Recherchen zum HaBE-Roman „Der Erbsenzähler“

Johann Mendel, der als Kind kleiner Bauern unter Armutsphobie leidet und unter dem Zwang, immer beweisen zu müssen, dass er kein Jude ist.  Die Troppauer Herrensöhnchen hänseln ihn auf dem  Gymnasium: „Mandelbaum, Mendelsohn, Mendels Traum vom Judaslohn“ , „Mandel-Bauer“, das war noch das Harmloseste. Troppau ist wie Brünn fest in der Hand der Mutter Kirche und der KuK-Monarchie.  Der Einzige, der ihn nicht hänselt, der ihn verteidigt ist  Hans Kudlich, der später als „der schlesische Bauernbefreier“ gefeiert wird…..  Und Johann Mendel ? Der flieht vor der Wirklichkeit in die Arme der größten Antisemitin, der katholischen Kirche, wird Augustiner Mönch und nennt sich Bruder Gregor und wird Abt und Naturforscher

Camille Claudel 1884
Auf der Suche nach emanzipierten Frauen des Vormärz und der 1848er Revolution, auf der Suche nach Biographien der Frauen der Pariser Commune, die mit Johann Mendel und seinem Schulfreund Hans Kudlich schon kurz nach der Matura am Gymnasium Troppau oder erst bei ihren Studien in Wien und Ölmütz, bei den ersten Aufständen oder bei den Fahrten nach Frankfurt, Mainz, Hanau und Giessen etwas zu tun gehabt haben könnten .. die eine Beziehung mit den beiden eingegangen sein könnten, von denen schließlich eine  -nur im Roman den Dr.Hans Kudlich heiraten und mit ihm nach Amerika auswandern wird, bin ich auf die Biografien fünfer Frauen gestoßen..
Mathilde Franziska Anneke
Henriette Zobel
Camille Claudel
Louise Michel
Ida Pfeiffer

Mendel als Augustiner-Abt

Klementine Kreutzer, die Wiener Tänzerin, Sängerin, die Freundin des noch nicht ins Kloster geretteten Johann Mendel, der in Armutsphobie und immer unter dem Druck lebt, beweisen zu müssen, dass er der bessere Schüler und kein Jude ist, wie die Mandelbaums, die Mendelsohns , die Mandels, die Mandelkerns und all die anderen Mendels – hat sich in Wien von den Operetten-Revolutionären, notorischen Antisemiten und  Paschas wie Richard Wagner getrennt und will mit ihrem Johann Schlesien, Böhmen und Mähren verändern, die Lage der Frauen, der Bauern … Aber Gregor flüchtet sich in die Arme der obersten Antisemiten, die ihm auch stellvertretend für Gott versichern, dass er wirklich kein Jude sei…  Die Augustiner versichern ihm nicht nur seine christlichen Wurzeln sondern auch sein zukünftiges Ein- und Auskommen…

Johann Mendel wird Hilfslehrer und Seelsorger und schließlich Abt im Augustiner-Kloster Brno /Brünn, nachdem er bei einer Aufnahmeprüfung an der Universität in Wien durchfällt.
Während das Geld aus dem Verkauf des heruntergewirtschafteten Kleinbauernhofes seiner Eltern zur Neige geht und seine Schwester Theresia nicht mehr einsieht, die Studien ihres Bruder mit ihrer Armut und dem Verzicht auf ihr Erbteil zu finanzieren, sie auch dem Revolutionär Hans Kudlich die Jugend-Freundschaft aufkündigt, weil sie dem Revolutionsschwindel nicht mehr glaubt, der ihr noch die letzten Heller  aber auch den letztenb Nerv raubt … Johann, der ins Kloster eingetreten-  von jetzt an Gregor heißt, beschließt mit seinem Eintritt in den Orden auch zölibär zu leben und sich nur noch der Seelsorge und der Forschung zu widmen…
Obwohl beide, Kudlich wie Mendel, an der Verbesserung der Lage der Landbevölkerung arbeiten und arbeiten wollen, wird Gregor unter dem klerikalen Einfluss schließlich zum erbitterten Gegner der demokratischen Revolution und seines alten Freundes Hans Kudlich. Klementine Kreutzer endet von Johann Mendel alleingelassen und von den katholischen Exorzisten, den kaiserlichen Jägern und Robert Blum-Mördern verfolgt mit der damals so genannten „Paranoia“ in der Wiener Irrenanstalt Ypps
Datei:Mathilde Franziska Anneke 2.jpeg

Die 1848er Revolutionärin und Frauenrechtlerin Mathilde Franziska Anneke aus der heute 25.000 Einwohner zählenden Ruhrgebiets-Kleinstadt Sprockhövel  HaBE ich mit etwas Ida Pfeiffer gemischt, eine Prise Louise Michel dazu und etwas von dem Schirm der Henriette Zobel

Hans Kudlich, Lithographie von Eduard Kaiser 1848

 Dr. Hans Kudlich, dessen Bruder Abgeordneter im Paulskirchen.-Parlament und nach dessen Auflösung durch die in Frankfurt einfallenden preussischen Truppen auch Mitglied des Stuttgarter „Rumpfparlaments“ war.
Dr. Hans Kudlich hatte enge Beziehungen zum Giessener Kreis, zu Dr. Christian Heldmann und Justus Liebig. Heldmann wie Kudlich ging es neben der Verbesserung der Lage der Lohnarbeitenden in den explodierenden Großstädten um die Verbesserung der Lage der Landbevölkerung, der Kleinbauern und Handwerker, der Wanderarbeiter …
Hans Kudlich stürzt sich im Studium bereits in die Vormärzbewegungen
Auf Abwegen seiner tatsächlichen Biographie lasse ich ihn bereits in Österreich vor der Auflösung des Österreichischen Reichstages, in den er gewählt wurde, mit einer aus Wien stammenden Frau und ihrer Freundin zusammentreffen, die es wagen aus dem herrschenden Rollenverhalten auszubrechen . Die Figuren sind nicht völlig frei erfunden: es sind biografischen Mischungen aus Mathilde Franziska Anneke, Camille Claudel, Louise Michel und Ida Pfeiffer …
Eine Gruppe von Männern, Frauen und Kindern tanzt um einen Baum herum, auf dem eine Jakobinermütze aufgesteckt ist. Im Hintergrund sind drei Gebäude zu erkennen.

