Büdinger Fürsten & ihr GeldAdels-Troß verhöker(te)n unsere Geschichte, Auftragshehler mach(t)en Millionen

Unsere Volksvertreter sind aufgefordert dazu beim nächsten, dem 36. Erzählabend des Historisch-Demokratischen Vereins Mittel-Gründau von 1848 Stellung zu nehmen,  am Do. 21.02. 2013 um 18.30 Uhr in der Gaststätte Stenger/Heiss

Der Schriftführer der Oberhessischen Bauernaufstände, der Mittel-Gründauer Lehrer Paul Nagel, der die demokratischen Forderungen der bauern aufgeschrieben hatte und sie als Emissär dem Fürsten übergeben sollte, wurde trotz des versprochenen freien Geleits von fürstlichen Jägern festgenommen und ins Zuchhaus geworfen. Dort ist er „verschollen“. Die Dokumente über sein Schiksal sind im Büdinger Archiv ebenfalls „verschollen“. Genauso wie die Dokumente über den Lehrer Bernhard Kaffenberger, den Schriftführer des Demokratischen Vereins von Mittel-Gründau, der von Fürsten und dem Großherzog zur Auswanderung gezwungen wurde. Von beiden gibt es keine Bilder. Aber es gibt ein Bild ihres Nachfolgers im Kampf um soziale Gerechtigkeit, für Demoktatie und gegen Fürsten- wie NAZI-Willkür. Das Bild oben zeigt den Mittel-Gründauer Widerstandskämpfer, Rotsportler, Bahngewerkschafter, Schuhmacher und Kommunisten Wilhelm Pfannmüller

(Bild-Quelle: niedersächsisches Staatsarchiv)

Ein großer Teil des Gedächtnisses der Ysenburgisch beherrschten osthessischen Region zwischen Spessart und Vogelsberg, Wetterau und Südausläufern der Rhön, das Büdinger Archiv war für die „Untertanen“, die kleinen Leute, das gemeine Volk eigentlich schon immer wenn nicht verschlossen, so doch schwer zugänglich. Seit Jahrzehnten war das Archiv der Fürsten von Ysenburg-Büdingen sogar für Wissenschaftler gesperrt. Der fürstliche Archivar hatte Redeverbot. Unter der Hand verschwanden wertvolle Bestände historischer Dokumente auf dem „Kunstmarkt“.  Der Kunstbesitz der Hohen Herren ist aber Staatseigentum und darf nicht verkauft werden. Sie tatens trotzdem.

Jetzt meldet die Presse, das Archiv sei wieder zugänglich gemacht worden, das Land Hessen habe mit dem Fürstenhaus eine entsprechende Regelung getroffen.

Unterhaltsamer Abend: Auf Einladung von Hartmut Barth-Engelbart erzählen sich Mittel-Gründauer Geschichten aus vergangenen Tagen. 	Foto: Wimmer

Die (Gründauer) Volksvertreter sind aufgefordert dazu beim nächsten, dem 36. Erzählabend des Historisch-Demokratischen Vereins Mittel-Gründau von 1848 Stellung zu nehmen

 am Do. 21.02. 2013 um 18.30 Uhr in der Gaststätte Stenger/Heiss

Zu fordern ist jetzt die Einsetzung einer Untersuchungskommission -am besten aus dem Kreis der Hessischen Historischen Kommission-, die das Archiv neu inventarisieren und dabei feststellen soll, welche Dokumente verschwunden sind. So muss die Grundlage für eventuelle Schadenersatzforderungen an das Fürstenhaus, die Rentkammer, die Konkursverwalter etc geschaffen werden. Auch als Grundlage für die notwendige Beschlagnahmung und Rückführung dieses hochkarätigen Hehlergutes.

Jetzt sind die Magistrate der betroffenen Städte und Gemeinden gefragt. Sie müssen die Herausgabe der Dokumente, die Herstellung tatsächlicher Öffentlichkeit z.B durch die Brereit- und Ausstellung von Kopien in den betroffenen Stadtteilen und Dörfern einfordern…

Es geht um die Erinnerung, das Gedächtnis, die Würde, die Seelen der Dörfer, es geht um die Bewahrung von Heimat. Dieses Gedächtniss muss für die Allgemeinheit zugänglich gemacht werden und nicht nur für einen kleinen Kreis von spezialisierten Akademikern.

Deren Aufgabe sollte es sein, die Archive tatsächlich für Jung und Alt, für das Volk zugänglich zu machen, was in den letzten Jahrzehnten gegen den fürstlichen Widerstand ja schon versucht wurde, jetzt aber mit Unterstützung der Volksvertretungen endlich verwirklicht werden muss.

Am Beispiel der Suche nach dem Verbleib des Schriftführers der Oberhessischen Bauernaufstände, des Mittel-Gründauer Volksschullehrers Paul Nagel, läßt sich diese Notwendigkeit sehr gut belegen:

Mittel-Gründau war Ausgangspunkt für eine der wichtigsten Bewegungen im Vorfeld des „Vormärzes“ der ersten demokratischen Revolution in Deutschland. Ihr Schritführer wurde bei der Übergabe der von ihm aufgeschriebenen frühdemokratischen Forderungen an den Fürsten entgegegn der Zusage von freiem Geleit von fürstlichen Jägern festgenommen und  ins Zuchthaus geworfen. Die Lehrerstelle in Mittel-Gründau blieb -wohl auch als Strafe für den Aufstand- über Jahre unbesetzt. Paul Nagel ist verschollen. Die Suche nach Unterlagen über seinen Verbleib, über einen Tod eventuell im Fürstlichen Gefängnis war wegen der Sperre des Archiv nicht möglich.

