Leyla Zana wieder ins Parlament gewählt / deutsche linke Abgeordnete wurden bei Wahlen in der Türkei beschossen/
12 Schwerverletzte / Merkel gratuliert Erdogan.

Aachen. Die Trägerin des Aachener Friedenspreises Leyla Zana ist am Sonntag wieder ins türkische Parlament gewählt worden. Mit ihr wurden 35 weitere Kandidatinnen und Kandidaten des von der kurdischen BDP angeführten linken Blocks für Arbeit, Demokratie und Freiheit gewählt. Vorher stellte die BDP 22 Abgeordnete.

Kurz nach Schluss der Wahllokale besuchte der Aachener Bundestagsabgeordnete Andrej Hunko Leyla Zana in Diyarbakir und gratulierte ihr zur Wahl. Hunko war im Rahmen einer Wahlbeobachtungsdelegation des Europarates in der Türkei: «Ich freue mich sehr, dass Leyla Zana wiedergewählt worden ist und dass die linken und kurdischen Kräfte, trotz zahlreicher Behinderungen und Unregelmäßigkeiten in den kurdischen Gebieten, deutlich gestärkt wurden. Mit 36 Abgeordneten sollte ihnen auch in Sitz in der Parlamentarischen Versammlung des Europarates zustehen. Ich habe Leyla Zana ermutigt, sich dafür zu bewerben.»
So weit eine Meldung der „Aachener Nachrichten“

Eine weitere linke parlamentarische Wahlbeobachter-Delegation berichtet aus den kurdischen Regionen der Türkei:
 „Deutsche linke Abgeordnete wurden bei Wahlen in der Türkei beschossen.“

(HaBE,upi)Diyarbakir/Nürnberg:
Handgranateneinsatz – 12 zum Teil lebensgefährlich Schwerverletzte. Angela Merkel hat schon gratuliert. Deutsche linke Abgeordnete knapp verfehlt. Westerwelle überbringt  Oberkommandierenden des rassistischen Benghazi-Mobs  900 Millionen € zur Finanzierung ihrer Jagd auf schwarze Libyer und schwarzafrikanische Gastarbeiterfamilien. AA-Chef Westerwelle und Entwicklungshelfer brachten Anerkennung und Hilfe gemeinsam in einer Bundeswehr-Transall,”um Kosten zu sparen”. . Laut Frankfurter Rundschau vom 14.6. hatte die SPD  besonders der Hanauer Bundestagsabgeordnete Dr. Sascha Raabe die zu teuren Extratouren der Entwicklungshelfer der bundeseigenen GIZ (Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit) kritisiert.  Jetzt wird die Westerwelle-Niebel-Kombi-Hilfsaktion zur Leitlinie: wenn Hilfe, dann mit Bundeswehr & für das Menschenrecht auf freien Zugang zu den Ölquellen. Genau um dieses Menschenrecht geht es in der Osttürkei in den kurdischen Grenzregionen zu Syrien, zum Nord
irak und zum Iran.

Und Erdogan scheint es am ehesten zu garantieren – auch grenzübergreifend
Im Folgenden der Wortlaut der Presseerklärungen und Berichte der deutschen WahlbeobachterDelegation aus Nürnberg:

Bitte verbreitet die Meldung  und den Bericht von Harald Weinberg (MdB) und Bediye Eskin weiter.

Mit solidarischen Grüßen,
Titus Schüller und Gustl Ballin
Linke Liste Nürnberg

———- Weitergeleitete Nachricht ———-
Von: „Marion Padua“ <mpadua@web.de>
Datum: 13.06.2011 00:54
Betreff: Anschläge in Kurdistan

Liebe FreundInnen,

die BDP hat einen großen Wahlerfolg und kann mit 36 Mandaten ins Parlament einziehen. Unser heutiger Tag als Wahlbeobachtung ist zu umfangreich um es jetzt darzustellen. Wir waren aufgeteilt, haben viel notiert und konnten direkt vor Ort durch Verhandlungen und Statements eine Schikanen und Provokationen lösen. Unsere Delegation hat wirklich gut gekämpft.

Bei dem schönem Straßenfest in Sirnak, bei dem wir uns alle wieder trafen, wurde die Wahlfreude im wahrsten Sinne des Wortes zerpombt. Alle menschen dieser Stadt zogen durch die Straßen, als wenige Meter hinter uns eine Handgranante in die Menge geschmissen wurde. Einige wurden schwer verletzt. Die meisten flohen in ihre Häuser. Die provozierende Polizei konnte zurück gedrängt werden, wobei wir zwischen den Blöcken agierten.

