Stirbt Hessen aus? Geburtenrückgangs-Gründe am Beispiel Gründau

Stirbt Hessen am Rand des Speckgürtels um EZBankfurt aus? Beispielhaft stellt sich diese Frage für das ehemals von „3 goldenen W“ (Möbel-Walther/Bauer-Würfl/Apotheker-Witte) regierte Gründau mit seinen 7 Ortsteilen: Lieblos, Rothenbergen, Niedergründau, Gettenbach, Haingründau, Breitenborn und Mittel-Gründau. Früher waren es mit der fürstlich ruinierten WIBAU noch 4 goldene W. Die WIBAU gibt es nicht mehr und Möbel-Walter wurde mit feindlicher Übernahme und Lohnsenkungen durch Krieger in „Möbel-Höffner“ verwandelt. Lieblos, der liebliche Ort, wie ihn Barbarossa einst taufte, ist mit seinem Autobahn-Leuchtturm-Höffner-BAUHAUS-mediamarkt & Thai-Massage-Angebots & Discounterzentrum jetzt tatsächlich lieblos geworden.

Während Lieblos, Rothenbergen boomen, geht es mit den fünf Ortsteilen im Gründautal bergab.

(srid/srad/upi/dry/sat/ire/mass-media) Gründau– mit seinen 14.000 Einwohnern bestens Mikrozensus-geeignet – liegt nordöstlich von Frankfurt trotz bester Autobahnanbindung voll im Hessentrend des Bevölkerungsrückganges. Ein Trend, der sich trotz der Aufnahme der Hunger- & Kriegsflüchtlinge fortsetzt. Noch ist der Bevölkerungsrückgang nicht wieder auf Auswanderungswellen zurückzuführen wie nach 1945, auch nicht auf steigende Kriegsopferzahlen von 1939 bis 1945

oder Vertreibung, Verschleppung und Vernichtung zwischen 1933 und 45.  Die Auswanderungsverluste zwischen 1945 und 1955 konnten dank der Flüchtlingsströme aus dem Osten zunächst mehr als ausgeglichen werden. Dann führten aber spätestens ab den 80er Jahren der Niedergang der Landwirtschaft, des Handwerks und die zum Teil betrügerischen Bankrotte großer Unternehmen wie der WIBAU, dem des Wächtersbacher Steingutwerks in Schlierbach, der Wächtersbacher Brauerei, …..  zu Abwanderungen.

 

Auch der Abbau der sozialen Infrastruktur, Schul- und Schwimmbadschließungen, Jugendzentrums-Schließungen ….

Die alte Schule
Während des Weltkrieges wollten die Nationalsozialisten die Glocke vom Schulhaus holen um die Rüstungsindustrie mit Metall zu versorgen. Da die Glocke aber auch als Feueralarm für die Feuerwehr diente, wurde sie vor der Einschmelzung verschont. Von 1993 teilweise & ab 1994  bis 2003 war sie komplett ehrenamtlich organisiertes Jugendzentrum, Dorftreff mit Leihbücherei, Dorfkino, Hausaufgaben-& Nachhilfe, Sprachkursen (Deutsch,  Englisch, Französisch, Italienisch, Griechisch, Spanisch), Repaircafé, Spiele & Erzählabende, Fahrrad-& Mopedwerkstatt, Drogen- & Sexualberatung, Krabbelgruppen, Mal-Töpfer-& Batikkurse, Rückenschule … insgesamt 27 großteils parallellaufende Angebote … das Main-Journal & die Frankfurter Rundschau , sogar die FAZ nannten das „Wunder an der Gründau“ oder „Dörfliche Volkshochschule“. Die Alte Schule wurde 2003 an Privatleute verkauft, die Schleiereule & Turmfalken ausgebürgert, die Glocke abgehängt & die Reste der „Dörflichen Volkshochschule“ im Exil untergebracht: Betreuungsschue, Leihbücherei, Krabbelgruppen … die Sprachkurse hielten sich noch eine Zeit lang in Garagen ….

