Leser-/Hörerbrief per Mail an SRF geschickt am 09. März 2025
Sehr geehrter Herr Thomas Gutersohn
Ihre Berichterstattung im «Echo der Zeit» zu Syrien, namentlich zu den neusten Ereignissen in der Region von Latakia hat mich aufgewühlt.
Dazu müssen Sie wissen: Seit dem Jahr 2015 haben wir, meine Frau, ich und einige Freundinnen und Freunde Syrien regelmäßig mindestens einmal jährlich besucht. Die letzte Reise fand im Jahr 2023 statt, also vor dem Putsch gegen den legitimen syrischen Präsidenten Bashar al Assad. Unsere Besuche führten uns zu syrischen Familien, die uns teilweise auf unseren Reisen von Damaskus aus u.a. nach Aleppo, Hama, Homs, Latakia und Baniyas begleiteten.
Zu keinem Zeitpunkt wurden wir von offizieller Seite, z.B. von Dolmetschern begleitet. Die notwendigen Übersetzungen besorgten unsere Freunde für uns.
Wie gesagt führten uns unsere Reisen u.a. auch in die Region Latakia. Irgendwelche «Förderungen der alevitischen Minderheit in Militär oder Verwaltung», wie Sie das behaupten, konnten wir nicht feststellen. Was wir hingegen erlebt haben, das war ein Land, welches einerseits unter der illegalen, auch von der Schweiz mit vollzogenen, westlichen Blockade litt und welches andererseits den Angriffen der Killerbanden ausgesetzt war, die nun mit Hilfe Israels, der Türkei und der USA die Macht in Damaskus an sich gerissen haben.
Was uns zur Zeit aus Latakia berichtet wird ist schrecklich und ihr Bericht, der auch die notorische «Syrische Beobachtungsstelle für Menschenrechte zitiert», widerspiegelt diesen Schrecken nicht mal ansatzweise. Uns wird direkt von Quellen vor Ort berichtet:
· Gemeindeverwaltungen der Region werden gezielt angegriffen und bis auf den Grund niedergebrannt.
· Damit werden auch Dokumente, wie z.B. Geburtsurkunden zerstört.
· Wer von den HTS Banden mit einem Mobiltelefon erwischt wird, wird verhaftet und das Telefon wird beschlagnahmt.
Des weiteren wird uns aus erster Hand berichtet:
· Von Müttern, Vätern, Angehörigen die ihre Verwandten oder Freunde, die von den HTS Terroristen ermordet wurden suchen, wird verlangt, einen «Beweis für die Existenz» der Ermordeten beizubringen. Da die Leichen der Ermordeten verschwinden und keine Dokumente mehr existieren, haben diese schlichtweg nie existiert.
· Die Killerbanden dringen in die Häuser ein und sie zerren die Menschen, Kinder, Frauen, Männer, alte Menschen auf Straße um sie dort zu ermorden, niemand wird verschont.
· Von einer uns persönlich bekannten Bauernfamilie, bei der wir noch im Jahr 2023 mehrere Tage zu Besuch waren, wissen wir, dass sie Haus und Hof im Stich lassen und die umliegenden Berge flüchten mussten.
Ahmad al Scharaa, ehemals al Jolani, behauptet nun, er habe mit den Massakern nichts zu tun und er ruft zur «Einheit des Landes» auf. Ein Hohn, wenn wir uns die Geschichte dieser Marionette anschauen!
Sie als «Korrespondent für den Nahen Osten SRF» müssten das eigentlich nicht nur wissen, sondern wenn Sie Ihren Beruf Ernst nehmen auch darüber berichten. Dass Alawiten, Sunniten, Schiiten und Christen in Syrien problemlos miteinander leben konnten, das belegt uns die syrische Geschichte bestens. Dieser «Zwist unter den Religionen» ist eine westliche Lüge, die auch durch die ständige Wiederholung nicht wahrer wird.
Der Grund für die schrecklichen Massaker in der Region von Latakia liegt woanders:
Israel, die Türkei und die USA sind im Moment dabei, Syrien unter sich aufzuteilen. Was mit dem Sykes Picot Abkommen nicht gelungen ist, soll jetzt vollzogen werden. Leidtragend ist das syrische Volk, welches einmal mehr den Blutzoll für die westlichen Machtgelüste zahlen soll. Statt diese geplante und zum Teil leider bereits vollzogene Spaltung Syriens zu thematisieren, berichten auch Sie über irgendwelche herbei fabulierten «religiösen Spannungen» und von einem fiktiven «jahrzehntelang angestauten Hass». Das, Herr Gutersohn ist, mit Verlaub, erbärmlich!
Die gigantischen Verbrechen am syrischen Volk und an der Menschheit werden von Ihnen nicht mal im Ansatz benannt, geschweige denn adäquat analysiert. Wollen Sie darüber nicht berichten, können sie darüber nicht berichten, oder dürfen Sie darüber nicht berichten?
Wie auch immer die Antwort lautet: Eine realistische, auf Fakten basierende Berichterstattung aus Syrien liefen Sie uns nicht. Das ist nicht nur schade, sondern Sie täuschen damit auch bewusst oder unbewusst Ihre Hörerschaft, bzw. Ihr Publikum.
Für allfällige Fragen oder weitere Auskünfte stehe ich Ihnen gerne zur Verfügung.
Markus Heizmann