Sie haben auf Dein Kreuz gepisst & liessen wieder schießen

Nachruf auf den Oldenburger Historiker Dr. Hans-Martin Barth
 
Ostern 1968 am Kudamm
Bildergebnis für Osterunruhen 1968 Berlin Kurfürstendamm

Auf dem Kudamm

mit dem Kreuz

appelliertest Du

an ihr Gewissen

gegen den Tyrann

von US-Gnaden in Teheran

und gegen den Krieg

in Vietnam

 

Sie haben auf Dein Kreuz

gepisst

geschissen

und ließen

wieder schießen

niederschiessen

am Kudamm

 

Sie haben den Schützen die Hand geführt

und Dein Gebet  in dieser Stunde

hat sie nicht gerührt

nicht eine Sekunde

Bruder Martin

Am Kreuzweg

Am Kudamm

 

Es ließ sie eiskalt

ihr Bannstrahl

hat Dich umgerissen

dein Kopf knallte

auf den nassen Asphalt

Schädel gebrochen

klaffende Wunde

am Kudamm

 

Du hattest

gepredigt

gegen Gewalt

Und gerade Dich

hätten sie um ein Haar

kaltblütig erledigt

am Kaiser-Wilhelm-

Gedächtnis-Kübel

am Kudamm

 

Du warst ihren Verbrechen

auf der Spur

nicht nur

denen in 1000 Jahren

dem Völkerschlachten

in “Deutsch-Ost”

und in “-Südwest”

den schwarzen Holocausts

schon lange vor dem weißen

 

Dem Nazi-Terror

auf Krumm Hörn

Du solltest die Herren

nicht länger störn

Du nicht und Onno Poppinga

 

Jetzt bist Du leider

zu früh verstummt

Dein Störsender schweigt

jetzt werden wieder Flaggen gezeigt

und die Leute werden weiter verdummt

statt Volksempfänger  Flachbildhirn

Mit dem Kreuz diesmal ohne Haken

Erst Belgrad bombardiern

in Griechenland einmarschiern

Und neue Kreuzzüge propagiern

Und kaum jemand der den Aufmarsch stört

Der Heldentod-Propagandisten

ein neues Stalingrad wagen

Und zu wenige haben ein Rückgrat im Kreuz

Um das Kreuz dagegen zu tragen

von der Siegessäule

zum Kudamm

 

 

 

Bruder Martin

kannst Du mich hörn?

nimms mir nicht übel

Ich werde sie weiter störn

Das kann ich Dir schwörn

und wenn sie mir wieder

das internet sperrn

dann gilts halt zu Fuß

sich querzustellen

Durchkreuzungskreuze

durchs Land zu tragen

von EZBankfurt

nach Groß-Berlin

zum Kudamm

 

Kennt jemand das Bild im SPIEGEL oder im STERN, das den Wasserwerferangriff auf den Kreuzträger noch drastischer zeigt?

Für eine Zusendung wäre ich dankbar.

 

Ich lag 1968 mit zertrümmerten Fußgelenken ab Mitte Februar nach meinem Abwurf vom US-Handelszentrumsdach am Zürich-Hochhaus im Frankfurter Markus-Krankenhaus. Dort konnte ich am TV mitansehen, wie sie meinen Bruder in Berlin mit seinem linksevangelisch-republikanischen Club-Kreuz umschossen: Schädelbasisbruch, während mein jüngster Bruder bei Aktionen der Mitglieder des Republikanischen Clubs Michelstadt/Erbach und der sozialistischen Schüler/innen gegen eine öffentliche Vereidigung von den Feldjägern krankenhausreif geschlagen wurde, bis ihn der Michelstädter Stadtpolizist Knapp mit seinen Kollegen aus den Prügelhänden der Feldjäger befreite („Des sin unser Buwe, die haache mir selwer!“) und in tatsächliche „Schutzhaft“ nahm, um sie nach einer halben Stunde in Michelstadt wieder freizulassen, mit der Bitte: „Ihr habbt jo Reschd, ewwer beim nägschde Mol, sachd ihr uns vorher Bescheid, donn krieje die eisch nedd in die Finger!“ So viel Unnerzent-Hessisch muss sein. Nach einem fürsorglichen Gespräch – wahrscheinlich noch im Krankenhaus- meines Bruders Martin mit Rudi Dutschke, kam ich nach meiner vorläufigen Genesung noch mit zwei Gipsbeinen – Dank Volkhard Moslers Abholdienst, nach einem Zwischenaufenthalt bei Heide Berndt im Sigmund-Freud-Institut ins Frankfurter SDS-Bundesvorstandsbüro und wurde dort unter K-D. und Frank Wolf „Büroleiter der Revolution“ :-O)))) und kurz darauf Bundesvorstandsmitglied der unabhängigen sozialistischen Schüler.

 

 

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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