Wie wichtig diese Bewegung für die 1848er war, belegt der Aufruf Georg Büchners in seinem „Hessischen Landboten“ von 1834 (der im Übrigen durch Millel-Gründau von Offenbach nach Gießen geschmuggelt wurde), in dem er mahnt: “ Bedenkt das Blutbad von Södel!“ und deshalb bessere Organisation und Bewaffnung fordert. In Södel wurden 1830 über 5.000 nur mit umgeschmiedeten Sensen bewaffnete Bauern durch ein hightech-bewaffnetes fürstliches Jägerheer abgeschlachtet.

 

 

Die Gemeinde Gründau ist nun gefordert für diesen hervorragenden Demokraten Gedenktafel, Gedenkveranstaltungen, Ausstellungen zu organisieren: vielleicht hat Paul Nagel im Zuchthaus noch drei-vier Jahre durchgehalten, vielleicht auch noch länger… wir wissen es (noch) nicht. Es gibt kein Grab, kein Denkmal…. Geht man so mit den Pionieren der Demokratie in Deutschland um ????  Zwischen dem 1.1. und 31.12. 2013 wäre sein 180. vermutlicher Todestag …   Die betroffenen Dörfer der Region brauchen Klarheit darüber, welche ihrer Leute im Kampf um Demokratie und Wasser-, Wald-, Weide-, Menschen-Rechte von fürstlichenTerror-Söldnern erschossen wurden.

Ein weiterer Gedenktag in Gründau  ist ebenfalls überfällig: 1851 wurde der Schriftführer des Demokratischen Vereins Mittel-Gründau vom Darmstädter Großherzog in Zusammenarbeit mit dem Büdinger Fürsten zunächst aus Mittel-Gründau nach Darmstadt strafversetzt und dort vor die wahl gestellt: entweder Zuchthaus oder Auswanderung in die USA. Wieder wurde die Lehrerstelle als Strafe gegen die Demokraten im Dorf nicht gelich wieder besetzt, die Dörfler 1852 gewungen, dem Fürsten in Fronarbeit den Torturm für seine Domäne zu erbauen. 1852 muss Bernhard Kaffenberger mit Frau und Kindern in die USA ausgewandert sein. Auch darüber konnten bisher keine Dokumente gefunden werden.. Nur über die veröffentlichung der geschichte auf dieser homepage konnte bisher ein Nachfahre des Bernhard Kaffenberger gefunden werden, der aus den Staaaten schrieb, sein Vorfahre sei in den USA ein hervorragenbder Lehrer und später auch (Frauen-)Arzt geworden – so wie sein Parteifreund Dr. Christian Heldmann, der für Mittel-Gründau und die Region in der Paulskirche und im Hesssischen Landtag als Abgeordneter saß, und  Schöpfer der Heldmann-Bahn (Gelnhausen-Gießen) und vieler weiterer Bahnverbindungen war .. auch hier ist ein öffentliches Gedenken dringend geboten … Immerhin handelte es sich bei dem Mittel-Gründauer Demokratischen Verein um  eine der ersten demokratischen Parteien in Deutschland

Und noch eine längst fällige Erinnerung und Ehrung: Wilhelm Pfannmüller Kommunist, Widerstandskämpfer, KZ-Opfer, Soldat im Strafbattaillon 999, Deserteur, Rotsportler und SKG-Gründer, Sozialdemokrat und Bürgermeister

 

Im 80. Jahr der  Nazi-Ermächtigung wäre es höchste Zeit öffentlich die zu würdigen, die bis weit in die 1000 Jahre hinein Widerstand gegen die NAZI-Diktatur geleistet und organisisert haben: 1933 scheiterte ein erster Versuch der SA und der Büdinger Polizei den Bahngewerkschafter, Rotsportler und Kommunisten Wilhelm Pfannmüller am Mittel-Gründauer Bahnhof zu verhaften. Der Grund war die Verteilung von Flugblättern, in denen zum Sturz Adolf Hitlers aufgerufen wurde, zur Organiserung von Streiks gegen die NAZI-Dikatur.. Dieser 80. Jahrestag  sollte dafür genutzt werden, das von Bürgermeister Meininger geplante und unter Wilhelm Pfannmüllers tatkräftiger Anleitung von Freiwilligen erbaute Volkshaus, die später sang- und klanglos so genannte Mehrzweckhalle in Wilhelm-Pfannmüller-Halle umzubenennen und dort eine Gedenktafel zu seinen Ehren anzubringen. Auch dei SKG, die Sport- und Kultur-Gemeinschaft Mittel-Gründau sollte für ihren Gründungs-Vater und Erbauer des ersten Sportlerheimes eine solche Gedenktafel aufhängen.

 

Die Gründauer Volksvertreter sind aufgefordert dazu beim nächsten Erzählabend des Historisch-Demokratischen Vereins Mittel-Gründau von 1848 Stellung zu nehmen

 am Do. 21.02. 2013 um 18.30 Uhr in der Gaststätte Stenger/Heiss

Schrille Nacht, eisige Nacht … die Büdinger Stille Nacht oder wie der Hochadel uns unsere Geschichte raubt und wie die Frankfurter Rundschau sich erst vorwagt, um dann vor dem Fürsten den Kotau zu machen

 

 

BÜDINGER STILLE NACHT

von Hartmut Barth-Engelbart

 

so titelte die neue rheinische zeitung am 12.12. 2006 das Lied, das auf dem Hintergrund drohender Abrisse, Schliessungen und kulturvandalistischer geheimer Verkäufe auf dem Kunstmarkt auf dem ausgeschlossenen Büdinger Weihnachtsmarkt als “Rohling” entstand.

