Ideell waren die slawisch-sprachigen Völker mal in der Mitte des 19. Jahrhunderts in romantischer Weise einander zugetan. Das hatte der von Böhmen (Tschechei) ausgehende Panslawismus bewirkt. Er stützte sich auf den eigentlich aufklärerischen Gedanken von Herder, dass alle Völker, Sprachen u. Kulturen im Grunde gleichwertig seien. Die Polen waren allerdings zu nationalistisch u. zu katholisch, um sich in nennenswerter Weise dem Panslawismus anzuschließen. Auch in Russland griff er nicht überall, denn es gab dort auch viele „Westler“ seit Peter dem Großen. Und früh traten die revolutionären Narodniki, später die einflussreichen russischen Sozialdemokraten auf. Kroatien entzog sich auch anfangs dem Einfluss der Panslawischen Idee, bis aber Habsburg den deutschen Krieg gegen Preußen 1866 verlor u. den sich erhebenden Forderungen der nun gestärkten Ungarn nachgeben musste. Die weitgehende administrative Unterstellung Kroatiens unter die verhasste ungarische Krone trieb die Kroaten geradezu in die Arme der serbischen irredentistischen u. panslawischen Propagandisten.
Von der Idee einer gleichberechtigten Gemeinschaft scheint es immer nur ein kleiner Schritt zu sein bis zur Anmaßung einer exklusiven, exzeptionellen Position. Das gilt insbesondere für die „Ukraine“, ein völlig rückständiges ländliches Gebiet, das seit 1654 von Moskau aus regiert wurde u. das erst in der 2. Hälfte des 19. Jahrhunderts eine eigene Identität entwickelte. Es waren die Dorflehrer, Volksdichter u. Co. (also nicht gerade die Crème der Intelligentsia), die ihr permanentes Unterlegenheitsgefühl mit völkischen bzw. rassistischen Ideen kompensierten. Leider hat Habsburg in Galizien diese Gruppe gefördert, um sie gegen Russland, vor allem aber gegen die polnischen Untertanen, in in Galizien noch sehr großen Einfluss hatten, in Stellung zu bringen (Galizien war zwar habsburgisches Kronland, aber doch das heimliche Refugium der nationalistischen Polen, die hier überwinterten).
Auch das deutsche Kaiserreich hat schon früh sein Augenmerk auf die Ukraine geworfen. Die Zeit vor dem Ersten Weltkrieg war auch der Beginn der großen geopolitischen Debatten, in denen nicht nur der US-Admiral Mahan u. v.a. der Brite Mckinder („Kernland u. Rimland“) ihre weltumspannenden Ideen publizierten. Auch der baltendeutsche Theologe (sic!) Paul Rohrbach entwickelte nach u. nach die Idee von einem deutschen Ausgreifen nach Osten. Er schlug der dt. Außenpolitik vor, sie sollte nicht nur die Ukraine von Russland abspalten, sondern er wollte auch einen politischen Keil mit Hilfe der osmanischen Türkei bis nach Persien, evtl. auch Indien, schaffen. Das Projekt der Bagdadbahn passte da hervorragend rein. Mit ihr wollte die dt. kaiserliche Außenpolitik ihren Einfluss erheblich nach Osten ausweiten. Dazu unterstützte das dt. Kaiserreich u. auch die dt. Islam-Wissenschaft, Koran-Forschung u. die Arabistik in schamloser Weise den politischen Islam, der sich aus gegebenem Anlass massiv gegen den britischen Kolonialismus stellte. Kaiser Wilhelm II. besuchte 1898 Palästina u. verkündete, dass, wenn er nicht als Christ geboren worden wäre, unbedingt ein Muslim wäre. Die noch im 19. Jahrhundert führende dt. philologisch-kritische (evangel.) Theologie hatte sich bis dahin viele Verdienste um die Islamwissenschaft u. Koranforschung erworben. Nun aber, da der Islam politisch gehätschelt werden musste, wurden viele komplexe Fragen (z.B. Redaktionsgeschichte des Koran, u. v.a.: hat es eine Redaktionsgeschichte gegeben? Schließlich ist ja der fertige Koran wie ein Stein vom Himmel gefallen…) in der neueren Forschung ausgeklammert. Hier gibt es Kontinuitäten, die bis in die mittlere BRD-Geschichte reichen. Rommels Chefdolmetscher, der SS-Mann Rudi Paret, später Lehrstuhlinhaber für Islamwissenschaften in Tübingen u. Koran-Übersetzer, verfolgte Zeitlebens Leute, die die Redaktionsgeschichte des Koran nachweisen wollten oder konnten. Dazu griff er zu denkbar unsauberen Mitteln u. verfolgte – also: in der BRD – mit Eifer die Abweichler, wobei er nicht vor der Zerstörung von Berufskarrieren zurückschreckte.
