Die Hanauer „Lamboy-Kids“ kann man nicht einfach so auflösen oder abschieben..

Die „Lamboy-Kids“ waren über 15 Jahre der Schulchor der Hanauer Gebeschus-Grundschule im sozialen Brennpunkt „Lamboy-Tümpelgarten“.
Mit bis zu 120 Kindern der größte Kinder-Chor nicht nur der engeren Region. Mit einer PercussionFormation und einem Gitarrenensemble, mit selbstgebauten oder ersungenen Spenden-Instrumente. Die Schule hat sich durch die Lamboy-Kids geändert. Sie haben in der Region Schule gemacht. Eine große FAN-Gemeinde entstand, die es durch Spenden auch ermöglichte, dass das Projekt auch fast ein Jahr über die Pensionierung des Hauptmachers und über den Tod Wolfgang Stryis, des genialen Komponisten/Saxophonisten des Frankfurter  „ensemble modern“ hinaus weitergeführt werden konnte. Mit Spenden wurde die Mitarbeit Tommi Reuthers, des DiplomSozialarbeiters, Ex Fussballprofis und Kollegen von Rudi Völler, Frontman diverser Musikformationen und musikalischem Leiter der Bad Vilbeler Burgfestspiele wenigstens minimal bezahlt.
Nach über 4 Jahren habe ich endlich den Film vom letzten großen Konzert der Lamboy-Kids bei Thomas Reuther auf seiner homepage entdeckt.
(dem ich hier noch Mal für seine Mühen danken möchte).
Seine site ist echt spannend -nicht nur die Teile mit den „Lamboy-Kids“. was nicht hier  (www.barth-engelbart.de)
  über die Lamboy-Kids zu finden ist, steht oder besser trommelt oder spielt oder singt jetzt hier:
Von einigen Kindern gibt es hier Großaufnahmen. Von Simon, der schon Mal den Computerkurs verlies – auch gegen  die Anweisung seiner Lehrerin, „weil der Herr Barth-Engelbart mich dringend für die Konzert-Probe braucht!“ . Harema, das Mädchen von der ugandisch-ruandischen Grenze , singt ihren ersten Solopart, nachdem sie über ein Jahr tonlos in der Türfüllung zu meinem KlassenWerkstattMusik-Raum gewartet und beobachtet hatte, um dann den Chor, die Trommelgruppe und mich zu adoptieren, zu trommeln und mitzusingen —ENDLICH!!. Diese ansatzweise Überwindung von Traumata ist eines der schönsten Erlebnisse meiner pädagogischen Praxis. Es gibt noch viele weitere, einige davon schildert Tommi Reuther auch auf seiner homepage (Rasims Brief aus Atlanta nach der Flucht der Familie vor der Abschiebung).
Der Film vom Konzert in der Musikhochschule in Frankfurt ist mit einem Handy aufgenommen. Entsprevchend ist die geringe Auflösung, die Tonqualität… aber man sieht, wie Harema -entgegen der Absprache deutlich signalisiert, dass  sie jetzt noch ein zweites ruandisches Kinderlied vorsingen wird… und Maria, die mit ihrer Familie aus der Ukraine geflohen ist wegen des dort anwachsenden Rassismus/ Antisemitismus, die ihren kleinen Bruder gleich mit in den Chor eingebracht hat, einer Freundin der Kurdin Hülya, die im gleichen Flüchtlingsschuppen untergebracht war, mit der sie zusammen vor einer Überschwemmung der Baracke in die Turnhalle der Gebeschus-Schule fliehen und zusammen mit den Familien dort einige Tage verbringen musste, bis die Baracke vom Abwasser-Fäkaliengemisch wieder befreit und wieder einigermaßen „bewohnbar“ war. In diesen Tagen habe ich besonders Marias Familie kennen und lieben gelernt. Und Hülya, die ihren jüngsten Bruder im zarten Alter von fast einem Jahr bereits als stolze große Schwester und oft Mutterersatz  Chor angemeldet hatte. Wenn die Mama illegal arbeiten ging, um die Famlie über wasser zu halten, musste die vaterlos starke Hülya neben der Schule die Familie organisieren; Kochen, Putzen, Einkaufen – toll, dass der ALDI nur 150 Meter entfernt war.
Ein kleiner Wermutstropfen trübt die Lamboy-Idylle: eines Morgens um 4.30 wurde die Familie im Schlaf überrascht , festgenommen und abgeschoben.
Eine der vielen Abschiebungen, die wir nicht durch rechtzeitiges Verstecken verhindern konnten.
