32.000 € Schadenersatz sprach jetzt das Landgericht Karlsruhe dem Opfer der hessich-badenwürttembergischen Berufsverbotspolitk, dem Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy zu. Csaszkóczy wurde durch verschiedene Organisationen, Initiativen und Gewerkschaften in seinem Kampf gegen das Berufsverbot unterstützt. Die GEW leistete Rechtshilfe und sorgte auch für öffentlichen Druck auf die BaWü- und die hessische Landesregierung. Diese hatte zunächst auf Druck eine Übernahme Csaszkóczys in den hessischen Schuldienst zu-, dann aber wieder abgesagt. Nach jahrelanger Verweigerung und juristischem Ringen wurde er jetzt in BaWü in den Schuldienst eingestellt. Und jetzt der Schadenersatz-Erfolg vor Gericht.
Herzlichen Glückwunsch zu diesem Ausnahme-Urteil!!
Lieber Michael, Du hattest das zweifelhafte Glück eines direkten Berufsverbotes, das beim Europäischen Gerichtshof noch erfolgreich zu „beklagen“ gewesen wäre (wenn man genügend Geld gehabt hätte!!). Auch wenn Du nicht bis nach Straßburg gehen musstest.
Es gibt aber ungezählte verschwiegene „echte“ – „de iure“ nach Erlass und „defakto“-Berufsverbote: wie hoch die Dunkelziffer all jener Zwangs-Überlebens-Quereinsteiger in Handwerk und Industrie, Landwirtschaft und Dienstleistung, Scheinselbständigkeit, Ich-AGs, Langzeitarbeits- und Obdachlosigkeit usw. ist, das ist völlig ungeklärt, allein aus meinem Freudeskreis fallen mir zwei Duzend sofort ein. Nicht mitgezählt diejenigen, die durch Windungen und Wendungen nach vorübergehendem oder erstaunlicher Weise nicht eingetretenem Berufsverbot sich schnell hochdienstleisten konnten und dann nicht im mittleren sondern in höchsten Diensten landeten: Parteistiftungsvorstände , DB-Logistik-Unternehmen, AA-Think-Tanks, StarAnwaltskanzleien, Konzern- und RegierungsPressesprecher, … so manche Wende lohnt sich doch am Ende. Oder, um es in einem biblischen Gleichnis zu sagen: „Die Heimkehr der verlorenen Söhne“ (und die eine oder andere Tochter war ja auch mit dabei!). 1978 habe ich mit einer Unterrichtseinheit eine 6 kassiert, mit der ich nach 13 Jahren DefaktoBerufsverbot und 2 Jahren Honorarknochenarbeit an Brennpunktschulen die mir dann angebotene Verbeamtung mit 1 plus Auszeichnung bestanden habe . Kommentar des prüfenden Schulamtsdirektors zu diesem Widerspruch: „Sie waren halt 15 Jahre zu früh!“.
Die 6 beim zweiten Staatsexamen (nach einer 1,5 beim ersten) hat mich in der Warteliste für die Übernahme in den Schuldienst auf Platz 673 geschleudert. Jede(r) Referendar(in), der/die nur eine zweite Stelle hinterm Komma besser war als ich, schob sich vor mich in der Warteschlange. Manchmal lag der kurze Dienstweg aus einem Fenster des Regierungspräsidiums zum Greifen nahe. Auskunft des Schul- wie des Arbeitsamtes: „In den nächsten 25 Jahren ist mit Ihrer Einstellung nicht zu rechnen.“ Gegen meine Nichtübernahme konnte ich vor dem EURO-Gerichtshof in Straßbourg nicht klagen, denn ich war ja nachweislich kein Berufsverbotsfall sondern schlicht und ergreifend ein zu schlechter
Lehrer.
Arbeitslosigkeit, Niedrigstlohn, usw.. Verdienstausfall von zigtausenden DM und Verlust der anzurechnenden Dienstjahre bei der Pension und damit nochmals einige zigtausend EURO Verlust.