……  und Lädenschließungen, das Kneipensterben hatten starke Ab- und Auswanderung zur Folge. Die Explosion der Mietpreise im Speckgürtel um EZBankfurt überdeckt jetzt in Kombination mit der Aufnahme vieler Flüchtlinge jedoch eine ganz andere Art des Bevölkerungsrückganges. Darüber hat ein Mittel-Gründauer Historiker bereits vor mehr als 7 Jahren geforscht und geschrieben:

(siehe dazu auch: Schulenteignungen, Entdemokratisierung, öffentliche Armut)

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Stirbt Gründau aus? Gründe für Gründauer Geburtenrückgang

Gründau wäre eine Geistergemeinde mit leerstehenden Gehöften, Werkstätten, Geschäften, Kneipen …. wie Görlitz nach dem Aufbau Ost,
gäbe es nicht die Flüchtlinge (z.B. auch die aus fernen Städten wie Frankfurt und Hungerländern wie NRW mit den typischen Namen für Ruhrpott-Wirtschaftsasylanten wie Kaminski, Dembinski, Grabowski, Bednarsky, Skowski usw…),
Aber auch der Zuzug seit 1945 aus Schlesien, Sudetenland, Egerland, Ostpreußen und Pommern und anderen Gegenden der Ex-UdSSR, Polens und Tschechiens, aus Italien, Griechenland, Spanien, Portugal,  Jugoslawien, aus den USA und aus der Türkei, aus Russland, Frankreich und Zaire … alle diese Einwanderungen konnten zwar die Einwohnerzahl steigern aber das Sinken der Geburtenrate nicht aufhalten. Auch diejenigen, die vor dem Aufbau der blühenden Landschaften im Osten in den vergangenen 20 Jahren in den Abbau-West geflohen sind, konnten den Abwärtstrend auch bei bestem  Willen und voller Anstrengung nicht wirklich bremsen. Die Entvölkerung des Ostens hat nicht unbedingt eine Bevölkerung des Westens zur Folge. Liegt es an den a-sozialen Verhältnissen, an zu wenig Zukunftsperspektive für Kinder, mangelnden Krippenplätzen, zu großen Schulklassen, heimlichem Schulgeld und wieder drohenden Studiengebühren, zu wenigen Ausbildungsplätzen, zu niedrigem Einkommen ?

Um dem Geburtenrückgang in Gründau auf den Grund zu gehen, muss man die Geschichte der Backhäuser studieren:

Am Beispiel des Unterdorfer Backhauses in Mittel-Gründau lässt sich der Geburtenrückgang gut erklären.
Vor 60 Jahren konnten Kinder noch rund um das Backhaus Fangen spielen, denn es gab auf der damaligen Haupt- und heutigen Haingründauer Straße erheblich weniger Verkehr als im Backhaus selbst. Und die Lücke zwischen der “Post”-Scheune (heute Firma Energie-Lorenz) und dem Backhaus war noch nicht zugebaut.
Das Backhaus war nicht nur zum Brotbacken da, es war auch Feuerwehrhaus: hier lagen rechts neben dem Eingang, wo heute nur das Backreissig und das Backholz gelagert wird, die Feuerwehrleitern, auf dem Dachboden lagen die Löscheimer – auch noch nach dem Bau der Alten Schule 1878 mit dem 1904 angebauten “Feuerwehrturm”, dem Treppenhaus, in dem in einem Schacht vom Dach bis in den Keller die Schläuche zu Trocknen aufgehängt wurden (vielleicht existiert der Schacht auch noch?). Im hinteren Teil des Backhauses standen über/auf der alten Viehwaage auch die ersten mechanischen Feuerlöschpumpenwagen, dort wo heute die SPD-Plakatständer für die Wahlen lagern. In diesem Backhaus lagerten auch die anderen Gerätschaften der Feuerwehr, der Gemeindediener, der Wasserschieber, der gemeindlichen Gänse-, Ziegen- und Säuhirten: es war ein Zeughaus. Es war aber auch aus anderem Grund ein Zeughaus:

Früher wurde jede Woche feste gebacken, heute gibt es im Jahr ein (!!) Backfest.

