Jetzt droht zudem Aufruhr und „dagegen“ wie 1967 ein außengesteuerter Militärputsch. ANELs Militär-Besänftigunsfunktion wird beim Rücktritt der Regierung nicht mehr funktionieren. Auch dann nicht, wenn Tsipras seine Mehrheit im Parlament verlliert und die Minister vom linken Syriza-Flügel wie Varoufakis zurücktreten. Zu hoffen ist, dass sich Kräfte des linken Syriza-Flügels mit der Protestbewegung zusammenschließen , sie strukturieren, dort eventuell mit der KKE in die Führung gewählt werden … dann gibt es noch Chancen einen rechten Aufmarsch und Durchmarsch zu verhindern. Ob damit ein Militärputsch zu verhindern ist, ist äußerst fraglich. Zumindest wäre damit aber der Widerstand dagegen zu organisieren… HaBE
Griechenland Debatte
Michael Aggelidies
Soeben mit einem Top-Genossen von Syriza gesprochen: es gebe nichts zu
beschönigen. Dieses Papier sei das Ergebnis einer brutalen
Erpressungspolitik der Troika.
Die Troika habe klipp und klar gesagt, wir lassen ab Montag alle
Banken und Eure Wirtschaft kollabieren, wenn Ihr nicht beidreht.
Wir hatten die Wahl zwischen einer schnellen Massenverelendung ab
Montag, einem totalen Kollaps der Wirtschaft oder der Akzeptanz des
Diktats, ein wenig aufgehübscht durch den französischen Einfluss.Diese
Entscheidung sei – egal wie sie ausfiele – eine Katastrophe.
Noch sei nicht klar, wie Syriza als Partei damit umgehe.
Auch habe Tsipras gesagt, entweder wir tragen das alle gemeinsam oder
wir treten alle gemeinsam zurück.
Die Institutionen hätten bereits ihre Suppenküchen zur Inszenierung
vorbereitet, um Hilfe zu heucheln und die Regierung vorzuführen. An
diesem Tag sei EU- Europa nicht mehr dasselbe, es sei ein
undemokratisches Gebäude, dass nunmehr mit anderen Augen gesehen werden
müsse.
Die Linke europaweit müsse ab heute eine andere Herangehensweise
entwickeln.
Stathis Kouvelakis, Mitglied des Zentralkomitees von Syriza und
bekannter Funktionär der “Linken Plattform”, welche den linken Flügel
von Syriza stellt, kommentierte auf Facebook:
„Jetzt grade in Athen: Dramatisches Treffen von Syrizas Parlamentariern.
Yanis Varoufakis sprach sich Medienberichten zufolge gegen die
Vereinbarung aus. Laut Panagiotis Lafazanis, dem Energie-Minister und
Führer der Linken Plattform, ist der Reformplan ‚inkompatibel mit
Syrizas Programm und bietet keine positive Perspektive für das Land.‘
Es wird erwartet, dass die Minister der Linken Plattform noch heute
zurücktreten. Thanassis Petrakos, einer der Sprecher von Syrizas
parlamentarischen Fraktion sowie prominentes Mitglied der Linken
Plattform erklärte: ‚Das ‚Nein‘ des Referendums war ein radikales
Klassen-Nein. Einige hochrangige Genossen bestehen auf eine ‚Es gibt
keinen anderen Weg‘-Logik.
Wir sollten uns auf den Austritt der Eurozone vorbereiten und das den
Menschen klar sagen. Die Linke hat eine Zukunft, wenn sie ihre Flügel
für das Unbekannte öffnet, anstatt für Nichtigkeiten. Diejenigen, die
auf die Entscheidung bestehen, im Euro zu bleiben, egal was es kostet,
wissen, dass dies ein Desaster ist. Wir müssen uns für den Austritt
vorbereiten und uns für einen neuen Weg öffnen. Die ersten Schritte sind
die öffentliche Kontrolle der Banken und der griechischen Zentralbank,
und ein scharfes Vorgehen gegen die Oligarchie.“
Der britische Links-Aktivist Kevin Ovenden berichtet aus Athen:
„Das Treffen der parlamentarischen Syriza-Fraktion hat ohne Abstimmung
vor wenigen Minuten geendet. Zwei Abgeordnete von der Linken Plattform
und drei Mitglieder des Polit-Büros von Syriza haben einen Brief an den
Premierminister verfasst, in dem sie ihn auffordern ‚die Erpressungder
Kreditgeber zurückzuweisen‘.
Der Brief ist unterschrieben von Stathis Leoutsakos, Antonis Davanellos,
Sophie Papadogiannis, Costas Lapavitsas und Thanassis Petrakos.
Es gab in der Fraktionssitzung viele Gegenstimmen [gegen die
Reformpläne], nicht nur von der Linken Plattform.
