09.04.2015 www.balqis.de
Gespräche in Moskau
In Moskau begann am 06.04.2015 die zweite Runde von Gesprächen zwischen Gruppen der syrischen Opposition und der Regierung. Zu den Teilnehmern gehören mehrere Parteien und Persönlichkeiten, am bekanntesten das syrische „Nationale Koordinationskomitee“, das mit seinem Vorsitzenden an den Gesprächen teilnimmt. Die Gruppe „Den Staat aufbauen“ wird nicht an den Gesprächen teilnehmen, weil ihrem Vorsitzenden Louay Hussein keine Reisegenehmigung erteilt wurde. (Der Prozess wegen eines Zeitungsartikels, den L. Hussein geschrieben hatte, ist immer noch anhängig)
Ein kurzer Rückblick auf die Entwicklung syrischer Oppositionsgruppen befindet sich hier.
Mittlerweile gibt es erste Ergebnisse der Diskussionen zwischen Regierung und Opposition. Als Grundlage für Lösung gilt nach wie vor das Kommuniqué der Verhandlungen in Genf von 2012. Die ‚Internationale Gemeinschaft‘ soll ernsthaften Druck ausüben auf die Staaten, die zum Blutvergießen in Syrien beitragen und sie auffordern, die Resolutionen des UN-sicherheitsrates zum Kampf gegen den Terrorismus umzusetzen. Es wird gefordert, die Sanktionen gegen Syrien aufzuheben.
Der russische Außenminister Lawrow sieht als einen positiven Schritt und „vertrauensbildende Maßnahme“ die Entlassung von 683 Verhafteten.
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Bewegung
Die real existierenden Kriege in Libyen, Irak, Syrien und Jemen werden nicht weitab und ohne unser Zutun geführt. Spionageschiffe vor der syrischen Küste, Patriot-Raketen in der Türkei, Angriffe und Aktionen der NATO oder von einzelnen Staaten innerhalb der NATO, das schillernde Verhalten gegenüber IS – die Liste lässt sich fortsetzen. Die Herrscher der Golfstaaten ließen 2011 Bahrain militärisch besetzen, um die Demonstrationen gegen die Regierung nieder zu schlagen. Jetzt lassen sie den Jemen angreifen – ohne die Waffenlieferungen auch aus Deutschland undenkbar
Was sagten die Aufrufe zu den Ostermärschen dazu? Einige Kommentare gibt es hier.
Jemen
Eines der Bilder aus der Hoch-Zeit des „Arabischen Frühlings“ blieb nicht ohne Wirkung und Einfluss auf mich: Im Jahr 2011 forderten Zehntausende oder Hunderttausende in der Hauptstadt Sanaa den Rücktritt des damaligen Präsidenten Ali Abdullah Saleh – und zu gleicher Zeit konnte Saleh – auch in Sanaa – eine Rede vor einer unüberschaubaren Menge von Unterstützern halten. Das war völlig unerwartet in einer Zeit, da in unserer Wahrnehmung scheinbar alle den Sturz der Diktatoren forderten.
Der Rücktritt von Saleh unter dem Druck von Demonstranten, der USA und Saudi-Arabiens war nicht der Beginn einer Entwicklung zum Besseren, sondern der Beginn der Zerstörung eines weiteren Staates. Die internationale Koalition, die den neuen Präsidenten des Jemen installierte, wollte nur ihre eigenen Interessen durchsetzen – die Konflikte blieben ungelöst. Militärhilfe allerdings wurde geleistet – in Höhe von Hunderten Millionen Dollar; Jemen wurde zu einer Basis im Drohnenkrieg der USA. Mit den Erfolgen der Houthi-Rebellen mussten die Drohnenkrieger der USA das Land fluchtartig verlassen.
Zu den Hintergründen des Konflikts bietet RT Informationen. Und Juan Cole schreibt in The Nation: Vor vier Jahren schickten die alternden Milliardäre Saudi-Arabiens Tausende Soldaten nach Bahrain, um die Proteste der schiitischen Mehrheit zu unterdrücken. Dass die Demonstranten in den Straßen Schiiten waren, nervte die Saudis. Aber dass es eine populäre Volksbewegung war – das erschreckte sie wirklich.
Heute sind im Jemen die Houthis entschlossen, den Thron der Saudis zu stürzen. Sie rufen „Tod für Amerika“ und sind befreundet mit dem Iran. Nichts könnte eine größere Bedrohung für die Herrschaft der Saudis sein, als eine derartige militante Basisbewegung – und dass sie von einer Schiitischen Bevölkerung ausgeht, macht es nur noch schlimmer.