Nicht nur im und ums und vor dem Backhaus herrschte wöchentlich reges Treiben. Viele trieben es auch auf dem Backhaus. Auf dem Dachboden herrschte an zwei, drei Tagen in der Woche reger Verkehr, denn im Sand auf dem Dachboden über dem Backofen herrschte eine angenehme Temperatur. So gesehen regelte die “Back-Gretel” – eine feste Einrichtung der Gemeinde – nicht nur die Backdienste, sie regelte wahrscheinlich nebenbei auch den Verkehr. Sie war in den vergangenen Jahrhunderten wohl auch als Kupplerin tätig. Sie musste darauf achten, dass es vor dem Mittel-Gründauer Backhaus nicht zu Staus kam. Und dafür, dass dort oben zusammenkam, was auch zusammenpasste. Wozu der Sand auf dem Dachboden des Backhauses hauptsächlich diente, wurde hier schon Mal in einem Artikel über die über 300jährige Geschichte der Freiwilligen Feuerwehr Mittel-Gründau beschrieben: er diente als „Sprinkleranlage“ gegen Ofen-Brände im Backhaus und als Löschmittel für Fettbrände im Ort. Er war dort immer greifbar und musste nicht erst aus der Sandkaute Richtung Reitzeberg herangeschafft werden.

Der warme Backhaus-Sand war auch ein Wundermittel gegen den sogenannten Mittel-Gründauer “Torbogen-Katarrh”, den sich heimisch-heimliche Pärchen in der zugigen fürstlichen Domänen-Einfahrt bei nächtlich regen- und textilfreien Leibes-Liebesübungen zuzogen.

Man kann mit Fug und Recht behaupten: nicht nur in Mittel-Gründau haben sich die Leute früher ihren reichlichen Kindersegen selbt gebacken – auch in den Nachbardörfern gab es Backhäuser mit der gleichen Ausstattung.

Es wird Zeit, dass wieder jede Woche gebacken wird.
Zum Glück sind ja die Störche wieder da. Die organisieren dann den home-deliver-service frisch aus dem Ofen. Am Besten wäre es natürlich, wenn oberhalb des Trauungszimmers in der fürstlichen Remise auf dem First der Zehntscheune das Storchennest wieder installiert würde. Ein gutes Omen für jedes Ja-Wort im Ort.
Das kriegen wir schon gebacken.

 

 

Kein Platz für Flüchtlinge ? Warum Hessen nicht teilweise neu besiedeln ?

http://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/a/a0/Matera_boenisch_nov_2005.jpg

 Sachsen ginge auch oder McPom oder RheinlandPfalz oder Brandenburg oder Niedersachsen, Schleswig-Hollstein, Saarland, Oberpfalz und Niederbayern.

Veröffentlicht am 24. November 2013 von Hartmut Barth-Engelbart

File:Herbstein Ostpanorama.jpg

Herbstein zum Beispiel, zunehmender Leerstand, verfallende Bauernhöfe, und rundum  bei abnehmender landwirtschaftlicher Nutzung zunehmende Monokultur. Hier könnte Multi-Kultur belebend wirken. Besser gesagt überlebend.  Afghanische Gemüsebauern aus dem paschtunischen Grenzgebiet zu Pakistan könnten hier ganz unbedrohnt Überlebensbrot und -arbeit finden. Und Erfahrung mit Fremden ? Hat die Region schon vorzuweisen. In Waldensberg siedelten die verfolgten Waldenser. Und in der MUNA arbeiteten zwischen 1939 und 1945 Tausende von Menschen aus aller Herren und dann auch deutscher Besatzungsherren Länder. Die Großeltern vieler Ukrainer können sich -so weit sie noch leben – gut an die Vogelsbergzeit erinnern. Na ja und jetzt arbeiten ja auch schon wieder viele Ukrainer zu günstigen Löhnen an fast den gleichen Orten. Jetzt weniger in Munitionsfabriken sonder mehr in der Altenpflege oder in ähnlichen Breichen  ….

Der ganze Vogelsberg wäre besiedelbar, der Spessart auch… in fast leerstehende Odenwalddörfer käme wieder Leben, die Monotonie um Rodgau hätte selbst unter dem Dauerlärmpegel der FRAPORT-Einflugschneise ein Ende. Wer den Fluglärm israelischer Dauerbombardierungen, das Gedröhn der US-Drohnen und die Befreiungs-GAS-Angriffe der FSA-Terroristen überlebt hat, der hält es auch in Kelsterbach und Flörsheim aus… sogar in Offenbach, da hätte man die Lohwald-Siedlung gar nicht erst platt machen müssen , um sie danach als Nobel-Siedlung an Besserverdienende zu vermarkten … die hauen ja schon wieder ab, weil sie den Fluglärm nicht abkönnen…

 

