Das goldene Kalb macht keinen Mist
Alles neu macht der Mai
Gift & Gülle, Geld wie Heu?
Es gäbe noch viele Titelzeilen zur Lage der Bauern. Die Bauern? Kleinbauern gibt es so gut wie keine mehr. Glück gehabt haben einige, die in den Randbezirken der Bankenzentralen lagen, der noch produzierenden Industriezentren auch . Nur da stellt sich die Frage, wie lange bleibt Opel noch in Rüsselsheim, Heraeus & VAC in Hanau. Opel Kaiserslautern ist dicht wie Bochum. … Quelle, Neckermann, Schlecker, Karstadt, wann macht SIEMENS was zu? ….
Aber bleiben wir den DEN Bauern. Abgegebene Milchquoten waren bei vielen nicht erst der Anfang vom Ende. Ein mittlerer Hof ernährt keine Familie mehr schon lange nicht mehr. Nebenerwerbslandwirtschaft. Mondscheinbauer. Doppeljob. Wenn es in der Provinz noch Jobs gibt. Töchter und Frauen in der Industrie, im Handel, bei UPS oder AMAZON, beim TEGUT oder beim Aldi-NORMA-LIDL-PENNY-REWE-NAHKAUF, die Väter mit dem einen Bein im Wald oder beim Straßenbau, die Söhne nicht viel anders. Nebenjob als Altenpflegerin, Pediküre, Friseurin … und das reicht nicht für die Ausbildung der immer noch zahlreichen Kinder. Die kommende Erwachsenen- Generation geht nicht nur in der Ex-DDR in den Geburtsstreik. Kinder kriegen ist eine Frage an die SCHUFA.
Aber es gibt doch noch Bauern. Es gibt doch einen mächtigen Bauernverband. Es gibt doch die Ausbildung zum Landwirt, zum Agraringenieur. Pferdewirt, Fischwirt, Winzer, Forstwirt, Milchtechnologe, Pflanzentechnologe, Milchwirtschaftlicher Laborant, Revierjäger, Tierwirt, Gärtner, Brenner
In den letzten Jahren meiner Provinz-Recherchen haben mir viele LandwirtINNeN in Interviews berichtet:
Eine Eigenkapitaldecke ist bei nahezu allen Landwirten nicht mehr vorhanden.
Das war früher das „Privileg“ der Klein- und Mittel-Bauern, besonders in der „kleinstrukturierten Landwirtschaft“ in den deutschen Mittelgebirgen und in den klassischen Notstandsgebieten wie Fichtelgebirge und Bayrischer Wald, Hunsrück-Eifel, Westerwald, Rothaargebirge, Waldecksches Upland, Harz, Rhön, Odenwald, Pfalz, Main-Franken, Harz u.ä. usw…
Heute ist auch bei den Groß-Agrariern die Eigenkapitalausstattung fadenscheinig wie Leinenbettwäsche in der fünften Erben-Generation.
Waren in der 50ern, 60ern, 70ern die kleinen- und mittleren Höfe die „Gelddruckmaschinen“ für Lanz, Fendt, Mengele, Porsche, Stayr-Puch, Enzinger … und die noch zu Beginn der 60er tatsächlich „genossenschaftlichen“ lokalen/regionalen Raiffeisenbanken und in der Kredit- und Hypotheken- Folge die „Erben“ vieler kleinbäuerlicher Betriebe, Häuser, Stallungen, Felder und Wälder und des gesamten Maschinenparks (der immer unverkäuflicher wurde und schließlich als Exportgut in der europäischen Peripherie oder in Afrika, dem Nahen Osten und seit der Wende im Ex-Ostblock landete, bis auch dort das große Bauernlegen und –Sterben begann und sich per Landgrabbing das Agrargeschäft auf wenige Agrarindustrielle konzentrierte, die meist noch die ehemaligen LPGs, Kolchosen, die Staatsbetriebe usw. an sich rissen und den deutschen 60erJahre-Schrott nicht mehr brauchten.
Während die Immobilien-Abteilungen der VR-Banken kräftig zulegten wurden die meist in der Provinz angesiedelten kleineren Landmaschinen-Fabriken geschlossen oder die entsprechenden Zweige großer Hersteller stillgelegt.
Das Geschäft mit den Groß-Ernte-Geräten, den Fütter- & Melkanlagen boomte. Kompletternter beherrschen die Wälder. Entsprechend verlieren auch die Mondschein-Kleinbauern ihre ortsnahen Zweitjobs.
