82. Erzählabend in Mittel-Gründau: die Wanderarbeiter blieben nicht Rad-los

„Gutes Rad ist zu teuer, sagten sich die Wanderarbeiter  und die, die allmorgendlich zig Kilometer, wenn nicht direkt zur Arbeit in die Stadte, so doch wenigstens zum nächsten Bahnhof wandern mussten, wenn die Bahnfahrt nicht zu teuer war. Deshalb wurde zwischen 1896 und 1910 die genossenschaftlich betriebene Fahrradfabrik des “Solidaritätsverbandes” in Offenbach aufgebaut. Der Vertrieb lief über die Solidaritäts-Radsportvereine. Dort holten sich die Arbeiter gutes und guten Rad. Denn in den weit über 1000 vereinseigenen Fahrradwerkstätten wurden nicht nur Fahrräder repariert. In den Radsportvereinen wurde nicht nur für die Arbeiter-Olympiade 1925  in Frankfurt und die im letzten Moment durch Reichspräsident Hindenburg, Reichskanzler Brüning und den preussischen Innenminister Severing verbotene Arbeiter-Spartakiade 1931 in Berlin trainiert. …“

Historisch-Demokratischer Verein Mittel-Gründau von 1848 i.d. IAS e.V. // c/o Hartmut Barth-Engelbart / Bachgasse 1 („Bei’s TObiasse“) / 63584 Gründau / Mittel-Gründau

 

Einladung   zum 82. Erzählabend des Historisch-Demokratischen Vereins Mittel-Gründau von 1848

FREITAG, 06. Oktober um 18.30 Uhr   im Anbau des Volkshauses,

Der Vater der SKG, der Fußballverein „Blau-Weiß“ ist 1920 „geboren“

Die SKG-Mutter, der Radsport-Verein „Solidarität“ ist einige Jahre älter, wahrscheinlich zwischen 1896 und 1914 „geboren“.

Die schwere Geburt der Tochter dieses ungleichen Paares war 1946, die Amme war der damals schon 83jährige Gesangsverein „Eintracht“ und der 42jährige Geburtshelfer Wilhelm Pfannmüller

 

Die SKG, die Sport- & Kultur-Gemeinschaft Mittel-Gründau ist ein Nachkriegskind, das 1946 mit Hilfe einer Hebamme geboren wurde. Die Eltern und die Hebamme hatten das „1000jährige Reich“ trotz schwerer Verluste und Verbote überlebt. Die Amme war die „Eintracht“, der Gesangsverein, die Mutter war die „Solidarität“, der Radsportverein und der Vater war der Fußball-Verein „Blau-Weiß“.

Die Amme ist 1863 in Mittel-Gründau, die „Solidarität“ zwischen 1896 und 1914 und der Fußball-Verein „Blau-Weiß“ 1920 ebenfalls in Mittel-Gründau geboren worden.

Wie die schwere SKG-Geburt 1946 verlief, wird beim 82. Erzählabend berichtet.

Neben Fußballerinen und Sängerinnen sind Radsport-Freundinnen beim 82. Erzählabend besonders willkommen, denn es geht nicht nur um die Geschichte(n). Es geht auch um Überlegungen, ob und wie in Mittel-Gründau der Radsport reorganisiert werden kann und soll: Kinder-Rad-Fahrschule, gemeinsame Radtouren, DISCOvery-Tours, Gründau-Tal-Rallys, Senioren-Radfahrschule, Rollstuhl- & Rollator-„Rallys“, Kunstradfahren, Radball …. Der Radsport-Jugendverband „Soli-Jugend“ ( http://solijugend.de/ ) könnte dabei gute Hilfestellung leisten. Bedarf gibt es offensichtlich, wenn man sich das fast alltägliche Rad-Gewusel vor dem Volkshaus ansieht.

 

Und auch eine jüngere Mittel-Gründauer Radsport-Geschichte gibt es: von 1993 bis 2003 gab es in der Alten Schule im Jugendzentrum eine Kinder-Rad-Fahrschule und eine Fahrrad- und Moped-Werkstatt, die -ohne es zu wissen- an der über 100jährigen Tradition des Radsportes in Mittel-Gründau angeknüpft hat (und etliche Jugendliche von den Drogen weg- und so manche Mechatroniker & Karosseriebauer hervorgebracht hat).