Das Fürstenhaus hat die mit sanftkritischen Tönen unbotmäßig gewordenen Untertanen in Büdingen damit bestraft, dass der Weihnachtsmarkt 2006 nicht im Marstall stattfinden durfte. Mittlerweile ist die denkmalgeschützte fürstlich Ysenburg-Büdingensche Domäne Weiherhof längst abgerissen, Betriebe sind abgewickelt oder verkauft, große Teile des Archivs sind auf dem Kunstmarkt verscherbelt worden, (Lokal-)Historikern wird der Zugang zum Archiv verwehrt. Eklatante Rechtsverstöße: nach Fidei-Kommiss-Recht dürfen die Archivalien als Kulturgüter nicht verkauft werden und die Archive müssen für die Forschung zugänglich bleiben…

Der von den Büdingern zusammengeraubte Forst (einer der größten privaten mitteleuropäischen Waldbesitze) wurde gegen geltende kommunale Waldnutzungsrechte an einen östereichischen HolzKonzern verkauft, der jetzt sogar dem VHC (Vogelsberg Höhen Club) den Zugang verweigerte, den sich der VHC für die Nutzung seines Wanderwegenetzes gerichtlich wieder einklagen musste.

Nach der gerichtlichen Niederlage der Neubesitzer scheinen sich diese jetzt mit der Zerstörung der Wanderwege durch ihre monströsen “Erntemaschinen” zu rächen- so jedenfalls äußern sich zahlreiche VHC-Mitglieder. Außerdem werden viele Wege jetzt durch geschlagene Bäume versperrt. VHC-Mitglieder sprechen von gezielten Racheakten und von Waldzerstörung … Noch könnten die Kommunen gegen die fürstlichen Waldverkäufe klagen und sich dabei auf seit dem 14.Jahrhundert geltende Rechte berufen.. Darüber forschte ein Untersuchungsausschuss des Hessischen Landtages bereits 1867 und der Abgeordnete und Haingründauer Pfarrer Ellenberger  hat für diesen Ausschuss eine über 100-seitigen Untersuchungs-Bericht geschrieben .

 

Für die Untertanen ist das Zurechtfinden im Gewirr der Ysenburger Linien ziemlich schwer: wer ist wofür verantwortlich zu machen: die Schließung des Porzellanwerkes Lichte in Thüringen geht auf das Konto der Wächtersbacher Ysenburger, die kurz vor der Schließung knapp nach der Wende über 5 Millionen DM für die Sanierung des ehemaligen VEB kassiert haben und dann dem Dorf Lichte das Licht ausdrehten – so berichtete mir das der Betriebsrat des Werkes, als er mit einer Bitt-Prozession in Wächterbach am Schloss erschien, um den Fürsten um Gnade zu bitten – vergeblich…

Für die LICHTER hatte ich damals ein “Bitt-Lied” geschrieben:

“Sie im Glanz und wir im Dunkeln, …

Für die Herren Solisegen 

und die Lichter stehn im Regen…

lässt sichs im Schatten von dem Lichte

glänzend mit dem Soli munkeln ….

Man bedient die Herrn im Dunkeln

wir in Lichte kriegen nichts… /

(leider ist das Lied verloren gegangen, ich muss es rekonstruieren)
Als Paradebeispiel für das Einknicken einer Redaktion vor dem feudalen GeldAdel können zwei Artikel  der Frankfurter Rundschau zum Thema gelten: einer war kritisch gegen das fürstliche Verscherbeln von Kulturgut geschrieben am 23.03. 2006, der nächste am 25.03. 2006 eröffnete eine ganze Artikelserie mit Lobhudelei über das Fürstenhaus:

http://www.barth-engelbart.de/?p=44

“Gut 800 Jahre lang haben die Menschen rund um Wächtersbach und Büdingen von und mit den Fürsten Ysenburg und Büdingen gelebt .” (aus dem Vorspann des FR-Artikels “Abstieg der Fürsten beunruhigt die Region” /”Verarmter Adel” – eine Kurzserie der FR (FR vom 25.03.2006 auf Seite 29) Dies ist ein erboster Kommentar zur Berichterstattung und Recherche des SPD-Flaggschiffes FR von einem, der durch jahrzehntelanges Studium der Geschichte der sozialen Lage und der Demokratie in der Region zur genau gegenteiligen Einschätzung kommt. Am Ende dieses Artikels befindet sich ein weiterer:


“FÜRSTENHERRLICHKEIT aus FRON-& ZWANGSARBEIT”

BÜDINGER SCHRILLE NACHT


Schrille Nacht, eisige Nacht
FRAPORT bringt mit Vorbedacht
Düsenlärm durchs Dachfenster rein
(es darf noch so gut schallgedichtet sein!)
christ- und muslimkind schlafen nicht ein
auch du findst keine Ruh
auch du findst keine Ruh

 

Schrille Nacht, eisige Nacht
der Fürst hat alles durchgebracht
Eisenhammer und Wächtersbach,
der WIBAU trauern wir heute noch nach
was kommt noch dazu
was kommt noch dazu

 

Schrille Nacht, eisige Nacht
auch der Marstall ist dicht gemacht
vor dem Schloss hängt ein Vorhängeschloss
der Fürst muss runter vom hohen Ross
doch der fällt sehr weich
er ist noch immer sehr reich

 

Schrille Nacht, eisige Nacht
kein schwarzer Schilling wird ihm gebracht
der heilige Roland hilft auch nicht mehr
er nahm schon unsere Steuern her
13 Millionen verbraucht
von Franz von Erbach durchlaucht

 

Schrille Nacht, eisige Nacht
wenn ein Fürst mal Pleite macht
hat er die Schäfchen noch nicht mal bei Nacht
über den Teich ins Trockne gebracht
die Sippe steht bis zu den Knien
im Reichtum der ExKolonien

 

Schrille Nacht, eisige Nacht
uns hat er um Wald und Flur gebracht
und sonnt sich in Großimmobilien
in Afrika und Brasilien
Konkursverwalter sieht rot
So ists mit der Fürsten Not

 

Schrille Nacht, eisige Nacht
Hallenbad dicht gemacht
Unterricht-PLUS im Gymnasium
Hilfskräfte halten die Kinder dumm
weil der Fürst nix bezahlt
fehlen die Mittel halt

 

Schrille Nacht, eisige Nacht
wo Polizei die Augen zu macht
Kunst im Archiv und den letzten Wald
unversteuert verkloppt nix bezahlt
auch die Rentkammer ist leer
auch die Banken kriegen nix mehr

 

Schrille Nacht, eisige Nacht
der Denkmalschutz hats gemacht
der Fronarbeit von 800 Jahrn
können sie nicht mehr den Abriss ersparn
10 Generationen beschwörn
wem die Domänen gehörn


 

In der Frankfurter Rundschau vom 23. März 2006 erschien ein Beitrag, der sich auf
http://archiv.twoday.net/stories/692500/
bezieht und mir erst jetzt bekannt wurde.