Dörfer sterben, Schulen werden geschlossen, Kirchen nicht minder, Kindergärten, Kneipen, Geschäfte. Einige können sich bei günstigerer Verkehrsanbindung noch als Schlafsiedlungen am Rand der Ballungsgebiete halten.
Letzte Äcker können noch eventuell vor dem Zugriff der Banken in (nicht landwirtschaftliche) Ausbildungsfinanzierung umgewandelt werden, in Neubauten vielleicht, auch in Mietshäuser, wo sich die noch vermieten lassen wer zieht schon in die Hocheifel, den Hunsrück, den Vogelsberg oder nach Hunger und Elend im Harz, nach Rom in Meck-Pom .… aber die große Mehrheit – auch der „Neueinrichter“ in den neuen Ostkolonien- geht in die Schuldknechtschaft, Privatinsolvenz und die SCHUFA-Dauerauskunft. Spätestens mit der Finanzierung von Altenpflege und/oder mangels ausreichender Altersversorgung/Rente ist nichts mehr zu erben außer den Hypotheken, den Schulden und die Feierabendbetreuung der Alten…
Wie aber schaffen es die großen Vorzeigebetriebe, bei denen an Futtersilos und BIO-Gas-Reaktoren die großen Transparente hängen: „Arbeit mit Leidenschaft — die deutschen Bauern“
Zu 95 % gehören diese Betriebe nicht den stolzen Bauernverbandsmitgliedern oder höheren Funktionären dieser Standesorganisation.
Das galt mit einiger Sicherheit bereits auch für ein prominentes Bauernverbandsmitglied, den ehemaligen sozialdemokratischen Landwirtschaftsminister Funke (unter Gerhard Schröder 1998 bis 2001)
Wie es Karl-Heinz Funke gelingt, seinen Hof „in schwerer See“ über Wasser zu halten, kann ich nicht sagen. Ob es mit seiner Funktion als Wasserverbandstags-Vizepräsident zusammenhängt, wage ich nicht zu beurteilen. Sicher liegt es an seiner Eigenschaft als friesischer Buur und deren traditionellem Widerstand nicht nur gegen die Bremer „Pfeffersäcke“.
Nehmen wir ein anderes Beispiel:
Der Präsident des Hessischen Bauernverbandes, Friedhelm Schneider, macht sich gerade im TV für die (Dürre-&Hitze-) notleidenden hessischen Bauern stark, denen jetzt nach den Dürreschäden die Unwetter zigtausende Hektar Weizen, Raps, Zuckerrüben und mager stehenden Mais zu vernichten drohen oder bereits vernichtet haben.
Verteilt wer Gilft und Gülle, ist es kein böser Wille
Ob’s Wetter sich ändert oder bleibt wie’s ist
Das Goldne Kalb macht keinen Mist
weil es weder Heu noch Silage
sondern nur Erträge frisst
WIRD FORTGESETZT
Hier folgen einige Gedichte, Lieder und sonstige Texte von HaBE zur Lage der Bauern
Und wem nicht so nach Liedern und gedichten ist, der kann hier gleich weiterlesen:
Bauern, Banken, “BIO-Gas”, … Gift & Gülle mit dabei .. Teil 2
No Milk Today (schönen Gruß an die BEATLES und Danke für den Titel! :-O))))))))
Der letzte
Milchbauer
im Dorf
hat der Moha
ein Schnippchen
geschlagen
Bevor sie
ihn legen
konnte
hat er
sich aufgehängt
Bauer bleibt Bauer
Bauer bleibt Bauer
sagte die Lehrerin
Frau Bachmeier
und hatte unrecht
Dem Schorsch
lief seine Frau
davon
ihr war
der Vierundzwanzig-
stundenjob
zu schwer
der Reiterhof
gleich nebenan
versprach ein
angenehmres Leben
Da hat
der Schorsch
sich aufgehängt
Jetzt fehlt
im Männerchor
ein Baß
Sein Sohn
der Fred
singt
im Tenor
der schnitt
ihn morgens
leichenblaß
im Flur
von dem Geländer
das war
im letzten
winter
Schorsch hinterläßt 3
vier Kinder
der Älteste
der Fred
will jetzt
den Hof
nicht übernehmen
Mistbauer
will der Fred
und soll der Fred
nicht werden
Bub, geh zur Polizei
zur Post
zur Bahn
beim Staat
in Lebensstellung
sagt die Tante
Fred geht zur Bahn