Und die überraschende Wendung: Saleh, der frühere Präsident, gestürzt im „Arabischen Frühling“ gewann wieder an Einfluss – im Verein mit ehemaligen Gegnern. Mittlerweile bilden sich bemerkenswerte Allianzen: „Die USA und Saudi-Arabien verfolgen das gleiche Ziel wie die Terrororganisation al-Qaida auf der Arabischen Halbinsel“, schreibt der Spiegel
Syrien – 4 Jahre Krieg
Es gab in Syrien 2011 genügend Gründe für Proteste. Doch die Richtung, die die Entwicklung nehmen sollte wurde von außen vorgegeben – und fast buchstäblich vom ersten Tag an.
Am 15. März gab es die ersten Demonstrationen in Daraa. Nur einige Tage später, am 19. März begannen die Angriffe der Luftwaffe Frankreichs und Großbritanniens gegen Libyen. Denjenigen, die behaupten für eine „zivilgesellschaftliche Lösung“ einzutreten sei die Frage gestellt: Welche Botschaft wurde damit wohl nach Syrien übermittelt?
Die Botschaft kam an. Islamistische Kämpfer aus Libyen kamen nach Syrien und ihre Waffen folgten per Schiff. Andere waren als Folge des Irakkrieges schon vor Ort. Sie nutzten die Schwächung des syrischen Staates. Hier ist die Zusammenfassung meiner Vorträge auf zwei Veranstaltungen in München und Fürstenfeldbruck.
Dieser Krieg, der in Libyen begann und schon längst nicht mehr allein in Syrien geführt wird, wurde von außen aufgebaut –Mit einem einfachen Mechanismus. Ein behauptetes Massaker, an dem immer und fraglos „Assad“ schuld war der Ausgangspunkt für eine Medienkampagne – es folgten eine weitere Delegitimierung der Regierung und verstärkte Waffenlieferungen bis zum nächsten Massaker.
Eines der entscheidenden Massaker in dieser Abfolge war das von Houla (25.05.2012). Eine kritische Betrachtung der Vorgänge stellt sie in den Kontext des Geschehens: Die Vertreibung der Islamisten aus Homs, Wahlen in Syrien und eine bevorstehende Sitzung des UN-Sicherheitsrates.
Good Cop – Bad Cop
Vor kurzem wurde der syrische Präsident in einem Interview gefragt, ob die Annäherung zwischen den USA und Iran womöglich die Unterstützung Syriens durch den Iran gefährde. Die grundsätzliche Einigung im „Atomstreit“ zwischen den USA und Iran und die überschwängliche Rektion vieler Iraner auf die Einigung macht diese Frage erneut aktuell.
Eine erste Antwort auf diese Frage mag man in folgendem finden: „Der Westen“ verspricht viel und verfolgt dann doch nur seine eigenen Interessen; die Menschen in Russland, Libyen, Palästina u.a. wissen das aus eigener Erfahrung.
Gegenüber dem Iran müssen die USA erst einmal zeigen, dass sie die Einigung im Atomstreit ernst meinen und die Aufhebung der Sanktionen liefern.
Die Tiraden von Netanjahu, mit denen er als ‚Bad Cop‘ versucht, das Abkommen zu untergraben, lassen Obama als den ‚Good Cop‘ erscheinen. Doch die Unterschiede in der Interpretation des Abkommens zwischen Iran und USA zeigen, dass Obama und Netanjahu beide Bad Cops sind. Das Pentagon rüstet mittlerweile auf. Die stärkste bunkerbrechende Bombe wurde erneut modernisiert und soll nun in der Lage sein, gegebenenfalls die verbunkerten iranischen Atomanlagen zu zerstören.
Hilfe
Viel wird gesprochen über die furchtbare Situation in Syrien und die humanitäre Katastrophe. Aber die darüber klagen – ändern ja nichts daran. Die Sanktionen werden aufrechterhalten, Hilfe wird vor allem von Russland, China und einigen anderen Ländern geliefert.
Die Situation der Transportmittel ist prekär – so kommt die anstehende Lieferung von 100 Bussen aus China gerade recht.
Mit der Regierungsübernahme durch die Moslembrüder in Tunesien im „Arabischen Frühling“ wurden die diplomatischen Beziehungen zu Syrien abgebrochen. Die neue Tunesische Regierung arbeitet schon lange an einer Wiederherstellung. Jetzt werden die Beziehungen zunächst auf konsularischer Ebene wiederhergestellt.
Beides sind Beispiele, die Schule machen sollten.
Infos
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