Habeck & Baerbock auf Fischers Spuren: gernegroßmächtig NATO-oliv

„Eine meiner unverzeihlichsten Sünden“; Jan Haake über sein Titel-Cartoon für das Wahlprogramm der GRÜNEN in nuklear-industriell strahlenden Main-Kinzig-Kreis Mitte der 1980er, „Ich habe es auch nie verstanden, warum Du für diesen verein gearbeitet hast.“: Jan zu meiner Rolle als GRÜNEN-Fraktionsvorsitzender (1986 bis 1989)

Das Fischer-Dossier, das ich (nicht nur) für meinen Roman „Die Putztruppen“ angelegt hatte, endet dort, wo jetzt der Ex-Redakteur der „jungen Welt“ Gerd Schumann in seinem Buch „Wollt ihr mich oder eure Träume ? Joschka Fischer – ein Nachruf“ mit seinen Recherchen beginnt. Er zeigt den Weg auf, den der Pfadfinder Fischer seinen Nachfolgern zum Erfolg weist.

Ich bin Gerd Schumann dankbar für dieses Buch, denn meine Recherchen über Josef Fischer enden mit Dayton und dem Überfall auf Jugoslawien.

In den „Putztruppen“ spielt Fischer alias Metzger (den Namen hatte ich „verschlüsselt“, weil Joschka mir mit juristischen Schritten drohte) nur eine größere Nebenrolle.

Vom tragischen Tod des Putztruppen-Chefs (keine Panik, Joschka lebt noch) – barth-engelbart.de (barth-engelbart.de)

Fischer kenne ich seit 1967, noch bevor er sich aus der Frankfurter WG im „Salzhaus“ (mit Reimut Reiche und Peter Gäng) nach Berlin absetzte, um nicht den Kriegsdienst verweigern und Ersatzdienst leisten zu müssen.

Noch heute habe ich mit Brechreiz zu kämpfen, wenn ich an die Kommandostruktur bei den Frankfurter Spontis und beim „Revolutionären Kampf“ denke: Ab in die Betriebe! Ja, Reimut Reiche, der renommierte Sexualwissenschaftler musste zum „OPEL“, auch Frank Wolf, der Chellist & Ex-SDS-Vorsitzende. Joschka ging auch zum OPE für ganze drei Nächte. Denn dort hielt er in der Nachtschicht , gleich in der zweiten Nacht großmäulig „revolutionäre Reden“ und wurde sofort nach der 3. Nacht wieder entlassen. Alle Anderen mussten bleiben. Unter seinem Kommando. Als die OPEL-Proleten nicht so wollten, wie der Große Vorsitzende Joschka Fischer es wollte, erklärte er das Proletariat für nicht existent und wechselte wieder zur Randgruppen-Strategie. Aus diesen Randgruppen rekrutierte er auch seine „Putztruppe“. Bei den „K-Gruppen“ war das nicht viel anders. Das KBW-ZK schickte unter seinem „Generalsekretär“ Hans-Gerhard (Joscha) Schmierer die einfachen Parteisoldaten mit heldenhaften Propaganda-Reden direkt vor den Kadi und ins Gefängnis. Die ZK-Herren bereiteten sich derweilen schon auf „postkommunistische“ Karrieren vor: Joscha Schmierer als Leiter des Joschka Fischer-Thinktanks im Außenministerium zwecks Einleitung und ideologischer Absicherung des Überfalls auf Jugoslawien zusammen mit den Juristen Frank Herterich (Ex-KPD-AO) und Biggi Laubach (Ex-KBW) …. Ex-KBW-ZK Schwergewicht Hans-Jörg Hager wchselte von dem nach ihm benannten Buchvertrieb zu DB-Schenker, Kühne & Nagel und als CEO in die Raben-Group, den zivilitärisch entscheidenden Logistikern Europas. Ex-KBW-ZK-Aufsteiger (der spätere Dr. & Prof) Horst Löchel wurde zum Spiritus Rector der Francfort Shool of Finance & Management und zusammen mit dem Ex-KBW SAP-Rechtberater Heymann zu Schlüsselfiguren im deutschen China-Geschäft ….

