle der Pandemie festgelegt wurde, nutzte die Leitung dafür, langfristig Personal einzusparen – mit verheerenden Folgen. Presseschau (Auswahl zu den Themen ÖPP, S-Bahn und Autobahn-Privatisierung): Zu ÖPP hat Markus Henn ein Hintergrundpapier geschrieben: „Risikogeschäft ÖPP. Der Ratgeber der Weltbank zu Verträgen für öffentlich-private Partnerschaften“. Das Papier wird gemeinsam herausgegeben von Weltwirtschaft, Ökologie & Entwicklung (WEED) und Gemeingut in BürgerInnenhand und ist am 30. Dezember 2020 erschienen.

Carl Waßmuth legt am 11. Januar 2021 dar, dass Berlin seine S-Bahn nach dem britischen Modell privatisiert. Erst wird zerschlagen, die Wagen kommen in ein ÖPP-Projekt, der Betrieb wird privatisiert. Die eigens gegründete Landesanstalt Schienenfahrzeuge wird eine staatliche Briefkastenfirma.

Nicolas Šustr schrieb zuvor über den Wettbewerb beim Berliner S-Bahn-Netz im Beitrag „Ausschreibung der Hölle“ am 29.12.2020, 17:36 Uhr im Neuen Deutschland.

Zur Autobahn-Privatisierung hatten wir viel geschrieben und sowohl vor Verzögerungen als auch vor Mehrkosten gewarnt. Nun schreibt Fabian Löhe im Tagesspiegel: „800 Prozent höhere Kosten bei neuer GmbH, Scheuer steuert auf den Autobahn-GAU zu“.
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Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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