In Kooperation zwischen herrschenden Parteien, kommunalen Behörden, Magistrat, Kreisausschuss, Regierungspräsidien, (SPD-)Landesregierung und dem Arbeitsamt wurde ich bewusst, gezielt, planmäßig dequalifiziert – d.h. zum Bürokaufmann umgeschult und damit auf die sichere Arbeitslosigkeit eingeschult. (übrigens in einer schon frühen Form der Aufhebung der Teilung zwischen Kommune/Staat und Arbeitslosenversicherung: alles aus einer hand!!! Unterdrückung durch Leistungsverweigerung, Nötigung zu Niedrigstlohn ((demnächst mit entsprechend geändertem Grundgesetz!!))-. Fahrgeld wurde verweigert, Alg kam immer zu spät, die Leitung der vom Arbeitsamt beauftragten Umschule -Handelschule Schläger in FFM setzte mich als Lehrer für Deutsch, Mathe, Wirtschaft und Politik ein und bezahlte mich schwarz. Weil ich mit den Umschülern zusammen neben dem Unterricht als Umschüler und Lehrer eine Umschülervertretung aufbaute (und die Bildung eines LehrerPersonalrates unterstützte (im Übrigen gegen den Widerstand späterer führender GRÜNEN-PolitikerINNEN), wurde ich „wegen mangelnder Teilnahme am Unterricht und voraussehbarem Scheitern bei den Abschlussprüfungen von der Umschulung ausgeschlossen.“ – so die Mitteilung des Frankfurter Arbeitsamtes gez. Cesanne nach Diktat verreist.
(einige Male Zuspätkommen oder auch Fehlen hatten den schlichten Grund, dass uns das Fahrgeld verweigert wurde, wir Benzin nicht bezahlen konnten und Fahrkarten auch nicht. Morgens im Dunkeln per Anhalter zur Schule von
Hanau nach FFM.)) Gegen meinen Rausschmiss sammelten die KollegINNen und meine SchülerINNEN Hunderte von Unterschriften, es gab Demonstrationen. Gegen das Arbeitsamt habe ich 3 Jahre prozessiert und dann gewonnen, nachdem ich schon selbständig eine Arbeit gefunden hatte und mittlerweile (nicht freigestellter) Betriebsratsvorsitzender in einer Groß-Spedition war. ((mit einem Spitzengehalt von 2.100 DM brutto: da freut sich die Familie!!))
Ich will mit diesem Beitrag nur daran erinnern, dass Fälle wie Michael
Csaszkóczy immer nur die oberste Spitze des Eisberges sind und davon gibt es
viele.
HaBE
NICHT NUR EINE FUß-Note:
Die Note 6 für das 2. Staatsexamen wurde von der Prüfungskommission mit arglistiger Täuschung bewusst herbeigeführt:
ich hatte im Sachkundebuch für die Primarstufe/4.Klasse einen schwerwiegenden wissenschaftlichen Fehler bei der „kindgemäßen“ Erklärung des Stromkreislaufes entdeckt und mir für meinen Unterricht Hilfe aus der Frankfurter Uni
von den Physikern geholt und neues Material selbst geschrieben. Vor der Prüfung habe ich die Prüfungskommission auf diesen Fehler aufmerksam gemacht und gesagt, ich würde mein eigenes Material aus diesem Grund benutzen.
Daraufhin wurde ich in barschem Ton zurechtgewiesen: „Dieses Buch ist von Kultusminister geprüft und genehmigt.
Sie haben sich daran zu halten!“
Darauhin habe ich nach dem fehlerhaften Buch unterrichtet.
Im Prüfungsgespräch über diese Unterrichts-Einheit wurde ich dann von der Prüfungskommission – vor allem von deren Vorsitzenden zur Schnecke gemacht:
„Wie können Sie eine Klasse mit Material unterrichten, von dem sie wissen, dass es falsch ist?!?!“
Innerhalb der folgenden 13 Jahre wurden mir aufgrund dieser Machenschaften monatlich mindestens 1.500 DM vorenthalten, da ich mit meinen Gelegenheitsjobs, der Arbeitslosen- und ab und zu Winterbrandbeihilfe weit unter meinem zu erwartenden Lehrergehalt lag.
156 Monate X 1.500 DM = 244.000,- DM. Aufgrund der fehlenden Dienstjahre habe ich jetzt eine um fast 1000 EURO niedrigere Pension und muss nebenher noch zuverdienen, zumindest bis ich mit 65
meine auch erarbeitete Arbeiter-und Angstelltenrente von 350 EURO dazubekomme.
