Entfremdung – Der Beitrag der GEZ-Medien zur gesellschaftlichen Spaltung

8 Jan. 2022 19:15 Uhr
von Gert-Ewen Ungar (nachdenkseiten.de),
von wo ich den folgenden Artikel bei Ungar & nachdenkseiten ungefragt übernommen habe
Zum Autor: Gert-Ewen Ungar, Jahrgang 1969, studierte in Frankfurt am Main Philosophie und Germanistik, lebt jetzt in Berlin und arbeitet als Pädagoge in der Sozialpsychiatrie. Seit 2014 absolviert er regelmäßig Reisen nach Russland und berichtet über seine dortigen Erfahrungen. Er ist regelmäßiger Autor bei RT Deutsch. Sein öffentlich bekannter Name ist ein Anagramm, das während seiner Abiturfeier 1988 entstand und das er seitdem für seine kreativen Arbeiten nutzt.

Der DJV und die GEZ-Medien sind besorgt wegen der zunehmenden Radikalisierung derjenigen, die sie Corona-Leugner, Demokratiefeinde und Medienhasser nennen. Sie übersehen den Beitrag, den die öffentlich-rechtlichen Medien zur Spaltung der Gesellschaft beigetragen haben.

von Gert-Ewen Ungar

Der Deutsche Journalisten-Verband (DJV) zeigt sich besorgt. Hinter den Protesten gegen die Maßnahmen und eine allgemeine Impfpflicht sieht der Verband „Demokratiefeinde und Medienhasser“ am Werk. Er fordert in einer Pressemitteilung von Innenministerin Nancy Faeser hartes Durchgreifen. Richtig ist, dass sich die Proteste schon seit Langem auch gegen die Corona-Berichterstattung der großen Medien in Deutschland richten. In der Reaktion darauf fordert Frank Überall, der Vorsitzende des Verbandes, Härte und restriktive Maßnahmen. Eine fundamental autoritäre, antidemokratische Haltung.

Aufgegriffen hat der Vorsitzende des DJV eine Meldung der Tagesschau, die sich alarmiert zeigt. Auf dem Messengerdienst Telegram wurde sie fündig. Dort gebe es Mordaufrufe gegen Politiker und Wissenschaftler sowie Aufrufe zu Gewalt gegen Medien.

Die Tagesschau wäre nicht die Tagesschau, täte sie nicht so, als hätte sie mit dieser tatsächlich Besorgnis erregenden Entwicklung absolut gar nichts zu tun.

Dabei wäre sie auf selbst ganz offenen Kanälen wie Twitter oder Facebook in Bezug auf die Maßnahmenbefürworter noch viel schneller fündig geworden, was aggressives Vokabular und gruppenspezifische Menschenfeindlichkeit angeht. Die Befürworter der Maßnahmen und die Skeptiker stehen sich unversöhnlich gegenüber und unterscheiden sich im Ton sowie in den Drohgebärden nicht. Viel von dem Hass gegen Impfpflichtgegner und Maßnahmenkritiker haben die Öffentlich-Rechtlichen nicht nur beständig gefüttert, sondern aktiv mit erzeugt. Die GEZ-Medien haben viel zur Spaltung der Gesellschaft beigetragen, indem sie zu einer die Kritiker abwertenden, diffamierenden Sprache griffen und jede Auseinandersetzung mit deren Argumenten im öffentlichen Raum verweigerten. So züchtet man Subkulturen. Selbst in dem Beitrag, in dem die Tagesschau Hass und Aufrufe zu Gewalt in Telegram-Kanälen beklagt, benutzt sie diskriminierende Sprache, greift zu Begriffen wie „Corona-Leugner“ oder „Impfgegner“, obwohl es sich bei den Maßnahmenkritikern gar nicht mehrheitlich um Personen handelt, die Corona als Tatsache leugnen oder grundsätzlich Impfungen ablehnen. Auch vor völlig sinnfreien aber manipulativen Wortschöpfungen wie „Corona-Gegner“ schreckt die Tagesschau in ihrer Propaganda-Attacke auf all jene nicht zurück, die nicht mit den Maßnahmen der Bundesregierung und den Landesregierungen einverstanden sind. Was bitte sollen Corona-Gegner sein? Gibt es auch Corona-Befürworter? Corona-Freunde? Man versteht in dieser Gegenüberstellung unmittelbar, welcher Blödsinn hier GEZ-finanziert erzählt wird.