Aramäisch-jesidisch-palästinensisch-alewitisch-schiitisch-katholisch-orthodoxe-youruba-matabele-kenianisch-somalisch-äthiopisch-jemenitisch-ruanda-burundische Neu-Siedler könnten in die unverkäuflichen Häuser unterm Lärmschutzschirm einziehen. Oder als Schallschutzbewohner dienen, wenn die Altenwohnheime entlang der Autobahnen leersterben, wie die SeniorenResidenz „Kinzig-Aue“ in Langenselbold, die direkt neben der A66 für schwerhörige sehschwache Seniorinnen dann bestens geeignet ist, wenn sie auch nicht mehr besonders gut riechen… Dass diese SeniorenResidenz zudem auch noch in der FRAPORT-Einflugschneise liegt, ist ein zusätzliches Geschmäckle… etwas Ähnliches gibts auch an der A3 in EZBankfurt-Höchst schräg-gegenüber vom Main-Taunus-Einkaufszentrum. Früher waren hier die Fenster zur Autobahn noch doppelt verglast. Heute sind sie zugemauert. All das ließe sich doch problemlos mit Flüchtlingen füllen… zudem wäre es auch noch ein super Rekrutierungs-Reservoir für eine bunte Eingreiftruppe für “Menschenrechte“ auf seltene Erden und Erze rund um den Globus…. Für die ganz harten Fälle könnte man auf alle Fälle aus dem privatisierten Knast bei Alsfeld auch ein Hessisch Guantanamo machen

 

Das wär doch Mal ein Punkt der Schwarz-Grünen Koalition!!! Jetzt aber Mal weiter ganz im Ernst:

 

Der Kelsterbacher Waldsee würde zum Neusiedler-See. Hat da jemand irgendwelche Probleme ? In Mörfelden-Walldorf fanden die Waldenser eine neue Heimat und später dann die Kommunistem, die erste Rollbahn für Hitlers Wunderwaffe ME262 und ihre Fortsetzung in der  StartbahnWest hatte nicht stattfinden können.  In Waldensberg bei Wächtersbach auch. Ohne sie gäbs keine Waldorf-Schulen. Und die Waldorf-Astoria- hätte es weder als Edel Zigaretten (“Es war schon immer etwas teurer einen besonderen Geschmack zu haben!”) noch als Edel-Hotel gegeben. Und IKEA hätte keinen Ort für seine erste deutsche Niederlassung gefunden. Die Hugenotten haben die Hanauer Neustadt erbaut und Unternehmen gegründet, polnische Halbsklaven blieben in den Industriezentren nicht alle untertage—manche haben das auch über Tage und über Jahrhunderte überlebt und ihre Nachfahren wurden Fußballer, Oberbürgermeister, CDU-Vorsitzende wie Skowski oder Levandowski oder haben weiter als Bergleute gearbeitet und anständige Handwerks-Berufe erlernt, wenn man sie ließ, manche wurden auch Zuhälter und/oder Polizisten wie der Schimanski. Und auch nicht alle Badollio-Italiener und noch frühere Mussolini-Geschenke an AH sind nach dem Aufbau der VW-Werke als Zwangsarbeiter wieder zurückgekehrt. Wie könnte man heute Mal kurz zum Italiener gehen, wenn die alle wieder in Süditalien oder in Süd-Tirol wären, die in den 30ern vom Duce verkauft und in den 60ern nach Deutschland eingekauft wurden ?  Dann gäbs auch keine Döner vom Italiener. Und die beste deutsche Küche kriegt man heute eh beim Pakistani.

 

RIACE, DAS DORF DER FLÜCHTLINGE- wann folgen die Sassi von Matera & der Friedensnobelpreis ?

Veröffentlicht am 13. Oktober 2012 von Hartmut Barth-Engelbart

File:Sassi von Matera (1).jpg

Matera

Die EU und Oberst Klein-My-Lai haben den Friedensnobelpreis erhalten! Nun, seit Krieg Frieden ist, stimmts ja auch

Das Anti-Frontex-Dorf Riace hätte ihn aber wirklich verdient.