In der Hoffnung es wäre vorüber, flogen erst von weitem und dann von nahen (Fenster) Gasgrananten. Wir flüchteten mit einigen Freunden ins Hotel, das gegenüber lag. Der Tatort war 100 m entfernt, so konnten wir beobachten, wie die Straße abgeriegelt, die Straße vom Blut gesäubert wurde. Zivile mit Maschinengewehre ließen niemanden mehr auf die Straße, Militärhubschrauber über uns.

Noch schlimmeres passierte im Krankenhaus. Es wurden Gasgranaten reingeschossen, alle Fensterscheiben gingen zu Bruch. Man wollte verhindern, dass die Verletzten behandelt werden können.

Was ist heute erlebt habe, ist Krieg. Einiges konnten wir fotografieren und filmen. Auf den Hinweis, dass wir Mandatsträger sind, kam die Antwort, was interessieren uns eure Abgeordneten.

Wir haben für euch Fotos von der Feier, vom Tatort und unsere Presseerklärung angehängt. Bitte macht bekannt wie auf die Wahlerfolge reagiert wird. Verschickung der Presseerklärung ist geklärt.

In 5-6 Städten, in dem der Wahlerfolg am größten war, gab es diese massiven Angriffe.

Liebe Grüße
eure Delegation

Nürnberger Delegation entgeht knapp einem Handgranatenangriff

Nachdem die kurdische Partei BDP in Sirnak, kurdische Stadt an der Grenze zum Irak in der Türkei, ihre Kandidaten mit deutlicher Mehrheit ins Parlament gebracht hat, wurde friedlich gefeiert. Dann wurde eine Handgranate in die Menge geworfen. Unsere Wahlbeobachter-Delegation aus Nürnberg war nur wenige Meter von dem Anschlagsort entfernt. 12 Personen wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Bei den anschließenden Tumulten setzte die Gendarmerie Tränengasgranaten ein und beschoss auch uns und unsere DolmetscherInnen, obwohl bekannt war, dass wir an dieser Stelle aufhielten.
Die Sicherheitskräfte griffen zudem Menschen an, die sich vor dem Krankenhaus versammelt hatten, um etwas über die Verletzten zu erfahren. Dabei beschoss die Jandarma auch das Krankenhaus und zerstörte alle Scheiben.
Da dies nicht der einzige Anschlag war, sondern ganz ähnliche in mehreren anderen Städten im kurdischen Gebiet, kann von einer gezielten Provokation ausgegangen werden. Das Wahlbündnis der BDP, die zu den großen Gewinnern der Wahl gehört, soll damit wohl eingeschüchtert werden. Die Wahl selber verlief in dem Teil, den die Wahlbeobachter in Augenschein nehmen konnten, dank örtlicher und europäischer Wahlbeobachter so normal wie schon lange nicht mehr. Bis auf kleinere Vorkommnisse waren große Manipulationen nicht zu erkennen. Aber offensichtlich sollte das Wahlergebnis im Nachhinein korrigiert werden durch diesen feigen Anschlag.

Die Wahlbeobachter-Delegation konnte mit eigenen Augen sehen, dass die Provokationen ausschließlich von den Sicherheitskräften ausging. Sie ließen sich auch durch die Anwesenheit ausländischer Delegationen, die sich zu erkennen gaben, nicht von ihren Anschlägen abhalten. Wir protestieren aufs Schärfste, werden uns an die deutsche Botschaft wenden und offiziell Protest einlegen.

Harald Weinberg
Mitglied des Deutschen Bundestag

Marion Padua

Stadträtin Linke Liste Nürnberg

Markus Schuler

Karawane für die Rechte der Flüchtlinge und Migranten

Für weitere Informationen bei Harald Weinberg: 0179 6991662

Bericht Wahlbeobachtung am Wahltag, den 12.6.2011:

Unser Herz war so voller Freude, als gestern Abend das Wahlergebnis für Sirnak und andere Orte mit unabhängigen Kandidat/innen bekannt wurde. Das linke Wahlbündnis der BDP würde zu den großen Gewinnern der Wahl gehören. Dann die Anschläge in mehreren  Orten gefolgt von brutalen Polizeieinsätzen. In Sirnak wurden wir unmittelbare Augenzeugen und von Beobachtern zu Betroffenen. Unser Herz füllte sich mit Kummer, Bitterkeit und Mitleid mit diesem geschundenen Volk, dem immer noch die selbstverständlichsten Rechte verwehrt werden. Unter diesem Eindruck nun ein Bericht über den Wahltag der Delegationsteilgruppe Weinberg/Eskin:

Unsere Aufgabe war es, Wahllokale in der Provinz Sirnak, Kreis Uludere und

Beytüssebap zu besuchen und die Wahlen zu beobachten.