 

Fürstenhaus wirft Schätze auf den Markt

Finanziell klamme Büdinger Schlossherren verkaufen wertvolle Handschriften an Privatsammler / Gericht droht mit Verlagerung des ArchivsVON ANITA STRECKER (BÜDINGEN)

Zu. Verrammelt. Unzugänglich. Vor dem Tor des Büdinger Schlosses hilft auch kein “Sesam, öffne dich!” mehr. 1,1 Kilometer an historischen Dokumenten – unschätzbare Kostbarkeiten für Historiker und Heimatforscher – liegen seit fast vier Jahren verschlossen im alten Brauhaus des Schlosses, weitere 500 Meter lagern im Bandhaus aus dem 16. Jahrhundert, das vom Alter gezeichnet im Herzen Büdingens steht. Das Gedächtnis von 60 Ortschaften zwischen Büdingen und Gelnhausen, Wächtersbach, Birstein und Meerholz ist weggesperrt. 2002 hat der überschuldete Schlossherr Wolfgang Ernst zu Ysenburg und Büdingen, Generalbevollmächtigter seines ältesten Sohnes und eigentlichen Fürsten, Casimir-Alexander, den letzten hauptamtlichen Hüter des “Fürstlich und Gräflich Ysenburgischen Gesamtarchivs” aus Geldnot in den vorzeitigen Ruhestand geschickt – und das Archiv kurzerhand zugesperrt.

“Ein Skandal”, sagt der Regionalhistoriker Christian Vogel aus Niddatal. Denn was ist, dürfte rein rechtlich nicht sein. Das Gesamtarchiv ist Eigentum einer 1930 gegründeten Stiftung, die als Rechtsnachfolgerin des abgeschafften Fideikommiss aus Feudalzeit Kulturgüter in Adelshand als “unveräußerlich” bewahrt und festlegt, dass das Archiv für die Öffentlichkeit zugänglich bleibt.
Dass das Recht in Büdingen seit Jahren mit Füßen getreten wird, sieht nicht nur Vogel so. “Die Ysenburger Stiftung ist unser Sorgenkind”, sagt Gerhard Knauf, Vorsitzender Richter des Senats Fideikommisse in Kassel, der zum Oberlandesgericht Frankfurt gehört. Als staatliche Aufsicht wacht das Gericht über die Stiftungen der hessischen Adelsfamilien, auf dass historisch wichtige Kulturgüter erhalten bleiben. “Wir haben unsere Probleme damit, dass das Archiv so lange zu ist.” Seit Monaten stünden der Senat, das Ministerium für Kunst und Kultur und Wolfgang Ernst zu Ysenburg-Büdingen deswegen in Gesprächen. “Ich hoffe, dass sich das Problem alsbald gut regeln lässt.” Wie, lässt Knauf offen: “Ich will die Verhandlungen nicht gefährden.”

