Vereinssport coronal-beschädigt bis Total-Schaden: z.B. die SKG Mittel-Gründau / 1911, 1920, 1946: Am Anfang war der Sport

Eigentlich sollte es nach der rauschenden 800Jahrfeier des Gründauer Ortsteiles Mittel-Gründau 2019 mit weit über 10.000 Besuchern ein weiteres großes Dorffest werden.

2020: 100 Jahre SKG?

1923 nach einem 4.0-Erfolg gegen ?

Oder 100 Jahre Fußball in Mittel-Gründau?


Auf der Titelseite der Festschrift zum 50. Jubiläum heißt es noch ganz richtig „50 Jahre Fußball in Mittel-Gründau“

Fiel 1911 die Gründung des Mittel-Gründauer Radsportvereins „SOLIDARITÄT-Frischauf“ buchstäblich ins Hochwasser,

und hatten deshalb die Menschen alles Andere zu tun, als einen Radsportverein zu gründen,

wurde die 100Jahrfeier der „Sport- und Kulturgemeinschaft“ (SKG) Mittel-Gründau 2020 Opfer der Maßnahmen gegen die Corona-Pandemie

1952: Wochenend-Einsatz bei der Anlage des Fußballplatzes auf den „Kirchwiesen“ unter Anleitung durch Wilhelm Pfannmüller (rechts im Bild, der schwarzgekleidete, hinter dem mit karierter Weste und Schaftstiefeln Vorbeilaufenden)

Wilhelm Pfannmüller (X) hat während seines Einsatzes im Strafbataillon 999 von 1941 bis 1944 in Griechenland, Albanien und Jugoslawien auch Fußball-Turniere organisiert

Am Anfang war der Sport

doch der Sport war in der Not nicht wie heute fast ein Gott, sondern er kam aus der Not und war notdürftig und notwendig. Er kam nicht aus dem All sondern aus dem Alltag

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Beginn des Johannes-Evangeliums auf Papyros vom Ende des 2. Jahrhunderts, also rund 200 Jahre bevor Mittel-Gründau von Worms aus christianisiert wurde, woran der Wormser Paradiesschlüssel im Gründauer Wappen noch heute erinnert. Das Bistum Worms und seine entlang des Limes wirkenden Missionare vermittelten zwischen dem Hunnenkönig Attila, der hier in einer verlassenen Merowinger-Siedlung- dem späteren Hunnen-, dann Huhn- und schließlich Hühnerhof lagerte, und den Burgundern und dem letzten römischen Cäsaren Aetius, zwischen denen es zu wechselnden Bündnissen gegeneinander kam.
Wappen des Bistums Worms
Gründauer Wappen: der Wormser Paradiesschlüssel stammt aus dem Wappen des Großherzogtums Hessen-Darmstadt, das einen Teil des Bistums Worms Jahrhunderte nach dessen Auflösung „erbte“. Das halbe Hähnchen ist nicht die Hälfte des österreich-ungarischen Doppel-Adlers, obwohl Mittel-Gründau fast ein Jahr lang einmal zu Österreich gehörte. Es ist auch nicht die Hälfte des russischen Doppel-Adlers, was manche Leute meinen, weil die Mittel-Gründauer ja den Spitznamen „die Russe“ haben. Der kommt aber vom rußigen Feldbrand ihrer Backsteine aus ihren beiden Ziegelhäusern. Der halbe Adler ist der preußische Adler. Die Grenze zwischen Hessen-Darmstadt und dem preußischen Hessen-Kassel ging mitten durch das Dorf.

Der Beginn des Johannes-Evangeliums lautet natürlich nicht: „Am Anfang war der Sport und der Sport ward Gott …“

Diese Übersetzung wäre genauso falsch wie die Behauptung, die Mittel-Gründauer „Sport- und Kultur-Gemeinschaft“ (SKG) wäre letztes Jahr 100 Jahre alt oder jung geworden. Richtig ist, dass der Vereins-Fußball in diesem oberhessischen Dorf im Corona-Jahr 1, also 2020 seinen 100. Geburtstag hatte. Denn 1920 wurde der Mittel-Gründauer Fußball-Verein „Blau-Weiß“ gegründet. Und alle waren sie mit dabei: die Volze, die Uffelmänner, die Betze, die Nosse, die Usingers, die Lotts, die Eulers, die Pfannmüllers, die Dauths …..

Warum ausgerechnet die bayrischen als Vereins-Farben ausgesucht wurden, das haben uns die Alten nicht berichtet.