 

Vor etwa 10 JAHREN; als ich erfuhr wie die Bewohner der “unregierbaren” Sassi mit ihren unterirdischen Gängen, Felshöhlen-Wohnungen und frühchristlchen Kirchen polizeilich vertrieben und in Plattenbauten am Rande Materas eingepfercht wurden, da schrieb ich den Kommunisten von Matera, sie sollten zusammen mit den  anderen Linken und Grünen eine Initiative zur Wiederbelebung der Sassi ergreifen. Die waren mittlerweile zum Weltkulturerbe erklärt worden, drohten aber durch den erzwungenen Leerstand zu zerfallen und zerfallen weiter bis auf alles, was direkt touristisch verwertbar ist …

Ich habe von Materas Kommunisten, von den GRÜNEN und auch der Refundazione niemals eine Antwort erhalten. Mein Vorschlag war, die Boatpeople von Lampedusa in Matera aufzunehmen und sie dort anzusiedeln, wo sich seit tausenden von Jahren der Unterschlupf der Verfolgten, der Sklaven, der Präkarisierten befand, in den Sassi. Parallel dazu sollten sie den Vertriebenen das Angebot zur Rückkehr und zum gemeinsamen Wiederaufbau ihres Viertels zusammen mit den Flüchtlingen machen. (Sowie die Möglichkeit, jederzeit  je nach Lage im Ursprungsland wieder dorthin zurückkehren zu können.)

 

Mein Brief an Materas Kommunisten, Sozialisten und GRÜNE ist leider bei einem Festplatten-crash 2008 zu Feinstaub zerbröselt (ein schönes Geräusch, dieses Zerbröseln, wenn man verzweifelt zum 100sten Mal versucht, doch noch auf die Festplatte zuzugreifen).

 

Kurz darauf erreichte mich die Nachricht von einer an Longo Mai orientierten Kooperative in südlichsten SüdItalien und eine weitere, vor der ich nicht wußte, ob es sich um die gleiche Sache handelt.

Jetzt habe ich von Wim Wenders Film gehört und den folgenden Artikel gelesen. Es ist wie ein schöner Traum mit dem Unterschied, dass es kein Traum, kein Drehbuch, kein Film, sondern Wirklichkeit ist

 

Etwas dieser Wirklichkeit erschloss sich mir bei der Lektüre von Carlo Levis „Jesus kam nur bis Eboli“, was ich dann mit meiner Erzählung „Wie Carlo Levi nach Lieblos kam“ ergänzt habe. Jetzt werde ich mir die finsteren Tage vor Neujahr dafür nehmen in den meterhohen Stapeln meiner Manuskripte/Kladden den Brief an die Linken in Matera wieder zu finden. Wenn ich ihn habe, stell ich ihn hier rein. Als Anhang.. Und ich werde mein nächstes Buch mit gesammelten Erzählungen – vielleicht unter dem Titel „Wie Carlo Levi nach Lieblos kam“  mit diesem Brief und der sogenannten Liebloser Trilogie eröffnen: die habe ich geschrieben, als die Gemeinde beschloss, das Fachwerk-Wohnhaus der letzten Juden in Lieblos abzureßen, damit ein örtliches CDU-Vorstandsmitglied dort ein Mietshaus bauen kann. Den Abriss konnten wir verhindern. Jetzt steht das Haus unter Denkmalschutz. Nur die Liebloser Synagoge, die steht mittlerweile einem Parkplatz im Weg.  Nicht mehr benötigte evangelische Kirchen werden ja auch abgreissen, um in EZBankfurt mehr Platz für das „EUROPA-Viertel“ zu schaffen !!! Warum sollte man Synagogen schonen? Das Gebetshaus der christlichen  „Inspirierten“ in der Renaissance-Altherberge, dem Kalbfleisch-Ungerschen Gasthaus wurde ja auch abgerissen! Für einen Festplatz, den im toten Dorf eh keiner mehr braucht. Das ist Liebloser Denkmalschutz!!

 

Jetzt aber zum Dorf der Flüchtlinge:

 

RIACE, DAS DORF DER FLÜCHTLINGE

 

Hort der Ankunft

 

Das süditalienische Dorf Riace litt unter starker Abwanderung. Da hieß der Bürgermeister ankommende Flüchtlinge willkommen. Inzwischen hat sich der Ort zu einer Oase des Miteinanders gewandelt. Am südlichen Rand des italienischen Stiefels, gewissermaßen am Bogen des Großzehenballens, liegt das Dorf Riace.

