Ohne Kranich hätte Karl Hofer, „Der Rufer“ mich nicht erreicht

„Der Rufer“

Erstellt am 26. April 2022 von kranich05

Karl Hofer, 1938

Karl Hofer, Antifaschist

Erstellt am 25. Januar 2016 von kranich05

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Ausschnitt aus dem Bild „Die schwarzen Zimmer“ (1943). Das Bild wirbt für die Ausstellung: „Die Schwarzen Jahre Geschichten einer Sammlung.  1933-1945“ im Museum Hamburger Bahnhof Berlin.

Die Ausstellung ist nicht sehr umfangreich. Sie will sich nicht beschränken auf die Kunst des antifaschistischen Widerstands. Sie konzentriert sich nicht auf die verfemte Kunst. Sie gibt keinen breiten Eindruck von der angepassten Kunst. Sie bringt von allem etwas, darunter durchaus sehenswerte Einzelstücke, konzentriert sich aber auf nichts. Genauer: Es geht wirklich (nur) darum, Geschichten von der Sammlung zu erzählen. Wem’s genügt. Meine Begeisterung hielt sich in Grenzen.

Nebenbei tut man etwas, um eine neue Umschreibung zu etablieren: „Die Schwarzen Jahre“. Erinnert an die „Zeit der Schlafwandler“. Harte, böse Wirklichkeiten, die noch heute nach Erkenntnis verlangen, werden in Märlein-Vokabular eingesponnen.

Trotz allem, für mich war es eine Wiederbegegnung mit dem geliebten, verehrten Karl Hofer. Zwei Bilder waren dort zu sehen, und „Die schwarzen Zimmer“ ist wahrlich ein Meisterwerk. Im Museumsshop dann noch, auf 20,-€ verbilligt und somit für mich erschwinglich, der Katalog zu einer Hofer-Ausstellung der Kunsthalle Emden von 2012: „Von Lebensspuk und stiller Schönheit“. Gewiss ein einseitiger Blick auf den Meister aber einer, der die berührende Schönheit der vielen Bilder junger Menschen, eines schöner als das andere, in der Mehrzahl Mädchen, zu entdecken erlaubt.

Zu Hause nehme ich mir wieder einmal den Katalog der großen DDR-Hofer-Ausstellung in der Moritzburg Halle aus Anlass seines 100. Geburtstags 1978 vor. Gleich einleitend wird das Werk „des Realisten und Romantikers, der Malers der erträumten Harmonie und des kämpferischen Zorns“ gewürdigt. Die gültige Spannweite dieser Sicht auf Hofer ist mir wieder gegenwärtig. Die Fülle der Bilder der Mahnung und Warnung! Eine Fülle, die selbst die Bildersuche von Google NICHT erschließt! Nur wenn Du weißt, was Du suchst, liefert Dir Google brauchbare Ergebnisse. Mensch gebe ein: Karl Hofer + Kassandra oder „Hofer + Im Neubau“ oder Hofer + Frierende. (Wie glücklich war ich nach der Hallenser Ausstellung, als ich erfuhr, dass es gelungen war, „Kassandra“ (1936) für Halle anzukaufen.)

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Am Ende belässt auch Google viele wichtige Werke im Vergessen. Nicht zu finden sind: „Atomserenade“ (1947) oder das große Werk „Gefangene (am Rad)“ von 1944 oder „Das Lager“ (1944) und viele, viele mehr. Dieses letztgenannte Werk werde ich morgen versuchen, aus dem Katalog hierher zu reproduzieren….

hofer Das Lager blog

… Und das ist nun das Ergebnis. Die Qualität ist natürlich unbefriedigend. Es ist nicht mehr als eine Stütze der Erinnerung.

„Das Lager“ (!944), Öl auf Leinwand. Das Bil hat die Maße 80 x 113, und es befand sich zum Zeitpunkt der Moritzburg-Ausstellung im Nachlass Hofer Berlin (West).

hofer männer im Wald blog

Auch „Männer im Wald“ (1945) ist nirgends zu finden!

