Good Times, Good DREAMS: Mathias Broekers Kleine Weihnachtsmusik

HaBE grad Mal 6 Akkorde auf der akustischen Klampfe drauf, einen mit Butterbrotpapier bespannten Teekessel als Saxophon-Ersatz, aber ne Röhre wie ein Hirsch auf der Brunft, 1966 frisch bei der Bundeswehr kriegsdienstverweigert, ein umgetextetes BuWe-Gesangbuch unterm Arm und dann musste ich vor allen Fendern & Fender-Imitaten, Hammondorgeln und Bässen die Rampensau machen – mit Original-Texten aller Woodstock-Folk-Rock-Größen, Protestlieder und meine deutschen Versionen (statt der für die Schlagerbörse und SPD/DGB-Kulturveranstaltungen deutsch-weichgewaschenen „Übersetzungen“) singen & akustisch klampfen zu gedämpftem Schlagzeug, zurückgenommenem Bass bei drei Odenwälder Kleinstadt-Bands: The Stokers, The Dreams, The Black Angels. Und ich war damals kaum 19 Jahre alt.

rechts die 1966/67er Plakate für die „Black Angels“ und die „DREAMS“ im Linolschnitt-Handdruck-Verfahren. Für Offset-gedruckte Plakate fehlte das Geld.

Da mir Bob Dylan, Joan Baez und Donovan und dessen „Universal Soldier“ zu soft waren angesichts der Millionen US-Massen-Mordopfer und der deutschen Beihilfe, die mich neben den Notstandsgesetzen als Offiziersanwärter inneren Widerstand leisten und dann verweigern ließen, waren mir Sloan, Barry McGuire, Phil Ochs und Country Joe näher: Phil Ochs more than Country Joe McDonald – they killed them mediatly & they knew why – barth-engelbart.de Und natürlich auch Pete Seeger, Woody Guthrie, Ledbetter ..

Dieses Fotomontage-Plakat HaBE ich 25 Jahre später gemacht.

Kleine Weihnachtsmusik

Posted on 24/12/2022 by Mathias Broeckers / 8 Comments

In der gerichtsmäßigen Verhandlung über die Anerkennung meiner Kriegsdienstverweigerung hatte ich es nicht erwähnt, aber eine wichtige Rolle bei meinem Entschluss, den “Dienst an der Waffe” zu verweigern, hatte ein Lied gespielt, das ich einige Jahre zuvor zum ersten Mal und dann immer wieder gehört hatte: “Universal Solider” von Donovan. In Kombination mit den schrecklichen Bildern aus dem Vietnamkrieg, wo Reisbauern bombardiert wurden um “unsere Freiheit” zu verteidige,  machte die Botschaft dieses Songs mir klar, dass es in Sachen Krieg eigentlich nur eine Lösung gibt: nicht mitmachen. Das Stück, geschrieben von der Kanadierin Buffy Sainte Mary , war in der Version von Donovan in den deutschen Hitparaden gelandet, seine “philosophische” Message hatte sich als kategorischer Imperativ meinem jugendlichen Hirn unmittelbar erschlossen. Ich weiß nicht, ob es für die heutigen 15/16-jährigen, die ja in noch größerem Ausmaß mit Kriegsbildern und mit Popmusik bombardiert werden, auch noch solche Songs gibt, die sie bei ihrem aktuellen Nachdenken über die Welt begleiten und beeinflussen. Wahrscheinlich schon, auch wenn “Krieg” aktuell kein Thema zu sein scheint für diese Altersgruppe. Wir hatten die Reste des letzten Kriegs noch vor Augen, in Form von Ruinen und Bombenkratern und in Form von schwach re-sozialisierten Nazi-Lehrern als nunmehr Oberstudienräten und waren empfänglich und dankbar für Alternativen, deren Botschaften in Form von Musik kamen und zum Denken anregten, wie Bob Dylans “Back Pages – I was so much older then,  I`m younger than that now” . Oder wie Joe Cockers “With a little help from my friends” 1969 in Woodstock – eine der besten Live-Performances des 20. Jahrhunderts – Visionen einer bessern, friedlicheren Welt evozierten. Die machbar ist. Dachten wir. Wenn wir nur die Arschlöcher einfach rausschmeißen: Kick out the Jams! Die Pioniere aus der MotorCity Detroit – MC5 – haben damals den Punk erfunden und traten im “Beat Club” bei Radio Bremen auf.  Heute jünger als 1969  bleibt die Feststellung: ist nicht so einfach mit dem Rausschmeißen. Aber wir ließen uns nicht mehr verarschen: Won`t get fooled again! Und selbstverständlich: Keine Macht für niemand!
Manchmal kommt es mir so vor, als ob es zu jeder Stimmung, die einen in dieser Zeit erfasste, den passenden Song gab,  der kreative Boom in der Popmusik ab Mitte der 1960er, die “Demokratisierung” des Radios mit dem Casettenrecorder als Plattensammlung des kleinen Mannes… man musste taub sein, um da nicht “seine” Musik zu finden – Who do you love? – oder “unsere”: “Do you feel like I do?“. Was  Beatles, Stones, Kinks, Cream u.a. vorgelegt hatte, erstrahlte in einem Feuerwerk musikalischer Facetten, Nuancen, Varianten, mit Can bis hinein in die kleinste Krautrock-Nische… Kann es sein, dass gigantische kleine Live-Bands  heute nicht mehr gebacken werden, wir also das Glück hatten, mit dem Gold-Standard der Livemusik groß zu werden (Drums, Gitarren, Bass und drei Verstärker) bevor sie zum Stadionrock aufgeblasen wurde: Did you hear about the Midnight Rambler? Nicht nur Performance, sondern auch Töne (der junge Mick Taylor ab 7:20) zum Niederknien. Finden in Kantinen noch Jamsessions statt wie die von “Traffic”: Gimme Some Lovin ? Werden 3-Akkord-Songs noch von epischen Intros eingeführt, symphonischen Präludien, die dann  beethovenartig in einen Hammer-Riff münden – wie hier von Steve Hunter 1970 live zelebriert für Lou Reeds “Sweet Jane” ? Ich weiß es nicht – es waren aufbrechende revolutionäre Zeiten, während es 50 Jahre später eher stagnierend und schwer restaurativ zugeht, und entsprechend dumpf tönt es, wenn ich mal kurz die aktuellen Hitparaden anklicke. Nichts wie weg hier…und back to the Sixties, als es noch kryptische Nazareth-Geschichten mit kommunitären Weihnachtsbotschaften gab:  – ein jeder trage des anderen Last. Seit das Stück von The Band im “Easy Rider”-Soundtrack verewigt wurde zählt es zu All-Time-Favoriten. Und wurde 50 Jahre nach seinem Erscheinen von einer All-Star-Band nochmals eingespielt: Take a Load off Any, take a Load For Free.
Und jeden Tag pfandfindermäßig eine gute Tat. In diesem Sinne, liebe Leserinnen und Leser, Frohe Weihnachten, Happy Holidays und einen Guten Rutsch ins Neue Jahr!