Von Matthias Fersterer

Noch vor zehn Jahren wären Sie wohl an dem Doppelort vorbeigefahren. Weder das schmucklose Seebad Riace Marina noch das mittelalterliche Riace Superiore, sieben Kilometer landeinwärts an die steilen Berghänge geklebt, hätte Sie zum Verweilen eingeladen: verlassene Häuser, geschlossene Läden, mehr alte als junge Menschen. Der Dorfschule drohte die Schließung: Kindermangel. Zuletzt gab es nicht mal mehr ein Café für den Espresso zwischendurch. In Kalabrien, wo die Arbeitslosigkeit dreimal höher und die Einkommen halb so hoch wie im Rest des Landes sind, treibt die Suche nach Arbeit viele Menschen in den Norden Italiens oder gleich ins Ausland. Riace drohte, zum Geisterdorf zu werden.

Vom Geisterdorf zum Gemeinschaftsdorf

Heute ist alles anders. Aus der Schule dringt wieder Kindergeschrei, und in der Taverne »Donna Rosa« herrscht geselliges Treiben. Auf dem Ortsschild ist »Paese dell’accoglienza« (»Dorf der Ankunft«) zu lesen, und erstmals seit Jahrzehnten gibt es mehr Zuzug als Abwanderung. Was einst ein sterbender Ort war, entwickelte sich zum Hort der Gastfreundschaft und zur Werkstatt des guten Zusammenlebens. Was war
passiert?

Die entscheidende Wende kam vor zwölf Jahren, ausgerechnet durch ein vom Wind abgetriebenes Boot. Fast scheint es, als hätten Cosmas und Damian, die traditionellerweise bei Seenot angerufenen Schutzpatrone des Dorfs, ihre Hand im Spiel gehabt. Für die Insassen, 300 kurdische Flüchtlinge, sollte Riace nur eine
Station auf dem ungewissen Weg in ein besseres Leben im Irgendwo sein.
Dennoch hinterließen sie Spuren: Ein Gebäude, die »Casa Kurdistan«, ist nach ihnen benannt, und den damaligen Lehrer und heutigen Bürgermeister Domenico Lucano (52) inspirierten sie zu einer kühnen Vision, die dort Potenziale erkannte, wo andere bis heute Probleme sehen: Er träumte von einem Dorf der Vielfalt und Gastfreundschaft, in dem Immigranten die Lücke schließen würden, die die Abgewanderten hinterlassen hatten.

Am südlichen Rand des Mezzogiorno, wo Tunis näher ist als Turin, herrscht kein Mangel an Menschen, die alles aufs Spiel setzen, um von dem bisschen leben zu können, was andere zur Abwanderung treibt. 2008 landeten allein auf der Insel Lampedusa über 30.000 Menschen auf der Flucht vor Hunger, Krieg und Verfolgung.

Zusammen mit Freunden gründete Domenico 1999 den Verein »Città Futura« (»Stadt der Zukunft«). Mit einem Darlehen der Banca Etica erwarben sie leerstehende Gebäude und boten Flüchtlingen und Asylbewerbern die Möglichkeit, bei freier Logis und einem Monatslohn von 400 Euro, ein Handwerk zu erlernen. Im Gegenzug sollten die Zuwanderer italienisch lernen und sich am Aufbau des Dorfs beteiligen. Der Plan ging auf. Zum Dank wählten die Riacesi Domenico 2004 mit der Bürgerliste »Un’altra
Riace è possibile« (»Ein anderes Riace ist möglich«) zum Bürgermeister.

Inzwischen haben Menschen aus Äthiopien, Eritrea und Somalia, aus Serbien, Palästina, Afghanistan, dem Libanon und dem Irak eine neue Heimat in Riace gefunden. Nachdem sich die Einwohnerzahl von einst 3.000 halbiert hatte, zählte das Dorf Anfang dieses Jahres fast 2.000 Bewohner, darunter etwa 250 Immigranten. Nun kehren sogar abgewanderte Riacesi zurück. »Es ist wie im Märchen«, schwärmt die Fotografin Giovanna Del Sarto, die seit zwei Jahren Riaces wundersame Metamorphose dokumentiert. In ihrem bemerkenswerten Buch »Oltre La Patria« (»Fern der Heimat«) verbindet sie verstörend schöne Bilder mit den Geschichten der alten und neuen Bewohner Riaces. »Die Einheimischen sehen die Ankömmlinge als Antwort auf ihren Wunsch nach einer Wiederbelebung des Dorfs. Die älteren Bewohner sind dankbar für die Gesellschaft der jüngeren Immigranten«, meint Giovanna.