Die GEZ-Medien befinden sich in einem Zustand der verbalen Entgrenzung. Sie vergleichen Maßnahmengegner mit Blinddärmen, die abgeschnitten werden können, ohne dass der Gesellschaft ein Schaden entsteht. Sie beschimpfen und verunglimpfen in Kommentaren der Hauptnachrichtensendung all jene, die sich bei angeblich vorhandener Entscheidungsfreiheit gegen eine Impfung entschieden haben, fordern immer strenge Maßnahmen an jeder Vernunft vorbei.

Sie verbreiten Fake News und Falschinformationen, wie beispielsweise diejenige, die Impfung sei ein Akt der Solidarität, und mittels Impfung könne man die Pandemie beenden. Das ist, wir wissen das inzwischen, unwissenschaftlich und falsch. Wissenschaftlich wäre es, all das, was angesichts der rasanten Entwicklung eine ganz vorläufige Gültigkeit beansprucht, als genau das zu benennen: vorläufig gültig. Damit umfassende, die Grundrechte einschneidende Maßnahmen zu begründen und ihre Umsetzung voranzutreiben, Maßnahmenkritiker und Skeptiker zu diffamieren, ihre gesellschaftliche Ausgrenzung aktiv zu fordern und zu fördern, hat mit einem verantwortungsvollen, ethischen, um Aufklärung bemühten Journalismus nichts zu tun.

Es ist Propaganda, zumal sich im Rückblick deutlich erkennen lässt, dass zahlreiche der Befürchtungen der Kritiker der Maßnahmen tatsächlich wahr geworden sind, sie also keine Verschwörungstheorien waren. Die Maßnahmengegner waren mit ihren Prognosen in vielen Fällen einfach die besseren Journalisten, wenn Journalismus einschließt, aus Vorgängen in der Gegenwart Entwicklungen für die Zukunft zu antizipieren. Von der Maskenpflicht über Ausgangssperren bis hin zur Einschränkung der Bewegungsfreiheit von Ungeimpften und zur Diskussion einer allgemeinen Impfpflicht ist eigentlich alles wahr geworden, was Politik und Medien zunächst als Verschwörungstheorie von „Corona-Leugnern“ abgetan hatten.

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Zu einer Entschuldigung angesichts der eigenen Minderleistung haben sich die GEZ-Medien nie durchgerungen. Im Gegenteil. Einen Beitrag zur Beruhigung und gesellschaftlichen Aussöhnung leisten sie weiterhin nicht. Vor einigen Tagen standen die ersten elf Meldungen auf der Seite der Tagesschau in Zusammenhang mit Corona. Die Panik und Verunsicherung wird von den GEZ-Medien aktiv gezüchtet, die Spaltung der Gesellschaft weiter aktiv vertieft. Vernunft sucht man bei ARD und ZDF vergebens.

Dabei wirkt diese Selbstbeschränkung des Mainstreams auf lediglich das Thema Corona selbst wie eine absichtliche Desinformation. Um ein Beispiel anzuführen: Um das Thema Flüchtlinge an der polnischen Grenze ist es plötzlich recht ruhig geworden. Das liegt nicht daran, dass dort das Problem gelöst wäre. Am 16. Dezember stellte ein polnischer Soldat einen Asylantrag in Weißrussland. Er könne nicht nach Polen zurück, sein Gewissen belaste ihn schwer. Er habe gemeinsam mit anderen polnischen Soldaten Flüchtlinge, die es über die Grenze geschafft hätten, im Grenzgebiet an der Weiterreise gehindert, indem er und seine Kameraden sie einfach erschossen hätten. Polen dementierte zunächst, den Mann zu kennen, dann behauptete Polen eine Entführung durch Weißrussland, dann bekannte Polen, es handele sich tatsächlich um einen polnischen Soldaten, der jedoch psychisch krank, zudem Alkoholiker und drogensüchtig sei.

Nun muss man nicht sofort alles glauben, sollte kritisch bleiben und hinterfragen. Aber warum Polen nach eigenen Angaben alkohol- und suchtkranke Psychotiker zur Verteidigung der Außengrenze der EU schickt, das wirft die eine oder andere Frage auf, sollte man meinen.