Ich hatte in den 1980ern recherchiert , warum Fischer die Hanauer Nuklearbetriebe nicht geschlossen hat, obwohl er es als hessischer Umweltminister hätte tun müssen und auch können. Sein Nachfolger Weimar (CDU) hat das mir gegenüber bestätigt (es aber auch nicht gemacht). Der Grund für die Nicht-Schließung waren Fischers Beraterverträge mit SIEMENS, die mit RWE dürften dabei auch eine Rolle gespielt haben. (In welchem Umfang die Nuklear-Industrie die CDU mit Beraterverträgen versorgte, wurde bei einem Prozess der Nukem gegen mich offensichtlich, den die Nukem wegen gekaufter Falschaussagen mit Pauken und Trompeten verlor.

Späte Reue

Neunzehnhundertachtundachzig

habe ich als Mitglied eines Parlaments

die Spitzen-Manager einer Nuklear-Gesellschaft

mit beschränkter Haftung

mit der Mafia verglichen

Ich wurde angeklagt

und freigesprochen

Trotzdem bekenne

ich mich heute

schuldig

Angesichts

des ungeheuren Ausmaßes

ihrer Verbrechen

bereue ich aufrichtig

diesen Vergleich

und bitte die ehrenwerte Gesellschaft

um Verzeihung

Ein großer Teil des GRÜNEN-Führungspersonals hat sich einkaufen lassen.

HaBE (m)ein Fischer-Dossier eingerichtet – barth-engelbart.de (barth-engelbart.de)

Da die GRÜNEN nicht über solch komfortable Altersversorgungseinrichtungen verfügen wie die Sozialdemokraten erscheint der Seitenwechsel da viel krasser. Ausgediente SPDler konnten und können bei SPD-nahen Unternehmen und Einrichtungen unter- und mehr als auskommen. Die SPDler bekamen Jobs bei der Neuen Heimat, beim KONSUM/COOP, in Gewerkschafts-Druckereien, bei der AWO, beim ASB, in den DGB-Gewerkschaften und ihren Verlagen, oder wechselten gleich als Arbeitsdirektoren (bei FAG/FRAPORT) und Chefrationalisierer zur Arbeitgeberseite; .gerne auch bei höherer Qualifikation zu Bertelsmann.

(Dass ich Jutta Ditfurth Material für ihr Buch „Das waren die GRÜNEN“ geliefert habe, ärgert mich heute schon etwas. Aber das ist eine eigene Geschichte)

Den folgenden Artikel habe ich aus der Tageszeitung: junge Welt vom 15.03.2021 raubkopiert:

Gerd Schumann

Lobbyismus

Fischers Friends

Vorabdruck. Graue Eminenz und Lobbyist. Über Joseph »Joschka« Fischers Karriere nach 2006

Am 22. März erscheint im Verlag Das Neue Berlin von Gerd Schumann das Buch »Wollt ihr mich oder eure Träume? Joschka Fischer – ein Nachruf«. Wir veröffentlichen daraus mit freundlicher Genehmigung des Verlags und des Autors das Kapitel »Der Untote« über Joseph Fischers Tätigkeit als Unternehmensberater nach dem Ende seiner politischen Karriere 2006. Der Abschnitt setzt ein nach einer ausführlichen Schilderung, wie sich die Grünen unter Fischer von einer Friedens- zu einer Kriegspartei gewandelt haben. (jW)

Die Grünen können es jetzt allein, zu Beginn der dritten Generation. Die Frage, ob Joschka noch einmal als Schlichter auftreten muss, dürfte sich aller Voraussicht nach erübrigt haben. Es wird nicht mehr nötig sein. Die Jungs und Mädchen sind stramm auf Kurs. »Die brauchen meinen Rat nicht«, gibt sich der Alte bescheiden und lobt die »gute Führung« der Partei, »die vor allem auch auf die Inhalte achtet«. Angesichts der Kräftekonstellation und der Wandlung der Grünen scheint sich für ihn auch die einst so anstrebenswerte reformistische Bündnisperspektive zu erübrigen – zumindest nicht unter Einbeziehung einer »unkalkulierbaren Linkspartei«. Er fragt: »Eine Außenpolitik mit Westbindung und gleichzeitig der immerwährende Ruf nach Moskau?« Und antwortet: »Das kann nichts werden.« Die Linke habe »alle wichtigen Fragen für sich nicht beantwortet«, schlussfolgert er und meint wohl, ohne sie zu benennen, jene roten Haltelinien, die er und Gerhard Schröder einst mutig überschritten haben.¹