Mutter Riace und ihre Kinder

Domenico vergleicht sein Dorf mit einer Frau, deren Kinder auf der Suche nach einem besseren Leben in die Welt gezogen sind. »Nun, da sie sieht, wie ihre neuen Söhne und Töchter hoffnungsvoll in die Zukunft blicken, findet sie ihren Frieden.« Ein neuer Sohn des Dorfs ist Issa (38) aus Afghanistan. Er flüchtete vor den Taliban. Auf Umwegen über Pakistan und den Iran gelangte er in die Türkei, wo er sich in die Hände eines Flüchtlingsschleppers begab. Einige Tage verbrachte er mit sonnenverbranntem Gesicht und ohne Wasser auf See. Dann wurde er von der Küstenwache festgenommen und aufs italienische Festland gebracht. Es folgte eine Odyssee von einem Auffanglager zum nächsten. Er überlebte, und trug doch Wunden davon: »Bis heute gehe ich nicht ans Meer«, erzählt er, »ich fürchte mich vor dem Wasser und habe Alpträume von meiner Überfahrt.« 2002 fand er ein neues Zuhause in Riace, wo er die
italienische Sprache und das Töpferhandwerk erlernte.

Neben der Wiederbelebung des Dorfs und der Integration der Flüchtlinge hat sich Città Futura die Rückbesinnung auf traditionelle Handwerkskünste zum Ziel gesetzt. Die historischen Gemäuer beherbergen eine Keramikwerkstatt, eine Glasbläserei, eine Stickerei, eine Tischlerei und einen Holzbackofen. In der Weberei gibt Domenicos Frau
Pina (44) ihr Wissen an kleine und große Neuankömmlinge weiter und füllt beim alljährlichen Ginsterfest die regionale Tradition der Ginstertuchherstellung mit neuem Leben. Derweil wird in der Lebensmittelkooperative »Il borgo e il cielo« (»das Dorf und der Himmel«) aus regionalen Produkten biologische Marmelade eingekocht und mit einer wieder in Betrieb genommenen Steinölmühle extra natives Olivenöl gepresst.

Ein altes Gewerbe, das des Eselführers, belebt auch die Kooperative »Il Carrettiere« (»Der Fuhrmann«): Die jüngsten Neuzugänge im Dorf, die Esel Rosina and Rosetta, werden von Tür zu Tür geführt, um den Hausmüll abzutransportieren. Hier verbindet sich Nachhaltigkeit mit dem Naheliegenden: Die genügsamen Vierbeiner schonen Gemeindekasse, Atmosphäre und Ressourcen und finden sich auf den steilen Pfaden und in den engen Gassen besser zurecht als jede motorisierte Müllabfuhr. Dass
die Tiere nicht überlastet werden und auf Mülltrennung geachtet wird, ist Ehrensache.

Der Himmel über Riace

Vergangenes Jahr kam Wim Wenders nach Süditalien, um einen Kurzfilm über Bootsflüchtlinge zu drehen. Hollywoodmime Ben Gazzara spielt darin den Bürgermeister eines kalabrischen Dorfes. Das fiktive Spiel mischte sich mit dokumentarischem Ernst, als Wenders bei den Dreharbeiten im 100 Kilometer entfernte Scilla von einem Statisten, dem afghanischen Jungen Ramadullah (9), angesprochen wurde. Er lud ihn ein, nach Riace zu kommen, wenn es ihm denn ernst sei mit seinem Film. Da sei ihm klar geworden, dass er die wahre Geschichte der Flüchtlinge erzählen müsse, erklärt der Filmemacher im Programm zu »Riaceinfestival«, einem regionalen Festival der Kulturen. Im Mai wurde dort das 32-minütige 3D-Dokuspiel »Il Volo« (»Die Flucht« oder »Der Flug«) zusammen mit
Wenders’ Meisterwerk »Der Himmel über Berlin« aufgeführt.

Berichte über die Dreharbeiten machten das Wunder von Riace in der Welt bekannt. Inzwischen ist Domenico unter den Finalisten für den World Mayor Award, und man will ihn für den Friedensnobelpreis vorschlagen. Noch wichtiger vielleicht: Riaces Beispiel inspirierte die Nachbarorte Stignano und Caulonia zu ähnlichen Projekten. Vor einem Jahr erließ die kalabrische Regierung ein Gesetz, das lokalen, selbstverwalteten Initiativen die unbürokratische Aufnahme und Integration von Flüchtlingen ermöglicht.

