Zu Griechenland und seiner Geschichte – die Frankfurter Rundschau wollte es nicht glauben – bei deutschen Fallschirmen mit der Aufschrift „Rettung“ haben schon zu viele Griechen dran geglaubt. DIESER TEXT ist gewidmet den gebrannten Kindern der Adria und der Ägäis

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Frankfurter Rundschau vom 28.11.2001 weitere Artikel mit weniger Verriss weiter unten…

links (leider von der FR fast ganz weggeschnitten) im Bild mein Partner Wolfgang Stryi, der Komponist beim Frankfurter ensemble modern, einer der besten Saxophonisten und Klarinettisten Europas und der Nordhalbkugel, gestorben im Februar 2005. Für ihn habe ich einen meiner ersten Nachrufe geschrie(b)en. Es ist eine entsetzliche Lüge, wenn manche sagen, jeder sei ersätzlich. Gilad Atzmon- mit ihm würde ich gerne da weitermachen, wo Wolfgang aufhören musste, Aber auch gern mit Brötzmann, wenn ers vorm großen Sprung noch packt. Ach ja, das Buch gibts nur noch bei mir persönlich. Es ist ausverkauft bis auf 50 Exemplare. Oder hat der Amazonas was gebunkert?

gewidmet den gebrannten Kindern der Adria und der Ägäis – geschrieben für das dritte europäische Poesiefestival am 6.-8.mai in FFM

Muss ich den Leuten den Sonntag versauen
muss ich die herrliche Ruhe stören
seit island mit Asche
verbrannter Unwertpapiere zurückschießt
und ein Airport nach dem anderen schließt
darf es sein, dass man diese Ruhe genießt
ohne dass uns der HaBE

auch diesen schönen Tag vermiest?

OK, ich gestehe: ich habe diesen Text in der Sonne

geschrieben
als Homage an Griechenland   zum 3 Frankfurter Europäischen Poesie-Festival am 6.+7.+8. Mai . Er ist
Jannis Ritsos , Grigoris Lambrakis, Ahmad Jamal, Mikis Theodorakisund Titos Patrikios gewidmet und Serif, der nach seiner Abschiebung aus Deutschland einem türkischen FolterKnast entkommen konnte, mit dem Schlauchboot Lesbos erreichte und Dank Marion und Hagen und anderen noborder-kmii-Aktiven nach Hanau zurückkehrte …

gewidmet den gebrannten Kindern der Adria und der Ägäis,
denen aus denen aus dem Mittel ein schwarzes totes Meer gemacht wird.

Immer wenn Europas KernHerrn drohen

Immer wenn Europas KernHerrn
drohen
das Land der Griechen
mit der seele heimzusuchen
dann sollten die Hellenen
hellhörig werden
wo Brüssel sie gern hörig hätte

und besser nicht wie üblich
herrlich
nur “Fick die Maria” fluchen
Sie sollten ihre oft gebrannten Kinder
aus den Feuerzonen holen
wenn die geheimen EURO-Räte
zur Rettungsratenzahlung raten
und die blau weißen Volksverräter
in Leo-Kopter-Uboot-VolksvertilgungsRaten
ihr Volk verkaufen und verraten
und selbst im Schmiergeld fast ersaufen
die Börsentempel und die Knäste
ihre PenthouseStaatspaläste
mit ihren Prügelgarden schützen
für einen Judaslohn die Löhne und die renten streichen und sich auf Kolonisatoren stützen
dann sollten die Hellenen
mit ihren Ziegen schnell das Weite suchen
und ihre letzten Schäfchen
in die Berge treiben
denn ihnen wird
wie immer wieder
am Ende
auch nichts Andres
übrigbleiben

Vorwärts heißt manchmal auch zurückzuweichen
PAME!

geschrieben am 17.4.2010

Mir stehts nicht zu die Griechen zu belehren, sie haben sich ihr Land schon so oft wieder freigekämpft

Dieses Gedicht
schrieb ich nicht
für Griechen
man trägt auch keine Eulen nach Athen
es richtet sich
an uns Medialverblendete
die lernen müssen
besser hinzusehn.

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Main-Echo vom 15.12.2001

 

Hanauer Anzeiger vom 15.11.2001

Weitere politische Lieder und gedichte, prosaisch-lyrische AgiPropoleme sind in „unter-schlag-zeilen“ enthalten, der 312Seitige Grafik- und Gedichtband erschien 2005 mit der ISBN 3-88975-107-5 im Frankfurter ZAMBON-Verlag und kostet 15,-€. mit einem Vorwort von Ingrid und Gerhard Zwerenz und einem Nachwort von Kurt Sänger, sowie einem Nachruf auf Wolfgang Stryi, den Komponisten des ensemble modern FFM, einem der besten europäischen Saxophonisten, der alle Texte des Bandes in Musik umgesetzt hatte und über 150 Lesungs-Konzerte damit bestritt.