Doch während das Thema der angeblichen Instrumentalisierung von Flüchtlingen durch Weißrusslands Präsidenten Alexander Lukaschenko bis Mitte Dezember nahezu täglich in der Tagesschau präsent war, ist inzwischen faktisch Funkstille. Warum man angesichts der Heftigkeit der Vorwürfe des polnischen Deserteurs nicht auf die eine oder andere Meldung zu Corona verzichten und einen Redakteur mit einer gründlichen Recherche zum Thema beauftragen konnte, ist ein gut gehütetes Geheimnis der Redaktion der ARD.

Es ist jedenfalls Fakt: Wer sich bei der Tagesschau informiert, weiß von einem nach Weißrussland geflüchteten polnischen Soldaten und seinem Bekenntnis zum Mord an Flüchtlingen in staatlichem Auftrag nichts. Der Sender ntv berichtet immerhin die halbe Geschichte. Lediglich Schweizer und österreichische Medien berichten zum Thema – freilich auch nicht neutral.

Daran wird sichtbar: Der deutsche Mainstream und insbesondere die GEZ-Medien haben ihren eigentlichen Zweck aus den Augen verloren. Sie wollen nicht mehr breit informieren, zur Meinungsbildung beitragen, Widerspruch zulassen und abbilden, sondern Gesellschaft gestalten, erziehen, auf Linie bringen, Richter sein über andere Meinungen und Haltungen.

Entsprechend hart und rigoros geraten auch die Ausgrenzungen. Statt Pluralismus und Vielfalt gerade in den Medien zu begrüßen, greift sowohl der DJV als auch die Redaktion der Tagesschau zum Mittel der Diskriminierung. Diese richtet sich direkt gegen Journalisten wie Ken Jebsen oder Boris Reitschuster, aber eben auch gegen ganze Sender wie RT DE. Eine tatsächliche Diskussion sind die Tagesschau und die Lobbyisten des DJV nicht bereit zu führen. Sie sind dazu auch nicht in der Lage. Insbesondere die GEZ-Medien sind längst im autoritären Duktus angekommen. Die Breite der zugelassenen Meinung ist auf die der Regierungskoalition verengt. Es ist einer Demokratie absolut unwürdig, was in Deutschlands öffentlich-rechtlichen Medien passiert.

Dieser durch die Medien hergestellte und befürwortete Mangel an Presse- und Meinungsfreiheit schadet der Gesellschaft. Wenn sich Vielfalt der Meinungen nicht medial abbildet, ist es ein natürlicher Vorgang, dass sich dagegen Protest bildet, dass andere Kanäle gesucht werden. Insbesondere dann, wenn wie im Fall der GEZ-Medien die Gemeinschaft aller verpflichtet ist, die Einseitigkeit der Meinung und den ausschließenden Fokus auf wenige Themen zu finanzieren. Wenn die GEZ-Medien die Publikumsbeschimpfung für ein geeignetes Format halten, kann es nicht erstaunen, wenn sich immer mehr abwenden und in Opposition gehen. Das Modell der öffentlich-rechtlichen Medien als ein gegen Vereinnahmung resilientes Instrument ist gescheitert. Die Corona-Berichterstattung legt das offen. Offener Diskurs, Abbildung einer Vielfalt von Meinungen findet nicht mehr statt.

Resultat ist der zunehmende Protest gegen ARD und ZDF. Dieser Zusammenhang ist unmittelbar ersichtlich, und er ist besorgniserregend. Korrigieren können diese Entwicklung aber nicht die „Corona-Leugner“ und „Querdenker“. Korrigieren kann diese Entwicklung nur der Mainstream selbst, indem er seine ursprüngliche Aufgabe wieder wahrnimmt und echten Journalismus bereitstellt. Einen Journalismus, der sich wieder um Objektivität bemüht, der der Meinungsbildung dient und nicht Meinung vorgibt, der diskriminierende Sprache vermeidet, der nicht verabsolutiert und das eigene Unwissen aushält und offen kommuniziert, der alle Seiten abbildet und sich nicht in der eigenen Blase verschanzt. Der vor allem aber breit zur Diskussion einlädt. Diese Kehrtwende aber ist aktuell nirgendwo zu sehen. Es fehlen dazu der Wille und das notwendige Reflexionspotenzial. Die Konfrontation wird daher absehbar weiter zunehmen, die Spaltung der Gesellschaft sich weiter vertiefen.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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