Grundsätzlich scheint sein Interesse an der weiteren Entwicklung der Grünen ohnehin stark abgenommen zu haben. Die Zeiten, als er die Partei für seine Pläne brauchte, sind ebenso Vergangenheit wie jene, in denen die Grünen seine Popularität nötig zu haben meinten. Und vielleicht sogar seine Erfahrung und seine Politik?

Autor im Winde

Wenn Fischer heute dann doch einmal Sorgen hat, weil seine wichtigsten politischen Follower Unsicherheiten zeigen oder aktuelle Richtungsentscheidungen strittig sind, meldet er sich und versucht ideologische Pflöcke einzuschlagen – häufig, indem er ein Buch auf den Markt bringt, einige Interviews gibt oder Autorenbeiträge veröffentlicht und damit dem sich verändernden Politgeschäft Hinweise übermittelt. Er fühle also regelmäßig »der Welt den Puls«.² Seine Dia­gnose in Buchform schwankt dann, »passend zu seiner jeweils aktuellen Rolle«, bemerkt die FAZ leicht bissig.

Achtzehn Bücher stehen auf Fischers Publikationsliste – zuletzt »Willkommen im 21. Jahrhundert«, worin er seine Beziehung zur EU unter spezieller Berücksichtigung der deutschen Vorherrschaft vor dem Hintergrund der sich verschärfenden geostrategischen Gegensätze vor allem zu den USA unter Donald Trump darstellt. Er plädiert zwar scheinbar klassenneutral, aber doch völlig klar positioniert – wie größere Teile der europäischen Eliten – »für eine Transformation Europas in eine souveräne weltpolitische Macht«³, was durchaus und trotz augenscheinlich unverbrüchlicher Verbundenheit mit den USA eine starke militärische Komponente einschließt: »Die Europäer – und gerade auch Deutschland – werden zukünftig sehr viel mehr zu ihrem eigenen Schutz in einem außenpolitisch gefährlichen Umfeld beitragen müssen als in der Vergangenheit, denn die Schutzmacht von der anderen Seite des Atlantiks will nicht mehr.«⁴ So stellt Joseph die große Politik vor – als Hochrüstungsgebot, weil irgendeine »Schutzmacht« keine Lust mehr hat zu schützen …

Politisch hat er also den Rücken frei und kann sich um sein Geschäft kümmern. Bei dem dreht sich immer noch vieles um Madeleine Albright (US-Außenministerin von 1997 bis 2001, jW). Fischer bleibt auch nach seinem Abtritt als Außenminister überzeugter Jünger seiner 2001 aus der Politbranche ins Big Business gewechselten Kollegin. Deren Beratungsunternehmen Albright Stonebridge Group wird zum Vorbild und engen Geschäftspartner seiner 2007 gegründeten Firma Joschka Fischer Consulting beziehungsweise des zwei Jahre darauf entstandenen Nachfolgers Joschka Fischer & Company (JF & C).

Mit der Albright-Gruppe hält JF & C eine »exklusive Partnerschaft (…) in Washington DC mit Büros unter anderem in China, Indien und Brasilien«.⁵ »Was Kunden und Bezahlung angeht, herrscht in der Albright Group höchste Diskretion. Für die Reporter des Spiegel war nicht herauszufinden, wen die Albright Group berät oder was der frühere Bundesaußenminister für seine Tätigkeiten als Salär erhält. Auch Fischer selbst äußert sich nicht zu seinem Verdienst. Wie viele Seitenwechsler sieht er sich nach seiner politischen Laufbahn ausschließlich als Privatperson, die der Öffentlichkeit keine Rechenschaft schuldig ist.«⁶