Herausgegeben wurde der Band vom Polizeipräsidium Südhessen nach öffentlicher Entschuldigung des Oberstaatsanwaltes und auf dessen Anweisung. Das Land Hessen musste die Produktion des Buches weitgehend bezahlen, weil die hessische Polizei die zentralsten Texte über 6 Wochen in Untersuchungshaft genommen hatte „wegen des Verdachts auf Volksverhetzung“.. aber das steht alles  in dem Buch, dessen grandioses Layout Jürgen Tauras gemacht hat. Bei der Arbeit entstanden noch viele Texte, die in das Buch aufgenommen wurden..
Die meisten Texte des Buches sind bei Widerstandslesungen in Hanau, FFM, Halle, Leipzig, Berlin-OstWest, Aschaffenburg, Offenbach, Mörfelden -Walldorf, Wiesbaden-Erbenheim, Kesterbach, Fulda, Schlüchtern, Gelnhausen, Erlensee, Gründau, Döbeln, Dresden, Weimar, Köthen, Herleshausen, Forst, Eisenach, Opole, Krakow, Wrozlaw, Warschawa, Gdansk, Zopot, Gdynia, Lodz, Milano, Ancona, Venecia, Patras, Athen, Monemvasia, Sparta, Gythio, Vesani, Kalamata, Areopolis, Tripolis, Mellrichstadt, Mannheim, Schwarzenborn, Bonn, Köln, Ludwigshafen, Karlsruhe, Wien, München, Stuttgart, Fellbach, Vaihingen, Neckarsulm, Weinsberg, Ober-Ramstadt , Darmstadt, Groß-Umstadt, Höchst, Neustadt, Görlitz, Zwickau, Freiberg, Michelstadt, Erbach, Almeria, Cournil, Sevillia, Barcellona, Madrid, Granada,  Zaragossa, San Sebastian, Larzac,  Nante und in Stubbendorf (bis 2004)…. entstanden,bei Kundgebungen, Streiks, Besetzungen und was alles so notwendig ist… oder auch bei der Arbeit auf Baustellen, am Fließband, in Montage- & in Lagerhallen, in Büros, im „Führerhaus“ vieler LKWs auf Raststätten und an Grenzübergangsstellen während der Zollabfertigung.. oder bei fröhlicher Landschaftsgärtnerei … aber auch mit Schnellnotizen in Lehrerzimmern oder auf  Schulhöfen, in JVAs oder davor, in Polizeigewahrsam oder in damals noch grünen Minnas …

Lakonisches Lächeln.
Erzählung von Hartmut Barth-Engelbart (2001, Yedermann-Verlag).
Besprechung von Dr. Manfred H. W. Köhler aus Neue Hanauer Zeitung:

Sisyphus im modernen Lakonien

Das Land der Griechen mit der Seele suchen, nein, das ist nicht das Anliegen des Erzählers Carlos, hinter dem unschwer der Verfasser erkennbar ist. Er will vielmehr das Leben und das Lebensgefühl der heutigen Griechen vermitteln. Der heutigen Griechen ist vielleicht schon zu viel gesagt: genauer: der Bewohner des Dorfes Glikovrisi auf dem Peleponnes, in der Nähe Spartas, in der Landschaft Lakonien. Aber in vielem wird das Bild, das er zeichnet, auch für andere Teile zumindest Südgriechenlands gelten. 

Carlos kommt seit rund 12 Jahren regelmäßig zweimal im Jahr nach Glikovrisi, wo er sich mit seiner Frau Ines ein kleines Häuschen angeschafft hat. Sein bevorzugter Aufenthaltsort ist das Kafenion am Marktplatz des Ortes, von wo er das Treiben des Ortes und die Eigenart seiner Menschen genau beobachtet und somit auch die Veränderungen, denen das Kafenion und seine Besucher wie der Ort und die umgebende Landschaft unterworfen sind, mitbekommt. Sein Fazit: jedes Jahr bröckelt ein Stück vom Traum eines anderen Lebens weg.