Es wird berichtet, Yanis Varoufakis habe sich deutlich gegen die
Vorschläge der Regierung ausgesprochen. Es gibt eine Besprechung der
Minister der Linken Plattform noch an diesem Abend aus der Regierung
auszutreten.“
a.kalex
Die Hinweise verdichten sich, dass Tsipras „eingeknickt“ und vielleicht
deshalb Varoufakis zurückgetreten ist. Ich mache weder Tsipras noch
Syriza einen Vorwurf. Die Geschäftsgrundlage dieser Regierung war von
vornherein, für die Menschen rauszuholen, was im kapitalistischen
Wirtschaftssystem rauszuholen ist. Das war auch der Wunsch vieler
Wähler. Wir dürfen nicht vergessen, sehr viele Anhänger von Syriza
wollten ausdrücklich nicht die Eurozone und schon gar nicht die EU
verlassen. Und auch das mache ich ihnen nicht zum Vorwurf, denn was zur
Zeit von Marx und auch zur Zeit von Lenin gegolten hat, das gilt auch
heute noch: Ohne wenigstens einige hochentwickelte kapitalistische
Industrieländer, die den Weg zum Sozialismus beschreiten, wird es auch
in den wirtschaftlich weniger entwickelten Ländern keinen Sozialismus
geben. Der Schlüssel zum Sozialismus in Griechenland liegt nicht bei
Syriza, schon gar nicht bei der KKE, er liegt bei den Ausgebeuteten und
Ausgegrenzten in Deutschland, Frankreich, England. Jetzt habe ich von
einem SAV-Genossen den „grandiosen“ Vorschlag gehört, Syriza soll doch
„einfach“ die Banken und Konzerne verstaatlichen. Sozialismus in einem
Land? Das ist selbst in einem so großen Land wie Russland schief
gegangen. Wie sollte es bei Griechenland gehen? Wenn deutsche Linke dem
griechischen Volk helfen wollen, dann müssen sie vor allem das
kapitalistische Wirtschaftssystem im eigenen Land kippen! Und was tun
sie? Ihrem verdammten Sektierertum frönen. Mit keinem reden und schon
gar nicht auf die Straße gehen, der nicht mindestens Marx und Adorno
auswendig hersagen kann. Ich rede nicht von vielen linken Aktivistinnen
und Aktivisten aus den unterschiedlichsten Zusammenhängen, die tun was
sie nur können. Aber die linken Parteien und Organisationen in
Deutschland stecken eine wie die andere tief im Sektierertum drin. Damit
haben sie nicht nur in Deutschland jede Perspektive verbaut sondern sind
auch maßgeblich für die Niederlage in Griechenland verantwortlich.
Tsipras hat noch immer meinen Respekt, er hat getan, was einem
griechischen Sozialdemokraten, der den Namen noch verdient, möglich war.
Mehr war nicht drin. Nicht, ohne dass sich in Deutschland, England,
Frankreich was tut. Schlaue Ratschläge sind da unangebracht. Endlich vor
der eigenen Türe kehren!
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Ende Juni sah es noch so aus, als wäre Tsipras am Ende. Die Griechen
lieferten einen Plan, der in weiten Teilen den Sparprogrammen der
Gläubiger entsprach. Nur mit ein paar Retouchen, zwecks Gesichtswahrung.
Die Delegation der Eurozone blieb hart. Tsipras rief seine Leute in sein
Hotelzimmer, liess alle die Handys abgeben und sagte laut «New York
Times»: «Je weiter wir nachgeben, desto weiter gehen sie. So macht das
keinen Sinn.» Darauf stiegen die Griechen ins Flugzeug, Tsipras ging ins
Fernsehen und sagte, der Vorschlag der Gläubiger sei Erpressung. Nur
eine einzige Instanz könne entscheiden: das griechische
Volk……………………………
Dieser (Grexit) ist eine ernste Drohung für Tsipras. Denn der
Euro-Austritt würde Folgendes bedeuten: Bankenpleite. Verarmung. Ein
Chaos, schon weil Athen beim Euro-Eintritt alle Notenpressen vernichten
musste. Dazu unbezahlbare Importe für Öl, Gas, Medikamente.
Auf der anderen Seite bleibt ihm ein weiteres Sparprogramm, bei dem
seine Regierung nicht einmal bestimmen darf, wie sie zu Geld kommt:
So wurde im letzten griechischen Vorschlag eine Reichensteuer von den
Gläubigern als «unwirtschaftlich» abgelehnt, dafür wollten diese höhere
Mehrwertsteuern für die einzige konkurrenzfähige Branche: den Tourismus.
Eine Katastrophe. Oder ein Schrecken ohne Ende. Das ist die Wahl, die
Alexis Tsipras jetzt treffen muss.
http://www.tagesanzeiger.ch/ausland/europa/Der-rasende-Regierungschef/story/14581624
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