 

Im Gründau-Tal entwickelte sich ab 1900 eine ganze Kette von Radsportvereinen von Breitenborn bis Langenselbold. Die genauen Gründungsjahre all dieser Vereine konnten wir bisher bis auf Langenselbold noch nicht herausfinden. Die Suche im Archiv der Friedrich-Ebert-Stiftung geht aber mindestens so lange weiter, bis die SKG endlich weiß, wann ihre Mutter geboren ist. Da der Radsportverein „Solidarität“ Langenselbold 1910 gegründet wurde, kann man davon ausgehen, dass die Mittel-Gründauer „Solidarität“ und die anderen im Gründau-Tal auch um diese Zeit gegründet wurden.

Gutes Rad ist zu teuer, sagten sich die Wanderarbeiter  und die, die allmorgendlich zig Kilometer wenn nicht zur Arbeit direkt, so doch wenigstens zum nächsten Bahnhof wandern mussten, wenn die Bahnfahrt nicht zu teuer war. So entstand zwischen 1896 und 1910 die genossenschaftlich betriebene Fahrradfabrik des “Solidaritätsverbandes” in Offenbach. Der Vertrieb lief über die Solidaritäts-Radsportvereine. Dort holten sich die Arbeiter gutes und guten Rad. Denn in den weit über 1000 vereinseigenen Fahrradwerkstätten wurden nicht nur Fahrräder repariert. In den Radsportvereinen wurde nicht nur für die Arbeiter-Olympiade 1925  in Frankfurt und die im letzten Moment durch Reichspräsident Hindenburg, Reichskanzler Brüning und den preussischen Innenminister Severing verbotene Arbeiter-Spartakiade 1931 in Berlin trainiert …..

 

Wer mehr über die Geschichte des Radsports in Mittel-Gründau sehen und hören will, ist zum 82. Erzählabend herzlich eingeladen. Es gibt Berichte über die deutschen Motocross-Meisterschaften am „Kolbenstein“, von der Teilnahme der Gründauer Vereine an der Arbeiter-Olympiade 1925 in Frankfurt (u.a. im dafür geschaffenen Waldstadion, das Wilhelm Pfannmüller als Bauarbeiter zwischen 1922 und 1925 miterbaut hat).  https://de.wikipedia.org/wiki/Arbeiterolympiade 

An der Frankfurter Arbeiter-Olympiade nahmen damals 100.000 aktiv und 450.000 als Zuschauer teil. Es war bis weit in die 50er die größte Veranstaltung in der Geschichte Frankfurts.

Wer noch Fotos von Fußball-Ereignissen, Motocross-Rennen, vom (Rad-)Sport hat, soll sie wie auch alle anderen älteren Bilder vom Leben in Mittel-Gründau bitte zum Erzählabend mitbringen. Zur Vorbereitung der 800-Jahrfeier werden sie dringend gebraucht.

 

Beim 83. Erzählabend im November wird es um die Ursachen für den Niedergang der Landwirtschaft im Gründau-Tal und den benachbarten Tälern gehen. Neben den alten Grenzsteinen verschwinden zur Zeit immer mehr Fruchtbarkeits-Symbole an den Hofeingängen.  Dort standen sie zu dritt und gaben ihren Segen beim Aus- und Einfahren. Wer welche kennt, soll sie schon Mal fotografieren und die Bilder dann mitbringen.

(Wenigstens sind die Störche wieder zahlreich da, aber der Landwirtschaft nützen die leider nicht direkt :-0)))))

 

HIER EIN RÜCKBLICK AUF DEN 81. ERZÄHLABEND:

150 Jahre Bahnhof, 100 Jahre Radsport, 90 Jahre “HARTZ4” in Mittel-Gründau

http://www.barth-engelbart.de/?p=199083

150 Jahre Bahnhof Mittel-Gründau

Wie sind die Menschen aus Mittel-Gründau nach Breitenborn zu den Steinbrüchen,  nach Trais-Horloff zum Braunkohle-Bergbau, nach Gießen, Gelnhausen, Hanau, Frankfurt und Höchst zur Arbeit gefahren. Trotzdem es seit 1869 vom Bahnhof Mittel-Gründau die Verbindungen nach Gießen und Gelnhausen/Hanau/Fulda gab, fuhren viele Mittel-Gründauer mit dem Fahrrad, weil die Bahn zu teuer war – oder in den 1920ern mit dem Uffelmann’schen Bus legal nach Nieder-Mittlau an den Bahnhof oder illegal direkt nach Hanau – und von dort weiter nach Frankfurt zur Casella, zum ADLER im Gallus, zur FMA-Pokorny oder zu den Farbwerken Hoechst. usw.