lernt Gleisbauer
doch ausgelenrt
will ihn
die Deutsche Bahn AG
nicht übernehmen
Und weil er
weiß wie man
die Schwellen legt
und weil er
in der Schule lernte
Leg dich nicht quer
du Puddelbauer
wie die Frau Bachmeier
ihn nannte
legte er
sich jetzt
mit letzter Kraft
das erste und
das letzte Mal
quer
vor den Zug
Bauer bleibt Bauer
sagte die Lehrerin
und korrigierte sich
kürzlich
Na dann
halt Gleisbauer
und hatte
schon wieder unrecht
so ändern sich
die Zeiten
4
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ausgemärzt
(Greenkeapers Mourning-March)
Die Bauern
räumen
das Feld
einer nach dem anderen
Die Bauern
träumen
vom Geld
und einer nach dem anderen
fällt
aus Träumen von früherer
Hülle und Fülle
auf Rieselfelder
für Gift und Gülle
Einst goldener Boden
wird aus dem Morgen
bis zum Abend
der Acker
zum Schlachtfeld
Schlachtprämien
gibt es für Kühe
und Kälber
und etwas danach
für den Bauern selber
Das Streichorchester
der eegee
spielt ihm das Lied
mit dem hohen Cee
und eine
Dickebackenkappelle
aus Bonn
bläst ihm hinterher
den Trauermarsch
und treibt ihn zum Kreuz
an der Urne
er eignet sich noch
erst Stimmvieh
dann Schlachtvieh
der Ochs unterm Joch
der Bauernarsch
pfeift
auf dem
letzten Loch:
Im Märzen
der Bauer
sich selber aufhängt
die Milch bringt zu wenig
der Kornpreis gesenkt
er zackert
und rechnet
bis spät in die Nacht
Milch und Korn hat
die Schlächter
so mächtig gemacht.
0000000000000000000000000000000000000
Alptraum
im Schatten der Siegessäule
Die Siegesgöttein schaut
hoch über mir
von ihrer Säule
stahlblauen Bickes
durchs Trümmerfeld des Ostblocks
kühn bis hinter den Ural
zum Hafen Wladiwostoks
Fährt nicht verträumt
die Karte lesend
wie gestern noch
mit ihren goldnen Fingern
über unendliche Weiten der Taiga
wo das Tundragras im Winde wogt
wie damals Laras lange Locken
Boris Pasternak
hat ausgedient
Schiwagos Töchter
Legionen von Bolschoi-Ballerinen
landen jetzt containerweise
als Billigobst
in Sonderangebotsregalen
deutscher Supermärkte
Der Nippes steht zum Ausverkauf
Schwagos Enkel
schieben Kohldampf
fressen strahlendes Gemüse
am Hungertuche nagend
träumen sie
von Coca-Cola und McDonalds
Omar Sharif
spielt aufgedunsen
und ergraut
die Rolle des eifrigen
Filialleiters
namens Boris Fastersnack-
Jelzin
mit Wodka-Nase 6
und Schnellmastnacken
Und aus dem Urschlamm
aus den Giftmülldeponien
aus Mittelalterbandenkriegen
brodeln Goldgräberphantasien
aus dem Wilden Osten
keimen Visionen
riecht es nach Markt
und Machtzuwachs
da heißt es auf dem Posten
sein, Stützpunkte schaffen
mit Weitsicht spekulieren
die Claims abstecken
den Krieg nicht noch einmal
verlieren
Die Siegesgöttin fährt
– wo war ich stehn geblieben –
fährt transsibierisch
aufgewühlt
den Wendepunkt
der Barbarossapanzer überspringend
grenzenlos High nach Sachalin
beflügelt von letzten Riesen-Joint
den nächsten schon fordernd
fliegt sie dahin
der Dealer hieß Genscher
der lieferte zum Dumpingpreis
der Stoff hieß Joint-Venture
geliefert wird nicht mehr aufs grade Wohl
die German-Connection zeigt Zähne
Die Bodyguard-Leibstandarte „Kohl“
schützt weitergehende Pläne
Die Siegesgöttin greift im Flug
in alle Nischen und Winkel
mit nato-Oliven-Zweigen getarnt
schickt sie Merkur, ihren Götterboten
in Springerstiefeln mit Einsatzflügeln,
den Gott der Krämer und Banditen
vollgepackt mit Hermeskrediten,
den Dealer Merkur, den feinen Pinkel….
da wache ich auf
der Alptraum verblaßt
nur,
wer der Merkur war,
das hab ich verpaßt.
