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Was im Musikpapier zum Schulprogramm noch fehlt

Eine US-amerikanisch/britische Untersuchung über Gemeinsamkeiten bei allen heute erfassbaren Nobelpreisträgern aller Disziplinen hat ergeben, dass es in der Biographie/Sozialisation dieser Menschen nur eine klar definierbare Gemeinsamkeit gibt: es sind nicht gute Schulabschlüsse, besondere Förderung (Nachhilfe etc.) in den Kernfächern (auch nicht in den Bereichen, in denen es später die Preise gab), es sind auch nicht teuere Privatschulbesuche oder Internate:
Die einzige Gemeinsamkeit in der kindlichen Entwicklung der Nobelpreisträger war und ist die Möglichkeit eines weitestgehend freien, kreativen Umgangs mit selbst gewählten Materialien, des spielerischen, angstfreien Umgangs mit jeglichen Materialien ohne dabei irgendeinem Leistungsdruck ausgesetzt zu werden.
Das Material reicht vom Matsch ((nicht das englische Wort für Spiel, obwohl das sehr passend klingt)), vom Lehm bis zu musik-, ton-, geräuscherzeugenden Instrumenten und Werkzeugen.

Mit diesem Untersuchungsergebnis (u.a.) werben private und unbezahlbare US- und britische Grundschulen zur Förderung von Hochbegabten und allen, die dafür gehalten werden oder es nach dem Willen ihrer meist superreichen Eltern einmal werden sollen. Diese Institute wissen, dass ihr Klientel die Bedeutung der kreativ-musischen Erziehung kennt.

Ergo: wer im kreativ-musischen Bereich den Unterricht, die Mittel, die Stellen für FachlehrerInnen und die Fortbildungsmöglichkeiten streicht, der verhindert letztendlich Entwicklung und Entfaltung von Begabung bei unseren Kindern, der raubt ihnen bewusst Lebenschancen, die dann denen vorbehalten bleiben, deren Eltern das nötige Kleingeld haben.

Die systematische Erfassung der bisher in der Gebeschusschule gelaufenen und laufenden Aktivitäten, Projekte im Bereich der ästhetischen Erziehung (bildende Kunst, Musik, Theater, Tanz, Sport, Polytechnik, Werken, textiles Gestalten etc.) steht noch aus.

Der Austausch mit anderen Schulen mit musischem Schwerpunkt, besonderes in anderen sozialen Brennpunkten (eventuell in Kooperation mit HEGISS).

Zusammenarbeit mit weiterführenden Schulen (was ich durch direkte Ansprache von MusiklehrerInnen versucht habe, bisher ist jedoch kein besonders starkes Interesse geäußert worden.)

Die entscheidende Grundlage für alle diesbezüglichen Aktivitäten ist jedoch die eigene Praxis an der Gebeschusschule und deren Konsolidierung und Ausweitung.

Einige Ausführungen über den Zusammenhang von Sprache und Musik sowie von Emotion und Intellekt:

Eine wichtige Verbindung zwischen Musik und Sprache ist die Sprachmelodie, der Sprachrhythmus, der Rhythmus und der Klang der Wörter, das Spielen mit Sprache („ Spiel nicht mit dem Essen!!!!“) auch vor ihrer kognitiven Erschließung. Es ist der angstfreie Umgang mit (Sprach-) Material, der nicht nach Sinn fragt, der intellektuell-kognitiv UNSINN produziert – aber emotional dabei sehr viel Sinn macht. Jedes Kind lernt seine Muttersprache in (scheinbar) sinnlosem Gebrabbel, das aus Anlage und Nachahmung geformt ist/wird. Jede(r) von uns hat wohl ihre/seine ersten Erfahrungen mit dem unverstandenen Nachsingen irgendwelcher anglo-amerikanischer Schlager/Hits gemacht. Damit fangen unsere Kids an Englisch zu sprechen, zu hören (und noch nicht zu lesen). Entsprechend nicht sinn- sondern emotionsentnehmend sprechen und hören sie.: eine komplette 1. (in Worten: erste) Klasse singt so mittlerweile den von Spencer Davis popularisierten US-Folk-Blues „Midnight Special“ mit vollständigem Text und als Chorus, andere singen so „Marina, Marina“, ohne ein einziges Wort Italienisch zu verstehen. Aber langsam wissen alle, was bon giorno, una bella, ma carina oder ciao bello bedeutet. Sie haben sich über die Sprachmelodie, den Sprachrhythmus an die Sprache herangespielt .(„Let the Children play“, sagt Cat Stevens.) Und jetzt beginnen sie mit der Sprache auch BEWUSST Unsinn zu machen, erschließen mit Intellekt/kognitiven Fähigkeiten neue emotionale Felder: Sprachspiel, Sprachwitz…

Hartmut Barth-Engelbart – 07.06.2001

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