Die Erzählungen aus Riace vermitteln ein Gefühl von fast unerhörter Harmonie. Gibt es auch Widerstand? Anfeindungen gegen die Immigranten habe sie nie beobachtet, meint Giovanna. Domenico erklärt das gute Miteinander zwischen Einheimischen und Eingewanderten damit, dass viele Riacesi selbst einmal Ausländer waren. »Hier im Süden sind wir alle Migranten und kennen Heimweh nur zu gut«, meint Domenico.

Einzig der ’Ndrangheta, der kalabrischen Mafia, ist der Dorfaufbau in Eigenregie ein Dorn im Auge. Kurz vor Domenicos Wiederwahl wurden zwei Schüsse auf die Tür der von dem Verein betriebenen Taverne abgefeuert, wenig später wurden Domenicos Hunde vergiftet. Er ließ sich nicht einschüchtern und wurde im Juni 2009 im Amt bestätigt. Einen Monat darauf gestalteten Künstler Riaces Hauswände. Unter dem Motto »I colori della memoria« (»Die Farben der Erinnerung«) wollte man der zahlreichen Opfer des organisierten Verbrechens gedenken. Auf Kalabrisch steht an
einer Mauer zu lesen: »Wir färben uns die Hände gegen die Mafia«, daneben finden sich Handabdrücke in allen Größen und Farben, der erste stammt von Domenico, dem couragierten Bürgermeister.

Würden Sie heute in den Süden Kalabriens fahren, stünden die Chancen gut, dass Sie eine Rast in Riace einlegen würden. Vielleicht um das bunte Treiben zu bewundern, um etwas über gute Nachbarschaft, Solidarität und die unzeitgemäße Tugend der Barmherzigkeit zu lernen oder einfach um ein paar gute Geschichten zu hören – Geschichten über Menschen aus aller Welt und ein kleines Dorf am Rand Europas, in dem die bunte Vielfalt regiert und tagtäglich die Vision einer gemeinsamen Welt
gelebt wird.

Das Fotobuch von Giovanna Del Sarto »Oltre la Patria/Beyond Homeland«
ist als E-Book auf www.terrelibere.org verfügbar.

Aus: Oya – anders denken.anders leben Nr. 4/2010

Copyleft: Dieser Textbeitrag steht unter einer Creative-Commons-Lizenz
(CC). Er darf unter Nennung der Autorin/des Autors in Verbindung mit
»aus: Oya – anders denken.anders leben« frei verwendet (BY) und unter
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(http://creativecommons.org/licenses/by-sa/3.0/de/).

Ein abschließender Gedanke zu “RIACE, DAS DORF DER FLÜCHTLINGE- wann folgen die Sassi von Matera & der Friedensnobelpreis ?”

Bevor die Nachricht in meinem Archiv-Nirwana untergeht:
zur Räumung der Sassi in Matera wurde in Rom eigens dafür ein Gesetz erlassen, das die komplette Räumung durch die Polizei mit Unterstützung einiger Spezialeinheiten ermöglichte. Wer diese Unheheuerlichkeit genauer kennt, soll sich bitte bei mir melden. Den Offenen Brief an die Kommunisten und linken Grünen in Matera finde ich hoffentlich noch unter meinen Manuskripten.

Ich werde ihn dann auch hier veröffentlichen und hoffe auf Reaktionen aus Matera und Umgebung: Ein Hoch auf den Mezzo Giorno ! (und Carlo Levi, der hier in der Verbannung durch die Faschisten leben musste, heilte, malte und schrieb… “Christus kam nur bis Eboli” – Lesungen aus seiner Geschichte ((verfilmt von Francesco Rosi mit Irene Papas in einer Hauptrolle)) biete ich gerne an zu sammen mit meiner Erzählung: “Wie Carlo Levi nach Gründau kam”)

 

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

Ein Gedanke zu „Stirbt Hessen aus? Geburtenrückgangs-Gründe am Beispiel Gründau“

  1. Lieber Hartmut.

    „Gründau liegt leider voll im Hessentrend des Bevölkerungsrückganges, ..“. Das verstehe ich nicht. Das ist doch gut, wenn die bevoelkerungsdichte im deutschsprachigen raum zurueck geht, oder nicht? Und es ist voellig richtig, die „internationalen gaerten“ ueberall im laendle bei der entstehung zu unterstuetzen.

    Also kopf hoch und mit mut in die zukunft schauen, willi
    Asuncion, Paraguay

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