Die kostenlose Übereignung des Geländes wurde unter Bürgermeister Pfannmüller beschlossen, unter dessen Regie auch das Volkshaus mit Hilfe von Spendensammlungen und weitgehend in Eigenarbeit fertiggestellt wurde. Diese Kultur- und Sporthalle wurde dringend für den Schul- und den Vereinssport gebraucht. Genauso wurde mit Spenden und Eigenarbeit das neue Feuerwehrhaus gebaut und der Bau eines Schwimmbades vorbereitet. Da zeichnete sich bereits die Gründung einer Schwimmsport-Abteilung in der SKG ab-. Die Mittel-Gründauer Schwimmsportwurzel liegen in einem in den 1920ern von den „Rot-Sportlern“ begradigten Stück der Gründau, die dort aufgestaut wurde, um den Kindern
dort das Schwimmen beizubringen..
2019 konnte man noch mit der ganzen Korona unmaskiert, auf Tuchfühlung, ohne Impfausweis und ungetestet und ohne Angst vor Bußgeldbescheiden zum Spiel, in die Vereinskneipe und zum Training gehen.
Der Sport, der aus dem Alltag kam: aus dem täglichen Weg zur Arbeit wurde der Rad-Sport – so wie der Staffel-Lauf und das Turnen am Reck, auf dem Balken, an der Leiter und der Stabhochsprung aus den Übungen der Feuerwehr entstanden.

Die „Sport- und Kulturgemeinschaft“ Mittel-Gründau wurde erst 1946 mit Hilfe einer List Wilhelm Pfannmüllers gegründet und von der US-Militärregierung nur deshalb genehmigt, weil es sich durch die Einbeziehung des Gesangsvereins „Eintracht“ nicht mehr um einen reinen Sportverein sondern um einen Kulturverein handelte. Und Kulturvereine waren in den Augen der Militärregierung gut für die Entnazifizierung und die demokratische Umerziehung.

Wilhelm Pfannmüller kannte sich in der US-Militärregierung, deren Genehmigungspraxis und in Fragen der Entnazifizierung und der demokratischen Umerziehung gut aus, denn die US-Behörden hatten ihn zum öffentlichen Ankläger der Büdinger Spruchkammer berufen.

Gegen Ende der 1920er Jahre gab es in Mittel-Gründau zwei etwa gleichstarke Fußballmannschaften in zwei Vereinen, die verschiedenen Verbänden angehörten: der Verein „Blau-Weiß“ gehörte ab 1922 zum Westdeutschen Fußballverband und die Fußballmannschaft des Radsportvereines SOLIDARITÄT-Frischauf, die hauptsächlich Wilhelm Pfannmüller aufgebaut hatte, spielte im Rahmen des reichsweiten Solidaritätsverbandes. „Blau-Weiß“ war mehrheitlich sozialdemokratisch orientiert, die SOLIDARITÄTS-Mannschaft mehr sozialistisch-kommunistisch. So war das Dorf auch sportlich in zwei Lager gespalten. Zusammen hätte es sicher zu mehr als nur für einen Spitzenplatz in der B-Klasse gereicht.

Dass ab 1927 den „Blau-Weiß“-Fußballern die Kirchwiesen zum Training und Spielen zur Verfügung gestellt wurden, und das Verjagen der Fußballer von gemähten Wiesen und abgeernteten Feldern des Hofgutes und die gerichtliche Verfolgung der Kicker ein Ende fanden, hängt mit der Wahl des „Blau-Weiß“ Mitgründers und Aktiven Wilhelm Pfannmüller zusammen, der mit gerade 22 Jahren jüngster Gemeinde-Vertreter und auch gleich erster Beigeordneter wurde.

Mit einer sozialdemokratisch-kommunistischen Mehrheit im Gemeindeparlament wurde dem Fußball so eine Zukunftsperspektive eröffnet. Leider nur bis 1933.

Die politische Spaltung des Dorfes reichte nicht nur in den Sport, sie reichte auch in die Kultur. Im Gesangsverein „Eintracht“ gab es Zwietracht: als es 1929 zu einer Auseinandersetzung um ein Geburtstagsständchen für einen SA-Führer kam und sich die Mehrheit der „Eintracht“-Mitglieder dagegen aussprach, trat unter Anführung des Chorleiters und Hitler-Fans Ruth eine Handvoll Mitglieder des Gesangsvereins „Eintracht“ aus und gründete den Ruth’schen Liederkranz.

