Presse

05.03.1991 – Frankfurter Rundschau

Sie haben nicht auf den Frieden gewartet, sondern etwas für den Frieden getan

Mahnwache in Schlüchtern befaßte sich am Wochenende grundlegend mit dem Thema Krieg ? „Man kann sich nur auf die Seite der Opfer schlagen“

SCHLÜCHTERN. Sechs Wochen haben sie im Kreis gestanden, jeden Tag zwei Stunden lang …. Am Samstag hat der Mahnwache-Kreis sein Zelt abgebaut. „Unsere Hauptforderung war ja der Waffenstillstand, und die ist nun erfüllt worden, wenn auch nicht aufgrund unserer Forderung“ erklärt Anke Lotz stellvertretend für die Mahnwache Schlüchtern.

Sie hat nicht nur auf Frieden gewartet, sondern etwas dafür getan, unter anderem – noch während des Krieges -hat sie unter dem Titel „Warten auf …“ eine Ausstellung organisiert, die am Wochenende in der Alten Synagoge zu sehen war und aufgrund der Nachfrage noch bis Mittwoch gezeigt wird, geöffnet jeweils von 10 bis 12 und von 14 bis 18 Uhr. Unter anderem haben einiger Lehrer?innen den Wunsch geäußert, mit Schulklassen in die Synagoge kommen zu wollen.

Die Bilder in verschedenen Techniken, Plakate, Fotomontagen, Collagen zu den Themen Gewalt und Krieg, Flucht, Angst und Unterdrückung, Zerstörung von Natur und Menschen sind in den vergangenen 25 Jahren entstanden. Die Kunstwerke dokumentieren im Widerspruch zu den Fronten zwischen den Nationen die Internationalität des Widerstandes. Neben Beate Hübner, Gerald Flinner und Hartmut Barth-Engelbart sind Scharam Karimi (Iran), Ali Mazal, Jaza Farik und Gara Rasul (alle drei aus Irak) vertreten.

Im Rahmen dieser Ausstellung begegneten sich am Wochenende in der Alten Synagoge Künstlerinnen und Künstler verschiedener Nationen auch mit anderen Medien: Lesungen und musikalischen Interpretationen, Filmvorführungen, Liedvorträgen. Die zentrale Veranstaltung am Samstagabend hätte mehr Publikum verdient gehabt. Von etwa einem Duzend Gästen abgesehen waren die Aktiven der Mahnwache als Veranstalter fast familiär unter sich, als der palästinensische Journalist Khalil Toama, der evangelische Pfarrer Hundthausen und das Multitalent Barth-Engelbart ihre Erfahrungen und Meinungen zum Thema „Menschenrechte und Krieg“ gegen- beziehungsweise nebeneinander stellten und versuchten, auf die vielen gestellten Fragen eine Antwort zu finden:

Haben die USA mit diesem Krieg die Arm-Reich-Strukturen in den Golf-Staaten stabilisiert ? Was macht man denn nun mit dem Reichtum Öl ? Hätte das Embargo gegen Irak „was gebracht“? Warum haben sich die Journalisten nicht gegen die Zensur gewehrt, sondern sie stattdessen in einer Art vorauseilendem Gehorsam bereits verinnerlicht? Und schließlich noch die uralte Frage, ob es denn „einen gerechten Krieg“ gäbe. …..

Pfarrer Hundthausen hielt sich aus der Debatte um gerechten oder ungerechten Krieg heraus („das sind alles nur Thesen“) und berichtete ausführlich über die Betreuung und Beratung amerikanischer Soldaten, die den Kriegsdienst verweigerten. Barth-Engelbart erklärte unter anderem: „Es gibt keine gerechte Seite, auf die man sich schlagen kann, nur auf die Seite der Opfer.“
Von Helmut Pomplun

 

05.03.1991 – Kinzigtal Nachrichten

Exponate als „Aufschrei“ der Menschen gegen den Krieg