Die Bilder aus den 1920er Jahren stammen aus den von Erwin Rückriegel herausgegebenen Bildbänden „Gründau in alten Ansichten“ 1981, „Gründau/ Menschen bei der Arbeit“ 1988

Die Zeitungsartikel entstammen dem Presse-Archiv Wilhelm Pfannmüllers, das er aus den Aushängen am Mitteilungsbrett der Gemeinde von 1957 bis 1973 zusammengestellt hat. Diese Artikel-Sammlung befindet sich im Gemeindearchiv Gründau

100 Jahre (Motor-)Radsport Mittel-Gründau

Der Weg zur Arbeit war für die Mittel-Gründauer wie für so viele im Gründau-Tal das beste Training für der Radsport, der bereits vor dem Ersten Weltkrieg als Arbeiter-Sport betrieben wurde, wenn auch zunächst als Verkehrsmittel für den Gesangsverein bei auswärtigen Chorkonzerten oder als Einsatzübungen der Freiwilligen Feuerwehr, wenn es galt , auf schnellstem Weg an die Spritze und die Schläuche, die Löscheimer im Feuerwehrhaus  – zunächst am Backhaus und dann auf dem Schulhof  und als Vorauskommando zum Brandherd zu gelangen. Auf dem Hintergrund dieser mittlerweile 100jährigen Tradition wurde Mittel-Gründau zum Austragungsort hessischer und deutscher Meisterschaften im Motocross.  Aus dieser Tradition speist sich auch die Geschichte der SKG Mittel-Gründau, in die nach 1945 die beiden Fußballmannschaften von Blau-Weiß und dem RotSport-SOLIDARITÄTS-Verband nach 12 Jahren gemeinsamem Verbot und gemeinsamer Verfolgung durch die Nazis zusammenkamen.

 

90 Jahre „HARTZ4“-Aufstocker-Arbeit in Mittel-Gründau

In den End 1920ern erhalten arbeitslose Wohlfahrtsempfänger einen Zuschuss der Gemeinde von 10 Reichsmark pro Woche zu den „Wohlfahrts“-Almosen, wenn sie im Gemeinde-Steinbruch arbeiten. Noch im Januar 1933 beantragt die Gemeinde beim hessischen Landtag einen zinslosen Kredit von 3.000 Reichsmark zur Finanzierung von Notstandsarbeiten, da die Gemeinde keine Mittel mehr hat. Sie muss sogar Gemeindeangestellte entlassen.  Mitte 1933 beantragt der Gemeinderat Mittel-Gründau beim Kreis Büdingen Befreiung von Steuerzahlungen, weil die Gemeinde das Arbeitslager auf dem Herrnhaag unterstützt. Die Zuschüsse zu den Wohlfahrts-Almosen werden Anfang 33 kurz vor der Machtübernahme durch die Nazis „gegen die Stimmen der Arbeitervertreter“ abgelehnt, abgeschafft. Unter dem Kommando der Nazis lehnt der Gemeinderat sogar die Bedürftigkeitserklärung für nachweislich Bedürftige ab- insbesondere für Bedürftige aus den Reihen der linken Opposition.

Wer weiß wo der Gemeinde-Steinbruch zu finden ist? Ist es der kurz vor der Ronneburg?

Und wer weiß, wann der Frankfurter Wecker schon einmal vor 1963 in Mittel-Gründau war? Es soll ein Wecker noch mit Otto Höpfner gewesen sein.

Hier zwei Bilder vom Frankfurter Wecker 1963 zur 100 Jahrfeier des Gesangsvereins „Eintracht“ Mit Herbert Konrad, dem singenden Ortsdiener, Heinz Schenk und Gert Böttcher – Gretje Kauffeld kommt erst später

 

Den Artikel mit allen historischen Zeitungsausschnitten  und Bildern kann man hier sehen:  http://www.barth-engelbart.de/?p=199083

 

Autor: Hartmut Barth-Engelbart

Autor von barth-engelbart.de

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