Rudolph Bauer – HaBE die Ehre bisweilen mit ihm synchron zu montieren, zu schreiben und zu lesen

«Die Herrschenden fürchten die Wahrheit» – Ein Abend mit Lyrik von Rudolph Bauer

Ein jung gebliebener Rebell und wacher Beobachter des politischen und gesellschaftlichen Geschehens ist der 85-jährige Politikwissenschaftler und Künstler Rudolph Bauer. In Berlin las er kürzlich aus seiner politischen Lyrik. Tilo Gräser war dabei.

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Veröffentlicht am 10. August 2024 von TG.


Rudolph Bauer ist Politik- und Sozialwissenschaftler, war Professor und hat als Journalist gearbeitet. Noch heute mischt er sich ein mit seiner kritischen Sicht, die er sich durch die Jahrzehnte bewahrt hat. Er bezieht Stellung in den sozialen und politischen Konflikten in Deutschland und verschont dabei nicht die Herrschenden. Bauer nimmt sie und ihre Macht ins Visier, stellt sie bloß und benennt ihre Machenschaften.

Das macht der heute 85-Jährige nicht nur mit analytischen Texten, sondern ebenso mit künstlerischen Mitteln. Davon künden seine politische Lyrik, seine Bildmontagen und seine Malereien. Ein Ausschnitt davon ist auf seiner Webseite zu sehen.

Am Mittwoch stellte er eine Reihe seiner Texte vor, die in den letzten Jahren entstanden sind. Er las im Berliner «Sprechsaal» vor allem aus dem Band «Von Covid-19 zu Putin-22» mit politischer Lyrik, den er 2022 im pad-Verlag veröffentlicht hatte. Die Gedichte und Texte darin setzen sich mit der «Corona-Krise» und dem ihr folgenden Krieg in der Ukraine auseinander.

Damit setzt er fort, was er schon mit seinen ersten Texten begann: sich mit den Mitteln der Lyrik mit den Geschehnissen in der Gesellschaft auseinandersetzen und sie kritisch hinterfragen. Bei der Lesung vor etwa 30 Menschen zeigte er, dass er nicht nur analysieren und schreiben kann, sondern auch vortragen und rezitieren.

Das macht er mit dem notwendigen Ernst entsprechend der Themen, aber auch mit Ironie und Humor. Es ist ihm anzuhören, dass er aus Bayern stammt, auch wenn er seit Jahrzehnten in Bremen lebt und arbeitet. Und das Publikum begleitete seine Worte mit Aufmerksamkeit und bedachte sie immer wieder mit Beifall.


Rudolph Bauer bei der Lesung am 7. August im Berliner «Sprechsaal», hinter ihm Bildmontagen von ihm im Rahmen einer IAFF-Ausstellung (Fotos: Tilo Gräser)

Bauer – eingeladen von der «Internationalen Agentur für Freiheit» (IAFF) – las zu Beginn aus früheren Texten, damit seine Zuhörer erfahren konnten, warum er Lyrik schreibt, wie er erklärte. In «Unser Schwert» stellt er unter anderem fest:

«eine stumpfe klinge ist das lied/verwundet nicht/warnt, dass uns gefahren drohen/durch drohnen/lieder sind stumpfe klingen/ein schreckschuss ist der song/nur eine warnung ist er/dass wir etwas furcht kriegen/vor kriegen»

Dennoch würde den Herrschenden die Angst im Nacken sitzen, vor Liedern und Texten, heißt es weiter in dem Gedicht – «denn sie fürchten die Wahrheit».

«sie allein/die stille wahrheit ist unser schwert/die wahrheit/die wahrheit fürchten sie»

Der dichtende Politikwissenschaftler las ebenso einen Text vor, den er dem griechischen Dichter Jannis Ritsos (1909 – 1990) gewidmet hatte. Dieser gilt als Vertreter der modernen Poesie und kämpfte als überzeugter Kommunist gegen die deutschen Faschisten, die Briten und die faschistische Obristen-Diktatur in seiner Heimat. Deshalb wurde er mehrfach in Gefängnisse geworfen.

Ritsos dürfte zu Bauers Vorbildern zählen, er bezeichnete ihn als «Freund und Genossen». Mit dem Gedicht «Blutrot» gab er Einblicke in sein Leben als «Achtundsechziger», wie er sich selbst bezeichnete. Es waren die Erinnerungen an seine Zeit als studentischer Aktivist, als einer der «Rebellen unter blutroten Fahnen für eine gerechte Gesellschaft».

«noch in der gegenwart klimmt sie, die hoffnung/die glut, heiß unter der asche/die uns damals erhitzte/das blutlicht der morgenröte/richtung neue zeit»

Der Künstler und Politikwissenschaftler ist nicht nur trotz seines hohen Alters weiter aktiv, mit einer Ausstrahlung, deren Energie ansteckt. Er ist auch weiterhin ein Rebell, der gegen Ungerechtigkeit und politische Willkür kämpft und für Gerechtigkeit streitet. Er ist hellwach und beobachtet, was um ihn herum geschieht.

Davon kündet der Gedichtband «Von Covid-19 zu Putin-22», aus dem er unter anderem das Gedicht «Die Zukunft, licht erhellt» las:

«es kann kein vers gelingen
in dieser hirnverbrannten zeit
wir können keine frühlingslieder singen
vor schmerz in not und leid

der mächtigen vergnügen sind intrigen
sind waffen cyberborgs und virendreck
zur wahrheit machen sie die lügen
und lügen nennt sich faktencheck

im global wahnsinn richten sie die welt zugrunde
die Black Rock Schwab das economic forum in Davos
schicken uns sehend auges vor die hunde
und nennen es der freiheit bittres los

der oberintrigant Bill Gates und seine helfershelfer
bestechen die vollstrecker der intrigen
die medien die politik die wissenschaft das militär
um alle menschheit zu besiegen

steht auf genossinnen genossen
kommt in die eigne kraft
jagt die verbrecherbanden in die gossen
für freiheit und für frieden schafft

auf unsrer erde dem planeten
verkünden Dante und poeten
den herrschenden und ihren mitverbrechern ohne zahlen
die hölle des inferno feuerqualen

wir werden kämpfen streiten siegen
uns glücklich in den armen liegen
die zukunft licht erhellt
in einer neuen götterwelt»

Das Publikum bedachte das ebenso mit Beifall wie die «Deutsche Antihymne», die Bauer vortrug. Darin geht er hart mit Deutschland ins Gericht:

«… das vasallenland/durch wen regiert/öffentlich-rechtlich-land/das mainstream-land/wer informiert/…/das panzerland/das rüstungsland/aufrüstungsland/das hundert-milliarden-land/…»

Auch der ehemalige Bundespräsident Joachim Gauck kam in dem Gedicht «Pfäffischer Dummkopf» nicht gut weg. In den «Fragen zur Würde des Menschen», die Bauer in den «Sprechsaal» stellte, hinterfragte er die Aussage von Artikel 1 des Grundgesetzes, wonach die Würde des Menschen unantastbar sei.

«wer ließ Olof Palme töten/wer Petra Kelly/wem war Gerd Bastian im weg/wer gab Kennedy in auftrag/wer Martin Luther King/…»

Diese und weitere Fragen stellte der dichtende Politikwissenschaftler in «Du sollst nicht töten». In dem Gedicht heißt es auch:

«…
wie kann es wahr sein
dass wir ruhig schlafen und kinder zeugen
dass unsere proteste harmlos sind wie der furz eines babys
woher nehmen wir den ruhigen tiefen atem
furchtlose atemzüge
im wissen um die rolle der geheimdienste
in der kenntnis um zusammenkünfte
in finsteren kellerverliesen
und auf luxusjachten
wer gibt uns die kraft
woran halten wir fest
worauf stützen wir uns
wem können wir vertrauen
wie lange noch
warum sind wir noch stand zu halten in der lage
…»

Zuvor hatte Bauer mit den «Zehn Geboten» unter anderem mit Blick auf die «Corona-Krise» und jene, die dabei den Lügen der Regierenden glaubten, festgestellt:

«zu demonstrieren für die staatliche willkür/ist kein woker faschismus/vielmehr/eröffnet es seiner wiederkehr/den hinteren eingang».

Mit seiner politischen Lyrik legt der engagierte Wissenschaftler und Künstler sich ebenso mit den Herrschenden in Deutschland an wie mit seinen Bildern und Bildmontagen (auf Instagram unter @bauerrudolph zu sehen). So zum Beispiel, wenn er sich in dem Gedichtband «An der Seite der Russischen Föderation» sieht. Oder wenn er mit Bildern die Corona-Verbrechen und die Täter anprangert.

Seine klare Haltung führte dazu, dass der Staat ihn ins Visier nahm: Am 10. August 2023 durchsuchten teilweise bewaffnete Polizeibeamte sein Haus und beschlagnahmten Bauers Smartphone und fünf Kunsthefte der Edition Kunst des Bergkamener pad-Verlags. Anlass war ein Ermittlungsverfahren des Kommissariats Staatsschutz bei der Direktion Kriminalpolizei des Landeskriminalamts Bremen auf Beschluss des Amtsgerichts Bremen.

Der Vorwurf: «Verwendung von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen u. a.» in vier von über 1‘500 Bildmontagen, die der Künstler auf der Plattform Instagram zeigt. Eine dieser beanstandeten Bildmontagen trägt die Unterschrift «#zubesuchbeifreunden: #gastgeschenk» und stellt «die Präsidentin der Europäischen Kommission Ursula von der Leyen und den Präsidenten der Ukraine Volodymyr Selenskyj und einen schwarz-weißen Reichsadler mit Hakenkreuz» dar.

Eine weitere Bildmontage zeigt «die Bundestagsabgeordneten Anton Hofreiter und Dr. Marie-Agnes Strack-Zimmermann und einen Reichsadler mit Hakenkreuz». Die dritte der Bildmontagen zum Ukrainekrieg trägt den Titel «#seitenwende« und zeigt «Adolf Hitler und den Bundeskanzler Olaf Scholz mit ähnlichen Handbewegungen».

Die vierte der als strafbar bezeichneten Bildmontagen zeigt, so der Wortlaut der Beschuldigung, «ein Konzentrationslager und den zu ‹COVID 19 IMPFSTOFF MACHT FREI› abgeänderten Schriftzug (…) u. a. mit dem Hashtag #impfenmachtfrei». Das Gericht warf ihm tatsächlich vor, er habe mit den Bildmontagen «in besonders verachtenswerter Weise die unter der Herrschaft des Nationalsozialismus begangene Handlungen verharmlost».

Dem Gerichtsangaben zufolge beruhte das Vorgehen gegen Bauer «auf der Meldung der Meldestelle gegen Hetze im Netz REspekt! und den bisherigen Ermittlungen des Bundeskriminalamtes und Landeskriminalamts Bremen». Damit wandte sich der vom Künstler immer wieder auch kritisierte deutsche Untertanengeist mit seinem Bedürfnis zu denunzieren gegen ihn selbst.

Doch er lässt sich nicht einschüchtern, wie er in Berlin unter Beweis stellte. Davon zeugten auch die «Schnaderhüpferl», die er vortrug. Es sind vierzeilige, scherzhaft-parodistische Lieder, die in der Alpenregion im 19. Jahrhundert als eine volkstümliche Art des Widerstands, der Auflehnung und des Protestes entstanden sind.

Bauer hatte eine ganze Reihe davon aus Protest gegen das Nato-Manöver «Defender 2020» verfasst. Sie sind unter anderem hier nachhörbar.

In Berlin ging er auch mit dem Pazifismus per Gedicht hart ins Gericht, indem er befand, dieser «springt zu kurz»:

«… der pazifismus springt zu kurz/wenn er auf milde forderungen sich beschränkt/wie bitte/wer nimmt solches ernst/wer soll sie aus dem feuer holen/die panzer-schmieden bio-labore drohnen-flügler waffen und atomraketen …»

Und:

«… der pazifismus springt zu kurz/wenn es sein ziel nicht ist/und er die kraft nicht hat/vom ufer des vernichtungswahns/der destruktion/des menschenhasses und der tötungsgier/den großen sprung zu wagen/an das ufer einer neuen welt …»

Neben weiteren eigenen Texten trug der Künstler auch Gedichte des indisch-US-amerikanischen Wirtschaftswissenschaftlers und Philosophen Rajani Kanth vor. In diesen wendet sich der Autor gegen den israelischen Völkermord an den Palästinensern in Gaza.

Bauer hat sie ins Deutsche übersetzt, mit eigenen Bildern begleitet und in diesem Jahr unter dem Titel «… und Gaza und …» im pad-Verlag veröffentlicht. Im Gedicht «Gräueltaten: Guernica, Dresden und Gaza» erinnert Kanth an den Massenmord und dessen Spuren in der europäischen Geschichte, die bis Gaza reichen:

«…
massenmord ist massenmord ist massenmord
egal WER die täter sind
die großen kanonen unterwerfen die kleinen | schreiben geschichte und
fällen das urteil
wenn sie seemansgarn spinnen über tugendhafte heroische supersieger
| dann sag: unsinn
erinnere sie an die dunklen schandmale die Guernica Dresden und Gaza
verbinden
und so weiter | bis zum nächsten gemetzel
…»

Am Ende des Abends in Berlin freute sich Bauer, auf ein Publikum getroffen zu sein, das ihm Resonanz gab auf seine Texte. Das sei nicht immer so, sagte er und berichtete auch von Anfeindungen bei seinen Auftritten.

Auf die Frage, woher er die Kraft nimmt, nicht aufzugeben, und was ihm Hoffnung gibt, dass sein Wirken nicht umsonst ist, sagte er, dass er das aus der Dankbarkeit schöpft, die er fühlt. Dafür, dass er die Möglichkeit hatte und hat, sich mit diesen Dingen zu beschäftigen, mit Menschen zusammen zu kommen, die sein Engagement teilen, und auch dass ihm seine Gesundheit erlaubt, weiter aktiv zu sein.

Von seiner ungebrochenen Kreativität und Produktivität zeugt auch sein «Kritisches Wörterbuch des Bunten Totalitarismus», das der pad-Verlag veröffentlicht. Das erste von drei Heften dazu erschien im Juli, die anderen beiden sollen demnächst folgen.

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Quelle:

Transition News: «Die Demokratie rettet man nicht durch Demonstrationen» – 24. Januar 2024

Transition News: Politische Justiz gegen politischen Künstler – 23. April 2024

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Kommentare

11. August, 01:02, von Dr. Rolf Lindner

Tyrannei

Schon manchen der Tyrannen
jagte man von dannen
oder das Spiel war sogar aus,
als jemand machte den Garaus
dem Oberoberbösewicht,
haben im Land so etwas nicht
oder vielleicht doch?
Dann ab mit ihm ins Kerkerloch.

Doch die Not ist riesengroß,
haben wir nicht den einen bloß,
ein ganzes Sammelsurium,
die mit Riesenbrimborium,
den Dummschafen erklären,
wenn sie denen abscheren
von Kopf bis Fuß die ganze Woll,
das wäre doch für alle toll.

Schafe, die sich nicht scheren lassen,
die Tyrannen besonders hassen,
weil Schafe, die sich nicht gern fügen,
enttarnen der Tyrannen Lügen.

Freie Schafe seid auf der Hut,
denn nichts bremst der Tyrannen Wut,
wenn man die Lüge Lüge nennt,
der Tyrann keine Grenzen kennt.

Erst geht mit Diffamierung bloß
der Tyrann auf Enttarner los.
Die nächste Stufe ist erreicht,
wenn den Broterwerb man streicht
und Menschen kriminalisiert,
haben Tyrannenmacht negiert.

Der Tyrann niemals kann verwinden,
sieht er seine Macht entschwinden,
geht freien Schafen er ans Leder,
aus der Historie kennt es jeder.
Doch gibt es ein Gesetz dabei,
oft waren Tod der Tyrannei,
wenn sie erwachten aus dem Schlafe
die allzu sehr geschor’nen Schafe.

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Autor: Hartmut Barth-Engelbart

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