Ich glaube,
es war Klaus Kinkel.
Ich bin mir jetzt
nicht mehr ganz sicher
vielleicht war es
auch Joschka Fischer
Oh Leonardo
du hast viele Namen
(da Vinci in Speyer)
Nebelschwaden
über dem Rhein
vermilchen die Sonne
die Augen tasten
nach den Silhouetten
Auenriesen
Weidengnome
Heckenzwerge
wiegender Wind
lautlos
tanzende Schleier
Zwei totenstarre
Vertikale
päpstliche Finger
zerschneiden
den Schemenreigen
drohen von Weitem
in den Himmel gereckt
werfen ihre
scharfen kalten
Schatten
bis in den Dunst
vor der Stadt
gebieterisch fordernd
urbi et orbi
ora et labora
demütig
gebeugt
liegen die Häuserzeilen
ihm zu Füßen
über allem
thront
der Dom
das riesige
romanische Portal
schluckt mich
ich muß mich ducken
trotz der Höhe
unter der Last
der Tonnengewölbe
Roms Wille
herrscht
Klingelbeutel 8
Opferstöcke
an jeder Säule
darf die Seele
in den Kasten springen
die Seelen kriechen
in die Krypta
Grabesstille
gebietet der Bischof
vor den Sargophagen
mit den kaiserlichen Knochen
vor Heinrich dem Würger
sinken selbst
gestandene Sozialdemokraten
in ehrfürchtiges Schweigen
und andere in die Knie
des Papstes heiliges
römisches Reich
und seine deutschen
Reichsstatthalter
sind allgegenwärtig
im Geruchsgemisch
der Blutopfer
und Täter
Blutspuckend
schuftend
die einen
die anderen
die höfischen
und bischöflichen
Auftragstestamentsvollstrecker
im Namen des
allmächtigen Vaters
saufen derweil
fressen und huren
bis zum Speien
Aus den Fenstern
des bischöflichen
Ordinariats
hängen ihre Hälse
wie die gewaltigen
Wasserspeier
vom Dach des Domes
ihre feisten Ärsche
quellen
aus den Erkern
nach dem letzten Gang
Scheiße Kotze Pisse
ergießt sich
in den Jauchefluß
der Gasse
Wisse!
Hoc est corpus
dies ist mein Leib
dies ist mein Blut 9
nehmet hin und esset
nehmet hin und trinket
Das Volk
im Schlamm der Gosse
den Buckel
fronbeladen
dankt demütig
für den bischöflichen Segen
Alles Gute
kommt von oben!
Für das Wunder
wie aus Schweiß
und Wasser
Wein wird, weiß
und rot
und aus Haferschrot
und Hungersnot
Braten
kann der Pöbel
die Zauberformel
bei seinem nicht
tagtäglich Brot
nur erraten
bei der Messe
mit der Abendmahls
abspeisung der Gemeinen
der Gemeinde
verstehen die
ganz weit entfernt
vom Ort der wundersamen Wandlung
das hoc est corpus
als hokuspokus
Es kann nicht sein
daß ihre Muskelkraft
ihr Fleisch
nur dieses
ungesalzne
Häppchen schafft
den Gotteslohn
den Brosamen
der von der Herren
Tafel fällt
und ihrem Hunger höhnt
und ihrer Fron
einzig
im Wein
liegt etwas Wahrheit
für den haben sie
geblutet
doch der bleibt ihnen
vorenthalten
Ich dränge mich
durch Weihrauch-
und durch Pilgerdünste
halb betäubt
im Mittelalter wähnend 10
dem Ausgang zu
mir ist zum Kotzen
mir wird klar
woher der Flecken
seinen Namen hat
Ich hole Luft
doch kaum im Freien
verschlägt es mir
erneut den Atem
„Speyer soll leben
Dasa muß bleiben!“
ein Wallfahrtstransparent
der Industriegewerkschaft
der Metallarbeiter
ruft die hohe Geistlichkeit
und das Pilgervolk zu Hilfe
da fährt es mir
von hinten
in den Nacken
der Hauch des Abendlandes
holt mich wieder ein
des Reiches Geyer
der seit 1871
drohend von der Westfront
des Speyrer Kaiserdomes
gegen Frankreich stiert
und giert
beginnt zu zucken
und alte Westfrontlieder
vorzukrächzen
„Warte nur Napoleon…“
Er hat sich in der Zeit geirrt
und altersstarren Sinnes
hat er statt Dasa
Krupp gelesen