Und viele, viele mehr!

Karl Hofer ist als der vielleicht bedeutendste antifaschistische Maler der Deutschen (neben Grundig und Nußbaum, die ich keineswegs missachte) weitgehend unbekannt. Zum Teil ist das deshalb so, weil dieses Schaffen heute aktiv verdrängt und ignoriert wird.  

—————————–

Übrigens hab ich vor neun Jahren schon einmal über Hofer gebloggt.

Karl Hofer

Es gibt die spektakulären Eindrücke auf Reisen.
Aber es gibt auch die kleinen leisen Berührungen, die der Reisende zunächst kaum wahrnimmt, und die ihm irgendwann später, vielleicht erst nach Wochen, richtig zu Bewußtsein kommen.
So ging es mir mit Karl Hofer.
Am Rande bekam ich in Leipzig mit, wie stolz das Museum der bildenden Künste den Wiedererwerb des Hofer-Bildes „Tischgesellschaft“ von 1924, verkündete.

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„Tischgesellschaft“, 1924
(Dieses Gemälde befindet sich im Kunstmuseum Winterthur. Leipzig besitzt eine andere Version, ebenfalls von 1924)

Heute habe ich meine alten Bücher und Kataloge wieder hervor geholt, Erinnerungen wieder ausgegraben. Wie ich 1979 zur großen Hofer-Ausstellung in die Galerie Moritzburg nach Halle fuhr, wie ich tief beeindruckt war, wie ich mich in das Gemälde „Cassandra“, 1936, geradezu verliebte, wie froh ich später war, als Halle gerade dieses Werk erwerben konnte.

Mir scheint, daß das Hoferbild bis heute überschattet ist, von den heftigen Kontroversen um abstrakte und gegenständliche Malerei Anfang der 50er Jahre, Kontroversen, die zu einem Gutteil, zumindest in ihrer Schärfe, durch den Kalten Krieg bedingt waren.

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Paar mit Drittem, 1954

Ein Maler, zeitlebens einem hohen menschlichen Ideal von Schönheit und Güte verpflichtet und dabei ganz und gar der Realität in ihrer tiefen Widersprüchlichkeit zugewandt (und auch im persönlichen Leben ihren Extremen ausgesetzt). Ein Maler, der diesen enormen ästhetisch-moralischen Ansatz in ergreifender künstlerischer Form bewältigt hat.

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Die schwarzen Zimmer, 1943

Es gibt keinen Maler in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts, der mit einer vergleichbaren seherischen Kraft gewirkt hätte.

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Die Wächter, 1936

Ein Werk, das in unsere Gegenwart gehört und in die Zukunft reicht – und das nicht nur, weil es uns vor Augen führen kann, was wir schon verloren haben.

Und noch ein Hinweis für diejenigen, die Hofer gar nicht kennen: Meine Bildauswahl ist ganz subjektiv. Akte, Landschaften und Stilleben, die hier ganz fehlen, nehmen in Hofers Schaffen einen großen Raum ein.

KRANICH05 – 2007/06/28 23:13

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2 Antworten zu Karl Hofer, Antifaschist

  1. Joachim Bode schreibt:25. Januar 2016 um 19:28Danke, opa, für diesen Bericht
    Für mich stand der Name Hofer bisher (nur) für den Freiheitskämpfer Andreas H. vom Bergisel.Gefällt mirAntworten
  2. Theresa Bruckmann schreibt:28. Januar 2016 um 19:58Jetzt habe ich mir die Zeit genommen und die Bilder intensiv angeschaut.
    Das ist schon ein großartiges Werk und führt uns die Leiden jener Zeit drastisch vor Augen!
    Der Name Hofer fiel einmal im Zusammenhang mit einem Bilderverkauf. Die Trennung vom Bild fiel dem Verkäufer sehr schwer. Jetzt habe ich noch einmal nachgefragt: „Ja sagte er, das war so. Hofer war ein ganz großer seiner Zeit.“

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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