Dem Heinrich Merz ins Meddel-Grinner, ins Unterdörfer Backhaus nachgerufen

Meddel-Grinn, des hodd soi Herz
des leit koan Schdoaworf weit vumm Backhaus
iwwerm Mihlbach oan de Kerschgass
wo des Backfescht jedes Joahr
wie die Schul noch unser woar

Hoinrisch, saach mer doch wie werds
negscht Joahr ohne Dich, de Merz
en Bäcker wie mern hald sou hodd
Un beiß isch noi ins frische Brot
schmeck isch, riesch isch:
Was, de Heinrisch?
Noa, der is ned tot

Wenn morgens früh
dicke graue BauchRauchschwaden
mit dem Backhaus Dampflock fahren
aus knackendem Reißig und dürren Sträuchern
die Flammen die Buchenbrocken anfeuern
und mich durch mein Schlafzimmerfenster einräuchern,
vertraute Laute
von Heizern und Bäckern
den Brotschieber scheuern
und mich ganz umsonst zur Frühschicht weckern
hör ich mich nicht fluchen, hör ich mich nicht meckern
obwohl ich kein Frühaufsteher bin
ziehts mich sofort
dort hin

zum Backhaus

dann denk ich an Dich
Ach Heinrich,
Du hast mir das Grinner Platt
wie mers in Meddel-Grinn sou hat
noch lang nicht richtig beigebracht,
ich hab bei Dir noch rund
so um die 300 Stund
Nachhilfe gut

und ich hab vergessen Dich zu fragen
und jetzt kannst Du mir es nicht mehr sagen
wer da für Dich die Vertretung macht

Du hast mir auch noch lange nicht
alle Geschichten vom Dorf erzählt
die Du mir Jahr für Jahr
und Fest für Fest
so fest versprochen hast
vom Polenhaus, vom Torbogen-Katarrh
und wie die Nacht bei den Schafböcken war
vom sandig warmen Liebesnest
unterm Dach überm Ofen –
beim Backhausfest.

.
Und wer dort so alles gebacken wurd
die Giesel, de Walter, die Lisbet, de Kurt ..

Ich hab nicht Mal ein halbes Duzend
von Deinen Geschichten aufgeschrieben
Ach Heinrich, wärst Du noch etwas geblieben
und hättst für unser Dorf-Geschichten-Buch
die schönsten ausgewählt,
und sie beim Stenger noch einmal erzählt

Ja, ja, ich weiß –
die Erzählabende waren nicht Dein Ding.
Beim Backen nach dem dritten Bier,
mit Worschdbrod zwischen den Rippen
geschwitzt Geschwätz, Gebabbel, das ging
Dir besser von den Lippen

Ach Heinrich,
Meddel-Grinn,
des hodd soi Herz
goanz midde drinn…

Du bist und warst
und bleibst ein Teil davon
und deshalb auch in meinem

Ich werde nie vergessen,
wer mich, wer uns so aufgenommen hat
im herzlich rauhen Grinner Ton
in Meddel-Grinn
de Merze Heinrich,
war einer davon

Du bleibst
in Deinen Geschichten
in meinen Träumen
seh ich Dich immer wieder
in der Backhaustüre stehn:

Du hast mir zwei Brote
zurückgelegt
und da war
Meddel-Grinn
für mich 
daheim
und das war schön

Dein
Hartmut Barth-Engelbart

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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