Im Vergleich zu den meisten HARTZ4ern ist das noch Jammern auf hohem Niveau, ja, ja,
ich weiß, ich sehe auch KollegINNen, die nach voller Lebensarbeitszeit in einem gelernten Beruf – also mit Ausbildung, Fortbildung usw.. mit 1200/1300 EURO Rente durchkommen müssen.
(von Beileidsbekundungen bitte ich abzusehen und bitte beim nächsten Mal Lesen Tempotaschentücher bereithalten. das schont die Tastatur!!)
—– Original Message —–
From: „Contraste e.V.“
To: „Contraste Liste“
Sent: Sunday, February 07, 2010 6:30 PM
Subject: [contraste-list] Landgericht Karlsruhe: Michael bekommt
Entschädigung
> Aus CONTRASTE Nr. 279 (Juni 2009, Seite 2)
>
> LANDGERICHT KARLSRUHE
>
> Michael bekommt Entschädigung
>
> Stefan Riedel, Red. Neckar/Odenwald # Das Landgericht Karlsruhe hat im
> Berufsverbotsfall sehr eindeutig klargestellt, dass
> das Land Baden-Württemberg mit seinem Berufsverbot gegen den
> Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy schuldhaft gehandelt hat
> und somit zur Wiedergutmachung des entstandenen materiellen Schadens
> verpflichtet ist.
>
> Das Kultusministerium hatte zu Beginn des Jahres 2004 versucht, die
> Berufsverbotspraxis der 1970er Jahre wiederzubeleben. Betroffen war der
> Heidelberger Realschullehrer Michael Csaszkóczy, dem wegen seines
> Engagements in der »Antifaschistischen Initiative Heidelberg« jahrelang
> die Ausübung seines Berufes verweigert wurde. Nachdem bereits der VGH
> Mannheim diese Maßnahme als grundrechtswidrig verurteilt hatte, hat das
> Landgericht Karlsruhe mit seinem heutigen Urteil noch einmal in aller
> Deutlichkeit klargestellt, dass das Verhalten der Landesregierung kein
> »Betriebsunfall« war, sondern dass die betroffenen Behörden sehr wohl
> die Unrechtmäßigkeit ihres Handelns hätten erkennen können.
>
> Das Land Baden-Württemberg wurde verurteilt, Csaszkóczy 32.000 Euro als
> Entschädigung für den entstandenen materiellen Schaden zu zahlen. Das
> Solidaritätskomitee begrüßt das Urteil vor allem vor dem Hintergrund,
> dass den vielen hundert Opfern der bundesdeutschen Berufsverbotspraxis
> aus den 1970er und 1980er Jahren bislang jede Rehabilitierung oder gar
> Wiedergutmachung verwehrt blieb. Wir werden uns auch weiterhin für die
> Rehabilitierung und Entschädigung aller Berufsverbotsbetroffenen
> einsetzen. Die gesetzlichen Grundlagen für die grundrechtswidrigen
> Berufsverbote müssen endlich aus den Gesetzbüchern verschwinden.
>
>
Lieber Hartmut (sehr geehrter Herr Stoodt, lieber Hans-Christoph: aus Hachenburg 1956/58!?!)
Ich wünsche beiden persönlich das allerBeste! Und bewundere Deine (Eure) Energie.
1. Schade dass HC.St. und Du einander angehen, als ob Ihr a) unbekannt wärt, b) noch «alte Rechnungen» zu begleichen hättet oder c) noch nicht genügend Zank-Erfahrung gesammelt (?)
Falls b) zuträfe, würde ich gern meine Mediations-Ausbildung & Lebens-Erfarung anbieten, damit Ihr Eure (darstellerischen) Kräfte plus Eignung/Erfahrungen sinnvoller einsetzen könntet!
Falls weitere Möglichkeit oder gar Fakt: erbitte höflichst Aufklärung eines Neugierig(Gemacht)en!
2. Zur Sache: Einem dt.Bürgerrechte-Verein gelang es leider bis heute nicht, das Thema `Berufsverbote` nach der Wende 1989 einmal gesamtdeutsch anzugehen. Würdest Du Dir zusammen mit mir einen solchen Input und weitre Mitwirkung zutrauen? Helmar: 31 475 534419