Der Erzähler nähert sich dem Geschehen aus drei verschiedenen Perspektiven. Im ersten, umfangreichen Teil schildert er die Erlebnisse, die er mit mehreren Dorfbewohnern während der 12 Jahre hatte, komprimiert sie aber zu einem einheitlichen Erlebnisstrang. Die Hauptperson ist dabei der Bauer und Maurer Jorgo Loulakis, der wegen seiner Deutschkenntnisse dem Carlos das griechische Leben erst richtig erschließen hilft. Den zweiten Teil macht eine Art Interview mit Jorgo aus, in dem dieser seine Ansichten über sein Leben, aber auch über das des Deutschen äußert. In einem Epilog werden dann die Schicksale der Hauptpersonen des ersten und zweiten Teils zu Ende erzählt. 

Es liegt nahe, dass einem beim Lesen Vergleiche mit der antiken Mythologie in den Sinn kommen. Schon der Titel provoziert das. Der Ausdruck „lakonisch“ stammt ja aus dieser spartanischen Landschaft, war schon im Altertum sprichwörtlich und bedeutet noch heute: kurze und bedeutungsvolle Aussprüche zu tun. Nicht zufällig legt der Erzähler dem Jorgo ein lakonisches Lächeln in einem zentralen Punkt um den Mund. Carlos und Ines hatten, in ihrer Hoffnung, Griechenland vor mitteleuropäischen Marktstrategien und ihren Auswirkungen zu retten, Jorgo (u.a. in seiner Stellung als Mitglied des Gemeinderats) für die Durchsetzung ökologischer Reformen gewinnen können: dass Plastikgewächshäuser nicht mehr untergepflügt, Müllcontainer aufgestellt, eine Mülldeponie geplant wurde. Die Hoffnung, die Carlos darauf setzte, kommentierte Jorgo: „Das geht nicht, aber ich helfe dir gern“ und „Das bleibt so, wie es war, und deshalb wird es hier anders und du hälst das nicht auf“. An dieser Stelle spricht der Erzähler auch den Mythos von Sisyphus an, dem griechischen Helden, der von den Göttern dazu verdammt war, einen Stein den Berg hochzurollen, ohne das je zu erreichen, weil der Stein kurz vor dem Erreichen des Gipfels immer wieder hinunterrollt.

Die Frage, die sich nicht erst an dieser Stelle aufdrängt, ist, ob man nicht das Leben der hier geschilderten Griechen unter diesem Sinnbild verstehen muss. Zum Beispiel Jorgo. Von Hause Hirte, verbrachte er viele Jahre als Fremdarbeiter auf Baustellen in Deutschland, um dann aus Heimweh in seine Heimat zurückzukehren und als kleiner halblegaler Bauunternehmer seinen Lebensunterhalt zu verdienen, wohl wissend, dass er auf Dauer nicht der Konkurrenz größerer Bauunternehmer standhalten kann. Auf anderen Gebieten ist dieses ökonomische Schicksal schon längst besiegelt: Die Leute in Lakonien haben es verlernt, von ihren Früchten, von ihrem Gemüse zu leben. Sie trinken Vollmilch aus Belgien, statt einheimische Ziegen- und Schafsmilch, der Schafskäse (Feta) kommt aus Bulgarien, obwohl er doch am Fuße des lakonischen Gebirges reift. 

Der französische Existenzialist Albert Camus hat den Mythos vom Sisyphus umgedeutet. Er sieht in Sisyphus, der unentwegt und mit äußerster Energie das an sich Sinnlose tut, ein Bild des heldenhaften Menschen schlechthin. Da wir die Welt, in die wir hineingestellt sind, nicht zu ändern vermöchten, könne all unser Handeln allein nach seiner Intensität beurteilt werden: „Wir müssen uns in Sisyphus einen glücklichen Menschen vorstellen“. Vielleicht trifft diese Umdeutung auch für Jorgo zu: Er bleibt bei aller Hoffnungslosigkeit, die ihn umgibt, ein hoffnungsvoller Mensch, von dem sich Carlos angezogen und herausgefordert fühlt. Aber die Welt nicht verändern zu können, das ist ein Gedanke, mit dem sich Carlos, der Erzähler, nicht abfinden kann und will. In dieser Spannung liegt der besondere Reiz der Erzählung.

Bei einer Neuauflage der Erzählung, die ich dem Autor sehr wünsche, wäre unbedingt darauf zu achten, eine kleine Landschaftsskizze beizufügen, in der zumindest die erwähnten Orte und Landschaften aufgeführt sind, da der normale Atlas die meisten geographischen Namen nicht verzeichnet.

 


Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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