Historiker Vogel treibt noch eine andere Sorge um: Was geschlossen ist, kann nicht kontrolliert werden, und niemand weiß, welche Schätze das Archiv tatsächlich birgt. Oder: noch birgt. Es ist zwar bekannt, dass alle offiziellen Unterlagen aus Büdingen, Wächtersbach und Meerholz dort lagern. “Aber es gibt keine vollständigen Inventarlisten”, beklagt auch Klaus-Dieter Rack vom Staatsarchiv in Darmstadt. Und kaum Findbücher, die bei der Spurensuche helfen könnten. “Das Fürstenhaus Ysenburg-Büdingen verscherbelt Kulturgut”, schlägt der Historiker Klaus Graf vom Aachener Hochschularchiv seit Monaten schon via Internet Alarm. Tatsächlich sind erste spektakuläre Verkäufe publik geworden. Ob die Raritäten jedoch aus dem Archiv stammten oder – ganz legal – aus der Schlossbibliothek, die frei verfügbares Eigentum der Fürstenfamilie ist, darüber streiten sich die Experten.
Leider hat wurde per Gerichtsbeschluss festgestellt, dass die veräußerte Fragmentensammlung Bibliotheksgut darstellt, obwohl sie zuletzt eindeutig als Archivgut galt.
Schillerndstes Streitobjekt ist die reich bebilderte Passionsgeschichte des Franziskanertheologen Johannes von Zazenhausen von 1464, die das Hamburger Auktionshaus Jörn Günter zum unbekanntem Preis von Wolfgang Ernst in Büdingen erstand und für 635 000 Euro an einen privaten Sammler verkaufte. Das Traktat soll einst als Geschenk in das fürstliche Gesamtarchiv gelangt sein. Laut Graf hätte es somit “zweifellos” unter dem Schutz des Bundes-Kulturgutschutzgesetzes gestanden und nicht einfach verkauft werden dürfen. Jetzt ruht die einzige mit Buchmalerei versehene Handschrift im Tresor eines Privatsammlers.
“Zweifellos” hatte ich nicht behauptet. Die Beschreibung des Stücks hat es als Teil des Gesamtarchivs bezeichnet und dieses steht zweifelsohne unter dem besagten Schutz.
Sorge um Liederhandschrift
Die Historiker sorgen sich auch darum, dass Teile der kostbaren Schönrainer Liederhandschrift aus der Zeit um 1330 alsbald in Privathänden landen könnten. Laut Urteil der Fideikommiss-Gerichtes stammen auch diese Liedüberlieferungen aus dem frei verkäuflichen Bibliotheksbestand. Doch die Blätter sind so rar, sagt Konrad Wiedemann, Leiter der Handschriftenabteilung der Landesbibliothek Kassel, dass sie aus wissenschaftlicher Sicht kostbarer sind als eine Gutenbergbibel, die für zehn Millionen Euro gehandelt wird. “Von der Gutenbergbibel sind 48 Exemplare bekannt. Einige Blätter der Liederhandschrift gibt es nur ein einziges Mal. Es wäre ein herber Verlust, wenn die Wissenschaft keinen Zugriff mehr darauf hätte.” Noch ist die Handschrift auf dem Markt und Wiedemann hofft, dass am Ende eine öffentliche Sammlung zum Zug kommt.
Ob die Fürstenfamilie weitere bedeutsame Stücke verkauft hat oder Archivbestände in die Bibliothek verschoben wurden und nun frei verkäuflich sind, bleibt Spekulation. Heimatforscher Vogel sieht deshalb “schleunigst” das Land in der Pflicht, ähnlich wie beim Verkauf des Erbacher Schlosses einzugreifen, um “einzigartiges Kulturgut” zu retten. Doch das Land weist jede Zuständigkeit zurück. Die Archivbestände seien Eigentum der Familien-Stiftung, sagt Ulrich Adolphs, Sprecher des Ministeriums für Wissenschaft und Kunst. Die Aufsicht liege allein beim Fideikommiss-Gericht.
“Ob heimlich Dinge aus dem Archiv verkauft wurden, spielt im Streit bisher keine Rolle”, sagt Richter Knauf. “Uns geht es darum, dass das Archiv wieder zugänglich gemacht wird.” Das Angebot des Hessischen Staatsarchivs in Darmstadt, das Archiv in Obhut zu nehmen, lehnte der Schlossherr ab. Ebenso den Vorschlag des Wetteraukreises, das Archiv der überschuldeten Familie als Kreisarchiv zu übernehmen. Dennoch wird er sich mit dem Gericht einigen müssen: “Wir werden aufsichtsrechtlich alles Erforderliche tun, um die Archivbestände zu sichern”, sagt Knauf. Notfalls werde die Verlagerung der Sammlung angeordnet, was bisher aus Rücksicht auf die leere Kasse der Fürstenfamilie unterblieb. “Die Stiftung müsste die Kosten des Umzugs tragen.”
Bandhaus steht zum Verkauf
Ein Umzug, zumindest der Archivteile aus dem Bandhaus, könnte jedoch schneller kommen, als den Ysenburgern lieb sein kann. Die FR-Information, dass der Fürst das alte Herrenhaus samt Bandhaus im Internet für 950 000 Euro feilbieten lässt, hat Richter Knauf alarmiert. “Das ist ein Anlass, sofort einzuschreiten. Notfalls werden wir die Sammlung sicherstellen.”
Sicher sind die Dokumente im Bandhaus bisher nicht, sagt Historiker Vogel. “Da könnte jeder einsteigen.” Ob das Haus bei Regen dicht hält, bezweifelt er gleichfalls. Auch der Darmstädter Archivleiter Friedrich Battenberg wies das Land bereits vor anderthalb Jahren auf die unbefriedigende Lagerung der Büdinger Schätze hin. Das Ministerium wiegelt ab: “Das Brauhaus sieht von außen zwar baufällig aus, drinnen liegen die Archivbestände aber sicher in einem Betonbunker”, referiert Ministeriumssprecher Adolphs das Ergebnis eines Ortstermins von Vertretern des Landes sowie des Fideikommiss-Senats. “Die Leute haben sich das Brauhaus angesehen und danach im Schloss Tee getrunken”, spottet Vogel. “Das Bandhaus hat niemand angeschaut.”
Für den Historiker ist es “mehr als mysteriös”, weshalb das Gericht bei den Büdingern so lange still hält. Und das Ministerium regelrecht abtaucht: “Die Fürstenfamilie muss einen sehr guten Stand im Land haben.” Wolfgang Ernst zu Ysenburg und Büdingen, Schwiegersohn des Ex-Schatzmeisters der Hessen-CDU, Prinz Casimir zu Sayn-Wittgenstein, schweigt. Kein Kommentar, heißt es auf FR-Anfrage. Einer, der Näheres weiß – nicht zuletzt, weil er als einziger neben dem Fürsten die Archiv-Schlüssel besitzt – mag gleichfalls nichts sagen: Peter Decker, der letzte Archivar. Nach seiner Entlassung habe er sich noch ins Zeug gelegt, den “Sesam Archiv” zu öffnen, sagen Leute, die ihn kennen, inzwischen habe er sich aber offenbar mit dem Fürsten arrangiert. Decker: “Ich bin dem Fürstenhaus gegenüber loyal.”
Ein gut recherchierter Artikel, der Klartext spricht! Einmal mehr zahlen Wissenschaftler die Zeche, wenn der Staat beim skandalösen Treiben der Büdinger wegguckt. Das Fideikommissgericht hat die Pflicht, auch die Zugänglichkeit des Archivs sicherzustellen. Nicht von ungefähr sind die Vorschriften des Fideikommissrechts der einzige im deutschen Recht gewährte Rechtsanspruch auf Einsichtnahme in Privatarchive. Denkmalschutzgesetze mögen zwar den Erhalt garantieren, aber können nicht den Zugang für die Forschung regeln. Wenn ein namhafter Funktionär des Archivwesens wie Norbert Reimann durch die Lande zieht mit Artikeln, jegliche Eingriffe in die Rechte privater Archiveigentümer seien Nazi-Erbe, ist das nur ein weiteres Zeugnis der unseligen Kumpanei zwischen Staat und Eigentümern zulasten der Wissenschaft.