Nähe zu Konzernen suchen

»Unternehmensberater« seit 2007, hat Fischer die JF & C zusammen mit dem langjährigen Pressesprecher der Grünen im Bundestag, Dietmar Huber, aus der Taufe gehoben. Fischer hält 51 Prozent, Huber 49. Laut Handelsblatt beträgt das Stammkapital 25.000 Euro. Im ersten Rumpfgeschäftsjahr, dessen Bilanz im Bundesanzeiger veröffentlicht wurde, habe die Company offiziell 209.000 Euro Gewinn gemacht. Schon 2010 wurde, wie es hieß, das Zehnfache, grob zwei Millionen Euro, erwartet. Auch dass BMW ihn im Juli 2009 – zunächst in einem recht losen Beratungsverhältnis – anheuerte, verdanke Fischer der Freundschaft zu Albright.

Die alte Dame aus Übersee berät vor allem US-Unternehmen, die in Schwellen- und Entwicklungsländer expandieren wollten, wie den Lebensmittelkonzern Kraft Foods. 2005 sprach sie Fischer nach der Abwahl von »Rot-Grün« an. Anlass sei »ein sich abzeichnender Beratungsvertrag Albrights mit BMW«⁷ gewesen. Der Münchner Autobauer wollte als Konzern erscheinen, »der sich der Nachhaltigkeit verpflichtet fühle«, und erfahren, »wie er das Verhältnis zu den politischen Klassen in den Schwellenländern verbessern könne«. Für Fischer sei das »der Einstieg in sein neues Leben« gewesen. »Mit Madeleine bieten wir global an, das macht sonst keiner.«⁸

Verträge schloss die Consultingfirma zudem mit Siemens und der Einzelhandelskette Rewe ab. Auch »Prominentenauftritte« gehören zu Fischers Programm. 2011 gab er auf einer großen Party zur Verleihung des Nachhaltigkeitspreises im Düsseldorfer Maritim-Hotel den Stargast. 1.000 Anwesende applaudierten einer Show, die er dem Einsatz für Gesundheit und Umwelt widmete. Celebrity Speakers, »Europas führende Redneragentur« (Eigenwerbung), preist Engagements von Fischer an: »Am 1. September 2006 legte er sein Bundestagsmandat nieder, bevor er für ein Jahr die Gastprofessur an der Woodrow Wilson School für Internationale Angelegenheiten der Princeton-Universität, USA, innehatte. (…) Dank seiner langjährigen Erfahrung als tonangebender Entscheidungsträger der deutschen Politik gibt Fischer Einblicke in wichtige Entwicklungen der internationalen Politik, Wirtschaft und Gesellschaft.«⁹

Beim Bundesverband der Deutschen Industrie (BDI), der nur fünf Gehminuten von Fischers Büro entfernt residiert, habe er zwei Expertinnen für Nachhaltigkeitsmanagement abgeworben. Im Rahmen der inzwischen eingestellten Nabucco-Pipeline arbeitete Fischer als Berater für Siemens »in außenpolitischen und unternehmensstrategischen Fragen«.¹⁰ Damals baute Siemens’ Nuklearsparte, die seit 2011 zum französischen Energiekonzern Areva (heute: Framatome) gehört, auch Atomkraftwerke. »Bis vor wenigen Jahren standen solche Adressen noch für Nachhaltigkeit wie der Vatikan für den Zölibat«, stellt die Wirtschaftswoche fest und bemerkt süffisant: »Heute sieht der einstige Obergrüne in solchen Adressen in erster Linie zahlungskräftige Kunden.«¹¹

Joschka Fischer & Company, Sitz in einer noblen Ecke von Berlin-Mitte, 210-Quadratmeter-Büroetage im zweiten Stock direkt am Gendarmenmarkt, 15 Beschäftigte. Die Firma wirbt sportlich: »Veränderung ist ein Langstreckenlauf: Man muss sie wollen und durchhalten. Doch die Mühen zahlen sich aus: durch steigende Akzeptanz und Glaubwürdigkeit und nicht zuletzt durch wachsende Nachfrage. Es ist unsere Mission, unsere Kunden auf diesem Weg zu unterstützen.«¹²