Mainz tanzt um den Freiheitsbaum

Kudlich lernt die Schriftstellerin, Redakteurin und Früh-Anarchistin Louse-Michelle Benneke (Benneque), Tochter eines Bijouterie-Unternehmers aus Mainz bei der Reichsverfassungskampagne in Rastatt kennen, beide können sich zum Rupfparlament nach Stuttgart durchschlagen und fliehen in die Schweiz…

Louise Michel

Louise Michel

und Ida Pfeiffer, deren Welt-Reisebeschreibungen im Wiener Verlag promedia erschienen sind.

Als erstes ihre Berichte über ihre „Reise in das Heilige Land“ von 1842 

Hier hätte ich so gern den Schirm der henriette Zobel gezeigt, aber das Historische Museum ist abgerissen… und der Schirm ?
Herriette Zobel sitzt 16 Jahre im Zuchthaus und eine Patition zur Begnadigung wird auch nach 16 Jahren abgelehnt. Sie stirbt im Zuchthaus…
“ ……. Der 18. September 1849 wurde zum entscheidenden Tag. Aus Darmstadt, Hanau und Kassel waren Truppen zum Schutz der Paulskirche heran gezogen worden.  Die Hanauer Turner kamen leider zu spät, weil sie die Schienen der Nordbahn herausgerissen hatten, um preussische Truppentransporte zu behindern. Jetzt konnten sie deshalb selbst nicht mit der Bahn fahren. Breits am frühen Morgen versuchten revolutionäre Freischärler die Paulskirche zu stürmen, mussten sich aber wegen der massiven Militärpräsents hinter Barrikaden in der Innenstadt zurück ziehen. Die Kämpfe forderten viele Opfer auf beiden Seiten.

Gegen Mittag machten Fürst Felix von Lichnowsky und General Hans von Auerswald einen Erkundungsritt. Auf dem Feld stießen sie auf ein Gruppe Aufständischer, welche von dem Ginnheimer Daniel Georg, genannt „der Berliner“, angeführt wurde. Diese erkannten den „Volksfeind“ Lichnowsky und setzten zur Jagt auf die beiden Reiter an. Auch in Bockenheim hatte sich eine Gruppe formiert, darunter Henriette Zobel und Peter Ludwig. Die Gruppe wollte zur Pfingstweide marschieren, sich dort mit den Freiheitskämpfern aus Hanau vereinen und dann als Unterstützung nach Frankfurt ziehen. Dabei kamen ihnen Lichnowsky und Auerswald entgegen. So waren die beiden Mitglieder der Nationalversammlung in der Zange und flüchteten in die Gärtnerei Schmidt (heute noch Hinterhaus in der Merianstraße 23). Was danach weiter geschah, ist bis heute nicht restlos aufgeklärt. Umfangreiche Gerichts- und Vernehmungsprotokolle der späteren Untersuchungen geben nur eine Ahnung über die Vorkommnisse, die letztlich zum Tode von  Fürst Lichnowsky und General Auerswald führten. Beise hatten versucht, Lücken in den Barrikaden auszuspionieren, um den preussischen Truppen den Einmarsch in die Stadt zu erleichtern

Henriette Zobel
ist wohl die interessanteste Bockenheimer Figur in diesem Drama. Mit einem schwarzen Regenschirm soll sie, so die Zeugin Katharina Kraus, mehrfach voller Kraft auf den Kopf des Grafen von Auerswald gedroschen haben, bis dass dieser heftig blutete. In der zeitgenössischen Presse wurde sie daher häufig als „Furie“ bezeichnet. Getötet hat sie von Auerswald nachweislich nicht. Henriette Zobel entwickelte ihre politischen Ansichten durch regelmäßige Besuche der Paulskirche, wo sie den Debatten von der Besuchertribüne aus beiwohnt. Aber auch bei den regelmäßigen Treffen der demokratischen Bewegung auf der Pfingstweide war sie stets zu sehen. Das der mit viel Idealismus begonnene Versuch, Deutschland eine demokratische Verfassung zu geben, zu scheitern drohte, versetzte Henriette Zobel in eine fast ohnmächtige Wut. Und dieser Wut machte sie mit ihrem Regenschirm am 18. September 1848 Luft. Übrigens: den Schirm gibt es heute noch. Die Stadt Frankfurt zeigte diesen in Ausstellungen zum Revolutionsjahr 1848 und zur 1200-Jahrfeier der Stadt.

Peter Ludwig
wird zu den Vorkommnissen vom 18. September 1848 Rädelsführerschaft und die Tötung des General von Auerswald vorgeworfen. Letzteres bestritt er  und nachgewiesen wurde es ihm auch nicht. Der Bockenheimer Schneidergeselle war aber nachweislich bei der Auffindung des General von Auerswald in der Gärtnerei Schmidt beteiligt. Fast belustigt hat er wohl auch, sich auf seine Flinte stützend, die Schirmattacke der Henriette Zobel beobachtet. Erst als von Auerswald sich losriss und nach der Flinte von Ludwig griff, seien die tödlichen Schüsse (aus der übrigen Gruppe) gefallen.

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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