KlausGraf – am Sonntag, 9. April 2006, 06:28 – Rubrik: Kulturgut

 

DER HIER VON KLAUS GRAF SO GELOBTE GUT RECHERCHIERTE ARTIKEL vom 23.03. 2006 wird von der gleichen Redakteurin/Journalistin nur 2 (ZWEI) Tage später durch einen Artikel über das Fürstenhaus ergänzt, der als Paradebeispiel für Hofberichterstattumngn gelten kann.

 

 FRorwärts in den NeoFeudalismus
“Gut 800 Jahre lang haben die Menschen rund um Wächtersbach und Büdingen von und mit den Fürsten Ysenburg und Büdingen gelebt .” (aus dem Vorspann des FR-Artikels “Abstieg der Fürsten beunruhigt die Region” /”Verarmter Adel” – eine Kurzserie der FR (FR vom 25.03.2006 auf Seite 29) Dies ist ein erboster Kommentar zur Berichterstattung und Recherche des SPD-Flaggschiffes FR von einem, der durch jahrzehntelanges Studium der Geschichte der sozialen Lage und der Demokratie in der Region zur genau gegenteiligen Einschätzung kommt. Am Ende dieses Arikels befindet sich ein weiterer:
“FÜRSTENHERRLICHKEIT aus FRON-& ZWANGSARBEIT”

 

Dass Archiv und Bibliothek des Fürstenhauses zu Ysenburg und Büdingen im Schloss Büdingen, lange Jahre betreut von dem inzwischen pensionierten Archivar Dr. Klaus Peter Decker, zu den kulturellen Schätzen in hessischem Adelsbesitz gehören, wird niemand bestreiten können.Dramatische finanzielle Probleme des Fürstenhauses sind seit Jahren in der Region bekannt. Besorgnis muss erregen, dass sich die Lage derzeit anscheinend zuspitzt. Unter den Insolvenzmeldungen der FAZ vom 19.4.2005 war: “Forstbetrieb Fürst zu Ysenburg und Büdingen GbR, Büdingen.” Das Fürstenhaus ist der zweitgrößte private Waldbesitzer Hessens (siehe auch FR 20.1.2005).
Ohne grosses Aufsehen hat das Fürstenhaus in den letzten Jahren wertvolles Kulturgut in den privaten Handel gegeben.
Am 26./27.11.2004 wurde vom Auktionshaus Schloss Ahlden ein kostbares Album aus dem Besitz von Alfred Fürst zu Ysenburg/Schloss Büdingen einer deutschen Bibliothek zugeschlagen:
2004 wurden Münzen versteigert:
http://log.netbib.de/index.php?s=ysenburgische
17 Münzen erwarb das Offenbacher Haus der Geschichte (FR 20.8.2004)

 

Wie der derzeitige Stand hinsichtlich des 2003 für 300.000 Euro geplanten Ankaufs der für die Altgermanistik wichtigen “Schönrainer Liederhandschrift” (um 1330), die der Fürst an Jörn Günther (Hamburg) verkauft hatte, durch die Kasseler Bibliothek ist, geht aus Internetquellen nicht hervor. Siehe
http://voeb.uibk.ac.at/vm/vm56_34_presseschau.pdf (FR 24.6.2003)
http://www.uni-kassel.de/bib/eulensaal/2003/schoenrainer.html
http://www.uni-marburg.de/hosting/mr/mr14/mr2482.html

(“Büdinger Fragmente” ohne Kennzeichnung der verkauften Stücke, die Frieder Schanze, ‘Schönrainer Handschrift’ (‘Büdinger Fragmente’), in ²VL 11 (2004) Sp. 1384-1388 aufführt)
http://docsrv1.digizeitschriften.de/digitools/loader.php?ID=203693
(Crecelius, ZfdA 10, 1856)
Siehe auch
http://www.uni-marburg.de/hosting/census/hssb.html#Buedingen

Die 2003 von Jörn Günther angebotene illuminierte Passionsgeschichte des Johannes von Zazenhausen von 1464
http://www.uni-bayreuth.de/departments/aedph/2003/0013.html
stammt tatsächlich aus Büdingen, wie aus der digitalisierten Archivbeschreibung
http://dtm.bbaw.de/HSA/Buedingen_700321040000.html
hervorgeht (dort “Verbleib unbekannt”). Sie wird als Teil des Gesamtarchivs bezeichnet, das unter dem Schutz des Kulturgutschutzgesetz des Bundes steht:
http://www.zoll.de/e0_downloads/a1_vorschriften/a0_gesamtliste_gesetze/schutz_des_kulturgutes_teil_b.pdf

Auf der Seite des Handschriftenarchivs erfährt man, dass nicht weniger als 155 Beschreibungen (von 1905) aus dem Büdinger deutschsprachigen Handschriftenbestand existieren (davon sind 5 über http://www.manuscripta-mediaevalia.de/ als Registereinträge recherchierbar). An gedruckter Literatur verzeichnet der “Kristeller” nur den alten Aufsatz von Crecelius über die Schönrainer Fragmente (s.o.). Büdinger Bruchstücke der Erlösung wurden ebenfalls in einem alten Aufsatz publiziert:
http://docsrv1.digizeitschriften.de/digitools/loader.php?ID=218142

Es ist nicht bekannt, ob weitere Stücke verkauft wurden. Ein solcher klandestiner Ausverkauf mag zwar legal sein, ist aber kulturpolitisch alles andere als wünschenswert.