Geld scheffeln

Fischers »Mission« heißt Lobbyismus. Was immer das en détail bedeuten mag, zeigt sich, wenn es sich zeigt: »Wir beraten Unternehmen strategisch zu sich verändernden politischen Rahmenbedingungen. Wir vernetzen sie und bringen sie in den Dialog – gerade auch mit kritischen Akteuren.« Ziel sei »eine wirksame Positionierung für ihre Kommunikation gegenüber Politik, Gesellschaft und Mitarbeitern«.¹³ Genaue Angaben zur »Vergütung« liegen nicht vor. Fischers Honorar bei Rewe, schätzt ein Exmanager, dürfte aber »eine Million im Jahr nicht wesentlich unterschreiten«.

Er will ja Geld verdienen, will in den ­Toprängen nicht mehr als grüner Realo, sondern als Respektsperson gelten. »Man darf in der Beratung nicht zu politisch werden«, doziert er, und dass man sich »entpolitisieren« müsse, »sonst gibt es zuviel Widerstände für ein Unternehmen«. Schließlich gerät er ins Schwärmen: »Meine Beratung hier ist die Fortsetzung der Außenpolitik mit anderen Mitteln.« Fischer jettet »als Ehrengast von Banken um die Welt«¹⁴, erhält die Ehrendoktorwürde der Universitäten Haifa (2002) und Tel Aviv (2006). Beim kanadischen Hanfhersteller Tilray wird er 2019 Mitglied des internationalen Beirats, der bei der Umsetzung einer »offensiven weltweiten Wachstumsstrategie« helfen soll.

Bei aller Zurückhaltung, was Geldangelegenheiten betrifft, lässt sich wohl bedenkenlos behaupten, dass der Rubel rollt, auch aus früheren Beschäftigungen. Als Außenminister a. D. erhält er 11.000 Euro im Monat – eine ansehnliche Summe. Für diejenigen, die er berät und denen er sich wahrscheinlich inzwischen zugehörig fühlt, wirkt das eher läppisch, was aber nicht heißen soll, dass Politiker etwa unterbezahlt wären. Ein Ministergehalt belief sich 2020 immerhin auf monatlich 15.311 Euro plus Aufwandsentschädigung. Ausscheidende Minister erhalten ein sogenanntes Übergangsgeld zwischen 68.900 und 206.000 Euro.

Was Fischers finanzielle Absicherung betrifft, konnte und kann er seine politischen Vorstellungen sorgenfrei und ungebunden umsetzen. Anders als in den Siebzigern, da diesbezüglich dann und wann der Schuh gedrückt haben mag und seine Existenz auf einem dünnen Grund gebaut war, so dass er dann und wann auch schon mal, wie kolportiert wird, Bücher mitgehen ließ, um sie zu verdealen.

Villa statt linker WG

Seine Politprofikarriere, gepaart mit geschäftlichem Geschick, hat schließlich für ein solides Fundament gesorgt. Doch darüber und über Geschäfte spricht man nicht. Es könnte das Image vom ehrlich arbeitenden Grünen beschädigen. Und als er seine Vierraumwohnung an der Tucholsky-­Straße im Ostberliner Scheunenviertel verlässt und umzieht in die feudal hergerichtete Villa im Westberliner Grunewald, versucht er, das doch möglichst diskret abzuwickeln. Um so schmerzlicher, dass die Illustrierte Bunte¹⁵, das Klatsch- und Tratschblatt der High Society, über seine »finanziellen Verhältnisse« und seinen »Lebensstil« berichtet und auch weiter berichten darf: Fischers Klage dagegen wird vom Bundesgerichtshof negativ beschieden. »Nobel lässt sich der Professor nieder«, hatte das Blatt geschlagzeilt und Fischers »trautes Heim in Luxuslage« detailliert unter die Lupe genommen: »Zwei Etagen plus Souterrain und ausgebautem Dachgeschoss in einem vornehmen Berliner Villenstadtteil.« Dann wurde über den Kaufpreis spekuliert – das nur etwas größere Nachbargrundstück stehe gerade für 1,5 Millionen Euro zum Verkauf – und ein Foto des von Efeu umrankten Anwesens veröffentlicht.

