Erst jetzt Horst, so lange nachdem Du Deinen letzten gefunden hast, hab ich wieder zu mir und zu Dir gefunden. Die Todesanzeige in der HeimatFRontschau hat mich aufgeschreckt, einen Teil von mir geweckt, der mir tot-geschwiegen wurde, den ich zu lange unter realen Alptäumen überschlafen
HaBE
Ach Horst
Du bist schon wieder eingeschlafen
wach auf, der Redner fand ein Ende
der AntiBertelsmann-Kongress
geht weiter
die nächste Rede dauert leider
noch etwas länger
komm sprich mit mir
du wolltest mir doch noch erzählen
von diesem linken Schülerfunktionär
von Reinhard der am Tropf des Mohn
des mannes mit dem Schwert
des Bertelsmannes
dem deine Praxis viel zu schwer
der ein von Henntig-Schüler war
die Prolos von der Resthauptschule
die wollte er nicht unterrichten
nein lieber diese Edelschulen
im Odenwald, in Bielefeld
als Treibhaus für die Oberschichten
Du hattest mir doch noch erzählt
er wollte mit den Underdocks
in Hamburg nichts zu schaffen haben
sich nicht den längst ergrauten
Kopf kahlärgern
Die Welt sei schlecht
nur müsse man sie halt
von Oben ändern
und dazu sei ihm auch
das Geld vom Reinhard
Mohn ganz recht
Ach Horst
der Noam hat mir grad geschrieben
ich habe ihm von Dir erzählt
und er von Dir
von Ernest, Herbert, von Joachim,
von Gernot, Egon und den Links-Koordinaten
vom SDS und vom SB
von DGB und DFG-VK
AUSS und VVN, von KPD und DFU
von SLB und FLG und KLG
von RozPead-Zelle-AFE
von Hörnle, Adler, Fromm und Freud
von Anna und von Bernfeld,
der im MÄRZ erschien
vom Morgen- und vom Abendroth
von Hessel- contra Carlebach
und wie der gegen Gerold rudert
von Heinz und nicht von Willy Brandt
ich weiß die beiden sind
nicht mal verwandt
Und vorn, die Redner haben Zeit
die haben Zeit
die haben Zeit
die haben Zeit
wie lange noch
Ich schrecke hoch,
ist es so weit?
Nein Eckhart redet ganz zum Schluss
weshalb ich weiterdösen muss
Ach Horst
du bist schon wieder eingeschlafen
wach auf, ich muss Dir was
nein Du, du wolltest mir so viel erzählen
wir lassen uns vom Rednerpult nicht quälen
komm mit wir gehn raus ins Foyer
Ich hol dir einen Roten
Nein ? Lieber nen Kaffee ?
Espresso oder lieber Filter
Komm Horst, sag mirs
statt nur so abzuwinken
Ich weiß Du solltest besser Wasser trinken.
Und dann erzählst Du von den LINKEN
und wie die Breitmaulfrösche Quaken
und sie die Münder spitzen
wenn sie der Storch entdeckt
Ach Horst, wo hatten sich die Kommunisten
rund um die Reeperbahn versteckt
in der Speicherstadt, im Hafen,
wo sie dann die Bomben trafen
bist Du schon wieder eingeschlafen?
Komm Horst,
ich hol Dir lieber doch noch
diesen einen Roten
Ich weiß, dass der Dich richtig weckt
der weckt sogar die Toten
Gerne hätte ich die Todesanzeigefür meinen Freund Horst Bethge, meinen in den 60ern noch väterlichen Freund, der meine politsch-pädagogische Arbeit so wesentlich mitgeprägt hat
unterschrieben
stattdessen haben mich die NATO-Bomben in die Tastatur getrieben
Du bist dabei nicht ein-
nein!
Du hast „Weiter so!“ genickt
und spätestens in einer Bombenpause
hätt ich Dir alle Texte, Lieder und Gedichte
gegen diese Kriege zugeschickt.
Ach Horst ,
wie viel lieber hätt ich Dir für meinem 65sten ne Einladung geschrieben
wir beide wären dann , wenn alle schon gegangen sind
einfach noch im Hof geblieben.
Beim fünften oder sechsten Wein wärst Du dann eingenickt.
So, wie Du neben mir beim AntiBertelsmann-Kongress
auf den Aulastufen sitzend
rücksichtsvoll wie immer nur ganz leise schnarchend
eingeschlafen bist.
Jetzt bist du
so hat man mir gesagt
endgültig eingeschlafen
in meinem Kopf in meinem Herzen
sitzt du immer noch
und schnarchst, erzählst, erklärst und kämpfst meist leise
hartnäckig, nordlichtstur
bisweilen aber nur,
weil sonst der Kurs nicht mehr zu halten wär
geduldig so wie immer
Du weißt
jetzt ruhig zu bleiben
fällt mir schwer
Deinem Leise
geb ich Laut
Du schläfst
und ich wach weiter
Dein HaBE
Carl Hanau
HaBe