Henschel, Thyssen
oder Stinnes
Dasa soll bleiben
schallts dem Dom entgegen
Der Bischof soll
die Waffenschmiede halten
doch diese Waffenschmiede hält
den Bischof aus
nur wer dem Stern folgt
folgt dem Herrn
grad wie der Bischof
in der Limousine
Hat jetzt vielleicht der Papst
die Sperrminorität
bei Daimler-Benz
fliegt seine Heiligkeit
im Airbus
und schickt er jetzt
die Missionare
im Eurofighter
um die Erde 11
damit es Frieden werde
und Speyer weiterlebt
werfen Petrus reiche Erben
Bomben auf die Antichristen
nicht nur auf die Serben
Und Speyer lebt
auch wenn der Rest
der Welt
in Scherben fällt
wir werden weitermarschieren
für solche Arbeitsplätze
Kriegsschauplätze
gibts in Speyer
zur Zeit nur
vor dem Videorecorder
Brot für die Weltmachtspiele
für viele
kommt
Adveniat Misereor
das Gnadenbrot
der Gnadentod
aus Speyer
Speyer soll leben
Dasa muß bleiben
Ein integrierter
Cappuccino
mit dicker deutscher Dosensahne
steigert auf dem Rathausplatz
noch meinen Brechreiz
mein Blick streift Bankfilialen
SpeyerGeyerKaiserDom
und bischöfliches Ordinariat
bleibt hängen am Plakat
des Genius
in Überlebensgröße
und ich erinnre mich
weshalb ich eigentlich
in dieses Kotzkaff kam
veni
vidi
Vinci
Leonardo da
der Meister kommt
nicht aus dem Vatikanstaat
der Papst wird längst gesponsort
engagiert und
zwischendurch direkt gestellt
durch Forza Kapitalia
der Lega Nord
derer von Sforza
und von Medici
und als die Macht
und Herrlichkeit 12
der Banca
Spiritu sanctu
bancarotta war
und Rom und Mailand
und Florenz
nichts weiter waren
als zusätzliche Edelsteine
in Frankreichs Krone
freilich mit
der wunderbaren Gabe
sich tagtäglich zu vermehren
für Frankreichs Thron
veni
vidi
vinci Leonardo
da folgt der Meister
mit der Masse des Konkurses
dem neuen Stern
am Machthimmel des Abendlandes
Ludwig der Zwölfte
beabsichtigt
sich seiner „zu bedienen“
„den teuren und geschätzten Maler,
den Ingenieur unsres Vertrauens“
an seinen Hof zu holen
der Jesu Abendmahl
mit gleicher Präzision
gestaltet
wie Panzer und Kanonen
Der Meister
ist sich treu geblieben
ein neuer Stern
kann sich des Genius bedienen
wenn es um höhre Weihen
für die Waffenschmieden geht
die unsterblichen Überreste
der Allzweckwaffe
unsres Okzidents
zur Schau gestellt
von Daimler Benz
drei Wochen vor der Nagelprobe
für Killer-High-Tech
aus der Pfalz
endlich wieder
unter eigenem Kommando
über Städten
die schon einmal
im Kreuzeszeichen
mit und ohne Haken
unter diesem Stern
verglühten
der Stern
im Sternkreiszeichen
blieb der gleiche
nur aus der Allianz
aus Stern und Hakenkreuz
aus Pius dodeci
und dolce Duce 13
aus der Machterhaltungsinzucht
nach den großen Krach
der einst zerstrittnen Sippe
unterm Kreuz des Nordens
und des Mordens
mit Stars and stripes
und Doppelkreuz der Union Jack
und ausgewaschnen Trikoloren
und Kriegsgewinnlerjungfern
Sternenkranz
auf blauem Grund
wurde im Rund
des Fadenkreuzes
wo die Achsen sich
im Nullpunkt treffen
ein neuer Stern
durch Kernfusion
erzeugt
nato
nasa
dasa
näselt der neue
mit digitalisierter Stimme
nato ergo sum
primus in terra
deus ex economachina
bellum est pater noster
et centro di tutti
est cd-rom meus
Galiläo widerlegend
erklärt er sich
zum Mittelpunkt
des Überalls
den Krieg der Sterne
spielt er gerne
zum Gloria dei
Victoria
in eternam
pro caput capitalis
Versunken
in die Genealogie
des heiligen Geistes