(Sorry, mein Programm gibt mich automatisch als Autoren an. Sozusagen automatische Angeberei. Der Autor ist aber der Mit-Gründer der taz, Mathias Broeckers)

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

Ein Gedanke zu „Good Times, Good DREAMS: Mathias Broekers Kleine Weihnachtsmusik“

  1. Die These von der Multipolarität blendet aus, daß Hyperschallwaffen sehr wohl abfangbar sind, mühelos. Und zwar von Masern, von Mikrowellen-Kanonen (die erzeugen auch jene wunderbar exakten und hochkomplexen Kornkreise).

    Doch das ist bloß Technikkram. Nackte Illusion ist die These von der Multipolarität vielmehr aus einem politisch-ökonomischen Grund. Nämlich wegen des unausweichlich finalen Endes von Renditewirtschaft als solcher. Welches alle(!) globalen Player zwingt, unter dem Vorwand und mithilfe der zwei großen globalen Weltuntergangs-Hypes, nämlich V-Katastrophe und K-Katastrophe, zu technokratischem Totalitarismus überzugehen, zu zentralbankenseitig kommandierter Plan- und Zwangswirtschaft. Der Weg dorthin ist der allbekannte Great Reset des World Economic Forum.

    Ja, Mathias Bröckers hat recht: Kaputtalismus und Zuvielisation! Aber dieser Wahnsinn bringt sich systeminhärent selbst an sein Ende und muß(!) dann global zu Plan- und Zwangswirtschaft übergehen, zu technokratischem Totalitarismus nach chinesischem Modell. Chinas digitaler Techno-Faschismus ist die systemische Antwort von Kaputtalismus/Imperialismus auf folgenden, erstmals von Marx/Engels beschriebenen Sachverhalt:

    Besteht marktlicher Wettbewerb, nötigt kostensenkend wirkende (Manpower reduzierende) technologische Innovation früher oder später zu Senkung der Warenverkaufspreise. Was Gewinn senkt bzw. das global verfügbare Volumen an Kapitalrendite. Was renditegetriebenes Wirtschaften schließlich in den Stillstand zwingt.

    Wobei die technofaschistische „Lösung“ für jenes historisch finale Schwächeln der Kapitalrendite bzw. für die systemisch inhärente Selbstzerstörung von Kaputtalismus/Imperialismus die Dinge nur noch schlimmer machen wird. Sind doch allem Faschismus/Korporatismus logisch inhärent die Herrschaft von Terror und Gewalt einschließlich von Eugenik und Genoziden.

    Aber gut, bitteschön, wer lieber träumen mag bis zum bösen Erwachen, zu dem des Lemmings beim Aufprall… . Manche lernen eben lieber auf die knüppelhart brutale Tour.

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