Update

Zu den Büdinger Archivhandschriften siehe nun auch
http://dtm.bbaw.de/HSA/HandschriftenlisteB.html

KlausGraf – am Samstag, 14. Mai 2005, 23:28 – Rubrik: Kulturgut

KlausGraf meinte am 18. Jul, 14:31:
Artikel im Kreis-Anzeiger (Gelnhausen)

http://www.kreis-anzeiger.de/sixcms/detail.php?id=1762103&template_id=2634&_adtag=localnews&_zeitungstitel=1133846&_dpa=

Auszug:
Historiker bekämpfen das “Verscherbeln” von Kulturgut
Auch das Fürstenhaus Ysenburg-Büdingen gibt einzigartige Dokumente in den freien Handel
Kurt HoeppeREGION.
Die politische Diskussion um das Erbacher Schloss hat den Umgang mit Kulturgut in Adelsbesitz wieder in öffentliches Interesse gerückt. Dass auch hierzulande hinter bröckligem Schlossgemäuer teils unersetzliche Kostbarkeiten schlummern, ist meist nur Fachleuten bekannt. Aber während die Erbacher Schlossherren sich freuen dürfen über den Ankauf ihres Besitzes durch das Land Hessen, müssen klamme Provinzfürsten sehen, wie sie klarkommen. Wolfgang Ernst zu Ysenburg-Büdingen etwa sieht sich seit Jahren dazu gezwungen, immer mehr Teile seines Besitzes zu veräußern. Immobilien wie die Ronneburg oder Schloss Gettenbach oder Unternehmen wie Fürstliche Keramik und Brauerei machen ebenso Schlagzeilen wie die Vermietung von Renn- und Offroadstrecken im Büdinger Wald.
Doch die wirklichen Geschäfte vollziehen sich im Stillen, unbemerkt von der Öffentlichkeit. Da raschelt es nur leise… “Das Fürstenhaus Ysenburg-Büdingen verscherbelt Kulturgut.” Das behauptet der Historiker Dr. Klaus Graf (Archiv der Hochschule Aachen; Lehrauftrag Uni Freiburg), der seit Jahren über gefährdetes Kulturgut in Adelssammlungen recherchiert. Auf seiner eigenen Internetseite (http://archiv.twoday.net) informiert er darüber, dass das Büdinger Fürstenhaus in den letzten Jahren unbemerkt von der Öffentlichkeit wertvolles Kulturgut in den privaten Handel gegeben hat: Neben einer Münzsammlung mit seltenen Stücken, einer Handschrift der Werke des Humanisten Sebastian Brant (1457-1521) und den “Büdinger Fragmenten (1384-1388) auch einzigartige Dokumente wie Teile der um 1330 entstandenen “Schönrainer Liederhandschrift” und die Passionsgeschichte des Johannes von Zazenhausen (1464). “Ein solcher klandestiner (heimlicher) Ausverkauf mag zwar legal sein, ist aber kulturpolitisch alles andere als wünschenswert,” so Graf, der sowohl das Archiv als auch die Bibliothek des Fürstenhauses zu Ysenburg und Büdingen zu den “kulturellen Schätzen in hessischem Adelsbesitz” rechnet.
Tatsächlich ist es gerade die Fülle des Ysenburgischen Kulturbesitzes, die sowohl Erfassung und Sicherung des Bestandes als auch die Bewertung der jetzt öffentlich kritisierten Verkäufe erschwert. So wurde bereits zwischen 1920 und 1940 ein Teil der Bestände der heute nicht mehr existenten Büdinger Gymnasialbibliothek verkauft. Während einige wenige Stücke in das Fürstliche Ysenburgische Gesamtarchiv und das Stadtarchiv wanderten, gingen die Reste in den 60er Jahren an einen holländischen Antiquar. So wundert es nicht, dass viele wertvolle Stücke in den um die Jahrhundertwende angelegten Bestandslisten mittlerweile mit den Zusatzvermerken “Verbleib unbekannt” geführt werden (siehe auch Bericht unten). Dabei unterliegt das bekannte Ysenburgische Archiv mit seinen 6 000 Urkunden der Jahre 947 bis 1908, 1 000 lfm Akten- und Amtsbüchern sowie Münzsammlung nicht nur der alten Rechtsform des Fideikommis (siehe Stichwort), sondern auch dem “Gesetz zum Schutz deutschen Kulturgutes gegen Abwanderung”. In der Fürstlichen Bibliothek dagegen darf “gewildert” werden. Die Meinungen darüber, welche Dokumente, Bücher und Sammlungen wo hingehören, gehen angesichts der erstaunlichen Summen, die Sammler dafür bieten, zwangsläufig auseinander…

Die “Schönrainer Liederhandschrift” etwa, eine um 1330 in Hessen entstandene Textsammlung epischer und lyrischer Dichtung in mittelhochdeutscher Sprache mit deutlich “hessischem Einschlag”, wurde schon mit rund 350 000 Euro gehandelt. Das 21 Blatt starke Fragment enthält Teile aus dem Epos “Der Trojanerkrieg” sowie aus der Minnegesangssammlung “Wartburgkrieg,” dem berühmten Sängerwettstreit im 13. Jahrhundert. Fürst Wolfgang Ernst hatte die Liederhandschrift an das Hamburger Antiquariat Dr. Jörn Günther verkauft; das bot die Kostbarkeit auf Pergament der Landesbibliothek in Kassel an, die bereits zwei “Schönrainer” Blätter besitzt.

Fideikommiss-Gericht tagte Die Nordhessen freuten sich schon mächtig über die fantastische Bereicherung ihres Hauses, stellten 100 000 Euro bereit und sicherten sich darüber hinaus Zuschüsse der Hessischen Kulturstiftung über 70 000 Euro zu. Der Rest sollte durch Mäzene in der Region aufgebracht werden. Aber noch während der (letztlich vergeblichen) Suche nach Sponsoren kamen Zweifel an der Rechtmäßigkeit des Verkaufes auf, wurde das für solche Streitigkeiten zuständige Fideikommis-Auflösungsgericht angerufen, ein Senat des Oberlandesgerichts Frankfurt mit Sitz in Kassel. Das Urteil: Die “Schönrainer Liederhandschrift” stammt nicht aus dem durch den Fideikommiss geschützten Archiv; der Fürst durfte sie demnach frei verkaufen. Allerdings wurde betont, dass ein Verkauf ins Ausland der nationalen Bedeutung wegen nicht erlaubt sei.