der Auftragsforschung
steh ich
in der Bildungsbürgerschlange
vor dem Pfalz-Museum Speyer
wie einst die Pilger
in Kolonnen vor dem Dom
bei Messe mit und ohne
Leonardos Abendmahl
hoch über mir
der alte Griesgram
dezent plaziert
Sponsorenspuren
hängen ihm wie Speisereste
im langen Vollbart
der ihn dem Volk
als säkularen 14
Kirchengroßundübervater
erscheinen läßt
und lassen soll
der Mann tut
keiner Fliege was zuleide
man könnte glatt vergessen
was da an Hochkarätigem
in seinem Bart
sich tarnt und sonnt
im schönen Schein
der Maler, Dichter
und Denker
Der aufgeklärte
Killerkader
der Ingenieur
der Henker
als Humanist
und Philantrop
klebt mir wie
eine Hostie
im Gaumen
der pure Geist
verteilt
die Feierabendmahlsrationen
aus reiner Wissenschaft
und Forschung
im Auftrag von Merzedes Benz
und IBM
Die Speisung
der Zehntausend
mit heiligem Schein
in Aufschnittsscheiben
dieses Januskopfes
lockt Hunderttausende
mit Anteilsscheinen
für die Beteiligung
an einer sorglos
reichen Zukunft
unter ihrem guten Stern
auf allen Straßen
im Himmel
und auf Erden
Der Weg ist frei
zu neuen Horizonten
posaunt
die Kraft-durch-Freude-Lotterie
für Akademiker
angetreten
wie zum Essenfassen
beim Volkseintopf
des Winterhilfswerks
Die Speisung
riecht leicht ranzig 15
nach letzter vorsorglicher
Ölung
beim Fahneneid
nur wer dem Stern folgt
folgt dem Herrn
nur diesmal
liegt der Korridor
nach Danzig
nicht mehr so ungemütlich
nahe vor der Tür
er liegt
gott seis gedankt
im Überall
auf jeden Fall
liegt Speyer
noch weit ab vom Schuß
er liegt viel weiter südlich
ich folge
streubend fasziniert
neugiergelähmt
der Schleimspur
meiner Herkunft folgend
dem Geist des genialen
ingenieurs der Macht
und laß mich unterweisen
in Tradition und Fortschritt
in schönen Künsten
Mäzenatentum
und Mordexport
Merlin, Miraculix
Mephisto, Doktor Faust
und deutsches Wesen
Wernher von Braun
und Oppenheimer
von Weizäcker, die IG-Farben
die Gen-Technik und Otto Hahn
die Liese Meitner
Manfred von Ardenne
schwirren mir
durch meinen
guten Geist
getrübten Kopf
oh Leonardo
du hast viele Namen
und Rom und auch der Papst
sind lang nicht mehr
der Mittelpunkt
des Universums
der Mittelpunkt
schwebt multinational
und überreligieus mobil
rund um die Erde
bis zur Sonne
zur Freiheit 16
des Urknalls
da springen
noch längst
balsamierte Stalinisten
aus ihren Kisten
zum Lichte empor
ich stehe
nicht allein
geblendet
vor mir
steht graubehaart
mittvierzig bartgestutzt
mit Nickelbrille
das Firmenlogo
klein und unauffällig
am Revers
der ökobaumwollweste
ein Dasa-Ingenieur
und murmelt kritisch
stirngerunzelt
vom Mensch ansich
der stets das Gute will
und doch das Böse schafft
Ambivalenz
sagt er
in Leonardos Werk
und meint doch wohl
Schizophrenie
und seinen Job
bei Daimler-Benz
denk ich
doch so weit
kann er sich
am Wochenende
nicht aus seiner Haut
bewegen
Am Ausgang des Museums
treffe ich ihn wieder
Vor uns flattert ein Transparent
Speyer muß leben
Die DASA muß bleiben
Klar
Wer sonst
sollte
da Vincis
Visionen
für Abermillionen
weiterentwickeln
und seine Träume
wirklich werden lassen
veni 17
vidi
Leonardo Dasa Vinci
Tor
Torna
Tornado da Vinci
Leo
Leopard
Leopardo da Vinci
Oh
Leonardo
du hast viele Namen
geschrieben 1995 mit der Bitte an die LeserInnen, mir mein mangelhaftes Küchenlatein nicht zu entschuldigen, sondern mir korrigierte Fassungen zuzusenden