In der Zurückweisung von Fischers Klage argumentierte BGH-Vizepräsidentin Gerda Müller, der ehemalige Außenminister habe eine »herausragende Stellung im politischen Leben der Bundesrepublik« genossen, und wie sich seitdem sein Leben gestalte, sei »durchaus von zeitgeschichtlicher Bedeutung«. Auch die von der Bunten aufgeworfene rhetorische Frage, »Von einer linken Frankfurter WG in diese edle Villa – wenn das kein Märchen ist?«, sei »durchaus geeignet, gesellschafts- und sozialkritische Überlegungen auszulösen mit Blick darauf, wie Politiker bezahlt werden«.¹⁶ Folglich jubiliert der obsiegende Bunte-Anwalt, ein demzufolge wahrscheinlich »gesellschafts- und sozialkritischer« Mann, es sei gerade in Fischers Fall »legitim, die Frage zu stellen, welche Mutationen ein Mensch in seinen Ansichten und Einstellungen durchläuft im Laufe seines Lebens« (Aktenzeichen VI ZR 160/08).¹⁷ Was die Antwort auf sie auslöst, sei dahingestellt.

Doch wahrscheinlich wird Fischers schönes neues Haus weniger die Gesellschaftskritik befördern, als vielmehr Neid und Missgunst der Neidischen und Missgünstigen erwecken. Der mit Geschichten aus der Welt der Reichen, Blaublütigen und überhaupt Schönen nicht gerade schlecht versorgten Leserschaft von Bunte wird eine weitere Story serviert und der Eindruck vermittelt, dass niemandem zu trauen ist, und erst recht nicht ehemaligen Revoluzzern, Straßenkämpfern, Hausbesetzern – mögen diese ihre Meinung, den Lebensstil, ihr Äußeres, Kleidung und Umgebung auch noch so stark verändern und sich eventuell sogar um 180 Grad wenden.

Es bleibt der Stallgeruch. Da helfen kein Wohnungswechsel, keine Pillen und keine Salmiakpastillen. Oder wie der Milliardär Donald Trump am 4. Juli 2020 zum Nationalfeiertag der USA einer über nichts mehr und schon gar nicht über ihn noch staunenden Öffentlichkeit erklärte: »Die radikale Linke, die Marxisten, die Anarchisten, die Agitatoren, die Plünderer« gelte es »zu besiegen«.¹⁸ Und sei es auch nur vor Gericht?

Also unterlag Fischer. Pech gehabt, zumal Prozessieren kostet und den Schwaben allgemein ein Hang zur Sparsamkeit nachgesagt wird, der bis an den Abgrund des Geizes reichen kann. Seine Fundi-Rivalin Jutta Ditfurth bemerkte, dass der Realo eine Sparsamkeit der besonderen Art praktizierte, indem er offenbar versuchte, Abgaben an seine Partei zu vermeiden. Die ehemalige Grünen-Chefin führt insbesondere die Verpflichtung an, wonach Mitte der 1980er Jahre Parlamentarier der Partei 6.000 DM von der monatlichen Aufwandsentschädigung (14.000 DM) an den Ökofonds abführen sollten: »Die meisten linken Abgeordneten hielten sich daran, die meisten ›Realo‹-Abgeordneten nicht.«¹⁹ 1988 wurden etwa 1,5 Millionen DM nicht abgeführter Diäten registriert.

So war das in der guten alten Zeit von Basisdemokratie und Rotation, durch die jegliche Form von Korruptheit, Ämterhäufung, Apparatschiktum und politischen Seilschaften vermieden werden sollte. Der Ökosozialist Thomas Ebermann beispielsweise hielt sich an die Parteibeschlüsse und spendete 71.308,39 DM. Allerdings blieb schon damals die sonstige Verteilung undeutlich: Die Bundestagsfraktion lehnte mit 13 zu sieben Stimmen eine Offenlegung der Spenden ab – Fischer war dabei. Ditfurth dazu: »Er wusste, warum.«²⁰

Von 1983 bis 1985 habe er einen sechsstelligen Betrag vorenthalten, woraufhin Rainer Trampert und Jutta Ditfurth als Bundesvorstandssprecher der Partei nach mehreren Mahnungen gedroht haben sollen, die Tatsache öffentlich zu machen, was bei Fischer offenbar Wirkung zeigte. Er schob einen Scheck rüber – ohne Verzinsung: »Hatte er das Geld im Sparstrumpf aufgehoben?«²¹ Damals gab es noch Bankzinsen. Heute nicht mehr. Aber schließlich müssen Grünen-Abgeordnete mittlerweile nichts mehr abführen, sie »dürfen«.

Auch Fischer mangelte es in Bonn – wahrscheinlich erstmals in seinem Leben – nicht an Geld. Die Abfindung als hessischer Minister dann lag bei einem Betrag in sechsstelliger Höhe, »ungefähr« 130.000 DM . Danach erhielt er als Fraktionsvorsitzender der Grünen im Landtag Abgeordnetendiäten in doppelter Höhe. Nach Wiedereinzug der Grünen in den Bundestag 2004 übernahm er ebendort den Job als Fraktionsvorsitzender. Als Außenminister schließlich erhielt er laut Rheinischer Post 17.272 Euro.²²

Das war 2005 und ist verdammt lange her: »Leise schleicht der siebenundfünfzig Jahre alte Fischer vom Hof. Verbraucht, zerknittert, übermüdet und überwach zugleich. Um einen Doktorhut aus Haifa und eine Grunewald-Villa reicher, nach sieben mausgrauen Jahren ›Rot-Grün‹ hundert Jahre Einsamkeit im Blick. Sinnbild seiner eigenen Verwandlung, trollt sich der frühere Streetfighter mit jenem steifen, zeremoniellen, für mich lächerlichen Ernst von der Bühne.«²³ So urteilt maliziös Fischer-Biograph Jürgen Schreiber.

Fischer geht von Bord, legt auch sein Bundestagsmandat nieder. Trotzdem verfügt der Alte bei den Grünen noch über erhaltene und gar neue Connections – dergleichen funktioniert ohnehin oft en passant. Sie sind da, weil Fischer seine Denkart etabliert hat und gar nicht mehr selbst in seinem früheren Job als Strippenzieher agieren muss oder als »Influencer«, wie die neue Berufsbezeichnung für Schleichwerber ehrlicherweise, wenn auch eingeenglischt, heutzutage heißt.

Wenn also doch, dann kann er unterhalb der sichtbaren Oberfläche seine Beziehungen spielen lassen – zu jenen, die verbeamtet in den Ministerien sitzen, oder jenen, die er selbst losschickt. Seine Consultingfirma gilt als etabliert und bestens vernetzt. Das geheime Mittel, das früher Vitamin B hieß, firmiert heute unter anderem Namen; der Inhalt bleibt.

Anmerkungen

1 Neue Zürcher Zeitung, 26.12.2020

2 FAZ, 31.3.2020

3 Zit. nach ebd.

4 Der Tagesspiegel, 2.5.2020

5 Joschka Fischer & Company, siehe https://www.jfandc.de/

6 Lobbycontrol, 1.10.2008

7 Handelsblatt, 4.3.2011

8 Zit. nach Wirtschaftswoche, 27.2.2011

9 https://celebrity-speakers.de/redner/joschka-fischer/

10 Die Welt, 23.10.2009

11 Wirtschaftswoche, 27.2.2011

12 Joschka Fischer & Company, siehe https://www.jfandc.de/

13 Ebd.

14 Finanz und Wirtschaft, 21.6.2019

15 Die Bunte, 29.6.2006

16 Siehe: Pressemitteilung Bundesgerichtshof, 110/2009

17 juris.bundesgerichtshof.de

18 FAZ, 6.7.2020

19 Jutta Ditfurth: Das waren die Grünen. Abschied von einer Hoffnung. Ullstein-Verlag, Düsseldorf 2000, S. 174ff.

20 Ebd., S. 176

21 Ebd.

22 Vgl. RP online

23 Jürgen Schreiber: Meine Jahre mit Joschka. Ullstein-Verlag, Berlin 2007, S. 15

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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