Als die Gründauer nach Amerika abgeschoben wurden

Als die Gründauer nach Amerika abgeschoben wurden

Oder

wie kam es zu der vom Gründauer Geschichtsverein so genannten „Auswanderungswelle“ oder „zur freiwilligen Auswanderung“?

  • so nennt der Geschichtsverein die Flucht aus Unterdrückung, Ausplünderung, Demütigung, Vergewaltigung … „Tuch oder Buch!“ schnauzten die fürstlichen Jäger die beim „Waldfrevel“, d.h. beim Pilze- und Beeren-, Bucheckern- und Brennholzsammeln erwischten Dörflerinnen an: entweder sie breiteten ihre Tragetücher und die Beine aus oder sie wurden ins Strafbuch eingetragen. Zur gleichen Zeit werden die Dörfler wegen der vielen unehelichen Kinder, wegen „ihres unsittlichen Lebenswandels“  in der Laurentiuskirche oder in der Bergkirche unter fürstlichem Patronat öffentlich abgekanzelt.  Die Beschwerden des Pfarrers hat der Geschichtsverein dankenswerter Weise vor einigen Jahren in Haingründau bei einer Veranstaltung im Originalton schon einmal vorgetragen. (siehe auch am Schluss dieses Artikels „Hain-Gründauer Auswanderer“, Ankündigung des Gründauer Geschichtsvereins im MITTELHESSEN-BOTE vom 26.07.17 )
Bildergebnis für Paul Nagel Mittel-Gründau
Sind die nicht freiwillig ausgewandert? Wollten die vielleicht nur vor ihren Gläubigern fliehen und sich in den USA einen schlauen lauen Lenz machen?

Pensionsbesteuerung meint hier die (Wald- und Steinbrucharbeiter-) Lohnsteuer

 

„Fürsten zum Land hinaus!

Jetzt kommt der Völker Schmaus!

Raus,raus raus!“,

 

so sang das Volk schon ab 1830 und immer lauter1847/48/49 und erkämpfte sich eine demokratische Verfassung, die Abschaffung der Massensteuern, seine Wald-, Fisch- und Weiderechte wieder, die Abschaffung der Fron …

jedoch nur kurze Zeit, zu kurz, um Armut und Hunger und deren Verursacher wirklich zu besiegen. Die Hungersnöte waren nicht allgemein, für den Adel, den Klerus und das Offiziers-Corps reichte es immer. Auf beiden Seiten der Grenzsteine zwischen dem Königreich Preußen (Kurfürstentum Hessen-Kassel) und dem Großherzogtum Hessen (-Darmstadt).- also mitten in Gründau,  stand auf den Grenzsteinen GH und KP und das bedeutete im Volksmund: Großer Hunger und Kleine Portionen.

Diese Lage wurde auch so besungen:

„Kennst Du das Land, wo die Kartoffeln blühn?

Wo Knecht‘ und Mägd‘ die Wagen selber ziehn?

Wo’s große Schüsseln gibt und nichts zu Fressen?

Das ist das Land der freien Hessen!“

 

Die Fürsten, Großherzöge samt Gefolge und der hohe Klerus rächten sich für ihre vorübergehende Entmachtung fürchterlich:

„Demokraten zum Land hinaus!

Freie Wahl:  ihr wandert aus

Oder gleich –  ins Zuchthaus

Kugel, Richtschwert oder Strick

Amerika und nie zurück!“

 

Die adeligen Herrschaften ließen zigtausende Demokraten ins Zuchthaus werfen, erschießen, nahmen auch die aufbegehrenden Volksschullehrer gefangen, schlossen als Kollektivstrafe für Jahre die Schulen, um das Volk dumm zu halten.

Als die Gründauer nach Amerika abgeschoben wurden, nach Amerika flohen, hat niemand gezählt, wie viele Männer, Frauen und Kinder auf der Flucht gestorben, ertrunken sind, wie viele in Amerika verhungerten.

Bildergebnis für Paul Nagel Mittel-Gründau

 

 

 Sind die Gründauer freiwillig ausgewandert?

 

Die 48er Revolution

macht Grinn nur Not gedrungen

die „fürstliche“ Not hat damals Grinn

zur Revolution gezwungen

„Wir fahren nach Amerika, Hallelujah!“

Hab’n die Grinner nicht freiwillig gesungen.

Sie sangen es mit leerem Bauch

sie brüllten das Liedchen voller Wut

 

Der Preuße und die Fürstenbrut

Hab’n uns die Republik zerschlagen

Was blieb denn von der Wahlfreiheit?

Von der Freiheit der Gedanken,

Die alte Burschenherrlichkeit!?

 

Schon wieder ständische Schranken

Thron und Altar diktierten wieder

Und schossen Demokraten nieder:

„Das Volk soll’s nicht noch einmal wagen!“

Flucht, Kugeln, Zuchthaus. Leerer Magen

Acker, Scheuer, Stall verpfändet

Vieh, Vater, Bruder, Mann verendet

Auf dem Schlachtfeld von Fürst, Not und Altar

Wie Dürers Ritter, Tod und Teufel

taten sie

die Grinner aus ihrer Heimat verjagen

HaBE am 27.07.2017 geschrieben

 

Dass Haingründau zu Kurhessen-Kassel und Mittel-Gründau zum Großherzogtum Hessen-Darmstadt gehörte, machte einen nicht unerheblichen Unterschied, weil der Kasseler Kurfürst im Gegensatz zum Darmstädter Großherzog ganze Ortschaften -rebellische, aber auch unterthänigste- als Kanonenfutter an die britische Krone verkaufte. Er ließ die Bevölkerung in Karlshafen auf Lastschiffe packen  und sie via Weser nach Bremen/Bremerhafen verschiffen. Im Kolonialkrieg des UK gegen die Siedler in Nordamerika waren die verkauften Hessen besonders gefürchtet: „Erbarmen, die Hessen kommen!“ war der Schreckensruf der Siedler, denn die Hessen bekamen bei ausreichend abgelieferten Siedlerskalps als Kopfprämie indianisches Land von der britischen Krone geschenkt. Neuer Lebensraum im Westen!!!

Im Gegensatz zu Hessen-Darmstadt, wo die in Mittel-Gründau unter der Führung des Tobias Meininger beginnenden Bauernaufstände erfolgreich niedergeschlagen wurden, hatten die rebellierenden Kurhessen sich 1831 eine relativ liberale Verfassung erkämpft, was aber die Verhältnisse für die Arbeiter, Handwerker und die Landbevölkerung nicht wesentlich verbesserte. Selbst das Wahlrecht für den ständischen Landtag erhielten sie nicht. Das war dem Adel, dem Klerus und den Besitzbürgern vorbehalten.

 

 

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Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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