In Uludere selbst wurden wir von der Bürgermeisterin begleitet und besuchten zunächst mehrere Wahllokale in einer Schule.

Das Militär war auch hier in sichtbarer Entfernung postiert. Im Vorraum war Polizei, die eigentlich 15 Meter Abstand halten sollte. Darauf angesprochen, meinte einer der Vorgesetzten, er sei für das ganze Haus zuständig. Dann gab es Streit darüber, ob die Bürgermeisterin uns begleiten dürfe oder dies nicht auch eine Beeinflussung darstelle. Der Polizeioffizier kündigte eine Anzeige gegen Bürgermeisterin an. Wir wiesen darauf hin, dass auch der Gouverneur anwesend sei, der vom Staat eingesetzt wird und einiges an Machtbefugnissen hat, weil er z.B. über die Zuteilung der grünen Karten entscheidet, mit denen eine Grundhilfe und Gesundheitsversorgung gewährt wird. Der Polizeibeamte wollte da keine Parallelität sehen. Es war in dem Fall ein Glück, dass der Richter kam, der von der Hohen Wahlkommission berufen war. Er wirkte tatsächlich mäßigend auf den Konflikt ein und brachte die Polizeikräfte dazu, Abstand zu halten. Später hörten wir, dass er den Polizeioffizier wohl auch dazu gebracht hat, die Anzeige zurück zu ziehen.

In einem weiteren Wahllokal keine Vorkommnisse und ein ruhiger, geordneter Verlauf. Allerdings konnten wir auf dem Weg eine Häufung von Militärbewegungen beobachten. Ganz offensichtlich wurden im größeren Umfang Truppen verlegt. Die Präsenz des Militärs ist ohnehin extrem hoch.

Ein Wahllokal im Kreis Uludere: Hier waren bewaffnete Sicherheitskräfte im Vorraum, was nach der 15 Meter-Regel nicht sein darf. Darauf angesprochen gab es keine Reaktion. Allerdings machten auch die unabhängigen Wahlbeobachter keine große Sache daraus.

In einem Wahllokal in der Stadt Uludere kurz vor Beginn der Auszählung: Sicherheitskräfte sind noch im Korridor und es geht um die Frage, ob sie das Wahllokal nun von innen oder von aussen abschliessen. Drinnen haben sie eigentlich nichts verloren. Das Problem wurde dann dadurch gelöst, dass ein zusätzlicher unabhängiger Wahlbeobachter mit hinein durfte, um sicher zu stellen, dass keine Urne entwendet wird und die Auszählung nicht manipuliert wird.

In einer anderen Schule das gleiche Problem. Es wurde auch berichtet, dass Sicherheitskräfte in einem Wahllokal eine Urne geöffnet hätten. Der Verantwortliche der Sicherheitskräfte versuchte uns das so zu erklären, dass die Wahlleiterin als schwache Frau die Urne nicht aufgebracht hätte und daher sie zur Hilfe gerufen hätte. Nachdem aber auch der Rechtsanwalt des BDP-Wahlbündnisses meinte, da sei nichts weiter geschehen, haben wir den Vorfall nur aufgenommen, aber nicht weiter verfolgt. Nach unserer Intervention sind die Sicherheitskräfte hier raus und haben die Schule von aussen geschlossen.

Vor der Parteizentrale der BDP erfuhren wir von den eingehenden Ergebnissen, die wie erwartet positiv für das Wahlbündnis ausfielen. Das erhöhte wohl noch mal die Aggressivität, denn plötzlich hiess es, eine Wahlurne solle mit einem Panzerwagen statt – wie vorgesehen – mit einem Bus transportiert werden. Eine Rechtsanwältin griff dort ein, was ihr zwar einige Beleidigungen einbrachte, aber immerhin zum Ergebnis hatte, dass die Urne wie vorgesehen transportiert wurde.

Zurück in Sirnak fiel uns sofort die sehr gedrückte Stimmung auf. Wir erfuhren dann, dass Anhänger der BDP angegriffen und mehrere Menschen verletzt worden sind. Der Parteivorsitzende wirkte mäßigend auf die aufgebrachten Menschen ein.

Später wurden die Wahlergebnisse von Sirnak bekannt. Alle 3 Kandidat/innen – von denen allerdings 2 derzeit inhaftiert sind – sind gewählt worden. Jetzt gab es großen Jubel und eine große Begeisterung bei den Menschen. Tausende Menschen waren auf den Beinen und feierten ausgelassen mit Feuerwerk und Autokorsos, bis zu dem schrecklichen Anschlag mit einer Handgranate, die in die frierende Menge geworfen wurde.

In gedrückter Stimmung warten wir jetzt auf die Weiterfahrt nach Diyakabir.

Harald Weinberg / Bediye Eskin

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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