Das Gericht hatte sich bei seiner Entscheidung unter anderem darauf berufen, dass die einzelnen Blätter der Handschrift zu dem Zeitpunkt, als die Fideikommis-Auflösung (siehe unten) Rechtswirkung entfaltete, zur Fürstlichen Bibliothek gehörten; in Verkennung ihres Wertes waren die Blätter vor langer Zeit für Aktenumschläge und Deckelverstärker hergenommen worden – und so erst über einen Umweg in das (geschützte) Archiv geraten. Erst zwischen 1850 und 1980 wurde die Handschrift in ihren Originalzustand versetzt.

Als Beleg diente dem Gericht unter anderem eine überlieferte Beschreibung der “Büdinger Bruchstücke” von W. Crecelius um 1900, worin es unter anderem heißt: “Die Blätter der Handschrift dienten fast durchgängig zu Umschlägen um die Quartalsrechnungen des Amtes Schönrain, welches zu Ende des 16. Jahrhunderts in den Händen der Grafen zu Ysenburg war.” Während sich Fürst Ysenburg bestätigt sieht (“Ich durfte das verkaufen!”), stößt das Gerichtsurteil bei Historikern und Archivaren nach wie vor auf Unverständnis und Unmut.

Unabhängig vom Gerichtsentscheid bedauert Dr. Konrad Wiedemann, der Leiter der Handschriftenabteilung der Universitätsbibliothek Kassel, den (bislang) gescheiterten Erwerb der Liederhandschrift: “Denn wissenschaftlich betrachtet sind Teile der Liederhandschrift seltener als eine Gutenberg-Bibel.” Davon gebe es 48 Ausgaben, und schon ein Band koste zehn Millionen Euro. Einige Teile der Liederhandschrift dagegen seien einzigartig. Und wenn die Schönrainer Liederhandschrift erst einmal bei einem Sammler daheim im Tresor liege, komme man nicht mehr ohne weiteres dran, sei sie für die Forschung verloren.

Das Antiquariat Günther als Zwischenhändler sieht das anders: Auch wenn das Unternehmen einen Gewinn erzielen müsse, bleibe die historische Verantwortung nicht auf der Strecke. Eine “Basisdokumentation” sichere den geschichtlichen Wert. Anfragen von Historikern stehe man stets aufgeschlossen gegenüber, Einsicht werde gerne gewährt. Unserer Zeitung gegenüber gab sich das Antiquariat freilich sehr zurückhaltend, mochte keine Abbildungen der betreffenden Handschriften herausgeben, weil über das Thema zuletzt stets sehr “agitativ” berichtet worden sei. […]

KlausGraf antwortete am 9. Apr, 06:29:
Neuer Beitrag März 2006 in der FR
OB DAS GELNHÄUSER TAGEBLATT UND DER GIESSENER ANZEIGER auch so vor den Büdingern eingenickt sind wie die FR , kann ich im Moment nicht sagen….
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“unter-schlag-zeilen”: wenn die Kunst unter die Leute geht. 
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Aus dem Vorwort von Ingrid und Gerhard Zwerenz für HaBEs AgitProvoLyrik&Grafik-Buch “unter-schlag-zeilen / befreite worte /gebrochene reime/ zur lage” :  Nur keinen Streit vermeiden ..Es kann einen Autor teuer zu stehen kommen, wenn er sich strikt an das hält, was er schreibt.. Mundtot ist der Titel eines Gedichts von Hartmut Barth-Engelbart: “Wenn wir / nicht früh / genug / den Mund / aufmachen / haben wir/ am Ende / gar nichts mehr / zu sagen” Der Lyriker ..aus Hanau denkt gar nicht daran den Mund zu halten Seine Feinde finden, er hat eine zu große Klappe. Die zitierten epigrammatischen Zeilen erinnern an Erich Fried, dem seine Verse nicht wenig Ärger eintrugen. Für Barth-Engelbart eskalierte der Ärger. Vor einigen Monaten wurden seine Gedichte auf offener Straße verhaftet.  Wie aber kamen sie dahin? HaBE ist das Gegenteil eines Innenweltdichters. Mit Poesie und Prosa begibt er sich mitten unter die Leute (mit den ) bewährten Widerstandslesungen, denen es in Hanau  und anderswo nicht an Publikum mangelt. Von wegen, die Menschen interessieren sich nicht für Literatur, sie tun es durchaus, wenn Literatur sich für sie interessiert.…. Weshalb sich Polizei und Justiz für HaBEs Verse interessierten, ist eine bunte Geschichte. Der Autor erzählt sie in diesem Sammelband, der Spannung aufbaut wie ein Krimi, wer die Täter sind verraten wir nicht
Das Buch ist dem langjährigen Duett-Partner HaBEs, dem Bassklarinett-& Saxophon-& Kompon- & Humanisten des Frankfurter ensemble modern Wolfgang Stryi gewidmet, der im Erscheiningsjahr noch vor Erscheinen des Buches starb, nach 15 Jahren gemeinsamer WiderstandslesungsKonzerte.
“unter-schlag-zeilen / befreite worte /gebrochene reime/ zur lage”
313 seiten politische Lyrik und Grafik von HaBE / Buchgestaltung : Jürgen Tauras / (c) 2005 Zambon-Verlag Frankfurt/Main / SemiHardcoverBroschur  ISBN 3-88975-107-5 /    15,– € 
Im gleichen Verlag das HaBE-KinderBuch von der Ziege “ZORA”
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Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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