Die dt. Eliten haben diese Gedanken auch volkstümlich gemacht. Es war keine Geheimwissen. Deutsche Zeitungen schrieben offen darüber, wie die Bagdadbahn „uns“ nützen würde, u. die deutsche Kolonialgesellschaft warb für sie ebenso wie der deutsche Flottenverein. Diese Gedanken blieben auch in der Weimarer Republik bei rechten Kreisen populär, u. die Nazis knüpften nahtlos auch daran an.
Nun haben die deutschen Eliten die Möglichkeiten einer Mittelmacht deutlich überschätzt. Sie haben die Wirtschaftskraft v.a. der USA unterschätzt, u. so haben sie – trotz eines Sieges über das zaristische Russland – letztlich den Krieg verloren.
Leider ist die dt. Politik dadurch nicht weiser geworden, im Gegenteil. Unter Verstoß gegen alle Verträge rüsteten die Deutschen insgeheim wieder auf u. bereiteten sich auf den nächsten Waffengang vor. Wie man weiß, ging der Zweite Weltkrieg auch krachend daneben. Deutschland wurde geteilt, was gar nicht mal so schlecht war. Der kleinere Teil hätte nur aus dieser Chance mehr machen dürfen, ist meine Meinung.
Der finnische Ministerpräsident Kekkonen, der vehement die finnische Neutralität nach dem Zweiten Weltkrieg verteidigte, sagte 1981 bei seinem gesundheitlich bedingten Rücktritt seinem Nachfolger: „Hüte Dich vor Deutschland, suche nicht seine Nähe. Die Deutschen haben zwei Weltkriege entfesselt. Und sie sind imstande auch einen dritten zu entfesseln“…
Wie recht der Mann hatte.
Von: Rudolph Bauer <rudolph.bauer@gmx.de>
Gesendet: Donnerstag, 5. Oktober 2023 13:27
An: welsner@uni-bremen.de <welsner@uni-bremen.de>
Betreff: Aw: WG: Kroatien: Alte Verbündete (GFP)
Was denkt Ihr wohl, ist die heimliche Triebkraft derer, die uns regieren? Im Windschatten der USA und Nato sollen Osteuropa und zu „guter“ Letzt Russland erobert werden. Was Hitler nicht schaffte, steckt immer noch in der DNA dieser Ostlandreiter. Und wie wunderbar, dass die einfachen Leute in der Ukraine und in Kroatien „für uns“ die Kartoffeln aus dem Feuer holen. Und die einfachen Leute hier zahlen Steuern und Verschlechterung der Lebenskosten, damit die Waffenmilliarden für die Ukraine stimmen. So einfach: 1 + 1 = 2.
&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&&
Gesendet: Donnerstag, 05. Oktober 2023 um 13:09 Uhr
Von: welsner@uni-bremen.de
An: welsner@uni-bremen.de
Betreff: WG: Kroatien: Alte Verbündete (GFP)
Alles Möchtegern-Arier, oder was? Oder einfach nur Anti-Russen? … ?
HARRISÜRTH am Donnerstag, 5. Oktober 2023 11:24
An: welsner@uni-bremen.de
Betreff: AW: Kroatien: Alte Verbündete (GFP)
Lieber Wolfram,
die kroatische Ustascha hat im 2. Weltkrieg so brutal im Lager Jasenovac (Slawonien) gefoltert, dass sogar die deutsche SS dazwischengegangen ist.
Dieser ganze ländlich geprägte südosteuropäische Raum ist seit dem 19. Jahrhundert eine Brutstätte des Antisemitismus u. des Rassismus. Die heutigen Ukros haben ihre Wurzel auch im ausgehenden 19. u. frühen 20. Jahrhundert,
mfG
HARRISÜRTH
Und hier sind „Alte Verbündete“ zu finden: