4. Teil: 60 Jahre pädagogische Arbeit: Kindergottesdienst, Missbrauch & frühe Trauma-Arbeit : Erfahrungs-Berichte / Praxis & Theorie in nicht chronologischer Reihenfolge

Nach einer Kindheit unter schwärzester Version „schwarzer Pädagogik“ versuchte ich als 13/ 14-Jähriger mir anvertraute Kinder davor zu bewahren. Meinem jüngeren Bruder und den Kindern meiner Kindergottesdienst-Gruppe sollten die folterartige Erziehung und die Traumata erspart bleiben, an denen ich selbst noch bis ins hohe Alter zu beißen habe. Neben der psychischen Folter (neben der obligatorischen Erbsünde bei christlichen Kindern, der drohenden Blindheit als Gottesstrafe für das Onanieren und anderen Strafen für unkeusche Gedanken, Schuld an Krankheit und Tod der Eltern …) waren das die physischen Foltermethoden: Einsperren in Wäscheschränke, Dauersitzen in gebückter Haltung zwischen Schrank- und Zimmerdecke, „Stillen“ weinender Kinder mit „Blumeau-Kur“ (so lange im Bett mit Kissen, Bettdecke zudrücken, ersticken bis kein Ton mehr kommt), „Kaltwasser-Kur“: kalte Dusche (auch im Winter) und Abschrubben mit einer Wurzelbürste, „Keller-Kur“(stundenlanges Einsperren im Keller), Schlagen mit der Peitsche, besonders mit der „siebenschwänzigen Katze“ (sieben Lederriemen an einem Schlagstock), die Schläge mit dem Teppichklopfer und Ohrfeigen, das „Hinternversohlen“, das waren die eher milderen Strafen.

Abgesehen davon, dass die Druck- und Sperrstrafen schier unendlich wirkende Erstickungsängste hervorriefen: bei jeder leichten Erkältungskrankheit wieder auftauchend und neben medikamentöser oft auch psychotherapeutische Behandlung erfordernd (unter CORONA-Bedingungen auch drohende Zwangsbeatmung), die sich zur Klaustrophobie entwickeln, …

wirken die psychischen „low-level“-Foltern wie Erbsünde, Schuldzuweisung, restriktive Sexualmoral etc. auf das gesamte Sozialverhalten nachhaltiger und länger.

In der andauernden Auseinandersetzung mit den Strukturen und Methoden psychischer und physischer „Erziehungs“-Folter wollte ich aus dem Teufelskreis der Weitergabe christlich getünchter Kinderquälerei ausbrechen, der mit dem Schul- und Notensystem noch lange nicht zu ende ist.

Meine Arbeit als Kindergottesdiensthelfer ab 1960 ist für mich der Beginn meiner Entwicklung zum (Anti-)Pädagogen. In Michelstadt wurde meine Arbeit als Kindergottesdienst-Helfer und Jungschar-Betreuer sehr intensiv beobachtet, da ich noch nicht konfirmiert war und solche kirchlichen Funktionen eigentlich erst nach der Konfirmation ausgeübt werden durften. Da ich aber bereits als 11-Jähriger neben Zeitungaustragen mit Fremdenführungen in Michelstadt unter den Argusaugen der Stadtverwaltung und der Polizeiwache am Marktplatz mein Taschengeld verdiente, hat sich niemand daran gestört. „Woann er des oane koann, koann er des annern aach! Gelernt hodd er ’s goanz sischer mit soine 8 Gschwisder!“, war damals der Kommentar der Stadtältesten. Das stimmte, nur waren die älteren Geschwister, vor Allem die Brüder keine Vorbilder, sondern das Gegenteil. Besonders der Älteste, „christlich“ und HJ-sozialisiert, machte den härtesten Folterknecht. So wie die Alten sungen …. ist es dann bei mir nicht so gelungen. Zum Glück. Zumindest nicht ganz.

Als 5., 6. un d 7. Teil sollen hier demnächst die Hauptgründe für meinen Kirchenaustritt 1967/68 folgen: Recherchen über eine Missbrauchs-Organisation mit 1000jähriger Vorgeschichte. Sowohl in der Schule, danach bei der Bundeswehr als auch anschließend im zivilen Ersatzdienst bei der Inneren Mission habe ich pädagogisch gearbeitet und dabei viele Missbrauchserfahrungen sammeln und verarbeiten müssen, eine Verarbeitung, die bis heute anhält.

Siehe auch: 3.Teil: 60 Jahre pädagogische Arbeit: Baustellen-Erfahrungs-Berichte / Praxis & Theorie in nicht chronologischer Reihenfolge: Wiedersehen 36 Jahre nach meinem Berufsverbot – barth-engelbart.de

60 Jahre pädagogische Arbeit: Baustellen-Erfahrungs-Berichte / Praxis & Theorie in nicht chronologischer Reihenfolge / Teil 2: Interview mit „Muslim-Markt“ – barth-engelbart.de

60 Jahre pädagogische Arbeit: Baustellen-Erfahrungs-Berichte / Praxis & Theorie in nicht chronologischer Reihenfolge / Teil 1: das Projekt „Lamboy-Kids“ – barth-engelbart.de

Fotoreportage eines 14Jährigen über ein evangelisches KinderMissbrauchsLager am Edersee 1961

Morgenapell der Kirchen-Opfer. Die Kinder-Sünder knien im „SündenPranger“ und finden es zum Teil noch lustig. Links am Bildrand der Diakon im Trainingsanzug mit „halbiertem“ Vder sie nachts „tröstete“.

Im Jahre des Herrn 1961 im Juli wurde ich als 14jähriger Kindergottesdiensthelfer in einem 6-wöchigen Zeltlager der evangelischen Landeskirche Hessen-Nassau Zeuge mehrerer Missbrauchshandlungen eines Diakons. Ich war mir zunächst nicht sicher, ob die Kinder der evangelischen Jungscharen aus dem hessischen Odenwald Nachts nicht doch nur wegen Heimweh weinten und der Diakon sie fürsorglich tröstete. Als die Kinder sich dann aber eines Morgens an mich wandten und mir unter Tränen und vor Scham nur stockend erzählten, was sich da nachts ereignete, fing ich an, nicht nur die Landschaft zu fotografieren. Meine Adox-Polo-Klick-Kamera hatte ich mir von meinem Zeitungsträgerlohn gekauft. Auch die Schwarzweiß-Filme waren für mich sehr teuer. Ich musste sehr sorgfältig damit umgehen. Im Lager konnte ich keine neuen Filme kaufen… Ich hatte keinen Blitz und verwarf deshalb auch den Gedanken an nächtliches Heranpirschen und Fotografieren. Ich traute mich auch erst vor Angst nicht, die Täter zu fixieren, fotografierte an ihnen vorbei die Opfer und nach einer wiederholten morgendlichen „Beichte“ der Kleinen noch vor dem „Morgenapell“ griff ich den Diakon bei einem dieser Morgenapelle öffentlich an…

Ergebnis waren mehrere Arschtritte und Schläge des Zeltlager-leitenden Jugend-Pfarrers Hörr aus Steinbach bei Michelstadt /Odw., Beschimpfungen übelster Art und sofortiger Ausschluss aus dem Zeltlager, Kontaktverbot zu den Freunden … Meine Eltern wurden nicht benachrichtigt. Glücklicher Weise nahm das benachbarte Zeltlager einer DLRG-Jugendgruppe aus Berlin mich als „Asylsuchenden“ auf. Es war wie im Himmel …

Maria Michaelidou ist mittlerweile Dr. und Professorin für Geschichte und Pädagogik. Ich habe sie in einem Katalog des kleinen Mani-Museums auf der Halbinsel vor Githeon als Autorin & Herausgeberin des dicken Ausstellungskataloges wieder entdeckt, (auf jener Halbinsel wo Paris und Helena ihre erste gemeinsame Nacht verbracht haben sollen) und mit ihr nach 50 Jahren wieder Kontakt aufgenommen… Wie in einem Märchen

Dort schloß ich Freundschaften, verknallte mich in eine junge Griechin, spielte mit schwarzen Berlinern und hellblonden auch,  wurde als offizieller „Lagerzeichner“ mit der Gestaltung der „Schwimmwettkampf-Urkunden“ beauftragt. usw…

Und ich war nicht nur in Maria Michaelidou aus Thessaloniki verknallt sondern auch un-heimlich und unsterblich ín die Leiterin der DLRG-Jugendgruppe, von der ich mein allerbestes Portrait-Foto machte.

Natürlich konnte ich als 14 Jähriger nicht gegen meinen geliebten Konkurrenten anstinken: der sah aus wie der jugendliche Hans-Jörg Felmy, der mit Johanna von Kocian (oder war es Sonja Ziehmann?) in „Wir Wunderkinder“ die Hauptrolle spielte, Wolfgang Neuss

Der DLRG-Jugendarbeiter & „Ersatz-Felmy“ bei Tonarbeiten, an denen ich mich auch versuchen durfte

spielte da glaube ich auch mit? Nö, es war der Robert Graf, aber der is manchmal aber auch so schaaf wie Neuss. Und sieht ihm auch irgendwie ähnlich…

Bei der Ankunft zuhause wurde ich von meinem Vater dafür verprügelt, dass ich sowas in aller Öffentlichkeit gesagt und den Pfarrer und den Diakon falsch beschuldigt hätte… „Der Herr XXXX macht so was nicht. Das ist ein anständiger aufrichtiger Christ und Herr Pfarrer Hörr , mein Bruder in Christo weiß, wen er als Betreuer mit in das Zeltlager nimmt. Da hast du dich gegen Gott versündigt, du hast gelogen…“ Klar, der Herr Vater war im Kirchenvorstand und da kommt eben sowas nicht vor…

OpferKinder, Opfer, Opfer

 Habe noch eine Reihe von Artikeln zum Thema 

https://www.barth-engelbart.de/?p=2438 ;

https://www.barth-engelbart.de/?p=2417

  https://www.barth-engelbart.de  /?p=1203 ; 

https://www.barth-engelbart.de/?p=570

Und nebenan im DLRG-„Asyl“-Lager, gabs Freunde – schwarze und platinblonde Berliner, Griechinnen und Italiener, kleine wie den da oben oder Große wie den Ersatz-Felmy. Es war wie Himmel und Hölle … nur umgekehrt

Weitere Fotos werden folgen, wenn ich sie wiederfinde und ich hoffe, dass sich die DLRGler melden. Denn ein Gespräch mit den badischen und hessischen Kirchenleitungen ging aus wie das Hornberger Schießen, nö, noch schlimmer, die fünf Juristinnen im Range von Oberkichen-Rätinnen hörten sich alles mit eiskalter Mine an, fragten nach weiteren Zeugen und registrierten lediglich, dass das alles längst verjährt sei… Welch ein Glück, dass mir einer meiner Patenonkel zur Konfirmation einen Band mit ausgewählten Tucholsky-Texten geschenkt hatte…  das spornte mich an und ich begann zurück zuhause mit einer Fotoreportage über die deutscheste aller deutschen Kleinstädte. Da dauerte es nicht lange, dass ich nicht nur aus einem Zeltlager ausgeschlossen wurde. Ich war der besseren Gesellschaft auf die Schliche gekommen. Und habe ihre Winkelzüge fotografiert. Und es war dann auch kein Wunder, dass mir ein aus Deutsch-Ost-Afrika zurückgekehrter Missionar Namens von Schwerin den Schulverweis einbrachte: ich hatte herausgefunden, dass sich die von Schwerins in dem späteren Ruanda-Burundi an der Niederhaltung der Hutu-Sklaven beteiligt hatten, – als Seelsorger, versteht sich und Mentoren der Tutsi-Kalfaktoren, die die Dreckarbeit für die weißen, deutschen, französisch-belgischen Sklavenhalter machten und die Hutu an die Arbeit in die Plantagen und Gewächshäuser peitschten. Der Spitzname meines Klassenlehrers von Schwerin war deshalb „WaTutsi der Sklaventreiber“ …und weil er noch so unförmig groß war, nannten wir ihn auch noch liebevoll „Elefantenbaby“.  Von daher habe ich heute zur Illustration des Odenwald-HistoPolitKrimis „Der Damenschneider“ eine Fülle von historischen Bildern aus den Jahren 1961/62. Bis ich dann in die nächste Missbrauchsanstalt in Mannheim aufgenommen wurde. Wozu Missbrauch doch manchmal gut ist.. Leider habe ich bisher vergeblich nach den Bildern gefahndet, die zwei der Missbrauchs-Opfer beim ehrenamtlichen Einsatz bei der Renovierung der Michelstädter Stadtkirche zeigen, bei der beim Ausschachten für die Bodenheizung nicht nur viele historische Sargophage  sondern auch die Verbindungstollen von der Gruft derer zu Erbach-Erbach zum Diebsturm und darin die Skelette der Zwangsarbeiterinnen gefunden wurden.  Volker Mhyrre liegt bei einem dieser Fotos neben einem Grafenskelett im Sarg und küsst den Schädel. Wenn das Durchlaucht erfahren hätten… Zuchthaus! Erziehungsheim! Wetten ? Mein Freund Helmut Klarwasser, der Rohrleger (ein schöner Name übrigens für einen Fachmann für Gas-Wasser-Scheiße) hat für eine beim Zigarren-Schöll geklaute Zigarre 3 Monate Jugendknast kassiert. Und war grad Mal 18. Ich bekam für fünf Flachen Whisky gerade mal vier Wochenenden  Jugendknast und war schon 20.

Helmut war jetzt vorbestraft. Ich wars nicht, der Richter saß im Kirchenvorstand wie mein Vater und „wir wollen dem jungen Mann ja nicht die Zukunft verbauen!“.Helmut Klarwassers Zukunft war ja schon zuende, da war nix mehr zu verbauen. Das war meine erste Lektion in Klassenjustiz, wenn man vom Bau beim Bund mal absieht…

Noch weiter Texte und der Hinweis auf SODOM

https://www.barth-engelbart.de/?p=2435 

https://www.barth-engelbart.de/?p=1969  

https://www.barth-engelbart.de/?p=1877 

https://www.barth-engelbart.de/?p=1824

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

3 Gedanken zu „4. Teil: 60 Jahre pädagogische Arbeit: Kindergottesdienst, Missbrauch & frühe Trauma-Arbeit : Erfahrungs-Berichte / Praxis & Theorie in nicht chronologischer Reihenfolge“

  1. Nicht nur einmal war ich nahe dran, den Newsletter abzubestellen. Nicht wegen des Inhalts, den konnte ich aus dem Wirren gemischter Groß- und Kleinschreibung, Buchstaben- und Wortvertauschung und gewöhnungsbedürftiger Bezüge oft schwer herausfinden. Aber es gab auch immer wieder Beifall heischende lichte Momente. Ein ganz fetter von dieser Sorte ist der vorliegende Artikel.

    Mein Vater ist wegen der Waffensegnungen im sogenannten ersten Weltkrieg aus der Kirche ausgetreten. Ich danke ihm. Jetzt weiß ich, was mir das erspart hat.

  2. Wenn schwarze Pädagogik offen gewalttätiges Traumatisieren kleiner Menschen ist, sichtbares Traumatisieren also, liegt mit weißer Pädagogik unsichtbares Traumatisieren vor.

    Trauma schränkt die Denk- und Handlungsfähigkeit ein, was angewiesen auf Führung macht und den Untertanen und Befehlsempfänger hervorbringt.

    Mit Traumatisieren wird der Körper als Quelle von Pein erlebbar gemacht, als Peinlichkeit. Was Kernidee ist von Macht- bzw. Kulturchristentum! Das Traumaopfer wird genötigt, seinen Körper als Last zu betrachten.

    In der weißen Pädagogik geschieht dies, indem der Drang des Körpers, sich zu betätigen, als die Sitzdisziplin untergrabende Peinlichkeit erlebbar gemacht wird. — Und wer nicht still sitzt, der könne nicht lernen und bleibe dumm.

    Das Traumatisieren in der schwarzen und weißen Pädagogik unterscheidet sich lediglich in der zeitlichen Dauer und der Intensität der Applizierung. In der schwarzen Pädagogik wird kurzzeitig sehr starker Schmerz appliziert, in der weißen Pädagogik langzeitig sehr schwacher.

    Weiße Pädagogik ist effektiver als schwarze, indem sie die Denk- und Handlungsfähigkeit bzw. die gesellschaftliche Verwendbarkeit weniger stark einschränkt, aber einen nachhaltiger untertänigen Staatsbürger hervorbringt. Dem unterschwellig suggeriert wurde, sich für dumm zu halten. WEIL ER EINEN KÖRPER HAT.

    Der weißpädagogisch erzeugte Untertan weiß nur, was ihm Zeugnis und Diplom zu wissen attestieren. Ansonsten hat er Meinungen. Was letzteres das erstaunliche Phänomen erklären mag, daß insbesondere Akademiker Albernheiten wie Pandemien und Klimagase als wahr nehmen.

    Wieso „insbesondere“ Akademiker? Weil diese am langdauerndsten weißpädagogisch traumatisiert worden sind.

  3. Einer der Schlüsse aus Anne Querriens l’ensaignement wäre: Der Kindesmißbrauch liegt bereits in der Staatsschulpädagogik selbst; ohne Staatsschule nicht Lohnarbeit und Kapital, nicht relativer Mehrwert und entwickelter Kapitalismus; dann auch nicht Imperialismus, Staatssozialismus und Faschismus. Und heute nicht ein Volk von heilsgläubigen Klimagas- und Virentrotteln; und dann auch nicht Biden, Trump und Musk, nicht das derzeit ankommende Parallelfahren von Stakeholder-Kapitalismus und globalem digitalen CO2-Konzentrationslager.

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