Als ob ich über Liebe schriebe (für Mascha Kaléko & Erich Fried)

Als ob ich

über Liebe

schriebe

Darum habe

ich mich so bemüht

Erich Fried

un-

endlich zu verstehen

ob er mich

verstanden

hätte ich ihn

nur gefragt

eingereiht

dicht hinter ihm

beim Kettenbilden

hätte, hätte, hätten

wir nur nachgefragt

uns ist

-den Alten wie den jungen Wilden-

nur wenig Zeit geblieben

fürs Leben und Lieben

Wir dachten

Wir müssten es

ins Paradies danach

verschieben

Es wurde zerrieben

wie ungeliebtes Leben

wie ungelebte Liebe

Und ich dachte

ich schriebe

von der Liebe

was und wie

sie ist

Hätte ich ihn nur gefragt

er hätte mir gesagt:

Es ist Unsinn
sagt die Vernunft
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist Unglück
sagt die Berechnung
Es ist nichts als Schmerz
sagt die Angst
Es ist aussichtslos
sagt die Einsicht
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Es ist lächerlich
sagt der Stolz
Es ist leichtsinnig
sagt die Vorsicht
Es ist unmöglich
sagt die Erfahrung
Es ist was es ist
sagt die Liebe

Wenn es nur so wäre,

komm, Erich erkläre

mir meines Vaters Peitschen-Hiebe.

Sind sie verwunschne Mutterliebe

Die den Vater zum Schlagen schickt

den Erbsündenrächer

Und mich danach

mariengleich

tröstend an ihren Busen drückt

und mich erstickt

in Ewigkeit

die biblische Dreifaltigkeit

zornig-strafend der Gott-Vater,

Maria, die milde Jungfrau mit Kind

verkleistert im heiligen Geist der Hiebe

Das ist

aus dem Paradies

vertrieben

in mir geblieben:

wes Geistes Kinder wir sind

Das lässt sich nicht in die Vergangenheit und ins Vergessen schieben.

HaBE 26.07. 2024

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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