Da hatte sich der „Ruth’sche Liederkranz“ mit seiner Null-Distanz zur NSDAP bereits abgespalten

Die „Eintracht“ musste in den 20ern im „Schulsaal“ proben, da der mehrheitlich aus Sozialdemokraten und Kommunisten bestehende Verein im Stammlokal der Mittel-Gründauer SA, in der Gaststätte des Metzgers und SA-Mannes Jean Kuhl nicht mehr geduldet wurde und die Gastwirtschaft des „Eintracht“-Mitglieds Otto Rödiger, der „Löwe“ (dem späteren REWE/Nahkauf in der Alten Schulstraße) noch nicht fertig war.

Ab 1933 wurde es für Auftritte der Eintracht immer schwieriger, bis hin zum Auftrittsverbot. Erst als sich die „Eintracht“ 1936 auf die Bedingung einließ, den NSDAP-nahen Chormeister Ruth wieder als Chorleiter zu akzeptieren und mit dem Ruth’schen Liederkranz zu fusionieren, konnte die Vereinsarbeit wieder aufgenommen werden. Der Verein und sein Stammlokal, Rödigers „Löwe“ blieben den Nazis aber verdächtig. Wegen der Überschüttung der Mitglieder mit NS-Schulungen fielen immer mehr Singstunden aus, bis ab 1939 buchstäblich kein freier Ton mehr zu hören war: für viele hieß es dann nur noch: „Ruhe im Glied, ein Lied , zwo, drei …“. Für 9 Sänger war das dann auch das Letzte.

Wer den Schulungen fernblieb, musste mit Strafen rechnen:

Dass der Gesangsverein „Eintracht“ bei den Nazis von Anfang an unter dem Generalverdacht stand, ein sozialdemokratischer Verein zu sein, hat einen historischen Hintergrund:

Aus der Festschrift zur 125 Jahrfeier der Eintracht kann man zwar Einiges von den oben geschilderten Ereignissen erfahren, man muss aber schon mühsam zwischen den Zeilen lesen, um die ganze Geschichte zu erkennen. Zusätzliche Archiv-Besuche sind notwendig – im Heimatmuseum Niedergründau und in des hessischen Staatsarchiven Darmstadt und Wiesbaden.

Was die Festschrift nicht erwähnt, ist einer der Gründe für die Vereinsgründung 1863. Nach der Niederschlagung der von Mittel-Gründau unter der Führung von Tobias Meininger ausgehenden Oberhessischen Bauernaufstände und der Einkerkerung auch des Schriftführers & Parlamentärs der Bauern, des Mittel-Gründauer Lehrers Paul Nagel, nach der Zerschlagung der Paulskirchen-Demokratie und der Bestrafung der örtlichen Anführer der demokratischen Revolution wurde auch der „Demokratische Verein Mittel-Gründau“ verboten. Zusätzlich zu den 1850 verkündeten Zuchthausstrafen für ihre Anführer und Abgeordneten wie Dr. Christian Heldmann und den Lehrer Bernhard Kaffenberger wurden die Mittel-Gründauer dazu gezwungen, in Fronarbeit u.a. das Eingangstor (Bj. 1852) der fürstlichen Domäne zu bauen. Politische Organisationen und Versammlungen waren verboten. Als Notlösung blieben zunächst nur die Übungen der Feuerwehr. Erheblich besser geeignet für gemeinsame heimliche politische Aussprachen waren dann aber die Übungsstunden der Eintracht (, die aber auch polizeilich überwacht wurden).

Für alle, die in den Bildern und in den Materialsammlungen stöbern wollen:

hier folgen die Links zu einer Auswahl meiner Artikel zum Sport im Gründau-Tal aus den letzten 11 Jahren. Sie sind nicht alle auf dem aktuellsten (Forschungs- /Recherche-)Stand und auch noch nicht korrigiert. Es gibt einige Wiederholungen in den Artikeln.

Über 100 Jahre Radsport- & Fußball-Geschichte in Mittel-Gründau: “SOLIDARITÄT” & “Blau-Weiß” = SKG – barth-engelbart.de

Was haben die NAZIS mit den Eltern der Mittel-Gründauer SKG gemacht ? Das Gleiche wie in Dörnigheim ? In Düdelsheim? – barth-engelbart.de

Über 100 Jahre Radsport in Mittel-Gründau / Geschichte des Sports im Gründautal – barth-engelbart.de

150 Jahre Bahnhof, 100 Jahre Radsport, 90 Jahre “HARTZ4” in Mittel-Gründau – barth-engelbart.de

Leidet die Freiwillige Feuerwehr an Jugendwahn ? oder an Geschichtsblindheit ? – barth-engelbart.de

Die Zerstörer der Freiwilligen Feuerwehren: von Bismark bis De Maizière – barth-engelbart.de

Ich bitte alle Mittel-Gründauerinnen und alle Menschen aus den Nachbargemeinden um Kritik, Ergänzungen, Hinweise auf Fehler, damit wir gemeinsam unsere Geschichte schreiben können.

So ist es eher unwahrscheinlich, dass der Mittel-Gründauer Radsportverein „SOLIDARITÄT-Frischauf“ im Jahr der Hochwasserkatastrophe 1911 gegründet wurde. Wahrscheinlich ist das Gründungsjahr 1912 wie das der SOLIDARITÄTS-Vereine in Langenselbold und in Breitenborn a.W.

Große Teile unserer Geschichte wurden nicht aufgeschrieben. Sie leben in unserer Erinnerung. Wir müssen sie den Jüngeren erzählen, bevor wir sie nur mit ins Grab nehmen.

Seit 25 Jahren versuche ich, alle die Dorfgeschichten aufzuschreiben, die mir/uns die Alten bei den Mittel-Gründauer Erzählabenden beim Stenger und im Volkshaus, beim Backfest, auf der Kerb, beim Weihnachtsmarkt, beim Einkaufen bei den Metzgern, im Nahkauf, bei den Bäckern, in Pfannmüllers Lebensmittel-Laden, in Ilse Vaupels Haushaltswarengeschäft, auf der Bank, auf der Post (bei Lotts, Knickels, Schöbels) erzählt haben.

Bei den geführten Histouren des Historisch-Demokratischen Vereins durch die Mittel-Gründauer Geschichte und auch bei der 800-Jahrfeier 2019 kamen viele Geschichten dazu.

Einige davon sind auf dieser Seite zu finden, wenn man die Kategorie “Gründauer Geschichte(n)” anklickt. Die meisten hatte ich im Gelnhäuser Tageblatt-Online veröffentlicht, das leider eingestellt wurde.

Zur Geschichte des Radsportes entsteht gerade noch ein Kapitel über die Verbindungen zwischen SOLIDARITÄT-Frischauf , dem MSC-Neu-Isenburg und dem MSC-Gründautal.

Der MSC/ADAC-Gründautalring ist sozusagen die Fortsetzung der Motocross- Veranstaltungen auf dem Mittel-Gründauer Kolbenstein der 50er, 60er, 70er Jahre, wo Deutsche Meisterschaftsläufe mit Tausenden von Zuschauern stattfanden.

Ob sie nur Zuschauer waren oder selbst mitgefahren sind? Einer der Dorfältesten wusste es, hat es aber mit ins Grab genommen. Mittel-Gründauer Motorradsportler-innen beim Rennen auf dem Schotten-Ring 1951/52/53?

Heinrich Vaupel, der ältere, der „kleine Schmied“ vor seinem Fahrrad- & Motorradgeschäft. VICTORIA (das Logo im Schaufenster) stellte nicht nur Fahrräder sondern auch Motorräder her. Heinrich Vaupels Werkstatt gehörte zu den „Stützpunkten“ der SOLIDARITÄTS-Radsportvereine

In Mittel-Gründau war der Motor-Radsport nicht nur Männersache

Über 100 Jahre Radsport- & Fußball-Geschichte in Mittel-Gründau: “SOLIDARITÄT” & “Blau-Weiß” = SKG – barth-engelbart.de

Was haben die NAZIS mit den Eltern der Mittel-Gründauer SKG gemacht ? Das Gleiche wie in Dörnigheim ? In Düdelsheim? – barth-engelbart.de

Über 100 Jahre Radsport in Mittel-Gründau / Geschichte des Sports im Gründautal – barth-engelbart.de

150 Jahre Bahnhof, 100 Jahre Radsport, 90 Jahre “HARTZ4” in Mittel-Gründau – barth-engelbart.de

Leidet die Freiwillige Feuerwehr an Jugendwahn ? oder an Geschichtsblindheit ? – barth-engelbart.de

Die Zerstörer der Freiwilligen Feuerwehren: von Bismark bis De Maizière – barth-engelbart.de

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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