In Bellinzona wurde für Frieden und Neutralität demonstriert

Viele Menschen folgten am Samstag in Bellinzona dem Ruf mehrerer Organisationen, für Frieden, gegen Sanktionspolitik und für die Verteidigung der schweizerischen Neutralität zu demonstrieren. Diese wird durch eine zunehmende Zusammenarbeit der Schweizer Armee mit der Nato ausgehöhlt. Das wollen die Demonstrierenden nicht mehr länger zulassen. Denn, so stand auf einem der Transparente: «Verlieren wir die Neutralität, verlieren wir alles.»

Die Schweiz darf keinen Militärbündnissen beitreten, sich nicht an bewaffneten Konfrontationen zwischen Drittstaaten beteiligen und keine einseitige Sanktionen gegen Konfliktparteien ergreifen. Das waren die grundlegenden Forderungen, die von den Rednern auf dem Largo Elvezia vertreten wurden. Eine weitere Forderung war der Verzicht auf den geplanten Beitritt zu Sky Shield. Kritisiert wurde auch die Teilnahme an der KFOR-Mission sowie die Diskriminierung der jungen Menschen, die Zivildienst leisten. Die Organisatoren freuten sich an der starken Beteiligung, die zeigt, dass die Menschen über die Kriegstreiberei der politischen Elite besorgt sind. Der Kundgebung schloss sich ein Demonstrationszug durch die Gassen der Tessiner Kantonshauptstadt an.

Stellvertretend für die vielen Wortmeldungen an der Kundgebung, geben wir hier den Beitrag von Matthias Goldschmidt, Präsident der Partei der Arbeit Basel, wieder:

Cari amici, liebe Freunde, chers amis

Ich komme aus der Nordwestschweiz, von der Partei der Arbeit Basel, und bringe Euch solidarische Grüsse von allen Genossinnen und Friedensfreunden unserer Region.

Wir haben uns hier versammelt, um zu protestieren gegen den rasant zunehmenden Militarismus, gegen die Hetzer und Kriegstreiber in Medien und Politik, gegen die intrigante Annäherung an die NATO durch Bundesrat und Armeeführung.

Wir demonstrieren aber auch für den Erhalt gutschweizerischer Traditionen, insbesondere für den Fortbestand unserer Neutralität und die Guten Dienste unseres Landes in der Diplomatie.

Es ist atemberaubend, in welch kurzer Zeit in der schweizerischen Sicherheits- und Aussenpolitik bewährte Grundsätze der Neutralität über Bord geworfen wurden. Grundsätze, die auf Jahrzehnten politischer Erfahrung aufbauen und dem Land seit dem Wiener Kongress durch schwierige Zeiten geholfen haben.
Seit ein paar Jahren krempelt eine bestimmte Classe politique alles um, was auf dem aussen- und sicherheitspolitischen Parkett bisher die Schweiz ausgemacht hat.

Der Erlass von Sanktionen in bis jetzt nie dagewesenem Umfang im Ukraine-Konflikt gegen eine der Kriegsparteien hat die Stellung der Schweiz in der Diplomatie radikal verändert. Einer neutralen Aussenpolitik wurde damit – auf Druck der USA und der EU – richtiggehend der Stecker gezogen. Vermittlung in Konflikten und Gute Dienste, bei denen unser Land sonst immer eine wichtige Rolle gespielt hat, waren nun nicht mehr möglich. In der schweizerischen Aussenpolitik führen nicht mehr echte Diplomaten das Wort, sondern eine moralisierende Politik. So finden jetzt Friedensverhandlungen nicht mehr in Genf, sondern in Istanbul und Saudi-Arabien statt.

Dieser Wandel in der Neutralitätspolitik der Schweiz findet auch im Ausland grosse Beachtung und schadet dem Ansehen unseres Landes enorm.