Scheißegal wie gut oder schlecht Hülya in der Schule gewesen sein mag – naja, sie war eine meiner besten Schülerinnen, Streitschlichterin, selbstbewusst, schlagfertig auch in Worten…kräftige Steimme, und in jeder Hinsicht mit viel Taktgefühl…. Hülya, ich hoffe Du lebst noch und deine Leute, dein kleiner Bruder …mailde Dich doch…  Bring Arta mit und Rasim und deinen kleinen frechen Freund aus dem Jemen, den sie auch abgeschoben haben, bevor er genauso stolz wie Du seinen kleinen Bruder  zum Trommeln und Singen mitbringen konnte…
Kann jemand vielleicht die Filmaufnahmen nachträglich verbessern, die Tonqualität eventuell auch ? Ich werde beim HessischenRundfunk anfragen, ob die mir einen Mitschnitt des Konzertes schicken können ! Im Radio wurde das ja gesendet! Die müssten das noch im Archiv haben!
Besonders Chiaras Gesang „Marina“ und die Afrika-Hymne von Miriam Makeba zweistimmig von meinen beiden afrikanischen Leuchtfeuern gesungen, Marias Lied, bei dem sie vor schreck die zweite Strophe vergessen hat, aber es hat keiner außer uns gemerkt !!!  Hoffentlich kann man die Bilder optimieren! Simon in Nahaufnahme !
Aber auch wenn das nicht möglich sein sollte: der Film zeigt so wie er ist : da lebt die Bühne, da bebt das Publikum, das sind Glanzstunden, die weder die Kinder, die Eltern und Geschwister noch die LeherINNen jemals vergessen werden. Bilder , aus denen wir alle heute noch Kraft schöpfen können.
Schade, dass das Projekt nicht weitergeführt wurde.
Aber, es wird weitergeführt: es gbt so viele Kids, die ihre Lehre abgeschlossen haben, die studieren oder schon fertig sind und die sagen mir jedes Mal, wenn sie mich Hanau umringen – die treten meist in Rudeln auf! Barth-Engelbart, wire geben jetzt das weiter, was Du uns gegeben hast: immer wieder eine Chance. Du hast gesagt, du häzttest in der linken hosentasche 1000 Chancen und in der rechten auch noch Mal. man muss sie nur verteilen, dann vervielfältgen sie sich auch.  Und das machen wir jetzt genauso.  (viele der Ehemaligen haben sich entschieden LehrerINNEN zu werden). Und Munir, den ich an der älztesten freien Tankstelle Deutschlands im Lamboy nach Mitternacht in einen Gruppe von jungen Erwachsenen nicht sehen konnte, klar, Afrikaner haben bei Dunkelheit kaum Probleme mit der Tarnung!, aber seine Stimme habe ich erkannt, der jubelt mir entgegen: “ Ey, Barth-Engelbart, machst Du noch immer Musik? Hey Lamboy, Lamboy-Kids ? (Das ist der song, den uns Bill Haely geklaut und daraus den Mamo-Rock gemacht hat!!)“. zu den Anderen: “ Das ist mein Lieblingslehrer, Musik und Politechnik und Fahrradwerkstatt“ und dann weiter zu mir: “ Ich hab jetzt meine Prüfung als Karrosseriebauer geschafft! Und da bist Du dran schuld: von der Fahrradwerkstatt zum Karrosseriebau — ist doch logo oder ? “
Viel Freude an den Bildern und beim Lesen
alle Gute für die restlichen Arbeits- und die Feiertage und fürs neue Jahr
Hartmut Barth-Engelbart
Und bevor ich es vergesse: ganz besonderen Dank an Christine Erler vom IB, die mir Mal gesagt hat, dass viele ihrer Youngsters in den zahlreichen Rapper-Gruppen, Breakdancer-Gruppen usw… ihre musikalische und soziale Grundausstattung bei mir erhalten hätten  … und sie sind nicht nach oben „abgehauen“ , sie singen und spielen weiter gegen das Unrecht an…  Christine macht mit ihrer offenen Streetworkähnlichen Sozialarbeit einen tollen Job. Ich hoffe er ist auch sicher – für sie und die Kids! Das musste hier noch Mal angemerkt werden. Denn Events sind nicht das was die Kids brauchen, sie brauchen verlässliche, stabile und offene Strukturen, Ansprechpartner ……
noch mehr zu den Lamboy-Kids auf der site www.barth-engelbart.de
und besonders zu den Abschiebungen unter „Aktionskünstler“

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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