Nicht besser sieht es in der Sicherheitspolitik aus. Zielstrebig wird die Armee auf Nato-Format gebracht. Der krasseste Fall dabei ist die Beschaffung der Kampfflugzeuge. Nicht nur, dass die US-amerikanischen F-35 für die Luftraumüberwachung eines Kleinstaates völlig ungeeignet sind. Ein einziges solches Kampfflugzeug kostet inklusive unklarer Folgekosten mindestens 200 Mio. Franken. Und die US-freundliche Bundesrätin hat 36 davon bestellt, Kosten: 6 Milliarden, mit Folgekosten wahrscheinlich mehr als 7 Milliarden.

Es mussten unbedingt 36 Flugzeuge dieses Modells sein, damit sie im Verbund mit Nato-Luftgeschwadern eingesetzt werden können. Ob formelle Nato-Mitgliedschaft oder nicht: Kraft des Faktischen wurde damit der Grundstein dafür gelegt, dass diese Maschinen Nato-Staffeln ergänzen können.

Ganz anders dagegen Österreich, unser neutrales Nachbarland. Die Österreicher haben ein günstiges italienisches Flugzeug bestellt, die Alenia Aermacchi von Leonardo, Kostenpunkt: 80 Millionen pro Stück. Dazu noch ist diese Maschine im Gegensatz zur F-35 zweistrahlig und zweisitzig, ein wichtiger Sicherheitsvorteil. Und sie wird in unserer Nachbarschaft ohne klandestine amerikanische Technologie produziert.

Das Wichtigste aber: Das ist keine Angriffswaffe wie die F-35, sondern ein sinnvolles Flugzeug im Rahmen von Luftkontrolle und Luftverteidigung eines neutralen Kleinstaates.

Eine flagrante Verletzung der schweizerischen Neutralität stellt auch der KFOR-Einsatz in Serbien dar. Die Schweiz verletzt damit die Souveränität eines andern europäischen Landes. Und im Grunde genommen dient dieser, mit unserem Steuergeld finanzierte Einsatz vor allem der Legitimation des kosovarischen Separatismus, der nachträglichen Rechtfertigung des Nato-Krieges gegen Jugoslawien und der Stationierung amerikanischer Truppen im kosovarischen Camp Bondsteel, der im Moment grössten US-Militärbasis in Europa. Und noch abstruser ist die Idee des gegenwärtigen Armeechefs, Schweizer Soldaten in Kriegseinsätze in der Ukraine zu schicken.

Besonders bedenklich: die Kursänderung in der schweizerischen Sicherheits- und Aussenpolitik wird von einer zum Teil illegitimen Elite durchgezogen, ohne das Volk zu fragen. Das ist bemerkenswert für ein Land, das sich als Vorbild der direkten Demokratie sieht!

Es ist daher höchste Zeit, dass sich das Volk grundsätzlich zur Frage der Aufrechterhaltung einer souveränen Schweiz aussprechen kann. Die Neutralitätsinitiative wird der Classe politique vor Augen führen, was des Volkes Wille ist. Der Versuch der Mainstream-Rambos, die Neutralitätsinitiative in die rechte Ecke zu stellen, ist perfide und verlogen, denn die Zahl der Unterstützer aus dem progressiven Lager wächst: Es gibt bereits ein linkes JA-Komitee, in dem auch wir Mitglied sind.

Kämpfen wir also zusammen mit der grossen Mehrheit unseres Volkes für die Rückgewinnung und konstitutionelle Sicherung der Neutralität unseres Landes. Das ist das Wichtigste, was die Schweiz im Moment tun kann.

Das ist darüber hinaus auch eine wichtige Voraussetzung, damit unser Land in der Perspektive der künftigen Multipolarität eine gute Rolle spielen kann:

  • Für eine Schweiz, die sich für eine verstärkte Kooperation mit dem globalen Süden stark macht
  • Nein zur Nato!
  • Ja zur Neutralität!
  • Für Frieden, Diplomatie und Verständigung!


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Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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